Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2007, Az. XII ZR 173/04

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 338

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 173/04 Verkündet am: 12. Dezember 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], [X.] und Dose für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 15. Zivilsenats - [X.] - des [X.] vom 11. August 2004 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Der Kläger, der bei der Geburt des [X.]n am 12. Januar 1989 mit dessen Mutter verheiratet war, begehrt im Wege der am 16. Februar 2004 rechtshängig gewordenen [X.]chaftsanfechtungsklage die Feststellung, nicht der Vater des [X.]n zu sein. 1 Nach seiner - bestrittenen - Darstellung hatte der Kläger Anfang [X.] 2003 einen anonymen Anruf erhalten, mit dem eine ihm unbekannte Anrufe-rin andeutete, der [X.] sei nicht sein [X.]. Bei dessen nächstem Besuch sei ihm, dem Kläger, erstmals bewusst geworden, dass der [X.] keinerlei Ähnlichkeit mit ihm aufweise. 2 Der Kläger ließ daraufhin ohne Wissen der zu diesem Zeitpunkt allein sorgeberechtigten Mutter des [X.]n anhand eines angeblich von diesem 3 - 3 - benutzten Taschentuchs sowie eines eigenen Wangenabstrichs eine private DNA-Analyse durchführen, nach deren Ergebnis vom 6. Januar 2004 seine Va-terschaft ausgeschlossen ist. 4 Das Amtsgericht wies die Klage ab. Die dagegen gerichtete Berufung des [X.] blieb ohne Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. 5 Die Vorinstanzen haben einen Anfangsverdacht im Sinne des § 1600 b Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. [X.] als nicht dargetan angesehen. Hierfür reiche der behauptete anonyme Anruf ebensowenig aus wie der bloße Vortrag fehlender Ähnlichkeit zwischen den Parteien. Das eingeholte Privatgutachten sei - abgesehen von der nicht gesicherten Identität der Personen, auf deren geneti-schem Material die Analyse beruhe - im vorliegenden Verfahren nicht [X.], weil es ohne Zustimmung des [X.]n und somit unter Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eingeholt worden sei. 6 Das hält der rechtlichen Prüfung und den Angriffen der Revision stand. 7 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats genügt der seine Vater-schaft anfechtende rechtliche Vater seiner Darlegungslast nicht schon durch die bloße Behauptung, er sei nicht der biologische Vater des beklagten Kindes. Vielmehr muss er Umstände vortragen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Zweifel an der Abstammung des Kindes von ihm zu wecken und die [X.] - 4 - lichkeit der Abstammung des Kindes von [X.] als nicht ganz fernliegend erscheinen zu lassen (Senatsurteile vom 12. Januar 2005 - [X.] ZR 227/03 - FamRZ 2005, 340 und - [X.] ZR 60/03 - FamRZ 2005, 342, vom 30. Ok-tober 2002 - [X.] ZR 345/00 - FamRZ 2003, 155 und vom 22. April 1998 - [X.] ZR 229/96 - FamRZ 1998, 955 ff. m.N.). Auch dies hat das [X.] ausdrücklich gebilligt ([X.] [X.], 441, 446 unter [X.]). Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß die bisherigen Anforderungen an einen solchen Vortrag zu senken sind, wie der Senat angedeutet hat (Senatsurteile vom 12. Januar 2005 - [X.] ZR 227/03 - FamRZ 2005, 340 unter [X.] und - [X.] ZR 60/03 - FamRZ 2005, 342 unter 2), und ob hierzu demnächst noch Anlass bestehen wird, wenn der Ge-setzgeber entsprechend dem Auftrag des [X.] ein rechtsförmiges Verfahren zur Klärung der Abstammung außerhalb eines [X.] zur Verfügung gestellt haben wird (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Klärung der [X.]chaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren, [X.], 1299 ff.). Denn auch, wenn an die Darlegung der Umstände, die die biologische [X.]chaft des Anfechtungsklägers in Frage stellen, keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind (Senatsurteil vom 22. April 1998 - [X.] ZR 229/96 - FamRZ 1998, 955, 957), reicht hier der Vortrag des [X.] jedenfalls nicht aus: 9 a) Ein anonymer Telefonanruf, dessen Inhalt sich auf die nicht weiter [X.] und durch keinerlei objektive Anhaltspunkte gestützte Behauptung beschränkt, das Kind stamme nicht von dem rechtlichen Vater ab, kann den zu stellenden Anforderungen jedenfalls nicht genügen. Denn daraus lässt sich bei objektiver Betrachtung nichts herleiten, was über eine entsprechende eigene Behauptung des rechtlichen [X.] hinausginge, da insbesondere offen bleibt, wer welchen Anlass zu dieser Behauptung gesehen hat und auf welche [X.] - 5 - kenntnisquellen sich diese stützt. Dass ein Dritter diese Behauptung aufstellt, verleiht ihr ebensowenig zusätzliches Gewicht wie der Umstand, dass der recht-liche Vater sich diese Behauptung anschließend zu eigen macht. Insoweit ist ein anonymer Anruf einem bloßen Gerücht vergleichbar, das dem rechtlichen Vater zu Ohren gekommen ist; selbst wenn er dieses Gerücht für wahr hält, reicht dies zur Begründung einer Anfechtungsklage nicht aus ([X.], 195, 198). b) Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die vom Kläger ohne nä-here Konkretisierung behauptete fehlende Ähnlichkeit des Kindes mit ihm [X.] für einen Anfangsverdacht im Sinne des § 1600 b [X.] nicht aus, hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand. 11 Laienhafte Ähnlichkeitsvergleiche sind aus der objektiven Sicht eines verständigen Betrachters generell nicht geeignet, den Verdacht anderweitiger Abstammung zu begründen, und reichen daher zur Begründung einer Anfech-tungsklage regelmäßig nicht aus (Senatsurteil vom 12. Januar 2005 - [X.] ZR 60/03 - FamRZ 2005, 342 f. unter 2 a; [X.] FamRZ 2004, 1987 f.; Münch-Komm-[X.]/Wellenhofer-Klein 4. Aufl. § 1600 [X.]. 13; [X.]/[X.] [X.] 66. Aufl. § 1600 [X.]. 10; a.A. OLG Düsseldorf FamRZ 1985, 1275). 12 Etwas anderes kann gelten, wenn erhebliche Abweichungen bei [X.] wie etwa der Hautfarbe vorgetragen werden, oder wenn frappierende Ähnlichkeiten mit [X.] konkret dargelegt werden, der mit der Kindesmutter in einer Beziehung gestanden ha-be, die einen Geschlechtsverkehr mit ihr möglich erscheinen lasse. 13 Darauf kommt es hier indes schon deshalb nicht an, weil die bloße Be-hauptung, es bestehe "keinerlei Ähnlichkeit" zwischen den Parteien, entgegen der Auffassung der Revision unsubstantiiert und daher unbeachtlich ist. Zwar 14 - 6 - deutet der Antrag des [X.], darüber Beweis durch Augenschein zu erheben, darauf hin, dass er sich auf äußerlich sichtbare Merkmale und nicht etwa auf voneinander abweichende charakterliche Eigenschaften, Begabungen oder Verhaltensweisen bezieht. Die Umstände, die gegen eine [X.]chaft des [X.] sprechen, sind aber konkret zu benennen. Dem genügt auch die pauschale Behauptung, es bestehe keinerlei äußere Ähnlichkeit, nicht. [X.] stellt sie auch deshalb keinen schlüssigen Sachvortrag dar, weil der Kläger nicht behauptet hat, die von ihm abweichenden Merkmale des [X.]n seien auch bei dessen Mutter nicht festzustellen. Denn allenfalls dann läge der Verdacht nicht fern, sie könnten von [X.] stammen. c) Ohne Erfolg macht die Revision ferner geltend, der für die Schlüssig-keit der Anfechtungsklage erforderliche "Anfangsverdacht" ergebe sich zudem daraus, dass die Kindesmutter sich als gesetzliche Vertreterin des [X.]n geweigert habe, die Einholung und Verwertung eines privaten [X.] zu genehmigen. Abgesehen davon, dass es sich mangels Feststellungen des Berufungsgerichts zu einem entsprechenden Zustimmungsverlangen des [X.] - der eine solche Zustimmung ohnehin nicht für erforderlich hielt - insoweit um neuen Sachvortrag handelt, der der Revision verwehrt ist, hätte auch eine solche Weigerung der Kindesmutter einen Anfangsverdacht nicht rechtfertigen können (Senatsurteil vom 12. Januar 2005 - [X.] ZR 60/03 - FamRZ 2005, 342, 343 unter 2 b). 15 d) Der unzureichende Sachvortrag des [X.] wird auch nicht dadurch insgesamt schlüssig, dass der Kläger in seiner Klageschrift unwidersprochen vorgetragen hat, er habe auch die Ehelichkeit seiner am 27. Mai 1994 während des Scheidungsverfahrens geborenen Tochter [X.] anfechten müssen. Auch dieser Vortrag ist zwar wegen der im Berufungsurteil enthaltenen Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil, das seinerseits 16 - 7 - auf die gewechselten Schriftsätze Bezug nimmt, Gegenstand des [X.]. Er ist aber schon deshalb nicht erheblich, weil der Ausgang jenes [X.] nicht vorgetragen ist. Zudem ließe sich ein Anfangsverdacht selbst mit einer erfolgreichen [X.]chaftsanfechtung gegenüber anderen während der Ehe geborenen Kindern nur dann begründen oder erhärten, wenn zugleich [X.] wird, dass die Verdachtsmomente aus dem früheren Verfahren auch ei-nen konkreten Bezug zu dem nunmehr betroffenen Kind haben (vgl. [X.] MDR 2005, 993; Rausch in jurisPK-[X.] 3. Aufl. § 1599 Rdn. 43). Das ist hier nicht der Fall. Auch die Revision erinnert insoweit nichts. 2. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, darf ein ohne Zustimmung des Kindes oder seines gesetzlichen Vertreters eingehol-tes privates DNA-[X.]chaftsgutachten gegen den Willen des Kindes bzw. seines gesetzlichen Vertreters im Verfahren der [X.]chaftsanfechtung nicht verwertet werden, weil es auf einer nicht gerechtfertigten Verletzung des Rechts des betroffenen Kindes auf informationelle Selbstbestimmung beruht; es ist deshalb auch nicht zur schlüssigen Darstellung von Zweifeln an der [X.]chaft im Sinne des § 1600 b [X.] geeignet (Senatsurteile vom 12. Januar 2005 - [X.] ZR 227/03 - FamRZ 2005, 340 ff. = [X.], 162, 1 und - [X.] ZR 60/03 - FamRZ 2005, 342 ff.). 17 Diese Entscheidungen und die ihnen zugrunde liegende Wertung hat das [X.] ausdrücklich gebilligt ([X.] [X.], 441, 443 unter [X.] aa und 446 f. unter [X.]). 18 Im Übrigen hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 19. Februar 2004 und erneut auf Seite 4 seiner Berufungsbegründung ausdrücklich erklärt, er stütze seine Klage nicht auf das Ergebnis des [X.] und ziehe die-ses auch nicht zur Begründung eines Anfangsverdachtes heran. 19 - 8 - Für die hilfsweise beantragte Aussetzung des Verfahrens ist nach §§ 148 ff. ZPO kein Raum. 20 Hahne [X.] [X.] [X.] Dose
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.04.2004 - 29 F 13/04 - [X.], Entscheidung vom 11.08.2004 - 15 UF 89/04 -

Meta

XII ZR 173/04

12.12.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2007, Az. XII ZR 173/04 (REWIS RS 2007, 338)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 338

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