Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.10.2004, Az. III ZR 297/03

III. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 981

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BUNDESGERICHTSHO[X.]

BESCHLUSS [X.]/03
vom 28. Oktober 2004 in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

GKG § 60 ([X.]: bis 30.6.2004); [X.] § 55 Abs. 1 Nr. 1

Wird über das Vermögen des Revisionsklägers das Insolvenzverfahren eröffnet, nachdem seine Revision teilweise angenommen und im übrigen nicht angenommen worden ist, haftet der Insolvenzverwal[X.] nach Aufnahme des Rechtsstreits für die - zuvor noch nicht entrichtete - Verfahrensgebühr und die erst mit [X.] fällig gewordene [X.] des Revisionsverfahrens (nur) aus dem Gegenstandswert, mit dem der Rechtsstreit nach der Annahmeentscheidung anhängig geblieben ist.
[X.], Beschluß vom 28. Oktober 2004 - [X.]/03 - OLG München

LG München I - 2 -

[X.] hat am 28. Oktober 2004 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.]

beschlossen:
Auf die Erinnerung des [X.] wird der Kostenansatz in der Kostenrechnung vom 21. Mai 2004 - Kassenzeichen 780041017663 - un[X.] Zurückweisung des wei[X.]gehenden Rechtsmittels teilweise aufgehoben.

Die Kosten sind nach Maßgabe der Gründe durch die Kostenbe-amtin erneut abzurechnen.

Gründe:
[X.]

Der (frühere) Kläger, über dessen Vermögen - während des [X.] am 27. [X.]ebruar 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (im folgenden: Insolvenzschuldner), machte gegenüber der Beklagten [X.] von 73.770,12 DM nebst Zinsen geltend, die er in ers[X.] Linie auf eine das Objekt [X.] in C.

betreffende Vertriebsvereinba-rung stützte, in zwei[X.] Linie in Höhe von 62.820 DM auf Vermittlungsleistun-gen für das Objekt [X.] und - im [X.] - in Höhe - 3 -

von wei[X.]en 16.660 DM auf Vermittlungsleistungen für eine wei[X.]e Eigen-tumswohnung im Objekt [X.]. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der [X.] hat die Revision des Insolvenzschuldners durch [X.] vom 28. November 2002 insoweit angenommen, als es um die [X.] für das Objekt [X.] ging. Im übrigen, also hin-sichtlich der Provisionsansprüche für das Objekt R.

Straße, hat er des-sen Revision nicht angenommen und damit die Klageabweisung durch die [X.] bestätigt. Nach dieser [X.]sentscheidung hat der Insolvenzverwal-[X.] (im folgenden: Kläger) das Verfahren aufgenommen. Durch [X.]surteil vom 6. Mai 2004 wurde auf die Revision des [X.] das Urteil der Vorinstanz im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es um Provisionsansprüche hin-sichtlich des Objekts [X.] geht. Im Umfang der Aufhebung [X.] die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Den Streitwert hat der [X.] für die [X.] bis zur Teilannahme auf [X.] • und für die [X.] danach auf 32.119,36 • festgesetzt.

Die Kostenbeamtin hat dem Kläger aus dem Wert von [X.] • eine Verfahrensgebühr nach [X.] Nr. 1231 in Höhe von 1.312 • und aus dem Wert von 32.119,36 • eine [X.] nach [X.] Nr. 1236 in Höhe von 1.107 • un[X.] Verrechnung von ihm geleiste[X.] [X.] in Rechnung gestellt. Der Kläger hat gegen den Kostenansatz Erinne-rung eingelegt mit der Begründung, die geltend gemachte Verfahrens- sowie [X.] werde mit der Einreichung der [X.] fällig. Die Re-vision sei vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingelegt und begründet worden. Gleiches gelte für die teilweise Nichtannahme der Revision durch den [X.]. Bei den durch die [X.] ausgelösten Gebühren handele es sich demzufolge um Insolvenzforderungen gemäß § 38 - 4 -

dele es sich demzufolge um Insolvenzforderungen gemäß § 38 [X.], die nur im Rahmen einer [X.]eldung im Insolvenzverfahren berücksichtigt werden könn-ten.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Der Kläger er-hielt Gelegenheit, sich zu dem Nichtabhilfevermerk zu äußern.

I[X.]

Die gemäß § 5 Abs. 1 GKG a.[X.]. (= § 66 Abs. 1 GKG n.[X.].) zulässige Er-innerung des [X.] ist teilweise begründet.

1. Mangels einer Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens kommt als Kostenschuldner grundsätzlich nur derjenige in Betracht, der das Verfahren der Instanz beantragt hat (§ 49 Satz 1 GKG a.[X.].; vgl. jetzt § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG n.[X.].). Da über das Vermögen des früheren [X.] und [X.] das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, müßte ein entspre-chender Anspruch der Staatskasse prinzipiell im Insolvenzverfahren angemel-det werden. Die Verpflichtung zur Zahlung von Kosten wird jedoch nach [X.] des § 60 GKG a.[X.]. (= § 33 GKG n.[X.].) auch gegenüber der Staatskasse erwei[X.]t. Soweit nach den in § 60 GKG a.[X.]. aufgeführten Bestimmungen eine Zahlungspflicht begründet wird, erwirbt die Staatskasse einen wei[X.]en [X.], der neben den sonstigen im Gerichtskostengesetz genannten Kostenschuldnern zur Tragung von Gebühren und Auslagen herangezogen werden kann.
- 5 -

2. Nach der Teilannahme der Revision durch den [X.] hat der Kläger das Verfahren aufgenommen. Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des [X.], wie sie auch die hier in Rede stehende Prozeßhandlung dar-stellt, begründet werden, sind Masseverbindlichkeiten im Sinn des § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.]. Der Kläger un[X.]liegt daher im Hinblick auf die Aufnahme des durch den Insolvenzschuldner eingeleiteten Revisionsverfahrens der Antragsteller-haftung nach §§ 49 Satz 1, 60 GKG a.[X.].

a) Allerdings erfaßt die Aufnahme des Rechtsstreits, auch wenn die Ent-scheidung über die Kosten wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Ko-stenentscheidung noch vorbehalten ist, nur noch dessen anhängigen Teil. Denn im Umfang der Nichtannahme der Revision des Insolvenzschuldners sind die insoweit erhobenen Ansprüche rechtskräftig aberkannt und werden vom Kläger als Insolvenzverwal[X.] dementsprechend nicht mehr wei[X.]verfolgt. Eine Antragstellerhaftung des Insolvenzverwal[X.]s für die Verfahrensgebühr aus dem bis zur Annahmeentscheidung des [X.]s maßgebenden höheren Wert des Revisionsverfahrens scheidet daher von vornherein aus. Eine Antragstel-lerhaftung des [X.] kommt daher nur auf der Grundlage des geringeren Streitwerts in Betracht, der für den anhängig gebliebenen Teil des [X.] maßgebend ist.

b) Zu Recht hat die Kostenbeamtin insoweit eine [X.] ange-setzt, die - entgegen der Auffassung des [X.] - nicht bereits mit der [X.] der [X.] fällig geworden ist, sondern nach § 61 Abs. 2 GKG a.[X.]. (= § 6 Abs. 3 GKG n.[X.].) erst mit Erlaß des Urteils vom 6. Mai 2004 (vgl. [X.], Beschluß vom 6. März 2003 - [X.]). [X.]raglich kann deshalb allein sein, ob der Kläger auch für eine Verfahrensgebühr aus dem anhängig - 6 -

gebliebenen Teil des Rechtsstreits zu haften hat, da die Verfahrensgebühr ins-gesamt, also auch un[X.] Einschluß dieses Teils des Rechtsstreits, nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 GKG a.[X.]. (= § 6 Abs. 1 Nr. 1 GKG n.[X.].) mit Einreichung der [X.] fällig geworden ist. Die [X.]rage wäre zu verneinen, wenn als Masseverbindlichkeit im Sinn des § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nur eine Verbindlich-keit in Betracht käme, die - erstmals - nach der Eröffnung des Insolvenzverfah-rens entstanden wäre. Die Auffassungen hierzu sind geteilt. Un[X.] der Geltung der Konkursordnung ist zu § 59 in Rechtsprechung und Schrifttum nahezu ein-hellig vertreten worden, eine Differenzierung hinsichtlich der vor und nach der Un[X.]brechung des Rechtsstreits entstandenen Kosten finde nicht statt (vgl. [X.], 330, 332; [X.] 1933, 1137; [X.] 1974, 178, 179; [X.] [X.] 1986, 1244 f; [X.] [X.] 1990, 1482, 1483; [X.] § 91a ZPO Nr. 7; [X.]/[X.], Konkursordnung, 8. Aufl. 1958, § 59 Rn. 2; [X.]/[X.], Konkursordnung, 17. Aufl. 1997, § 59 [X.]. 1b; [X.]/[X.], Konkursordnung, 11. Aufl. 1994, § 59 Rn. 5a; a.A. Gaedeke JW 1939, 733 ff). [X.]ür § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.], der sprachlich etwas anders als § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO gefaßt ist ("Verbindlichkeiten, die – begründet werden", gegenüber "Ansprüche, welche – entstehen") wird weitgehend dieselbe [X.] vertreten (MünchKomm-[X.]/Hefermehl, § 55 Rn. 47; [X.]/Weiß/ [X.], Kommentar zur [X.], 2. Aufl. 2001, § 55 Rn. 37; [X.]/Schu-macher, [X.]rankfur[X.] Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2002, § 55 Rn. 8; [X.], [X.], 2. Aufl. 2001, § 55 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl. 2001, § 32 Rn. 27; vgl. auch [X.]/Win[X.]/Hell-stab, GKG, § 60 Rn. 9; nicht ganz eindeutig Nerlich/[X.]/[X.], [X.], § 55 Rn. 17 f; [X.] Z[X.] 2001, 560, 561). Diese Auffassung läuft im Ergebnis darauf hinaus, daß ein zunächst als Konkurs-/Insolvenzforderung begründe[X.] Anspruch infolge der Aufnahme des Prozesses durch den [X.] 7 -

[X.] zu einer Masseschuld/Masseverbindlichkeit "erstarkt" und damit eine Bes-serstellung jener Gläubiger gegenüber den anderen Konkurs-/Insolvenzgläubi-gern bewirkt. Demgegenüber wird in jüngerer [X.] zunehmend vertreten, der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung könne die [X.] Einordnung der [X.]orderung als Masseverbindlichkeit oder [X.] nicht beeinflussen, vielmehr lasse sich - auch um eine ungerechtfer-tigte Privilegierung der hier in Rede stehenden Gläubiger zu vermeiden - der in § 105 [X.] enthaltene Gedanke heranziehen, um Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten von einander zu trennen (vgl. [X.], [X.], § 85 Rn. 58 f; MünchKomm-[X.]/[X.], § 85 Rn. 20; [X.]/ [X.], [X.], 2. Aufl. 2004, § 55 Rn. 10, anders noch die Voraufl.; [X.] ZIP 2001, 1988 f; vgl. zu einer Trennung der Kosten auch [X.] ZIP 2001, 2145 f; [X.] ZIP 1994, 1547 f).

Wie die [X.]rage für die Insolvenzordnung zu beantworten ist, braucht der [X.] angesichts der hier vorliegenden Konstellation nicht allgemein zu [X.]. Wollte man der Mindermeinung folgen, die eine Trennung der vor und nach Insolvenzeröffnung begründeten Ansprüche für erforderlich hält, wäre hier die Verfahrensgebühr aus dem vollen Streitwert zwar bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden. Wäre sie auch nach Anforderung durch den Insolvenzschuldner gezahlt worden, wäre das gesamte Verfahren - auch nach seiner Aufnahme durch den Insolvenzverwal[X.] - damit abgedeckt gewesen. So verhielt es sich aber nicht. Die Gebühr entsteht indes während des Verfahrens laufend neu, insbesondere auch bei einer Aufnahme des Rechtsstreits nach § 250 ZPO (vgl. [X.], [X.], 34. Aufl., § 6 GKG Rn. 4; [X.] MDR 1987, 1031). [X.] sich der Insolvenz-verwal[X.] zu einer Aufnahme des Rechtsstreits, mußte er als "Gegenleistung" - 8 -

für die Erlangung einer Sachentscheidung neben der [X.] auch eine Verfahrensgebühr aus dem Streitwert in Rechnung stellen, für den er die Klage wei[X.]verfolgt hat. Bezogen auf diese Gebühr läßt sich bei der gebotenen [X.] Betrachtung für das Revisionsverfahren nicht bezweifeln, daß sie auf der Aufnahme des Prozesses durch den Kläger beruht. Ob dies - der angeführ-ten überwiegenden Meinung folgend - auch für die Kosten der Vorinstanzen gilt, soweit sie sich auf den jetzt noch anhängigen Teil der Klageforderung be-ziehen, bedarf keiner Entscheidung.

3. [X.] ist nicht veranlaßt (§ 5 Abs. 6 GKG a.[X.].; vgl. § 66 Abs. 8 GKG n.[X.].).

[X.] [X.] [X.]

[X.] Herrmann

Meta

III ZR 297/03

28.10.2004

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.10.2004, Az. III ZR 297/03 (REWIS RS 2004, 981)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 981

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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