Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.10.2018, Az. I R 67/16

1. Senat | REWIS RS 2018, 3031

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Gegenstand

Besteuerungsrecht und Abzug ausländischer Steuern bei Arbeitnehmertätigkeit im Ausland


Leitsatz

1. NV: Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die ein Schweizer Staatsangehöriger mit Wohnsitz im Inland, aus einer Tätigkeit auf dem französischen Territorium des Flughafens Basel-Mulhouse-Freiburg erzielt, unterfallen abkommensrechtlich Art. 13 DBA-Frankreich 1959/1969/2001. Sind die Voraussetzungen der Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 DBA Frankreich nicht erfüllt, steht das Besteuerungsrecht Frankreich zu (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich), so dass die Einkünfte bei einer inländischen Veranlagung steuerfrei zu stellen sind (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Frankreich) .

2. NV: Hat der Steuerpflichtige nicht nachgewiesen, dass Frankreich auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass dort auf diese Einkünfte Steuern gezahlt wurden, sind die Einkünfte nach § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG in die Ermittlung der inländischen Bemessungsgrundlage einzubeziehen .

3. NV: Die in der Schweiz aufgrund der Vortäuschung eines dort bestehenden Wohnsitzes erhobenen und entrichteten Steuern sind nicht nach § 34c Abs. 6 Satz 6 i.V.m. Abs. 3 EStG i.d.F. des JStG 2007 bei der Ermittlung der Einkünfte wie Werbungskosten abzuziehen .

Tenor

1. Die Revision des [X.] wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.], [X.], vom 23. Juni 2016  3 K 3089/13 im Hinblick auf die Streitjahre 2007 und 2009 aufgehoben. Die Klage wird insoweit abgewiesen.

3. Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

A.

1

Streitig ist, ob Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit dem Besteuerungsrecht der [X.] ([X.]) unterliegen und ob im Ausland angefallene Steuern bei der Ermittlung der Einkünfte "wie Werbungskosten" zu berücksichtigen sind.

2

Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein [X.] Staatsangehöriger, war in den Streitjahren (2005 bis 2007, 2009) im Bereich des trinationalen [X.] auf französischem Territorium als Arbeitnehmer für einen [X.] Arbeitgeber tätig. Er wurde auf der Grundlage einer Wohnsitzangabe ".../CH" von der [X.] Steuerverwaltung als in [X.] unbeschränkt steuerpflichtig behandelt; seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterlagen in [X.] der Einkommensteuer.

3

Die dortige frühere Familienwohnung hatte der Kläger allerdings im Zuge einer Trennung der Eheleute im Jahr 2003 verlassen. Der Kläger wohnte danach zunächst in nichtehelicher Lebensgemeinschaft im Inland; im Jahr 2006 erwarb er Eigentum im Inland, das zu [X.] (Fremdenpension) und in den Streitjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.

4

Gegenüber dem Beklagten, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) erklärte der Kläger, in [X.] weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt zu haben. Allerdings würden [X.] erzielt. Für das Streitjahr 2006 erging ein Verlustfeststellungsbescheid. Nachdem der Kläger u.a. für das Streitjahr 2007 zunächst Erklärungen zur beschränkten Einkommensteuerpflicht eingereicht hatte, vertrat das [X.] unter Hinweis auf den inländischen Wohnsitz den Standpunkt, es liege unbeschränkte Steuerpflicht vor. Der Kläger verwies darauf, in [X.] nur einen Zweitwohnsitz zu haben, ansässig sei er in [X.]. Dazu legte er sowohl eine Bescheinigung vor, in .../CH (Familienwohnsitz mit Ehefrau und Kindern) zu wohnen, als auch Unterlagen der [X.] Steuerverwaltung.

5

Das [X.] folgte daraufhin den Angaben des [X.] und sah die Voraussetzungen für eine Steuerfreistellung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als erfüllt an. Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide 2007 und 2009 (und Verlustfeststellungsbescheide) wurden bestandskräftig. Nach weiteren Ermittlungen der Steuerfahndung vertrat das [X.] allerdings die Auffassung, der Kläger sei auch abkommensrechtlich in [X.] ansässig gewesen; bei der Besteuerung als sog. Grenzgänger sei die von ihm nachgewiesene [X.] Quellensteuer auf die [X.] Einkommensteuer anzurechnen. Es ergingen ein erstmaliger Einkommensteuerbescheid für 2005 und [X.] zu den Jahren 2006, 2007 und 2009 (unter Aufhebung der Verlustfeststellungsbescheide).

6

Das Finanzgericht (FG) [X.], [X.], gab der Klage zu den Streitjahren 2007 und 2009 insoweit statt (Urteil vom 23. Juni 2016  3 K 3089/13, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2017, 464), als es [X.] Steuer (unter Verweis auf [X.] Steuerbescheide) bei der Ermittlung der Einkünfte "wie Werbungskosten" berücksichtigte. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.

7

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil und die zugrunde liegenden (Änderungs-)Bescheide zur Einkommensteuer 2005 bis 2007 und 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. August 2013 (ersatzlos) aufzuheben.

8

Das [X.] beantragt, das angefochtene Urteil hinsichtlich der Streitjahre 2007 und 2009 aufzuheben, soweit der Klage durch Berücksichtigung [X.]r Steuer "wie Werbungskosten" bei der Ermittlung der Einkünfte entsprochen wurde und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

9

Die Beteiligten beantragen wechselseitig, die Revision des anderen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

B.

Die Revision des [X.] ist unbegründet; auf die Revision des [X.] ist das angefochtene Urteil, soweit es der Klage entsprochen hat (Streitjahre 2007 und 2009), aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

I. Die Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat ohne Rechtsfehler im angefochtenen Urteil dahin erkannt, dass der Kläger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist und die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 50d Abs. 8 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung (EStG) bei der Veranlagung des [X.] zu berücksichtigen sind.

1. Der Kläger war in den Streitjahren i.S. des § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, da er im Inland einen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung) innehatte.

Das [X.] hat im angefochtenen Urteil auf der Grundlage einer eigenen Beweiserhebung durch Zeugenbefragung und der Ermittlungen der Steuerfahndung entsprechende Feststellungen getroffen, die den Senat i.S. des § 118 Abs. 2 [X.]O binden. Zugleich hat das [X.] festgestellt, dass der Kläger in .../CH seit 2003 keinen Wohnsitz mehr innehatte. Auch insoweit ist der erkennende Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 [X.]O). Beide Würdigungen beruhen auf einer nachvollziehbaren Tatsachenwürdigung; ein Verstoß gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze ist nicht ersichtlich.

2. Hiervon ausgehend hat das [X.] zutreffend erkannt, dass nach dem sog. Welteinkommensprinzip (§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG) sämtliche Einkünfte des [X.] --vorbehaltlich entgegenstehender abkommensrechtlicher [X.] in die inländische Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind und damit auch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Tätigkeit für den [X.] Arbeitgeber).

3. Das [X.] hat ohne Rechtsfehler weiterhin angenommen, dass angesichts der [X.]) Ansässigkeit des [X.] in [X.] und dem Arbeitsort auf dem Hoheitsgebiet der [X.] der inländischen Besteuerung seiner [X.] das Abkommen zwischen der Bundesrepublik [X.] und der [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 ([X.] 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) --trotz des [X.] Betriebssitzes des [X.] nicht entgegensteht. Dazu werden von den Beteiligten auch keine weitergehenden Einwendungen vorgetragen.

4. Dem [X.] ist ebenfalls darin beizupflichten, dass die [X.] des [X.] der Regelung über die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik [X.] und der [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 ([X.] 1961, 398, BStBl I 1961, 343), mit Wirkung für die Streitjahre zuletzt geändert durch das Zusatzabkommen vom 20. Dezember 2001 ([X.] 2002, 2372, [X.], 892) --[X.] 1959--, unterfallen. Sie sind auf dieser Grundlage aus der inländischen Bemessungsgrundlage auszunehmen (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 [X.] 1959).

a) Der Schutzbereich des [X.] 1959 ist für den Kläger eröffnet, da er nach den Feststellungen des [X.] in den Streitjahren nach Maßgabe des Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a [X.] 1959 (Wohnsitz) in [X.] ansässig ist.

Dass der Kläger gegenüber der [X.] Steuerverwaltung einen dortigen (inländischen) Wohnsitz behauptet hat, und dort eine Steuerpflicht nach Maßgabe unbeschränkter Steuerpflicht angenommen wurde, eröffnet entgegen der Ansicht des [X.] den Schutzbereich des zwischen [X.] und der [X.] abgeschlossenen Abkommens zur Vermeidung der doppelten Besteuerung nicht. Dies ergibt sich schon allein daraus, dass für den Schutzbereich des Abkommens nur der objektiv bestehende Wohnsitz als Grundlage der Ansässigkeitsentscheidung dienen kann – und der Kläger nach den Feststellungen des [X.] keinen [X.] Wohnsitz gehabt hat. Darüber hinaus ist die Entscheidung zum Abkommensschutz aus der Sicht [X.]s als Anwenderstaat mit Rücksicht auf den Quellenstaat als maßgebenden Vertragsstaat zu treffen, nicht aber mit Blick auf einen u.U. berührten [X.] (s. dazu z.B. Senatsbeschluss vom 4. November 2014 I R 19/13, [X.], 333, keine "abkommensübergreifende Wirkung").

b) Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1959 können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem die persönliche Tätigkeit ausgeübt wird. Ausübungsort der Tätigkeit ist nach den Feststellungen des [X.] [X.].

c) Eine Besteuerung im Wohnsitzstaat [X.] auf der Grundlage der Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 [X.] 1959 kommt nicht in Betracht. Die Vorschrift bestimmt, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Personen, die im Grenzgebiet eines Vertragsstaates arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie regelmäßig jeden Tag zurückkehren, im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaates haben, nur in diesem anderen Staat besteuert werden. Allerdings fehlt es an der zweiten Voraussetzung. Denn die inländischen Wohnorte des [X.] sind nicht innerhalb der sog. Grenzgänger-Zone gemäß Art. 13 Abs. 5 Buchst. b [X.] 1959 (i.V.m. dem Schreiben des [X.] vom 1. Juli 1985, [X.], 310, für Besteuerungssachverhalte nach dem 1. Januar 2010: § 5 Abs. 1 der Verordnung zur Umsetzung von [X.] zwischen der Bundesrepublik [X.] und der [X.] vom 20. Dezember 2010, [X.], 2138, [X.], 104, dort Anlage 2) belegen.

5. Das [X.] hat die Einkünfte des [X.] aus nichtselbständiger Arbeit jedoch ohne Rechtsfehler nach § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG in die inländische Bemessungsgrundlage einbezogen.

a) Die Regelung sieht vor, dass dann, wenn Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der [X.] Steuer auszunehmen sind, die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt wird, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden.

b) Das [X.] hat dazu entschieden, dass die Freistellung nicht zu gewähren ist, da der Kläger weder einen Besteuerungsverzicht [X.] noch dortige Steuerzahlungen nachgewiesen hat. Die [X.] des [X.] sind in [X.] nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht besteuert worden.

c) Die hieraus gezogenen Folgerungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen.

aa) Die Regelung des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG ist verfassungsgemäß (z.B. Senatsurteil vom 29. Juni 2016 I R 66/09, [X.], 1688, m.w.N.). Auch wenn der Kläger darauf verweist, das [X.] habe nicht ausdrücklich festgestellt, dass er den Sachverhalt pflichtwidrig der [X.] Steuerverwaltung nicht gemeldet habe und dass die [X.] Steuerverwaltung auch eigenständig hätte ermitteln können, wird hierdurch der gesetzliche Tatbestand des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG nicht ausgeschlossen, da dieser den Steuerpflichtigen mit dem Nachweis eines Besteuerungsverzichts oder einer Steuerzahlung belastet; dass dem nicht Rechnung getragen wurde, ist unstreitig. Nicht zuletzt kann auch der etwaige Eintritt einer Festsetzungsverjährung in [X.] den Kläger nicht entlasten. Denn in einem solchen allgemeinen verfahrensrechtlichen Festsetzungshindernis liegt kein Verzicht auf den nach nationalrechtlichen und abkommensrechtlichen Maßgaben bestehenden Besteuerungsanspruch (gl.[X.], E[X.] 2017, 469 f.; [X.]/[X.]/ [X.], Betriebs-Berater --[X.]-- 2017, 2775, 2784).

bb) Der Senat hat in seinem Beschluss vom 10. Januar 2012 I R 66/09 ([X.], 304) erwogen, die Nachweispflicht einzuschränken, wenn es dem Steuerpflichtigen unmöglich oder für ihn unzumutbar gewesen wäre, dem [X.] nachzukommen. Davon kann nach den Sachumständen aber keine Rede sein. Ebenfalls kann den Kläger nicht entlasten, dass er die Einkünfte in [X.] deklariert hat und dort auch eine Steuerzahlung stattgefunden hat. Die nationale Bedingung für die abkommensrechtliche Freistellung kann sich --wie dem Wortlaut des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG zu entnehmen [X.] nur auf den Vertragsstaat beziehen, mit dem abkommensrechtlich die Freistellung vereinbart ist (gl.[X.], E[X.] 2017, 469; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 2017, 2775, 2783 f.).

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Das [X.] hat im angefochtenen Urteil rechtsfehlerhaft dahin erkannt, die vom Kläger gezahlte [X.] Steuer sei bei der Einkünfteermittlung der Streitjahre 2007 und 2009 "wie Werbungskosten" abzuziehen.

1. Nach § 34c Abs. 1 EStG (i.d.F. des Jahressteuergesetzes --[X.]-- 2007 vom 13. Dezember 2006, [X.], 2878, [X.], 28) ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der [X.] Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer auf die [X.] Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. Abs. 3 der Regelung sieht vor, dass bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, bei denen eine ausländische Steuer vom Einkommen nach Abs. 1 nicht angerechnet werden kann, weil die Steuer nicht der [X.] Einkommensteuer entspricht oder nicht in dem Staat erhoben wird, aus dem die Einkünfte stammen, oder weil keine ausländischen Einkünfte vorliegen, die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen ist, soweit sie auf Einkünfte entfällt, die der [X.] Einkommensteuer unterliegen. Im Übrigen regelt Abs. 6, dass die Abs. 1 bis 3 vorbehaltlich der Sätze 2 bis 6 nicht anzuwenden sind, wenn die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht. In Satz 6 heißt es hierzu: Abs. 3 ist anzuwenden, wenn der Staat, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht, Einkünfte besteuert, die nicht aus diesem Staat stammen, es sei denn, die Besteuerung hat ihre Ursache in einer Gestaltung, für die wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen, oder das Abkommen gestattet dem Staat die Besteuerung dieser Einkünfte.

2. Das [X.] hat seiner Entscheidung die Rechtsmeinung zugrunde gelegt, nach der Maßgabe des [X.] vom 17. November 2010 I R 76/09 ([X.], 68, [X.], 276) seien die [X.] nach § 34c Abs. 6 Satz 6 i.V.m. Abs. 3 EStG i.d.F. des [X.] 2007 erfüllt. Die Einkünfte würden der [X.] Einkommensteuer unterliegen und aus [X.] (und nicht aus [X.]) herrühren. Die Steuererhebung durch die [X.] habe nicht ihre Ursache in einer Gestaltung, für die wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlten, denn die Deklaration in [X.] sei keine Steuerumgehung oder ein Gestaltungsmissbrauch. Schließlich seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hinsichtlich der [X.] Steuer ein Ermäßigungsanspruch des [X.] bestanden habe.

3. Dem ist nicht beizupflichten.

Durch Einfügung des § 34c Abs. 6 Satz 4 EStG --nunmehr Satz 6-- durch das Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften (Steuerbereinigungsgesetz 1999) vom 22. Dezember 1999 ([X.], 2601, [X.], 13) hat der Gesetzgeber regeln wollen, dass in Fällen missbräuchlicher Gestaltung eine Steuerermäßigung gemäß § 34c EStG (als Anrechnung oder Abzug) ausgeschlossen ist (s. dazu das Senatsurteil vom 1. April 2003 I R 39/02, [X.], 202, [X.] 2003, 869, zu [X.] [X.] der Gründe; [X.] Hamburg, Urteil vom 17. Mai 2013  6 K 73/12, E[X.] 2013, 1671, zu Nr. 6 der Gründe; [X.] in [X.], EStG, 17. Aufl., § 34c Rz 7 [nur Vermeidung "unverschuldeter Doppelbesteuerungen"]). Insoweit soll insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige die Einkünfte künstlich in den [X.] verlegt und er damit die ausländische Steuer "selbst verursacht" hat, ein Abzug ausgeschlossen sein (so z.B. [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], § 34c EStG Rz 237). Von einer solchen "Gestaltung" i.S. des Satz 6 Halbsatz 2 ist auch im Streitfall auszugehen, da die [X.] Steuer nicht nur durch die [X.] in [X.], sondern zugleich durch die bewusst fehlerhafte Deklaration der Einkünfte in [X.] verursacht wurde. Darüber hinaus steht dem Abzug der [X.] Steuer bei der Ermittlung der inländischen Bemessungsgrundlage ferner entgegen, dass hinsichtlich dieser Steuer ein Ermäßigungsanspruch des [X.] bestanden hat. Denn die Erhebung der [X.] Steuer beruht allein auf dem Umstand, dass der Kläger gegenüber der [X.] Steuerverwaltung erklärt hatte, in [X.] (".../CH") ansässig zu sein, was aber nach den Feststellungen des [X.] nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen hatte. Wenn aber ohne Ansässigkeit in [X.] im Verhältnis zwischen [X.] und [X.] ein Besteuerungsrecht [X.] für die vom Kläger ausgeübte nichtselbständige Tätigkeit nicht bestand (s. insoweit Senatsurteil in [X.], 68, [X.], 276), lag unabhängig von der Deklaration des [X.] eine abkommenswidrig erhobene Steuer vor (gl.A. [X.]/[X.]/[X.], [X.] 2017, 2775, 2785). Demgemäß unterlag die festgesetzte [X.] Steuer in voller Höhe einem Ermäßigungsanspruch (s. allgemein die Begründung des Gesetzentwurfs zur Änderung des § 34c EStG durch das [X.] 2007, BTDrucks 16/2712, S. 54) und ist nach § 34c Abs. 3 EStG (insoweit im Unterschied zu der im Senatsurteil in [X.], 68, [X.], 276 --dort zu [X.] der Gründe-- maßgebenden früheren Rechtslage) vom Abzug "wie Werbungskosten" ausgeschlossen.

4. Das angefochtene Urteil ist hiernach im Hinblick auf die Streitjahre 2007 und 2009 aufzugeben und die Klage insgesamt abzuweisen.

III. [X.] folgt aus § 135 Abs. 1, 2 [X.]O.

Meta

I R 67/16

10.10.2018

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 23. Juni 2016, Az: 3 K 3089/13, Urteil

§ 19 EStG 2002, § 34c Abs 3 EStG 2002 vom 13.12.2006, § 34c Abs 6 S 6 EStG 2002 vom 13.12.2006, § 50d Abs 8 EStG 2002, Art 13 Abs 1 DBA FRA, Art 13 Abs 5 DBA FRA, Art 20 Abs 1 DBA FRA, § 19 EStG 2009, § 34c Abs 3 EStG 2009, § 34c Abs 6 S 6 EStG 2009, § 50d Abs 8 EStG 2009, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006, EStG VZ 2007, EStG VZ 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.10.2018, Az. I R 67/16 (REWIS RS 2018, 3031)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3031

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