Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2009, Az. VI ZR 219/08

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 434

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 24. November 2009 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: [X.] § 823 Ah; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3 Verletzt [X.] schwerwiegend das Persönlichkeitsrecht und ist deshalb ein gerichtliches Verbreitungsverbot ergangen, kann der Verletzte nur ausnahms-weise zusätzlich eine Geldentschädigung beanspruchen. [X.], Urteil vom 24. November 2009 - [X.]/08 - [X.] LG München I - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2009 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 8. Juli 2008 wird auf ihre Kos-ten zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand:Die Klägerin verlangt Geldentschädigung wegen Verletzung ihres allge-meinen Persönlichkeitsrechts durch [X.] "[X.]", dessen Verlegerin die Beklagte zu 1 und dessen Autor der Beklagte zu 2 ist. 1 Der im Frühjahr 2003 erschienene [X.] erzählt die Liebesgeschichte von "[X.]" und "[X.]", einem Schriftsteller und einer Schauspielerin. Die Lie-besbeziehung zwischen den beiden Hauptfiguren wird über einen Zeitraum von etwa vier Jahren von "[X.]" als Ich-Erzähler geschildert. 2 Die Klägerin und ihre Mutter, die sich in [X.]figuren "[X.]" und "[X.]" wieder erkennen, beantragten kurz nach Erscheinen des [X.]s gegen die Beklagte zu 1 den Erlass einer auf ein Verbot der Verbreitung des [X.]s gerichteten einstweiligen Verfügung. Im Verlauf dieses Verfahrens gab die [X.] zu 1 mehrere Unterlassungsverpflichtungserklärungen ab, mit denen sie 3 - 3 - anbot, es bei Vermeidung einer Vertragsstrafe zu unterlassen, den [X.] bestimmte Streichungen oder Änderungen zu veröffentlichen. Das Verfahren ist mit einer Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Hinblick auf die zwischenzeitlich abgegebenen [X.] beendet worden. Nach Abschluss des einstweiligen [X.] veröffentlichte die Beklagte zu 1 eine "[X.]" Fassung des [X.]s, die bestimmte Auslassungen aufwies. Im nachfolgenden Hauptsacheverfahren, in dem die Beklagte zu 1 am 18. August 2003 eine letzte - noch über die "[X.]" Fassung hinausgehen-de - Unterlassungsverpflichtungserklärung abgab, mit der sie insbesondere [X.], die Bezeichnung der an die [X.]figuren [X.] und [X.] verliehenen [X.] und den Grund hierfür zu ändern, haben die Klägerin und ihre Mutter weiter-hin die Auffassung vertreten, der Inhalt des [X.]s verletze ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht, weil sich die Schilderung der [X.]figuren [X.] und [X.] eng an ihrem Leben orientiere. Das [X.], dessen Urteil u.a. in ZUM 2004, 234 veröffentlicht worden ist, hat der Unterlassungsklage in der nach der Verpflichtungserklärung vom 18. August 2003 verbliebenen Fassung stattgege-ben. Dieses Urteil haben das [X.] und der erkennende Senat mit Urteil vom 21. Juni 2005 ([X.] ZR 122/04, [X.], 1403) bestätigt. Die Ver-fassungsbeschwerde der Beklagten zu 1 hat das [X.] hinsichtlich der Klägerin mit Beschluss vom 13. Juni 2007 zurückgewiesen (vgl. [X.] 119, 1 = NJW 2008, 39). 4 Im vorliegenden Verfahren hat das [X.] München I die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin eine Geldentschädigung in [X.] von 50.000 • zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlan-desgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen 5 - 4 - Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Ur-teils. Entscheidungsgründe: [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in [X.], 140 und ZUM 2008, 984 veröffentlicht ist, steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Geldentschädigung gem. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, § 840 Abs. 1 BGB nicht zu, weil zwar objektiv eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin vorliege, ein schweres Verschul-den der Beklagten jedoch fehle und auch die Würdigung der sonstigen Um-stände nicht ergebe, dass die Zubilligung einer Geldentschädigung erforderlich sei. 6 Die Beklagten hätten zwar das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klä-gerin objektiv schwer und rechtswidrig verletzt, weil diese wegen der Erkenn-barkeit für einen engeren Bekanntenkreis in ihrer Intimsphäre und ihrer Mutter-Kind-Beziehung verletzt worden sei. 7 Es liege aber kein schweres Verschulden der Beklagten vor. Die Klägerin habe weder dargelegt noch nachgewiesen, dass die Beklagten im Bewusstsein der Erkennbarkeit eines Verstoßes gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin gehandelt haben. Die Kunstfreiheit schließe die Verwendung von Vorbildern aus der Lebenswirklichkeit ein. Zudem sei ein literarisches Werk, das sich als [X.] ausweise, zunächst einmal als Fiktion anzusehen, das keinen Faktizitätsanspruch erhebe. Es sei nicht ersichtlich, dass den Beklagten [X.] gewesen sei, es [X.] bei der Schilderung der Intimszenen und der 8 - 5 - Mutter-Kind-Beziehung an einer ausreichenden Zuordnung zum Fiktionalen. Dies habe das [X.] als Ausnahme zu der Regel nur mit der Argumentation angenommen, bei einer hohen Intensität der [X.]sverletzung - wie im konkreten Fall durch die Darstellung des Intim- und Sexualbereichs sowie der Krankheit des Kindes - greife die Vermutung der Fiktionalität nicht mehr. Es treffe zwar zu, dass die Beklagten seit dem [X.] [X.]s München I hinsichtlich der objektiven Er-kennbarkeit in einer verschärften Spannungslage agiert hätten. Dass sich die Beklagten subjektiv rücksichtslos der Grenze zwischen dem allgemeinen [X.] und der Kunstfreiheit angenähert hätten, ergebe die Würdi-gung aber nicht. Auch der [X.] und das [X.] hätten um die schwierige Grenzziehung zwischen allgemeinem Persön-lichkeitsrecht und Kunstfreiheit gerungen und teilweise neu bestimmt. Den [X.]n könne daher nur der Vorwurf gemacht werden, auf einem "außerordent-lich schwierigen Gebiet eine rechtliche Grenzziehung fahrlässig verfehlt zu ha-ben". Es sei zu berücksichtigen, dass der [X.] vollständig verboten worden sei, obwohl die die Klägerin erkennbar machenden Rechtsverletzungen nur [X.] des [X.]s beträfen, sei den Beklagten die - auch wirtschaftliche - Verwer-tung des künstlerischen Schöpfungsakts gänzlich genommen worden. 9 I[X.] Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Geldentschädigung gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zu Recht nicht zuerkannt. 10 - 6 - 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats be-gründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefan-gen werden kann. Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeits-rechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt insbe-sondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. Senatsurteile [X.] 128, 1, 12; 132, 13, 27; 160, 298, 306; vom 22. Januar 1985 - [X.] ZR 28/83 - [X.], 391, 393; vom 15. Dezember 1987 - [X.] ZR 35/87 - [X.], 405; vom 12. Dezember 1995 - [X.] ZR 223/94 - [X.], 341; vgl. auch [X.] NJW 2004, 591, 592). Ob ein derart schwerer Eingriff anzunehmen und die dadurch verursachte nicht vermögens-mäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden (vgl. Se-natsurteile [X.] 128, 1, 13; vom 17. März 1970 - [X.] ZR 151/68 - [X.], 675, 676; vom 25. Mai 1971 - [X.] ZR 26/70 - VersR 1971, 845, 846; Senatsbe-schluss vom 30. Juni 2009 - [X.] ZR 340/08 - juris Rn. 3). Bei der gebotenen Ge-samtwürdigung ist ein erwirkter [X.] zu berücksichtigen, weil die-ser und die damit zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen können (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1970 aaO, 677; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 - [X.] ZR 340/08 - aaO). Die Gewährung einer Geldentschädigung hängt demnach nicht nur von der Schwere des Eingriffs ab, es kommt vielmehr auf die gesamten Umstände des Einzelfalls an, nach denen zu beurteilen ist, ob ein anderweitiger befriedigender Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverlet-zung fehlt (vgl. Senat, [X.] 128, 1, 12 f.; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 - [X.] ZR 340/08 - aaO). 11 - 7 - 2. Diese Rechtsprechung betrifft die Kollision des allgemeinen Persön-lichkeitsrechts mit dem Recht der freien Meinungsäußerung, insbesondere bei Presseberichterstattungen (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG), das unter dem Gesetzes-vorbehalt des Art. 5 Abs. 2 GG steht. Die dazu entwickelten Grundsätze können nicht ohne weiteres auf das Verhältnis zwischen dem allgemeinen [X.] und der Freiheit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) übertragen wer-den. Das würde den Besonderheiten des zuletzt genannten Grundrechts nicht gerecht. 12 Bei einem Kunstwerk handelt es sich um eine freie schöpferische Gestal-tung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache, hier des [X.]s, zur Anschauung gebracht werden ([X.] 119, 1, 20). Kunst ist mithin auf das Schaffen von Neuem, auch Grenzen Überschreitendem, angelegt und eine höchst individuelle Gestaltung und Bewältigung von - nicht selten autobiographischem - Erleben. Das Grundgesetz hat der Freiheit der Kunst einen herausgehobenen Rang ver-liehen. Die Kunstfreiheit wird in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vorbehaltlos garantiert. Dementsprechend ist auch im Widerstreit zwischen dem allgemeinen Persön-lichkeitsrecht und dem Grundrecht der Kunstfreiheit in besonderem Maße dar-auf zu achten, dass dem Künstler der verfassungsrechtlich garantierte Freiraum verbleibt. Es dürfen an den Künstler keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so die schöp-ferische künstlerische Freiheit, die Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vorbehaltlos gewähr-leisten will, einschnüren (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 Rn. 62). Staatliche Maßnahmen dürfen nicht zu einer Einschüchterung des Künstlers und des für die Darbietung und Verbreitung des [X.] führen. Das ist auch bei der Frage zu bedenken, ob im Fall eines persönlichkeitsrechtsverletzenden Kunstwerks - zusätzlich zu dem gerichtlichen Unterlassungsgebot - eine Inanspruchnahme des Künstlers auf [X.] - 8 - gung in Betracht kommen kann. Dem Künstler darf das Risiko einer solchen Haftung jedenfalls nicht in einem Umfang zugewiesen werden, dass er sich [X.] sähe, von künstlerischem Wirken abzusehen, den ihm von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierten Freiraum also nicht auszuschöpfen, wenn er bloß in die Nähe einer Persönlichkeitsrechtsverletzung gerät. Mit der [X.] wäre dann ein vom Grundrechtsgebrauch abschreckender Effekt verbunden, der aus Gründen der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vorbehaltlos garantierten Kunstfreiheit vermieden werden muss (vgl. [X.] aaO). Dies ist von besonderer Bedeutung, weil die Grenze zwischen erlaubter Ausübung der künstlerischen Freiheit und einem verbotenen Eingriff in das Persönlichkeits-recht - insbesondere auch bei literarischen Werken, bei denen der Autor wie im Streitfall auf Erfahrungen aus dem realen Leben zurückgreift - regelmäßig nur schwer zu bestimmen ist. Ansonsten könnte die im Hinblick auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unerwünschte Folge eintreten, dass "schadensanfällige" [X.] weitgehend ausgeblendet werden oder die Verbreiter, etwa der Verleger, davor zurückschrecken, solche Werke herauszugeben (vgl. [X.]/[X.], [X.], 110, 112). Im Allgemeinen wird daher eine Persön-lichkeitsrechtsverletzung, die bereits zu einem gegen den Künstler ergangenen Unterlassungsgebot geführt hat, in der Abwägung mit dem Recht der Kunstfrei-heit nicht zusätzlich die Zubilligung einer Geldentschädigung rechtfertigen [X.]. Das hier gegebene Verbot eines [X.]s stellt einen besonders starken Eingriff in die Kunstfreiheit dar ([X.] 119, 1, 22). Dies gilt auch dann, wenn der diesbezüglich erwirkte [X.] nur gegen den Verleger als [X.] ergangen ist. Denn der Titel wirkt faktisch auch gegenüber dem Künstler, weil dieser grundsätzlich darauf angewiesen ist, dass sein Verleger [X.] veröffentlicht. Den Verfasser trifft das ausgesprochene Verbot besonders, weil das Verbot eines [X.]s für den Autor eines literarischen Werks zugleich die 14 - 9 - Vernichtung seiner Arbeit und der Präsenz in der Öffentlichkeit bedeutet, indem er in Zukunft bei Veröffentlichungen eines neuen Werks nicht mehr an den ver-botenen [X.] anknüpfen kann (vgl. Ladeur, ZUM 2008, 540, 541). Neben der ideellen Beeinträchtigung wird ihm durch das Verbot auch die [X.] Verwertung des künstlerischen Schöpfungsakts gänzlich genommen. An-gesichts der Tatsache, dass bereits das Verbot faktisch eine schwerwiegende Sanktion gegen den Verlag und den Autor darstellt, kann auch eine schwerwie-gende Verletzung des Persönlichkeitsrecht eine Geldentschädigung nur unter ganz besonderen Umständen rechtfertigen, etwa wenn die Kunstform zu einer persönlichen Abrechnung missbraucht wird und ein Kunstwerk allein darauf zielt, den Betroffenen zu beleidigen oder zu verleumden (vgl. [X.]/[X.], [X.], 110, 112). 3. Nach den Gesamtumständen des Streitfalls rechtfertigt die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin nicht die Zahlung einer [X.]. 15 a) Bei der gebotenen Abwägung zwischen dem allgemeinen [X.] der Klägerin und dem Grundrecht der Kunstfreiheit auf Seiten der Beklagten fällt zugunsten des Persönlichkeitsrechts der Klägerin ins Gewicht, dass ein objektiv schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegt, weil die Klägerin durch [X.] in ihrer Intimsphäre und ihrer Mutter-Kind-Beziehung schwer verletzt wurde. Durch ihre Erkennbarkeit für einen engeren Bekanntenkreis und ihre Rolle in dem [X.] als Partnerin des [X.] wurden diese besonders geschützten Lebensbereiche der öffentlichen [X.] preisgegeben und dadurch der [X.] Wert- und Achtungsanspruch der Klägerin verletzt. Dies wiegt schwer, weil durch die Verletzung der Intimsphäre ein Bereich des Persönlichkeitsrechts berührt ist, der zu dessen Menschenwür-dekern gehört (vgl. [X.] 109, 279, 313; 119, 1, 34). Ebenso ist die Schilde-16 - 10 - rung der lebensbedrohlichen Krankheit der Tochter als schwerwiegend anzuse-hen, weil die Darstellung der Krankheit und der dadurch gekennzeichneten Be-ziehung von Mutter und Kind bei zwei eindeutig identifizierbaren Personen in der Öffentlichkeit nichts zu suchen hat (vgl. [X.] 119, 1, 34 f.). b) Trotz dieses objektiv schweren Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht ergibt die den unter 2. beschriebenen Grundsätzen folgende Abwägung unter Berücksichtigung der hohen Bedeutung der Kunstfreiheit, dass die Zubilligung einer Geldentschädigung nicht erforderlich und auch nicht angemessen ist. 17 Der Beklagte zu 2 hat die Kunstform eines [X.]s nicht zu einer per-sönlichen Abrechnung mit der Klägerin missbraucht, um diese zu beleidigen oder herabzuwürdigen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Revision angeführten Widmung des Beklagten zu 2 bei Übersendung eines Ex-emplars des Buches an die Klägerin. Die Widmung lässt zwar erkennen, dass das Buch seinen Ursprung in der Beziehung des Autors zur Klägerin hat. [X.] lässt sich aber nicht ableiten, dass der Beklagte zu 2 aus seiner persönli-chen Beziehung zur Klägerin unter bewusster Verletzung von deren Intimsphä-re eigenen Profit schlagen wollte. Die Beklagten haben sich nicht rücksichtslos der Grenze zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Kunstfrei-heit angenähert. Ihnen kann vielmehr nur der Vorwurf gemacht werden, auf ei-nem außerordentlich schwierigen Gebiet eine rechtliche Grenzziehung fahrläs-sig verfehlt zu haben. Dies folgt bereits daraus, dass die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung des [X.]s im Schrifttum sowie innerhalb des [X.] umstritten war (vgl. [X.] 119, 1, 36 ff.; zu den literaturwis-senschaftlichen Stellungnahmen aaO, 46 f.). 18 - 11 - 4. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. 19 [X.]Zoll [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 13.02.2008 - 9 O 7835/06 - [X.], Entscheidung vom 08.07.2008 - 18 U 2280/08 -

Meta

VI ZR 219/08

24.11.2009

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.11.2009, Az. VI ZR 219/08 (REWIS RS 2009, 434)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 434

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 122/04 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 252/07 (Bundesgerichtshof)


1 BvR 1783/05 (Bundesverfassungsgericht)

Zu den Grenzen der Kunstfreiheit - Roman "Esra"


12 O 601/02 (Landgericht Münster)


VI ZR 175/14 (Bundesgerichtshof)

Persönlichkeitsverletzung eines minderjähriges Kindes: Buchveröffentlichung einer Grundschullehrerin über die Verhaltensweisen einer Grundschülerin unter identifizierender Benennung; …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.