Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2012, Az. 1 StR 530/11

1. Strafsenat | REWIS RS 2012, 8521

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
1
[X.]R
530/11

vom
6. März
2012
in der [X.]rafsache
gegen

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht

geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 1.
[X.]rafsenat des [X.] hat
in der Sitzung vom 6. März 2012, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Nack

und [X.] am [X.]
Dr. Wahl,
[X.],
[X.],
Prof. Dr. [X.],

Oberstaatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Auf die Revision der [X.]aatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 2. August 2011 im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Ge-samtstrafe nach §§ 460, 462 [X.]PO zu treffen ist.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 [X.]GB zu-ständigen Gericht vorbehalten.

Von Rechts wegen

Gründe:
I.

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaub-tem Erwerb von Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus anderen Verurteilungen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt, unter Aufrechterhaltung zweier Maßregeln der Besserung und Sicherung. Mit ihrer zum Nachteil des Angeklagten eingelegten, wirksam auf den [X.] beschränkten und mit der Sachrüge begrün-deten Revision beanstandet die [X.]aatsanwaltschaft die Gesamtstrafenbildung. Zu Unrecht habe das [X.] die mit [X.]rafbefehl des Amtsgerichts [X.] vom 13. April 2007 verhängte [X.]rafe als vollstreckt und damit als erledigt 1
-
4
-
im Sinne von § 55 Abs. 1 [X.]GB angesehen. Die Revision der [X.]aatsanwalt-schaft hat Erfolg.

II.
1. Der jetzigen Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Ende 2007 erwarb der Angeklagte zwei Kilogramm Haschisch, um aus dem Weiterverkauf des [X.] Gewinn zu erzielen. Einen geringen Teil der Droge konsumierte der Angeklagte selbst.
Dafür hat die [X.] eine Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt.
2. Bei der nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe gemäß § 55 [X.]GB hat das [X.] Einzelstrafen aus den Verurteilungen vom 6. November 2007, 13. Mai 2009, 14. Oktober 2009 und 24. Januar 2008 (Berufungsurteil) einbezogen, einmal unter Auflösung einer früheren Gesamtstrafe. [X.] ließ die [X.] den [X.]rafbefehl des [X.] vom 13. April 2007.
Dies hat die [X.] wie folgt begründet:
Da ein großer Teil der vom [X.] Bayreuth mit Urteil vom 13. Mai 2009 gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe, in die die [X.]rafe aus dem [X.]rafbefehl einbezogen worden war, bereits vollstreckt ist (im [X.] an die vollständige Verbüßung der mit Urteil des [X.] vom 6. November 2007 verhängten Freiheitsstrafe bis zum 11. April 2009), sei die mit [X.]rafbefehl des

2
3
4
5
6
7
-
5
-
III.
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Vollstreckung einer Gesamtstrafe, deren Höhe die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen darf (§
54 Abs. 2 Satz 1 [X.]GB), stellt sich als einheitlicher Vorgang dar und nicht als sukzessive Vollstreckung der einbezogenen Einzelstrafen (etwa unter primärer Anrechnung auf die lästigste Sanktion entsprechend dem Rechtsgedanken des § 366 Abs. 2 BGB). Durch die Bildung der Gesamtstrafe verlieren die Einzel-strafen ihre selbständige Bedeutung ([X.], Urteil vom 16. Dezember 1954
-
3 [X.] -, [X.][X.] 7, 180, 182). Es kann nurmehr die Gesamtstrafe voll-streckt werden ([X.], Urteil vom 6.
Juli 1956 -
2 [X.]R 37/55 -, [X.][X.] 9, 370, 385). Die Annahme einer fiktiven Vollstreckung einer einbezogenen Einzelstra-fe widerspricht deshalb den gesetzlichen Vorgaben des § 55 Abs. 1 [X.]GB. Die Anrechnung der bisher verbüßten [X.]rafe gehört im Übrigen zur [X.]rafzeitberech-nung, für die die Vollstreckungsbehörde und nicht das erkennende Gericht zu-ständig ist ([X.], Beschluss vom 25. Januar 1967 -
2 [X.] -, [X.][X.] 21, 186; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der [X.]rafzumessung, 4. Aufl.
Rn.
694).
Entfällt eine teilweise vollstreckte Gesamtstrafe im Rahmen einer neuen nachträglichen (§ 55 [X.]GB) Gesamtstrafenbildung, so sind deshalb alle Einzel-strafen, die der entfallenen Gesamtstrafe zugrunde lagen, noch nicht erledigt im Sinne von § 55
Abs. 1 [X.]GB (so -
der Sache nach -
auch BayObLG, [X.] vom 13. September 1957 -
3 [X.] 29/57 -, NJW 1957, 1810).
Über die Gesamtstrafenbildung muss daher neu befunden werden. Maßgebend ist die Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt des Erlasses der an-gefochtenen Entscheidung ([X.], Beschlüsse vom 8. Oktober 2010 -
3 [X.]R 368/10 -, Rn. 2; vom 20. Dezember 2011 -
3 [X.]R 374/11
-
, Rn.
5, jew.
mwN).
8
9
10
-
6
-

IV.
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1 b Satz 1 [X.]PO zu entscheiden.
Die
Vorschrift findet nicht nur bei den Angeklagten [X.], [X.] auch -
auf die Revision der [X.]aatsanwaltschaft -
bei ihn begünstigenden Rechtsfehlern Anwendung ([X.], Urteil vom 30. November 2006 -
4 [X.]R 278/06 -, Rn. 9).
Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung aus den rechtskräftigen Einzel-strafen obliegt dem nach § 462a Abs. 3 [X.]PO zuständigen Gericht (vgl. [X.], Urteil
vom 2. Februar 2010 -
1 [X.]R 635/09 -, Rn. 23; Beschluss vom 28. Okto-ber 2004 -
5 [X.]R 430/04).
11
12
13
-
7
-
Der Senat kann vorliegend die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels nach § 473 Abs. 4 [X.]PO nicht selbst treffen. Darüber hat deshalb das für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 [X.]PO zuständige Gericht zusam-men mit der abschließenden Sachentscheidung zu befinden (vgl. [X.], [X.] vom 9. November 2004 -
4 [X.]R 426/04 -, [X.]R [X.]PO § 354 [X.] 1 Ent-scheidung 3).
Nack Wahl [X.]

[X.]

[X.]
14

Meta

1 StR 530/11

06.03.2012

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2012, Az. 1 StR 530/11 (REWIS RS 2012, 8521)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8521

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

3 StR 374/11

1 StR 635/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.