Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2001, Az. VIII ZR 119/00

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 1961

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[X.] DES VOLKESURTEILVIII ZR 119/00Verkündet am:11. Juli 2001Kirchgeßner,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die [X.]. [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] [X.] in [X.] 30. März 2000 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin hatte unter der Bezeichnung "die Kugel" ein elektronischesSystem zur Automatisierung des Hauses entwickelt. Die Beklagte zu 1) (im [X.]: Beklagte), deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagtezu 2) ist, vertreibt unter anderem elektronische Geräte. Anfang Oktober 1996kaufte die Beklagte von der Klägerin zunächst zwecks Erprobung zwei Ba-sispakete mit je einer Kugel sowie zwei weitere Kugeln. Am 14. Oktober bzw.4. November 1996 unterzeichneten die Beklagte und die Klägerin eine [X.], in der die Klägerin der Beklagten das Alleinvertriebsrecht- 3 -in bestimmten Bundesländern einräumte. Am 15. Oktober 1996 bestellte [X.] bei der Klägerin 200 Basispakete sowie 150 zusätzliche Kugeln [X.] von insgesamt 137.840 DM. Bei Abschluß der Verträge war der [X.] bekannt, daß die von ihr gekauften Kugeln lediglich eine Schaltfunktionausführen konnten und daß Kugeln mit anderen Funktionen (Licht- und Tempe-ratursensor, Dimmer, Feuchtigkeitsmesser, Bewegungsmelder) noch nicht [X.] standen. Die erste Teillieferung wurde von der Beklagten bezahlt.Die Rechnungen für weitere Teillieferungen beglich die Beklagte nicht.Am 24. Januar 1997 verhandelten die Klägerin und die Beklagte überdie Entwicklung einer neuen, kostengünstigeren Kugel, die die bisher [X.] Funktionen der alten Kugel enthalten und mit dieser kompatibel sein sollte.Mit Schreiben vom 1. und 17. April 1997 mahnte die Klägerin die Bezahlungder offenen Rechnungen an und wies unter anderem darauf hin, daß bei [X.] die Entwicklung der neuen Kugel in Gefahr sei. Als die [X.] nicht zahlte, stellte die Klägerin die Entwicklungsarbeiten aus [X.] ein. Mit Anwaltsschreiben vom 6. Juni 1997 ließ die Beklagte die Wande-lung des mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrages erklären, weil die [X.] Kugeln wegen der fehlenden Funktionen mangelhaft seien.In dem vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin von den [X.] als Gesamtschuldnern Zahlung des ausstehenden [X.] in [X.] 83.624,32 DM nebst Zinsen. Die Beklagten, die klargestellt haben, daß diegelieferten Kugeln selbst mangelfrei sind, machen geltend, daß das Systemwegen der fehlenden Funktionen mangelhaft sei. Sie behaupten, die Klägerinhabe vor Vertragsschluß ausdrücklich zugesagt, daß Kugeln mit weiterenFunktionen spätestens Anfang 1997 lieferbar seien. Die Klägerin behauptet,- 4 -die Beklagte habe seinerzeit erklärt, die am 15. Oktober 1996 bestellten [X.]n im Weihnachtsgeschäft absetzen zu wollen.Das [X.] hat der Klage antragsgemäß stattgegeben, das [X.] hat sie auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen. Hierge-gen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellungdes erstinstanzlichen Urteils erstrebt.Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:Der Klägerin stünden weitere Kaufpreisansprüche nicht zu. Sie sei [X.] wegen Verletzung nachvertraglicher Nebenpflichten zum Schadens-ersatz verpflichtet. Die Beklagte könne deswegen zumindest Freistellung vonder restlichen Kaufpreisforderung der Klägerin verlangen. Ob schon das [X.] eine Vertragsverletzung der Kläge-rin darstelle, könne offen bleiben. Jedenfalls habe sich die Klägerin deshalbschadensersatzpflichtig gemacht, weil sie die Beklagte nicht unmißverständlichdarauf hingewiesen habe, daß sie die Weiterentwicklung der Kugel ohne Zah-lung des [X.] mangels ausreichenden Eigenkapitals einstellenmüsse. Zu einem solchen Hinweis sei die Klägerin angesichts der grundlegen-den Bedeutung der Weiterentwicklung für die Verwertbarkeit der bereits gelie-ferten Kugeln und für die Zusammenarbeit der Parteien im Rahmen der [X.] verpflichtet gewesen. Dieser Verpflichtung habe die [X.] -rin durch den in ihrem Schreiben vom 17. April 1997 enthaltenen Hinweis dar-auf, daß die Entwicklung in Gefahr sei, nicht genügt.I[X.] Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfungnicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das [X.] den der Höhe nach unstreitigen [X.]anspruch der Klägerin aus§ 433 Abs. 2 BGB gegen die Beklagte zu 1), für den die Beklagte zu 2) gemäߧ 128 HGB haftet, zu Unrecht verneint.Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das [X.] zum Schadensersatz verpflichtende Verletzung nachvertraglicher Neben-pflichten der Klägerin angenommen hat, weil diese die Beklagte nicht unmiß-verständlich darauf hingewiesen habe, daß sie die Weiterentwicklung der [X.] ohne die Zahlung des [X.] mangels ausreichenden Eigenkapi-tals einstellen müsse.1. Dem Berufungsgericht kann bereits insoweit nicht gefolgt werden, alses eine vertragliche Nebenpflicht der Klägerin, die Beklagte auf die drohendeEinstellung der Weiterentwicklung der Kugel hinzuweisen, aus der "grundle-genden Bedeutung" hergeleitet hat, "die die Entwicklung der Zusatzkompo-nenten für die Verwertbarkeit der bereits gelieferten Ware und für die [X.] der Parteien im Rahmen der Vertriebsvereinbarung hatte". [X.] kann, ob und gegebenenfalls welche Bedeutung die Weiterentwicklungfür die Vertriebsvereinbarung der Parteien hatte. Hier geht es nicht um dieseVereinbarung, sondern allein um den Kaufvertrag über die Lieferung von [X.]n, aus dem noch ein [X.] offen ist. Insoweit kommt der Weiterent-wicklung der Kugeln nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt keine Be-deutung zu. In der Revisionsinstanz ist nämlich mangels gegenteiliger [X.] des Berufungsgerichts gemäß der unter Zeugenbeweis gestellten- 6 -Behauptung der Klägerin davon auszugehen, daß die Beklagte die unter [X.] Oktober 1996 bestellten Kugeln schon im Weihnachtsgeschäft 1996 abset-zen wollte. Dabei war ihr unstreitig bekannt, daß die Kugeln lediglich [X.] ausführen konnten und daß Kugeln mit anderen [X.] nicht zur Verfügung standen. Die Beklagten haben zwar behauptet, dieKlägerin habe vor Vertragsschluß ausdrücklich zugesichert, daß [X.] weiteren Funktionen spätestens Anfang 1997 lieferbar sein würden. [X.] dazu hat das Berufungsgericht jedoch nicht getroffen. [X.] die Zusatzfunktionen für die Kugeln, um deren Bezahlung es hier geht,nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt keine Rolle.2. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen,die Klägerin habe der Beklagten die Bedeutung der Zahlung des [X.] für die Weiterentwicklung der Kugel durch ihr Schreiben vom [X.] nicht unmißverständlich klargemacht. Die tatrichterliche Auslegung [X.] ist zwar revisionsrechtlich nur beschränkt auf die Verlet-zung von Auslegungsregeln, Denkgesetzen, [X.] und [X.] überprüfbar (st.Rspr. des [X.], z.B. Urteil vom 14. Juni 2000- VIII ZR 73/99, [X.], 2309 unter [X.] b m.w.Nachw.). Ein solcher Fehlerliegt hier aber vor, weil das Berufungsgericht das Schreiben der Klägerin vom17. April 1997 nur unvollständig gewürdigt hat. Darin heißt es [X.] müssen heute mit der dringlichen Bitte an Sie herantreten,die offenen Rechnungen ... innerhalb der nächsten zehn Tageohne weiteren Aufschub zu begleichen.Wir wären von unserer Seite gerne bereit, Ihnen den o.g. [X.] zu stunden, leider läßt unsere finanzielle Lage das [X.]. Des weiteren hat uns unser Lieferant per Anwaltsschreiben fürdie an Sie gelieferten Kugeln eine letzte Frist gesetzt und wir- 7 -können und wollen uns eine gerichtliche Auseinandersetzungnicht erlauben ... [X.] schließt sich dann der vom Berufungsgericht angeführte [X.] halten Sie v.g. Termin unbedingt ein, ansonsten wäre auchunsere eigene Entwicklung für die Version 2 in [X.] dieses eindringlichen Hinweises der Klägerin auf ihre finan-zielle Notsituation konnte die Beklagte nicht im Zweifel darüber sein, daß ihrebeharrliche Zahlungsverweigerung das Ende der Weiterentwicklung der Kugelbedeutete, zumal die Klägerin ihr bereits mit Schreiben vom 1. April 1997 mit-geteilt hatte:"Wir haben durch Ihre erste Teilzahlung einige Lieferanten [X.] bewegen können, sind aber nun so weit, daß wir drin-gend die Restzahlung benötigen, um unsere [X.] haben im übrigen die Beklagten selbst nicht geltend ge-macht.3. Wie die Revision weiter zu Recht beanstandet, hat das [X.] auch nicht bedacht, daß sich die Beklagte zuerst selbst vertragsuntreuverhalten hat, indem sie den ausstehenden [X.] nicht bezahlt hat.Angesichts dessen ist es den Beklagten nach [X.] (§ 242 BGB)versagt, der Klägerin die vom Berufungsgericht zur Last gelegte Verletzungnachvertraglicher Pflichten entgegenzuhalten. Bezeichnenderweise haben diesdie Beklagten selbst in den Vorinstanzen auch nicht getan.II[X.] Das Berufungsurteil stellt sich nach den bisher getroffenen [X.] auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).- 8 -1. Insbesondere war die Beklagte nicht nach §§ 459, 462 BGB zur [X.] des mit der Klägerin geschlossenen Kaufvertrages berechtigt. Die [X.] Kugeln sind für sich genommen selbst nach Ansicht der [X.]. Das Kugel-System mag gemäß der Behauptung der [X.] die Zusatzfunktionen mangelhaft sein. Der Beklagten war jedoch- ungeachtet der Angaben auf der Verpackung - bei Abschluß des [X.] unstreitig bekannt, daß die von ihr gekauften Kugeln lediglich eine [X.] ausführen konnten und daß Kugeln mit anderen Funktionen noch [X.]r Verfügung standen. Gemäß § 460 BGB können sich die Beklagten daherauf diesen etwaigen Mangel nicht berufen. Zu der von ihnen behaupteten aus-drücklichen Zusicherung der Klägerin vor Abschluß des Kaufvertrages, [X.] mit weiteren Funktionen spätestens Anfang 1997 zur Verfügungstünden, hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen.2. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen, ob schon [X.] der Weiterentwicklung der Kugel eine positive Vertragsverletzungdarstellt. Insoweit fehlt es auch an Feststellungen dazu, woraus sich die Ver-pflichtung der Klägerin zur Weiterentwicklung der Kugel ergeben soll. [X.] stand der Klägerin wegen der Zahlungsverweigerung der Beklagtenjedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zu.[X.] Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es noch weiterer tat-sächlicher Feststellungen bedarf. Daher waren das Berufungsurteil aufzuhebenund- 9 -der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.[X.] Dr. [X.] [X.][X.] [X.] den wegen urlaubsbedingterAbwesenheit an der [X.] am Bundes-gerichtshof [X.]18. Juli 2001

Meta

VIII ZR 119/00

11.07.2001

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2001, Az. VIII ZR 119/00 (REWIS RS 2001, 1961)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1961

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