Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.08.2012, Az. I ZR 99/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4060

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 99/11
vom

7.
August
2012

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat am 7.
August 2012
durch [X.]
Dr.
Bornkamm
und [X.] Dr.
Büscher, Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff und Dr.
Löffler

einstimmig beschlossen:

Der [X.] beabsichtigt, die Revision
der Beklagten gegen das Ur-teil des 20.
Zivilsenats des [X.] vom 10.
Mai 2011
gemäß §
552a
Satz
1
ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

I.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor (§
552a Satz
1, §
543 Abs.
2 Satz
1
Nr.
1 und 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung erforderlich. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen Divergenz zur Entscheidung des [X.] vom 4.
März 2010

2
U
86/09 ([X.] 2010, 198) zugelassen. Das Berufungsgericht und das Oberlan-desgericht Stuttgart haben die Frage unterschiedlich beurteilt, ob die jeweiligen beklagten Handelsunternehmen die Voraussetzungen der Erschöpfung bewei-sen müssen. Während das [X.] aufgrund der Äußerun-gen des Geschäftsführers der
[X.] Generalimporteurin der Klägerin, ge-1
-
3
-
gen zu niedrig erscheinende Preise vorzugehen und ein System von Vertrags-händlern zu etablieren, von einer Umkehr der Beweislast wegen der Gefahr einer Marktabschottung ausgegangen ist, hat das Berufungsgericht
die [X.] nicht zum Anlass genommen, von der grundsätzlichen Verteilung der Beweislast bei der Erschöpfung abzuweichen.

Die Divergenz besteht nicht mehr. Der [X.] ist davon ausgegangen, dass sich aus den fraglichen Äußerungen des Geschäftsführers
der [X.] Generalimporteurin der Klägerin keine Gefahr der Abschottung der Märkte der Mitgliedstaaten ergibt,
und hat deshalb das Urteil des [X.] aufgehoben (vgl. [X.], Urteil vom 15.
März 2012

I
ZR
52/10, [X.], 626 Rn.
37
f. =
[X.], 819
CONVERSE
I).

II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Das Berufungsgericht ist zu Recht da-von ausgegangen, dass die Beklagte für das Vorliegen
der Voraussetzungen der Erschöpfung nach Art.
13 Abs.
1 GMV beweisbelastet
ist.

1. Die Voraussetzungen der Schutzschranke der Erschöpfung nach §
24 Abs.
1 [X.] und Art.
13 Abs.
1 GMV sind nach den allgemeinen
Regeln grundsätzlich von demjenigen darzulegen und zu beweisen, der wegen einer Markenverletzung in Anspruch genommen wird. Die Erfordernisse des Schut-zes des freien Warenverkehrs nach Art.
34 und 36 AEUV gebieten allerdings eine Modifizierung dieser allgemeinen Beweisregel, wenn sie es einem Marken-inhaber ermöglichen könnte, die nationalen Märkte abzuschotten und damit die Beibehaltung von etwaigen Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu begünstigen. Danach obliegt dem Markeninhaber insbesondere dann, wenn er seine Waren im [X.] über ein ausschließliches 2
3
4
-
4
-
Vertriebssystem in Verkehr bringt, der Nachweis, dass die Waren ursprünglich von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung außerhalb des [X.] in Verkehr gebracht worden sind, wenn der von ihm wegen Schutzrechtsverletzung in Anspruch genommene Dritte nachweisen kann, dass eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte besteht, falls er den Beweis der Erschöpfung zu erbringen hat (vgl. [X.], [X.], 626 Rn.
30
CONVERSE
I; [X.], Urteil vom 15.
März 2012
I
ZR
137/10, [X.], 630 Rn.
29 =
[X.], 824
CONVERSE
II).

2. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungs-gerichts besteht keine Gefahr einer Abschottung der Märkte der Mitgliedstaa-ten.

a) Ohne Erfolg macht
die Revision geltend, die Klägerin habe ein aus-schließliches Vertriebssystem aufgebaut, um in Westeuropa ein hohes Preisni-veau sicherzustellen.

Das [X.] ist davon ausgegangen, zwischen den Parteien sei un-streitig, dass die Klägerin die Waren nicht über ein ausschließliches Vertriebs-system vertreibe. Auch das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe nicht behauptet, dass die Klägerin ihre Waren über ein ausschließliches Vertriebssystem absetze. Die Revision zeigt nicht auf, dass diese Annahme des Berufungsgerichts unzutreffend ist.

Der Revision verhilft in diesem Zusammenhang auch der Vortrag zum Herstellung und Warenzeichen-Lizenzvertrag zwischen der [X.] und der [X.] nicht zum Erfolg. Es handelt sich um neuen 5
6
7
8
-
5
-
Vortrag in der Revisionsinstanz, der nicht mehr zu berücksichtigen ist (§
559 ZPO).

b) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass sich aus den Äußerungen des Geschäftsführers der [X.] Generalimpor-teurin der Klägerin keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Gefahr einer Marktabschottung ergeben (vgl. [X.], [X.], 626 Rn.
37
f.

CONVERSE
I).

c) Die Beklagte hat nicht den Nachweis geführt, dass sich die Gefahr
einer Marktabschottung aus dem System offizieller Vertragshändler in [X.] ergibt. Zu Recht hat
das Berufungsgericht angenommen, dass sich die Belieferung ausgewählter Fachhändler durch die [X.] Generalimporteurin der Klägerin allein auf den [X.] Markt bezieht. Ein Rückschluss auf die Gefahr einer Abschottung der Märkte der Mitgliedstaaten ergibt sich daraus nicht.

d) Die Revision kann
schließlich
nichts für sie Günstiges aus der Ent-scheidung der Rechtsbank Assen vom 18.
Mai 2011
Az. 73367 ableiten. Diese verhält sich zu der Frage, ob die [X.] dem Inverkehrbringen [X.] Partien von Schuhen zugestimmt hat. Schlussfolgerungen für die Ge-fahr einer Abschottung der Märkte der Mitgliedstaaten ergeben sich aus der Entscheidung nicht.

3. Die Sache ist nicht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um der Beklagten Gelegenheit zu geben, zu der Frage vorzutragen, ob die in Rede stehenden Sportschuhe von der Klägerin oder mit ihrer Zustimmung im [X.] in den Verkehr gebracht worden sind. Die Beklagte hat-9
10
11
12
-
6
-
te
anders als im der [X.]sentscheidung "CONVERSE
I" zugrundeliegenden Fall (vgl. [X.], [X.], 626 Rn.
41)
hinreichend Anlass, in den Tatsa-cheninstanzen zu den Voraussetzungen der Erschöpfung vorzutragen.

III. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von vier [X.] nach Zustellung dieses Beschlusses.

[X.] Streitwert der Revision: 100.000

Bornkamm

Büscher

Schaffert

Kirchhoff

Löffler

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.09.2010 -
2a O 35/09 -

O[X.], Entscheidung vom 10.05.2011 -
I-20 [X.] -

13
14

Meta

I ZR 99/11

07.08.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.08.2012, Az. I ZR 99/11 (REWIS RS 2012, 4060)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4060

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 52/10 (Bundesgerichtshof)

Nationales und Gemeinschaftsmarkenrecht: Darlegungs- und Beweislastverteilung im Prozess auf Unterlassung des Vertriebs von Produktfälschungen; Erschöpfungseinwand …


I ZR 147/18 (Bundesgerichtshof)

Verletzung einer Unionsmarke und Erschöpfungseinwand: Darlegungs- und Beweislastverteilung; Gefahr einer Marktabschottung durch selektives Vertriebssystem; Einschränkung …


I ZR 52/10 (Bundesgerichtshof)


I ZR 137/10 (Bundesgerichtshof)

Markenverletzungsstreit: Beweislastumkehr zu den Voraussetzungen der Erschöpfung; Reichweite der Zustimmung des Markeninhabers zur Klage des …


I ZR 137/10 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.