Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 26.02.2014, Az. 2 BvE 2/13, 2 BvE 5/13, 2 BvE 6/13, 2 BvE 7/13, 2 BvE 8/13, 2 BvE 9/13, 2 BvE 10/13, 2 BvE 12/13, 2 BvR 2220/13, 2 BvR 2221/13, 2 BvR 2238/13

2. Senat | REWIS RS 2014, 7540

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Drei-Prozent-Sperrklausel für Wahl zum Europäischen Parlament (§ 2 Abs 7 EuWG idF vom 07.10.2013) gegenwärtig verfassungswidrig und nichtig - Wahlrechtsgleichheit (Art 3 Abs 1 GG) und Chancengleichheit der Parteien (Art 21 Abs 1 GG) verletzt - Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Europäischen Parlaments durch Splitterparteien nicht hinreichend sicher absehbar - Folgen einer angestrebten Profilierung bzw Politisierung des Europäischen Parlaments noch unklar - Abweichende Meinung: weiterer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, geringere verfassungsgerichtliche Kontrolldichte - gesetzgeberische Prognose einer Funktionsbeeinträchtigung des Europaparlaments nicht zu beanstanden - Sperrklausel sowohl geeignet als auch erforderlich


Leitsatz

1. Der mit der Drei-Prozent-Sperrklausel im Europawahlrecht verbundene schwerwiegende Eingriff in die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit der politischen Parteien ist unter den gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen nicht zu rechtfertigen (im Anschluss an BVerfGE 129, 300).

2. Eine abweichende verfassungsrechtliche Beurteilung kann sich ergeben, wenn sich die Verhältnisse wesentlich ändern. Der Gesetzgeber ist nicht daran gehindert, auch konkret absehbare künftige Entwicklungen bereits im Rahmen der ihm aufgegebenen Beobachtung und Bewertung der aktuellen Verhältnisse zu berücksichtigen; maßgebliches Gewicht kann diesen jedoch nur dann zukommen, wenn die weitere Entwicklung aufgrund hinreichend belastbarer tatsächlicher Anhaltspunkte schon gegenwärtig verlässlich zu prognostizieren ist.

Tenor

1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

2. § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der [X.] (Europawahlgesetz - [X.]) in seiner am 10. Oktober 2013 in [X.] getretenen Fassung ([X.] 3749) verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist daher nichtig.

3. Der Antrag der Antragstellerinnen zu 2., 3., 4., 5., 6., 7. und 9. im Organstreitverfahren 2 [X.] wird als unzulässig verworfen. Die Anträge im Verfahren 2 [X.] und 2 [X.] werden als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen den Bundesrat und den Bundespräsidenten richten.

Der [X.] hat durch den Beschluss von Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe d des [X.], in [X.] getreten am 10. Oktober 2013 ([X.] 3749), die Antragstellerinnen der Verfahren 2 [X.], 2 [X.], 2 [X.], 2 [X.], 2 [X.], 2 [X.], 2 [X.], die Beigetretene im Verfahren 2 [X.] sowie die Antragstellerinnen zu 1., 8. und 10. im Verfahren 2 [X.] in ihren Rechten auf Chancengleichheit nach Artikel 21 Absatz 1 des Grundgesetzes verletzt.

4. Die [X.] hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die [X.]verfahren und [X.] betreffen die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer [X.] für die Wahl der [X.] [X.] zum [X.].

2

1. a) Seit Inkrafttreten des so genannten [X.] (Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der [X.] der Versammlung vom 20. September 1976, [X.]) werden die Mitglieder des [X.] jeweils auf fünf Jahre direkt gewählt. Art. 1 des [X.] bestimmte in dieser Fassung, dass die [X.] in allgemeiner, unmittelbarer Wahl gewählt werden. Gemäß Art. 7 Abs. 2 richtete sich das Wahlverfahren in jedem Mitgliedst[X.]t nach den innerst[X.]tlichen Vorschriften, soweit der [X.] keine Vorgaben enthielt. Zu der in Art. 7 Abs. 1 vorgesehenen Normierung eines einheitlichen Wahlverfahrens kam es nicht. In der [X.] wurde das Wahlverfahren durch das Gesetz über die Wahl der [X.] des [X.] aus der [X.] ([X.]wahlgesetz - [X.]) vom 16. Juni 1978 ([X.]), das am 22. Juni 1978 in [X.] trat, geregelt.

3

Der [X.] wurde durch Beschlüsse des Rates vom 25. Juni 2002 und 23. September 2002 ([X.]; 2004 II S. 520) geändert und sieht in Art. 1 Abs. 1 nunmehr vor, dass die Mitglieder des [X.] in jedem Mitgliedst[X.]t nach dem [X.] gewählt werden. Die Wahl erfolgt allgemein, unmittelbar, frei und geheim (Art. 1 Abs. 3). Nach Art. 3 können die Mitgliedst[X.]ten für die [X.] eine [X.] festlegen, die jedoch landesweit nicht mehr als 5 % der abgegebenen Stimmen betragen darf. Das Wahlverfahren bestimmt sich - wie bisher - vorbehaltlich der sonstigen Vorschriften des [X.] in jedem Mitgliedst[X.]t nach den innerst[X.]tlichen Vorschriften, wobei diese gegebenenfalls den Besonderheiten in den Mitgliedst[X.]ten Rechnung tragen können, das [X.] insgesamt aber nicht in Frage stellen dürfen (vgl. Art. 8).

4

b) Im Zuge der [X.] Integration sind dem [X.] bedeutsame Zuständigkeiten zugewiesen, seine Stellung im Institutionengefüge ist kontinuierlich gestärkt worden. Insbesondere wird es heute gemeinsam mit dem Rat nicht nur als Gesetzgeber tätig (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 [X.]; vgl. dazu [X.] 123, 267 <284 f.>; 129, 300 <303>); es wählt gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 3 [X.] auch den Präsidenten der [X.]. Nach Art. 17 Abs. 7 [X.]. 1 [X.] schlägt der [X.] [X.] nach entsprechenden Konsultationen mit qualifizierter Mehrheit einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der [X.] unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Wahlen zum [X.] vor; das [X.] wählt diesen Kandidaten mit der Mehrheit seiner Mitglieder; erhält er nicht die Mehrheit, so schlägt der [X.] [X.] innerhalb eines Monats mit qualifizierter Mehrheit einen neuen Kandidaten vor, für dessen Wahl das [X.] dasselbe Verfahren anwendet. Der Rat nimmt, im Einvernehmen mit dem gewählten Präsidenten, die Liste der anderen Persönlichkeiten an, die er auf der Grundlage der Vorschläge der Mitgliedst[X.]ten als Mitglieder der [X.] vorschlägt (Art. 17 Abs. 7 [X.]. 2 [X.]). Die Mitglieder der [X.] haben sich sodann als Kollegium einem Zustimmungsvotum des [X.] zu stellen, auf dessen Grundlage die [X.] durch den [X.] mit qualifizierter Mehrheit ernannt wird (Art. 17 Abs. 7 [X.]. 3 [X.]).

5

Primärrechtlich verankert ist nunmehr auch, dass die Mitglieder des [X.] in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt werden (Art. 14 Abs. 3 [X.]). Die Zusammensetzung des [X.] folgt dem Grundsatz der degressiven Proportionalität, wobei künftig auf die einzelnen Mitgliedst[X.]ten mindestens sechs, höchstens jedoch 96 der maximal 751 [X.]sitze entfallen (vgl. Art. 14 Abs. 2 [X.]). Gemäß Art. 223 Abs. 1 A[X.] erstellt das [X.] einen Entwurf der erforderlichen Bestimmungen für die allgemeine unmittelbare Wahl seiner Mitglieder nach einem einheitlichen Verfahren in allen Mitgliedst[X.]ten oder im Einklang mit den allen Mitgliedst[X.]ten gemeinsamen Grundsätzen; der Rat erlässt die erforderlichen Bestimmungen einstimmig gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren und nach Zustimmung des [X.], die mit der Mehrheit seiner Mitglieder erteilt wird; diese Bestimmungen treten nach Zustimmung der Mitgliedst[X.]ten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Bestimmungen in [X.]. Das [X.] hat einen entsprechenden Entwurf bislang nicht erstellt.

6

c) An der siebten Direktwahl zum [X.] am 7. Juni 2009 nahmen in [X.] insgesamt 32 [X.]en und sonstige politische Vereinigungen teil. Bei der Sitzverteilung wurden aufgrund der seinerzeit geltenden [X.] sechs [X.]en ([X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.]) berücksichtigt. Auf die sonstigen [X.]en und politischen Vereinigungen entfielen insgesamt 10,8 % der gültigen Stimmen. Ohne die Sperrklausel hätten rechnerisch sieben weitere [X.]en und politische Vereinigungen einen Sitz oder zwei Sitze im [X.] errungen.

7

Einschließlich der [X.] [X.]en zogen insgesamt über 160 nationale [X.]en in das [X.] ein. Die [X.] haben sich in der siebten Wahlperiode 2009 bis 2014 zu sieben Fraktionen zusammengeschlossen, die sich zuletzt wie folgt zusammensetzten: Fraktion der [X.] ([X.]) - [X.] -, 274 Abgeordnete; Fraktion der [X.] und [X.] im [X.] - [X.] -, 194 Abgeordnete; Fraktion der Allianz der Liberalen und [X.] für [X.] - [X.] -, 85 Abgeordnete; Fraktion der [X.]n/[X.] - [X.][X.] -, 58 Abgeordnete; [X.] Konservative und Reformisten - [X.] -, 57 Abgeordnete; [X.] Fraktion der [X.]Nordische [X.] Linke - [X.]/[X.] -, 35 Abgeordnete; Fraktion "[X.] der Freiheit und der Demokratie" - [X.] -, 31 Abgeordnete; 32 Abgeordnete sind fraktionslos (zu den Verhältnissen zu Beginn der Wahlperiode vgl. [X.] 129, 300 <307>). Keine Fraktion verfügt über eine absolute Mehrheit der Sitze.

8

2. Die bei der [X.]wahl 2009 zur Anwendung gekommene [X.] (§ 2 Abs. 7 des [X.]wahlgesetzes i.d.[X.] vom 17. März 2008, [X.]) hat das [X.] mit Urteil vom 9. November 2011 ([X.] 129, 300) für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 GG und daher nichtig erklärt, weil unter den gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen der mit der Sperrklausel verbundene schwerwiegende Eingriff in die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der politischen [X.]en nicht zu rechtfertigen sei.

9

3. a) Auf einen Entschließungsantrag des [X.] [X.] im Namen des [X.] fand im [X.] 2012 im [X.] eine Plenardebatte statt, in der die [X.] erklärte, [X.]spräsident [X.] habe die [X.] [X.]en in seiner Rede zur Lage der [X.] am 12. September 2012 aufgerufen, Kandidaten für das Amt des [X.]spräsidenten bei den [X.]wahlen 2014 zu präsentieren, um die [X.] Dimension der Wahlen zu verstärken; der Rat müsse das Ergebnis der Wahlen zum [X.] bei seinem Kandidatenvorschlag berücksichtigen; die Maßnahme sei daher von den [X.] gedeckt und unverzüglich umzusetzen. Unter Bezugnahme auf diese Erklärung verabschiedete das [X.] am 22. November 2012 eine Entschließung mit folgendem Wortlaut:

Das [X.],

- gestützt auf Artikel 10 und 17 des Vertrags über die [X.] [X.],

- unter Hinweis auf die Artikel 10 und 11 des dem Beschluss des Rates vom 20. September 1976 in der geänderten Fassung beigefügten Aktes zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der [X.] des [X.],

- unter Hinweis auf die Erklärung der [X.] vom 22. November 2012 zu den Wahlen zum [X.] im Jahr 2014,

- gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass die Bürgerinnen und Bürger auf [X.]sebene unmittelbar von den Mitgliedern des [X.] vertreten werden;

B. in der Erwägung, dass politische [X.]en auf [X.] zur Herausbildung eines [X.] politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der [X.] beitragen;

C. in der Erwägung, dass der Präsident der [X.] vom [X.] auf Vorschlag des [X.]es mit qualifizierter Mehrheit gewählt wird, der das Ergebnis der Wahlen zum [X.] berücksichtigen und geeignete Konsultationen führen muss, bevor er einen Kandidaten nominiert;

D. in der Erwägung, dass die [X.] als Kollegium dem [X.] verantwortlich ist;

E. in der Erwägung, dass das neue [X.] genug Zeit haben muss, um sich im Vorfeld der Wahl des neuen [X.]spräsidenten zu positionieren;

F. in der Erwägung, dass die Wahl des [X.]spräsidenten in der konstituierenden Tagung des [X.] im Juli 2014 stattfinden sollte, damit die neue [X.] ihr Amt am 1. November 2014 aufnehmen kann;

G. in der Erwägung, dass das [X.] über seine Zustimmung zum gesamten Kollegium der [X.]smitglieder abstimmt, nachdem es die vom Rat im Einvernehmen mit dem designierten Präsidenten auf der Grundlage der Empfehlungen der Mitgliedst[X.]ten vorgeschlagenen Kandidaten gehört hat;

1. fordert die [X.] politischen [X.]en nachdrücklich auf, Kandidaten für das Amt des Präsidenten der [X.] zu nominieren, und geht davon aus, dass diese Kandidaten im parlamentarischen Wahlkampf eine führende Rolle spielen, indem sie insbesondere ihr Programm in allen Mitgliedst[X.]ten der [X.] persönlich vorstellen; hält es für äußerst wichtig, die politische Legitimität sowohl des [X.] als auch der [X.] zu stärken, indem deren Wahl jeweils unmittelbarer mit der Entscheidung der Wähler verknüpft wird;

2. fordert, dass möglichst viele Mitglieder der nächsten [X.] aus den Reihendes [X.] gestellt werden, um das Gleichgewicht zwischen den beiden Kammern der Legislative widerzuspiegeln;

3. fordert den künftigen Präsidenten der [X.] auf, dafür zu sorgen, dass in der [X.] ein ausgewogenes Verhältnis beider Geschlechter herrscht; empfiehlt, dass jeder Mitgliedst[X.]t sowohl einen männlichen als auch einen weiblichen Kandidaten für das Kollegium der nächsten [X.] vorschlägt;

4. vertritt angesichts der durch den [X.] eingeführten neuen Modalitäten für die Wahl der [X.] und des sich demzufolge ändernden Verhältnisses zwischen [X.] und [X.] ab den Wahlen 2014 die Ansicht, dass verlässliche Mehrheiten im [X.] für die Stabilität der Legislativverfahren der [X.] und das reibungslose Funktionieren ihrer Exekutive von entscheidender Bedeutung sein werden, und fordert die Mitgliedst[X.]ten daher auf, in ihrem Wahlrecht gemäß Artikel 3 des Aktes zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der [X.] der Versammlung geeignete und angemessene [X.]n für die Zuteilung der Sitze festzulegen, um dem in den Wahlen zum Ausdruck gekommenen Wählerwillen gebührend Rechnung zu tragen, bei gleichzeitiger Wahrung der Funktionalität des [X.];

5. fordert den Rat auf, das [X.] dazu zu konsultieren, ob die Wahlen entweder vom 15.-18. Mai oder vom 22.-25. Mai 2014 abgehalten werden sollten;

6. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem [X.], dem Rat und der [X.] sowie den [X.]en und Regierungen der Mitgliedst[X.]ten zu übermitteln.

b) [X.]) Am 4. Juni 2013 brachten die Fraktionen [X.]/[X.], [X.], [X.] und [X.]/[X.] den Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des [X.]wahlgesetzes (BTDrucks 17/13705) in den [X.] ein, der unter anderem anstelle der bisherigen [X.] in § 2 Abs. 7 [X.] eine [X.] vorsieht. Zur Begründung wurde ausgeführt: Seit dem Urteil des [X.]s vom 9. November 2011 gebe es in [X.] keine Sperrklausel mehr. Mit der Aufforderung des [X.] an die Mitgliedst[X.]ten zur Festlegung einer geeigneten und angemessenen [X.] sei jedoch eine für die Frage der weiteren Beibehaltung einer Sperrklausel maßgebliche Veränderung der Verhältnisse eingetreten, was zu einer gegenüber der Rechtslage im Jahr 2011 abweichenden verfassungsrechtlichen Beurteilung führe. Die einbringenden Fraktionen machten daher von der Möglichkeit zur Einführung einer [X.] aus Art. 3 des [X.] Gebrauch. Damit werde den Grundsätzen der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der politischen [X.]en bei gleichzeitiger Wahrung der Funktionsfähigkeit des [X.] Rechnung getragen. Die in der Entschließung des [X.] zum Ausdruck kommende Entwicklung laufe auf eine stärkere antagonistische Profilierung von Regierung und Opposition hinaus, was zum Zeitpunkt der Entscheidung vom 9. November 2011 noch nicht konkret absehbar gewesen sei. Neben der zunehmenden Bedeutung des [X.] bewirke das neue Verfahren zur Wahl des [X.]spräsidenten eine weitere Politisierung der Arbeit des [X.]. Angesichts der Aufstellung von Kandidaten für das Amt des [X.]spräsidenten durch die [X.] Fraktionen sei in der parlamentarischen Praxis nicht mehr mit einer Konsensbildung zwischen den beiden großen Fraktionen zu rechnen, sondern von einer Erschwerung der erforderlichen Mehrheitsbildung auszugehen. Damit steige bei einer starken Zersplitterung des [X.] das Risiko einer anhaltenden Blockade der parlamentarischen Willensbildung. Dieser konkret möglichen Funktionsbeeinträchtigung entgegenzuwirken, rechtfertige die Einschränkung der [X.] der Wahl. Der [X.] wolle durch die [X.] die vom [X.] angestrebte weitere Politisierung und Personalisierung als legitimen Schritt im Hinblick auf das Leitbild der "Verwirklichung einer immer engeren [X.] der Völker [X.]s" (Art. 1 [X.]) unterstützen und seiner Mitverantwortung für die Funktionsfähigkeit des [X.] gerecht werden.

bb) Mit einem Änderungsantrag zum Gesetzentwurf schlug die Fraktion [X.]/[X.] im Innenausschuss eine abgemilderte Sperrklausel vor ([X.] 17(4)761; vgl. BTDrucks 17/13935, S. 4 f.). Danach sollte die Sperrklausel nicht eingreifen, wenn zu erwarten ist, dass es nicht zu einer Zersplitterung des [X.] kommt, weil gleichzeitig in zur [X.] ausreichender Anzahl Abgeordnete aus anderen Mitgliedst[X.]ten in das [X.] einziehen, die der gleichen politischen Richtung angehören. Der Innenausschuss lehnte diesen Antrag ab (vgl. BTDrucks 17/13935, S. 4).

cc) Im Gesetzgebungsverfahren äußerten sich die von den Fraktionen benannten Sachverständigen Prof. Dr. Dr. h.c. [X.], Prof. Dr. [X.], LL.M., Prof. Dr. [X.], LL.M., Prof. Dr. Dres. [X.], Prof. Dr. [X.] sowie [X.] (Protokoll des [X.]). Abgesehen vom Sachverständigen [X.] sprachen sie sich in kritischer Auseinandersetzung mit den Gründen des Urteils vom 9. November 2011 mit unterschiedlichen Akzentsetzungen für die Verfassungsmäßigkeit der Einführung einer Drei-Prozent-Hürde und gegen den Alternativentwurf aus. Das Risiko einer erneuten Aufhebung der Norm durch das [X.] sei einzugehen, da ein weiteres Verfahren die Chance biete, zu klareren Anforderungen an die Rechtfertigung für eine Ausnahme von der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit der politischen [X.]en zu gelangen. Der Ausgang eines neuen Verfahrens sei wegen der knappen Mehrheitsverhältnisse im Senat und des Fehlens einer ständigen und kontinuierlichen Rechtsprechung zu [X.] nicht sicher vorauszusehen. Der Wiedereinführung einer Sperrklausel stehe jedenfalls nicht die Bindungswirkung aus § 31 [X.] entgegen, da es sich nicht um eine inhaltsgleiche Normwiederholung handele. Zwar beurteilten die Sachverständigen die Annahme einer entscheidungserheblichen Änderung der Verhältnisse angesichts des kurzen Zeitraums seit der Entscheidung vom 9. November 2011 kritisch; sie tendierten aber zu der Auffassung, dass die in der neuen Verfahrensweise zur Wahl des [X.]spräsidenten angelegten Entwicklungen in der Senatsentscheidung vom 9. November 2011 unzureichend gewürdigt worden seien. Im Hinblick darauf gewinne die - rechtlich unverbindliche - Entschließung des [X.] an Bedeutung. Zu berücksichtigen sei auch die allgemeine Entwicklung des [X.] Institutionengefüges. Das [X.] habe nicht zuletzt durch den [X.] stetig an Bedeutung und Einfluss gewonnen. Zudem schaffe der Gesetzgeber erstmals eine eigenständige, allein an der Problemlage in der [X.]n [X.] orientierte Regelung. Die geringere Zugangshürde sei verhältnismäßig und räume eventuelle Bedenken aus, im [X.] befindliche [X.]en könnten durch [X.] versuchen, sich gegen Konkurrenz zu schützen.

dd) Der [X.] [X.] nahm den Gesetzentwurf in der Plenarsitzung vom 13. Juni 2013 gemäß der Empfehlung des Innenausschusses (BTDrucks 17/13935) an ([X.] 17/246, [X.] ff.). Die hier maßgebliche Bestimmung des § 2 Abs. 7 [X.] trat als Art. 1 Nr. 2 Buchstabe d des Fünften Gesetzes zur Änderung des [X.]wahlgesetzes vom 7. Oktober 2013 ([X.] 3749) am 10. Oktober 2013 in [X.] und hat folgenden Wortlaut:

§ 2

Wahlsystem, Sitzverteilung

(1) - (6) …

(7) Bei der Verteilung der Sitze auf die Wahlvorschläge werden nur Wahlvorschläge berücksichtigt, die mindestens 3 Prozent der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Stimmen erhalten haben.

1. Die Antragstellerinnen und Beschwerdeführer halten § 2 Abs. 7 [X.] für verfassungswidrig und tragen zur Begründung im Wesentlichen übereinstimmend vor:

a) Maßstab für die verfassungsrechtliche Überprüfung der [X.] sei die in Art. 3 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 GG verbürgte Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit politischer [X.]en in der Auslegung des [X.]s im Urteil vom 9. November 2011. Aus den dort genannten Gründen und aufgrund einer inzwischen gefestigten Rechtsprechung gebiete das Risiko eines Missbrauchs parlamentarischer Macht durch die politischen [X.]en eine strikte verfassungsgerichtliche Prüfung. Der schwerwiegende Eingriff in die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit politischer [X.]en könne auch nach den aktuellen Gegebenheiten nicht mit Aspekten der Sicherung der Funktionsfähigkeit des [X.] gerechtfertigt werden. Die rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten seien seit dem Urteil vom 9. November 2011 unverändert, so dass für die Wiedereinführung einer Sperrklausel kein Raum sei. Das [X.] habe bei der Entscheidung im Jahr 2011 den [X.] vom 1. Dezember 2009 und die seither im [X.] [X.] [X.] verankerten primärrechtlichen Bestimmungen berücksichtigt und die für die achte Wahlperiode geltenden Vorschriften, insbesondere die Begrenzung der Gesamtzahl der [X.] und der mitgliedst[X.]tlichen Kontingente sowie die neuen Modalitäten zur Wahl des [X.]spräsidenten, in den Blick genommen. Soweit auf die künftige Politisierung der [X.] Institutionen durch die Aufstellung von Spitzenkandidaten für das Amt des [X.]spräsidenten abgestellt werde, deren Vereinbarkeit mit dem geltenden Vertragsrecht insbesondere von den Beschwerdeführern im Verfahren 2 BvR 2221/13 bezweifelt wird, würden lediglich mögliche Entwicklungen und nicht tatsächliche Gegebenheiten benannt. Die Entstehung eines Antagonismus zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen sowie das Risiko einer Blockade der politischen Willensbildung seien bloße Spekulation. Ob und inwieweit die Funktionsfähigkeit des [X.] beeinträchtigt wäre, sei nicht absehbar. Das im stark beschleunigten Verfahren ergangene Gesetz beruhe auf Mutmaßungen und bleibe Nachweise schuldig.

Die Entschließung des [X.] vom 22. November 2012 sei als rechtlich unverbindliche Erklärung gerade vor dem Hintergrund, dass das [X.] durchaus verbindliche Regelungen treffen könnte, ohne Bedeutung. Die Mitgliedst[X.]ten treffe keine Verantwortung für die Sicherung der Funktionsfähigkeit des [X.], wenn dieses trotz des Auftrags zur Schaffung eines gemeinsamen Wahlrechts in Art. 223 A[X.] untätig bleibe. Wenn überhaupt, könne sich eine Verantwortung der Mitgliedst[X.]ten nur auf die primärrechtlich verankerten [X.] erstrecken. Danach wäre [X.] in besonderer Weise verpflichtet, den Grundgedanken der Verhältniswahl umzusetzen und eine möglichst breite Repräsentation sämtlicher politischer Auffassungen zu gewährleisten, weil dies den kleineren Mitgliedst[X.]ten aufgrund ihrer geringen Sitzzahl von vornherein verwehrt sei. Aufgrund der hohen Bedeutung der Offenheit des politischen Prozesses und für die Sicherung der Funktionsfähigkeit des demokratischen Systems sei die Aufrechterhaltung des politischen [X.] unabdingbar. Eine Kandidatur von "Spaßparteien" sei zwecks Gewährleistung einer gleichberechtigten Teilnahme aller [X.]en am politischen Prozess hinzunehmen. Dies müsse umso mehr gelten, als die Teilnahme an [X.]wahlen kleineren [X.]en ohnehin durch faktische [X.] und weitere Hürden wie das Unterschriftenerfordernis (§ 9 Abs. 5 [X.]) erschwert werde.

b) Überwiegend messen die Antragstellerinnen und Beschwerdeführer dem Urteil vom 9. November 2011 und seinen tragenden Gründen zudem eine Bindungswirkung zu, die die erneute Einführung einer [X.] als verbotene Normwiederholung und nach dem Gebot der Verfassungsorgantreue von vornherein ausschließe.

2. a) Die Anträge in den [X.]verfahren und die [X.] sind dem Bundespräsidenten, dem [X.]n [X.], dem Bundesrat und der Bundesregierung zugestellt worden, ferner den Bundesministerien des Innern und der Justiz, allen Landesregierungen und Senaten sowie den Bundesverbänden der im [X.]n [X.] und [X.] vertretenen und weiteren [X.] [X.]en, die in mindestens einem [X.] vertreten sind oder einen Anspruch auf st[X.]tliche Teilfinanzierung haben (§ 18 Abs. 4 Satz 1 PartG). Das [X.], die [X.] [X.] und der [X.] Rat haben ebenfalls Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Stellung genommen hat lediglich der [X.] [X.].

b) Der [X.] [X.] ist der Auffassung, die [X.] sei eine mittlere und den Verhältnissen des Jahres 2013 angepasste Lösung, die schon keinen Eingriff in die bei Wahlen zum [X.] geltenden Gleichheitsgewährleistungen des Grundgesetzes darstelle. Eine umfassende Bindung des [X.] [X.]wahlgesetzgebers an die [X.] sei weder auf [X.] des Grundgesetzes noch auf der [X.] angeordnet. Selbst wenn dies anders beurteilt werde, müsse eine nachvollziehbare Vorsorge gegen Funktionsbeeinträchtigungen des [X.] als Rechtfertigung einer Differenzierung ausreichen, zumal sich die Eingriffsintensität durch die Absenkung der Sperrklausel auf drei Prozent erheblich verringert habe.

[X.]) Seit Inkrafttreten des Grundgesetzes habe es in [X.] keine Wahl zu gesetzgebenden Körperschaften ohne Sperrklausel gegeben, was eine bestimmte [X.] wiedergebe. Nach der hierzu gegenläufigen Entscheidung vom 9. November 2011 habe das [X.] in der Entschließung vom 22. November 2012 eine klare Aussage zur Erforderlichkeit von [X.] zur Wahrung seiner eigenen Funktionalität getroffen. Dieses Anliegen werde von der [X.] unterstützt, die die Aufstellung von Kandidaten für das Amt des [X.]spräsidenten durch die [X.] [X.]en empfehle. Die [X.] [X.]en hätten die Empfehlung aufgegriffen; die [X.] seien bereits im Gange.

Das [X.]ensystem in [X.] sei zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr mit demjenigen des Jahres 2009 vergleichbar, weil die Sperrklausel nicht mehr nur von den im [X.] vertretenen [X.]en überwunden werden könne. Von der [X.] seien nur noch [X.]en betroffen, deren Wahlerfolg so gering sei, dass sie auch in keinem anderen Mitgliedst[X.]t der [X.] einen Sitz erringen könnten. Neben [X.] verfügten 14 weitere Mitgliedst[X.]ten über formale [X.] von drei bis fünf Prozent, vier Mitgliedst[X.]ten hätten funktional äquivalente Regelungen. Die übrigen neun Mitgliedst[X.]ten hätten zwar keine formale Regelung, in ihnen werde jedoch wegen ihrer niedrigen Sitzzahl größtenteils eine faktische Sperrklausel in zweistelliger Höhe wirksam. Lediglich [X.], [X.] und die [X.] hätten faktische [X.] von unter fünf Prozent und dennoch aus politischen Gründen auf formale [X.] oder äquivalente Maßnahmen verzichtet.

Das [X.] sei bisher nur aufgrund der dargestellten [X.] und äquivalenten Regelungen in allen Mitgliedst[X.]ten funktionsfähig gewesen. Durchschnittlich seien etwa sechs [X.]en aus einem Mitgliedst[X.]t im [X.] vertreten, die die großen politischen Richtungen abdeckten. Der Wegfall von [X.] in den weiteren größeren und mittleren Mitgliedst[X.]ten hätte vergleichbare Effekte zur Folge, so dass mit 40 bis 80 zusätzlichen nationalen [X.]en und insgesamt mit weit mehr als 160 [X.]en zu rechnen wäre. Hierdurch sei die Funktionsfähigkeit des [X.] handgreiflich gefährdet, zumal es sich um politische Kräfte handele, die nicht ohne weiteres in die bestehenden Fraktionen integriert werden könnten.

bb) Der verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstab sei zurückhaltender und flexibler als bislang vom [X.] angenommen. Hieran gemessen liege schon kein Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit vor. Die angegriffene Sperrklausel beeinträchtige weder den gleichen Zählwert noch die gleiche Erfolgschance. Ebenso wenig sei die Chancengleichheit politischer [X.]en betroffen, weil die Hürde für alle [X.]en gleichermaßen gelte und wegen ihrer abgesenkten Höhe von jeder nennenswerten [X.] übersprungen werden könne. Das Grundgesetz gebe dadurch, dass es keine Vorschriften über die Wahlen zum [X.] enthalte, einen klaren Hinweis auf eine zurückgenommene verfassungsrechtliche Determination und eine dementsprechend beschränkte verfassungsrechtliche Überprüfbarkeit, was die Rechtsprechung nicht hinreichend würdige. Für das [X.] [X.]wahlgesetz gelte ein bereichsspezifischer Maßstab des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser gewährleiste allein den gleichen Zählwert und die gleiche Erfolgschance, enthalte aber kein verfassungsrechtliches Gebot des gleichen tatsächlichen [X.]s. Die nationale Rechtsprechung zur Wahlrechtsgleichheit sei nicht auf das [X.]wahlgesetz übertragbar. Auch im [X.] oder in späteren [X.] Vertragstexten sei die [X.] nicht verankert worden. Der Verweis auf das [X.] im [X.] enthalte keine Entscheidung für die [X.], wie sich darin zeige, dass nach Art. 3 die Einführung von [X.] von bis zu 5 % und nach Art. 2 eine Mandatsvergabe in regionalen Wahlkreisen erlaubt seien. Auch der [X.] Gerichtshof für Menschenrechte fordere bei [X.] keine strikte [X.]. Die Forderung nach einer strikten [X.] stelle vor diesem Hintergrund einen [X.] Sonderweg dar, der unter Berücksichtigung des Konzepts der offenen St[X.]tlichkeit und der Grundsätze der [X.]- und Völkerrechtsfreundlichkeit nicht beschritten werden dürfe.

cc) Selbst wenn man von der Verankerung der [X.] im allgemeinen Gleichheitssatz und mithin von einem Eingriff ausgehen wolle, müsse eine nachvollziehbare Vorsorge gegen Funktionsbeeinträchtigungen des [X.] für die Rechtfertigung einer Differenzierung ausreichen, zumal sich die Eingriffsintensität durch die Absenkung der Sperrklausel auf 3 % erheblich verringert habe. Die geringe Eingriffsintensität werde ferner durch einen Vergleich zu der Situation in anderen Mitgliedst[X.]ten deutlich, wo deutlich größere Anteile der Stimmen ohne [X.] blieben.

Zudem sei im [X.] - und zwar abschließend - entschieden, dass die spezifischen Aufgaben und Kompetenzen des [X.] dem Grunde nach mitgliedst[X.]tliche Maßnahmen zur Vorsorge gegen dessen Funktionsbeeinträchtigung rechtfertigten. An diese Bewertung des [X.] Gesetzgebers sei die [X.] gebunden, sofern nicht spezifische nationale Gründe entgegenstünden. Derartige Gründe seien von den hierfür darlegungs- und beweisbelasteten Antragstellerinnen und Beschwerdeführern nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich.

Die im Jahre 2002 getroffene normative Entscheidung auf [X.] müsse angesichts der seither ausgebauten Aufgaben und Einflussmöglichkeiten des [X.] erst recht gelten. Ferner beschränke der [X.] die Zulässigkeit der verfassungsrechtlichen Überprüfung von [X.] in den Mitgliedst[X.]ten auf die Prüfung, ob eine Sperrklausel entsprechend den spezifischen Besonderheiten des Mitgliedst[X.]ts der Höhe nach unverhältnismäßig angesetzt sei. Dies sei jedenfalls bei der angegriffenen Sperrklausel nicht der Fall.

Wollte der Senat Art. 3 des [X.] anders als dargelegt auslegen, sei er verpflichtet, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.]n [X.] einzuholen. Zur Auslegung des Art. 3 des [X.] gebe es keine einheitliche Beurteilung und Rechtsprechung, auch gebe es keine Gerichtsentscheidung in der [X.]n [X.], die der Norm den hier erläuterten Gehalt abgesprochen habe.

3. In der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2013 haben die Antragstellerinnen und Beschwerdeführer sowie der [X.] [X.] ihren Vortrag vertieft und ergänzt. Das [X.] hat Prof. em. Dr. Dr. h.c. [X.], Prof. Dr. [X.], Prof. Dr. [X.] und Prof. Dr. [X.] als sachverständige Auskunftspersonen (§ 27a [X.]) gehört. [X.] haben sich ferner der Präsident des [X.] [X.] sowie die [X.] des [X.] [X.], [X.] und Klaus-Heiner Lehne.

Der Antrag der Antragstellerinnen zu 2., 3., 4., 5., 6., 7. und 9. in dem [X.]verfahren 2 [X.] ist unzulässig. Die Anträge im Verfahren 2 [X.] und 2 [X.] sind unzulässig, soweit sie sich gegen den Bundesrat und den Bundespräsidenten richten. Der Antrag der übrigen Antragstellerinnen im Verfahren 2 [X.] und die Anträge in den weiteren [X.]verfahren, soweit sie sich gegen den [X.]n [X.] richten, sowie die [X.] sind zulässig. Der Beitritt im Verfahren 2 [X.] ist gemäß § 65 Abs. 1 [X.] zulässig (vgl. [X.] 120, 82 <100 f.>).

Das [X.]verfahren 2 [X.] ist für die Antragstellerinnen zu 2., 3., 4., 5., 6., 7. und 9. nicht jeweils durch ihren satzungsgemäßen Vertreter oder durch ihren Vorstand und damit nicht wirksam eingeleitet worden. Die Einleitung eines Verfassungsrechtsstreits einer politischen [X.] gehört grundsätzlich zu der dem Vorstand einer [X.] obliegenden Geschäftsführung (vgl. [X.] 24, 300 <331>). Der Vorstand vertritt den Gebietsverband gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 PartG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB gerichtlich und außergerichtlich, soweit nicht die Satzung eine abweichende Regelung trifft.

Die Satzungen der Antragstellerinnen zu 3., 4., 5. und 9. enthalten jeweils Regelungen, wonach mehrere Personen aus dem Vorstand gemeinschaftlich vertretungsbefugt sind (§§ 22, 23 der Satzung der Antragstellerin zu 3.; § 26 Abs. 4 der Satzung der Antragstellerin zu 4.; § 9 der Satzung der Antragstellerin zu 5.; § 7 der Satzung der Antragstellerin zu 9.). In den Satzungen der Antragstellerinnen zu 6. und 7. findet sich keine Vertretungsregelung, so dass es bei der gesetzlich vorgesehen Vertretung durch den Vorstand bleibt. Für die genannten Antragstellerinnen verfahrenseinleitend tätig geworden ist aber nur jeweils eine Person. Für die Antragstellerin zu 2. ist die Vertretungsbefugnis des allein tätig gewordenen zweiten Vorsitzenden nicht ausreichend dargelegt, weil die Satzung trotz Aufforderung nicht übersandt worden und auch sonst nicht ermittelbar ist.

Soweit sich die Anträge in den Verfahren 2 [X.] und 2 [X.] gegen den Bundesrat und den Bundespräsidenten richten, fehlt es an der ausreichenden Darlegung der Antragsbefugnis.

Die Antragsbefugnis im [X.] gemäß § 64 Satz 1 [X.] ist gegeben, wenn die Antragsteller schlüssig behaupten, dass sie und der Antragsgegner an einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis unmittelbar beteiligt sind und dass der Antragsgegner hieraus erwachsende eigene verfassungsmäßige Rechte und Zuständigkeiten der Antragsteller durch die beanstandete Maßnahme oder das Unterlassen verletzt oder unmittelbar gefährdet hat (vgl. im Einzelnen [X.], Beschluss des [X.] vom 17. September 2013 - 2 BvR 2436/10, 2 [X.] -, [X.], S. 1468, Rn. 160 ff.). An einer solchen schlüssigen Behauptung fehlt es hier. Die Antragstellerinnen haben die Möglichkeit einer Verletzung ihrer Rechte durch die Beteiligung von Bundesrat und Bundespräsident im Gesetzgebungsverfahren nicht dargelegt.

Die Anträge in den [X.]verfahren, soweit sie zulässig sind, und die [X.] haben Erfolg. Die Sperrklausel, die eine Berücksichtigung von [X.]en und politischen Vereinigungen mit einem Ergebnis von unter 3 % der gültigen Stimmen von der [X.] ausschließt und damit zugleich den auf diese entfallenden Stimmen ihre wahlrechtliche Bedeutung nimmt, verstößt gegen die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der politischen [X.]en.

Das [X.] hat die verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstäbe für die Rechtfertigung eines Eingriffs in die Wahlrechtsgleichheit und die Chancengleichheit der politischen [X.]en in seinem Urteil vom 9. November 2011 in Fortsetzung seiner Rechtsprechung (vgl. [X.] 120, 82 <102 ff. m.w.N.>) in Bezug auf die [X.] im [X.]wahlrecht konkretisiert (vgl. [X.] 129, 300 <317 ff.>) und mit Urteil vom 25. Juli 2012 in anderem Zusammenhang bestätigt (vgl. [X.] 131, 316 <336 ff.>). Dieser Prüfungsmaßstab ist auch hier anzuwenden. Die Einführung einer [X.] nach Nichtigerklärung der [X.] ist nicht bereits wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Normwiederholung oder das Gebot der Organtreue zu beanstanden (1.). Der verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstab ist entgegen dem Vortrag des [X.]n [X.]es nicht durch verbindliche Vorgaben des [X.]srechts eingeschränkt (2.). Die in der Entscheidung vom 9. November 2011 formulierten Maßstäbe sind auf die [X.] im [X.]wahlrecht übertragbar und auch der Prüfung ihrer Rechtfertigung zugrundezulegen (3.).

1. Der Gesetzgeber war nicht bereits wegen der Bindungswirkung des Urteils vom 9. November 2011 gemäß § 31 Abs. 1 [X.] daran gehindert, die angegriffene [X.] an die Stelle der für nichtig erklärten [X.] zu setzen. Es kann dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen er nach Nichtigerklärung einer Norm eine solche inhaltsgleich erneut erlassen kann (vgl. dazu einerseits [X.] 1, 14 <37>, andererseits [X.] 77, 84 <103 f.>; 96, 260 <263>). Die abgesenkte [X.] stellt bereits keine inhaltsgleiche Normwiederholung dar. Eine [X.] kann sich anders als eine [X.] auswirken und bedarf deshalb gesonderter sachlicher Würdigung. Es trifft zwar zu, dass Erwägungen des Urteils vom 9. November 2011 nahelegen, dass [X.] jeder Art im [X.] [X.]wahlrecht unter den gegebenen Umständen vor Art. 3 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 GG keinen Bestand haben können. Dies enthebt den Senat jedoch nicht der Pflicht, die veränderte Gesetzeslage als solche und im Hinblick auf die Behauptung veränderter Umstände erneut zu prüfen.

Eine Grenze der legislativen Gestaltungsfreiheit ergibt sich hier auch nicht aus dem Grundsatz der Organtreue. Der Gesetzgeber hat entgegen dem Vortrag einiger Antragstellerinnen die Entscheidung des [X.]s zur [X.] nicht bewusst missachtet, sondern gerade in Auseinandersetzung mit dem Urteil vom 9. November 2011 gehandelt und damit nicht gegen seine verfassungsrechtliche Rücksichtnahmepflicht (vgl. hierzu [X.] 90, 286 <337>) verstoßen. Daher kann offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Organtreue darin liegen könnte, dass der Gesetzgeber sich über eine Entscheidung des [X.]s und ihre tragenden Gründe ohne nähere Auseinandersetzung hinwegsetzt, und welche Rechtsfolgen ein solcher Verstoß nach sich zöge.

2. Das [X.]wahlgesetz ist [X.]s Bundesrecht und als solches am Grundgesetz und den darin enthaltenen Grundsätzen der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit der politischen [X.]en zu messen. Die verfassungsrechtliche Prüfung der Sperrklausel in § 2 Abs. 7 [X.] ist entgegen der - im vorliegenden Verfahren erstmals vorgetragenen - Auffassung des [X.]n [X.]es auch nicht durch verbindliche europarechtliche Vorgaben eingeschränkt (vgl. [X.] 129, 300 <317>).

a) Gemäß Art. 8 Abs. 1 des [X.] bestimmt sich das Wahlverfahren - vorbehaltlich unionsrechtlicher Vorgaben und der Vorschriften des [X.] - in jedem Mitgliedst[X.]t nach den innerst[X.]tlichen Vorschriften. Danach gibt der [X.] nur einen Gestaltungsrahmen für den Erlass nationaler Wahlrechtsvorschriften vor, die selbst aber den verfassungsrechtlichen Bindungen des jeweiligen Mitgliedst[X.]tes unterliegen (vgl. [X.] 129, 300 <317>). Dass die von Seiten des [X.]srechts durch Art. 3 des [X.] eröffnete Möglichkeit, eine Sperrklausel von bis zu 5 % der abgegebenen Stimmen festzulegen, zugleich deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit nach dem jeweiligen mitgliedst[X.]tlichen Recht impliziert, lässt sich dem Wortlaut des [X.] nicht entnehmen. Für eine solche Auslegung gibt es auch keine anderen Hinweise, vielmehr spricht alles dafür, dass die Norm so zu verstehen ist, wie der Wortlaut nahe legt.

Insbesondere spricht die Entstehungsgeschichte der Neufassung des [X.] eindeutig gegen die vom [X.]n [X.] vorgeschlagene Auslegung. Das [X.] hatte mit Entschließung vom 15. Juli 1998 einen eigenen Entwurf für ein Wahlverfahren auf Grundlage gemeinsamer Grundsätze vorgelegt (vgl. [X.] vom 21. September 1998, [X.]). Dieser sah folgenden Art. 5 vor: "Für die [X.] kann eine [X.] festgelegt werden, die jedoch landesweit nicht mehr als 5 % der abgegebenen Stimmen betragen darf." Diesem [X.] korrespondiert der fünfte Erwägungsgrund der Entschließung, mit dem das [X.], was die Einführung einer Sperrklausel betrifft, ausdrücklich darauf hinweist, dass diese "auf fakultativer Basis erfolgen muss und auf jeden Fall landesweit nicht bei über 5 % der abgegebenen Stimmen liegen darf". Dieser Entwurf wurde vom Rat zur Kenntnis genommen und hat nahezu unverändert Eingang in Art. 3 der Neufassung des [X.] durch die [X.] vom 25. Juni 2002 und 23. September 2002 gefunden.

Sinn und Zweck der Regelung ist demnach nicht eine Ermächtigung der mitgliedst[X.]tlichen Gesetzgeber zur Schaffung einer Sperrklausel in dieser Höhe unter gleichzeitiger Entbindung von den Vorgaben des jeweiligen nationalen Verfassungsrechts. Sie beschränkt vielmehr den Gestaltungsspielraum der Mitgliedst[X.]ten im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung des [X.] in der Frage der maximal zulässigen Höhe einer Sperrklausel [X.], NVwZ 2004, S. 21 <25>) und fügt sich damit in die mit dessen Novellierung verbundene Verpflichtung der Mitgliedst[X.]ten auf das Verhältniswahlrecht ein, die in Art. 1 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 2 des [X.] Ausdruck gefunden hat.

b) Eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.]n [X.] gemäß Art. 267 A[X.] steht danach offenkundig nicht im Raum (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - [X.] - [X.]. 283/81, Slg. 1982, S. 3415, Rn. 16 ff.). Der Wortlaut aller (gleichermaßen verbindlichen) Originalfassungen, wonach die Mitgliedst[X.]ten eine [X.] von landesweit höchstens 5 % der abgegebenen Stimmen festlegen "können" (vgl. exemplarisch die [X.] und [X.] Fassung: "[X.] minimal pour l'attribution de sièges."; "[X.]."), also insbesondere nicht festlegen "sollen", ist eindeutig und unterliegt keinen Auslegungszweifeln.

3. Die dem Urteil vom 9. November 2011 zugrunde liegenden Maßstäbe (a)) beanspruchen Geltung auch im vorliegenden Verfahren (b)).

a) [X.]) Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl, der sich für die Wahl der [X.] [X.] des [X.] aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot formaler Wahlrechtsgleichheit ergibt (vgl. [X.] 51, 222 <234 f.>), sichert die vom Demokratieprinzip vorausgesetzte Egalität der Bürger (vgl. [X.] 41, 399 <413>; 51, 222 <234>; 85, 148 <157 f.>; 99, 1 <13>) und ist eine der wesentlichen Grundlagen der St[X.]tsordnung (vgl. [X.] 6, 84 <91>; 11, 351 <360>). Er gebietet, dass alle Wahlberechtigten das aktive und passive Wahlrecht möglichst in formal gleicher Weise ausüben können, und ist im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit zu verstehen (vgl. [X.] 51, 222 <234>; 78, 350 <357 f.>; 82, 322 <337>; 85, 264 <315>). Aus dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit folgt für das Wahlgesetz, dass die Stimme eines jeden Wahlberechtigten grundsätzlich den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben muss. Alle Wähler sollen mit der Stimme, die sie abgeben, den gleichen Einfluss auf das Wahlergebnis haben ([X.] 129, 300 <317 f.>).

Bei der Verhältniswahl verlangt der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit darüber hinaus, dass jeder Wähler mit seiner Stimme auch den gleichen Einfluss auf die Zusammensetzung der zu wählenden Vertretung haben muss (vgl. [X.] 16, 130 <139>; 95, 335 <353>). Ziel des [X.]s ist es, dass alle [X.]en in einem möglichst den Stimmenzahlen angenäherten Verhältnis in dem zu wählenden Organ vertreten sind. Zur Zählwertgleichheit tritt im Verhältniswahlrecht die [X.] hinzu (vgl. [X.] 120, 82 <103>; 129, 300 <318>).

bb) Aufgrund der durch [X.]s Recht (Art. 1 Abs. 1 des [X.]) vorgegebenen und in § 2 Abs. 1 [X.] angeordneten Verhältniswahl ist der [X.] Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des [X.]wahlgesetzes verpflichtet, für die Wahl der [X.] [X.] des [X.] grundsätzlich sowohl die Zähl- als auch die [X.] der Wählerstimmen sicherzustellen ([X.] 129, 300 <318>; zur [X.] im nationalen Recht zuletzt [X.] 131, 316 <338>).

cc) Die von Art. 14 Abs. 2 [X.]. 1 Satz 3 [X.]-Lissabon vorgesehene degressiv proportionale Kontingentierung der auf die Mitgliedst[X.]ten entfallenden Sitze verlangt weder noch rechtfertigt sie Abstriche vom wahlrechtlichen Grundsatz der [X.] der Stimmen im Verhältnis zwischen den Teilnehmern an der Wahl des [X.] [X.]kontingents (vgl. [X.] 123, 267 <371 ff.>; 129, 300 <318 f.>).

dd) Der aus Art. 21 Abs. 1 GG abzuleitende Grundsatz der Chancengleichheit der [X.]en und die unter dem Gesichtspunkt demokratisch gleicher [X.]chancen auch für sonstige politische Vereinigungen im Sinne des § 8 Abs. 1 [X.] gebotene Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangen, dass jeder [X.], jeder Wählergruppe und ihren Wahlbewerbern grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten im gesamten Wahlverfahren und damit gleiche Chancen bei der Verteilung der Sitze eingeräumt werden. Das Recht der politischen [X.]en auf Chancengleichheit hängt eng mit den Grundsätzen der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl zusammen, die ihre Prägung durch das Demokratieprinzip erfahren. Deshalb muss in diesem Bereich - ebenso wie bei der durch die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl verbürgten gleichen Behandlung der Wähler - Gleichheit in einem strikten und formalen Sinn verstanden werden. Wenn die öffentliche Gewalt in den [X.]enwettbewerb in einer Weise eingreift, die die Chancen der politischen [X.]en verändern kann, sind ihrem Ermessen daher besonders enge Grenzen gezogen ([X.] 120, 82 <105>; 129, 300 <319>).

ee) Die [X.] in § 2 Abs. 7 [X.] bewirkt eine Ungleichgewichtung der Wählerstimmen; zugleich wird durch die Sperrklausel der Anspruch der politischen [X.]en auf Chancengleichheit beeinträchtigt. Die Sperrklausel bedarf daher - im Grundsatz nicht anders als eine [X.] (vgl. zu dieser [X.] 129, 300 <319 f.>) - der Rechtfertigung.

ff) Zwischen Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit der [X.]en besteht ein enger Zusammenhang. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Einschränkungen folgt den gleichen Maßstäben (vgl. [X.] 82, 322 <338>; 95, 408 <417>; 111, 54 <105>; 124, 1 <20>; 129, 300 <320>).

(1) Der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit unterliegt ebenso wie der Grundsatz der Chancengleichheit der politischen [X.]en keinem absoluten Differenzierungsverbot. Allerdings folgt aus dem formalen Charakter der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der [X.]en, dass dem Gesetzgeber bei der Ordnung des Wahlrechts nur ein eng bemessener Spielraum für Differenzierungen verbleibt. Bei der Prüfung, ob eine Differenzierung innerhalb der Wahlrechtsgleichheit gerechtfertigt ist, ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. [X.] 120, 82 <106>; 129, 300 <320>). Differenzierungen bedürfen zu ihrer Rechtfertigung stets eines besonderen, sachlich legitimierten, in der Vergangenheit als "zwingend" bezeichneten Grundes (vgl. [X.] 6, 84 <92>; 51, 222 <236>; 95, 408 <418>; 129, 300 <320>). Das bedeutet nicht, dass sich die Differenzierung als von Verfassungs wegen notwendig darstellen muss. Differenzierungen im Wahlrecht können vielmehr auch durch Gründe gerechtfertigt werden, die durch die Verfassung legitimiert und von einem Gewicht sind, das der Wahlrechtsgleichheit die W[X.]ge halten kann (vgl. [X.] 1, 208 <248>; 6, 84 <92>; 95, 408 <418>; 129, 300 <320>; 130, 212 <227 f.>).

Hierzu zählen insbesondere die mit der Wahl verfolgten Ziele. Dazu gehört die Sicherung des Charakters der Wahl als eines Integrationsvorgangs bei der politischen Willensbildung des Volkes ([X.] 95, 408 <418>) und, damit zusammenhängend, die Sicherung der Funktionsfähigkeit der zu wählenden Volksvertretung (vgl. [X.] 1, 208 <247 f.>; 4, 31 <40>; 6, 84 <92 ff.>; 51, 222 <236>; 82, 322 <338>; 95, 408 <418>; 120, 82 <111>; 129, 300 <320 f.>). Eine große Zahl kleiner [X.]en und Wählervereinigungen in einer Volksvertretung kann zu ernsthaften Beeinträchtigungen ihrer Handlungsfähigkeit führen. Eine Wahl hat nicht nur das Ziel, überhaupt eine Volksvertretung zu schaffen, sondern sie soll auch ein funktionierendes Vertretungsorgan hervorbringen (vgl. [X.] 51, 222 <236>; 129, 300 <321>). Die Frage, was der Sicherung der Funktionsfähigkeit dient und dafür erforderlich ist, kann indes nicht für alle zu wählenden Volksvertretungen einheitlich beantwortet werden (vgl. [X.] 120, 82 <111 f.>; 129, 300 <321>), sondern bemisst sich nach den konkreten Funktionen des zu wählenden Organs (vgl. [X.] 120, 82 <112>; 129, 300 <321>). Zudem kommt es auf die konkreten Bedingungen an, unter denen die jeweilige Volksvertretung arbeitet und von denen die Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Funktionsstörungen abhängt (vgl. [X.] 129, 300 <323, 326 ff.>).

(2) Differenzierende Regelungen müssen zur Verfolgung ihrer Zwecke geeignet und erforderlich sein. Ihr erlaubtes Ausmaß richtet sich daher auch danach, mit welcher Intensität in das - gleiche - Wahlrecht eingegriffen wird. Ebenso können gefestigte Rechtsüberzeugungen und Rechtspraxis Beachtung finden ([X.] 1, 208 <249>; 95, 408 <418>; 120, 82 <107>; 129, 300 <321>). Der Gesetzgeber hat sich bei seiner Einschätzung und Bewertung allerdings nicht an abstrakt konstruierten Fallgestaltungen, sondern an der politischen Wirklichkeit zu orientieren (vgl. [X.] 120, 82 <107>; 129, 300 <321>). Gegen die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der [X.]en wird verstoßen, wenn der Gesetzgeber mit der Regelung ein Ziel verfolgt hat, das er bei der Ausgestaltung des Wahlrechts nicht verfolgen darf, oder wenn die Regelung nicht geeignet und erforderlich ist, um die mit der jeweiligen Wahl verfolgten Ziele zu erreichen (vgl. [X.] 120, 82 <107>; 129, 300 <321>).

(3) Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine die Wahlrechtsgleichheit und die Chancengleichheit berührende Norm des Wahlrechts zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern, wenn die verfassungsrechtliche Rechtfertigung dieser Norm durch neue Entwicklungen in Frage gestellt wird, etwa durch eine Änderung der vom Gesetzgeber vorausgesetzten tatsächlichen oder normativen Grundlagen oder dadurch, dass sich die beim Erlass der Norm hinsichtlich ihrer Auswirkungen angestellte Prognose als irrig erwiesen hat (vgl. [X.] 73, 40 <94>; 82, 322 <338 f.>; 107, 286 <294 f.>; 120, 82 <108>; 129, 300 <321 f.>). Für [X.] im Verhältniswahlrecht bedeutet dies, dass die Vereinbarkeit einer Sperrklausel mit dem Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der politischen [X.]en nicht ein für allemal abstrakt beurteilt werden kann. Eine Wahlrechtsbestimmung kann mit Blick auf eine Repräsentativkörperschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt gerechtfertigt sein, mit Blick auf eine andere oder zu einem anderen Zeitpunkt jedoch nicht (vgl. [X.] 1, 208 <259>; 82, 322 <338>; 120, 82 <108>; 129, 300 <322>).

Eine einmal als zulässig angesehene Sperrklausel darf daher nicht als für alle Zeiten verfassungsrechtlich unbedenklich eingeschätzt werden. Eine abweichende verfassungsrechtliche Beurteilung kann sich ergeben, wenn sich die Verhältnisse wesentlich ändern. Findet der [X.] in diesem Sinne veränderte Umstände vor, so muss er ihnen Rechnung tragen. Maßgeblich für die Frage der weiteren Beibehaltung, Abschaffung oder (Wieder-)Einführung einer Sperrklausel sind allein die aktuellen Verhältnisse (vgl. [X.] 120, 82 <108>; 129, 300 <322>). Der Gesetzgeber ist nicht daran gehindert, auch konkret absehbare künftige Entwicklungen bereits im Rahmen der ihm aufgegebenen Beobachtung und Bewertung der aktuellen Verhältnisse zu berücksichtigen; maßgebliches Gewicht kann diesen jedoch nur dann zukommen, wenn die weitere Entwicklung aufgrund hinreichend belastbarer tatsächlicher Anhaltspunkte schon gegenwärtig verlässlich zu prognostizieren ist.

Entgegen einer im vorliegenden Verfahren geäußerten Meinung folgt aus der Rechtsprechung des Senats nicht, dass der Gesetzgeber angesichts veränderter Umstände eine ehemals bestehende, sodann jedoch aufgehobene Sperrklausel nicht wieder einführen dürfte, sei es in gleicher, sei es in anderer verfassungsrechtlich - namentlich vor dem Hintergrund der Gewährleistung der Mitwirkung der politischen [X.]en an der politischen Willensbildung in Art. 21 Abs. 1 GG - nicht zu beanstandender Höhe. Gegebenenfalls kann er auch andere Maßnahmen zur Funktionssicherung der zu wählenden Vertretungskörperschaft treffen. Dieser Gesichtspunkt ist für die verfassungsrechtliche Beurteilung des [X.]wahlrechts vor allem deshalb von Bedeutung, weil bei sich abzeichnenden relevanten, durch das Fehlen einer Sperrklausel bedingten Beeinträchtigungen der Funktionen des [X.] der [X.] [X.] - anders als es bei Einbußen seiner eigenen Funktionsfähigkeit der Fall sein könnte - in der Lage ist, das [X.]wahlrecht in der nötigen Weise zu ändern (vgl. [X.] 129, 300 <324>).

gg) Für Differenzierungen im Rahmen der Wahlrechtsgleichheit verbleibt dem Gesetzgeber nur ein eng bemessener Spielraum (vgl. [X.] 95, 408 <417 f.>; 129, 300 <322>). Zwar hat das [X.] nicht die Aufgabe des Gesetzgebers zu übernehmen und alle zur Überprüfung relevanten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte selbst zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen (vgl. [X.] 120, 82 <113>) oder eigene Zweckmäßigkeitsbeurteilungen an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu setzen (vgl. [X.] 51, 222 <238>). Weil mit Regelungen, die die Bedingungen der politischen Konkurrenz berühren, die parlamentarische Mehrheit gewissermaßen in eigener Sache tätig wird und gerade bei der [X.] die Gefahr besteht, dass die jeweilige [X.]mehrheit sich statt von gemeinwohlbezogenen Erwägungen vom Ziel des eigenen Machterhalts leiten lässt, unterliegt aber die Ausgestaltung des Wahlrechts hier einer strikten verfassungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. [X.] 120, 82 <105>; 129, 300 <322 f.>; 130, 212 <229>).

Der Einsatz einer Sperrklausel beruht auf der Einschätzung des Gesetzgebers von der Wahrscheinlichkeit des Einzugs von [X.], dadurch zu erwartender Funktionsstörungen und deren Gewichts für die Aufgabenerfüllung der Volksvertretung. Bei dieser Prognoseentscheidung darf der Gesetzgeber zur Rechtfertigung des Eingriffs nicht allein auf die Feststellung der rein theoretischen Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Volksvertretung abstellen (vgl. [X.] 120, 82 <113 ff.>; 129, 300 <323>). Dürfte der Gesetzgeber frei darüber befinden, von welchem Wahrscheinlichkeitsgrad an er Funktionsstörungen in Betracht zieht, würde eine gerichtliche Kontrolle gesetzgeberischer Prognoseentscheidungen, einschließlich deren tatsächlicher Grundlagen, unmöglich gemacht (vgl. [X.] 129, 300 <323>).

Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls die allgemeine und abstrakte Behauptung, durch den Wegfall der [X.] werde der Einzug kleinerer [X.]en und Wählergemeinschaften in die [X.] erleichtert und dadurch die Willensbildung in diesen Organen erschwert, einen Eingriff in die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit nicht rechtfertigen. Deshalb genügt die bloße "Erleichterung" oder "Vereinfachung" der Beschlussfassung nicht. Nur die mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwartende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der [X.] aufgrund bestehender oder bereits gegenwärtig verlässlich zu prognostizierender künftiger Umstände kann die [X.] rechtfertigen (vgl. [X.] 120, 82 <114>; 129, 300 <323>).

b) Weder die Anhörung der Sachverständigen durch den Innenausschuss des [X.]n [X.]es noch das vorliegende Verfahren haben Gesichtspunkte zutage gefördert, die Anlass geben könnten, den verfassungsrechtlichen Maßstab für die Beurteilung wahlrechtlicher [X.] abweichend von der gefestigten Rechtsprechung des Senats zu bestimmen. Soweit Einwände nicht von vornherein die Rechtsanwendung betreffen - wie namentlich der Hinweis auf die geringere Eingriffsintensität der Drei- gegenüber der verworfenen [X.] -, zielen sie vor allem auf eine Reduzierung der Anforderungen an die Rechtfertigung wahlrechtlicher [X.] und auf eine Zurücknahme der verfassungsgerichtlichen Kontrolldichte. Im Wesentlichen im [X.] an die von den Richtern [X.] und [X.] formulierte abweichende Meinung zum Urteil vom 9. November 2011 ([X.] 129, 300 <346 ff.>) soll den Schwierigkeiten, hinzunehmende Erschwerungen der Mehrheitsbildung bei einer großen Zahl von Vertretern kleiner [X.]en im [X.] abzugrenzen gegenüber nicht mehr hinzunehmenden und damit [X.] rechtfertigenden Funktionsbeeinträchtigungen, dadurch Rechnung getragen werden, dass diese Abgrenzung weitergehend als nach der Rechtsprechung des Senats der Einschätzung des Gesetzgebers überlassen werden soll.

Der Senat hält demgegenüber an dem dargestellten Prüfungsmaßstab fest. Es kann offenbleiben, inwieweit dem Ansatz des [X.]n [X.]es, dass [X.] bereits unter Aspekten der Vorsorge gegen Gefahren für die Funk-tionsfähigkeit gerechtfertigt sind, in Bezug auf Volksvertretungen zu folgen ist, bei denen jede durch interne [X.]enzersplitterung bedingte Schwächung der Funk-tionsfähigkeit gleichbedeutend sein kann mit einer entsprechenden Schwächung der Fähigkeit, hierauf mit einer Korrektur des Wahlrechts zu reagieren. Jedenfalls bezogen auf das [X.], bei dem es sich nach gegenwärtiger Rechtslage so nicht verhält, weil Korrekturen durch den nationalen [X.] möglich sind, würde mit einer unabhängig von konkret absehbaren Funktionsstörungen rein vorsorglich statuierten Sperrklausel der schwerwiegende Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit in unverhältnismäßiger Weise vorverlagert.

Auch dem Ansinnen einer Zurücknahme der verfassungsgerichtlichen Kontrolle durch Zubilligung von weitgehend frei ausfüllbaren Prognosespielräumen kann nicht gefolgt werden. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass es bei der [X.] um die Grundbedingungen politischer Konkurrenz geht, ist eine strikte verfassungsgerichtliche Kontrolle unausweichlich (vgl. bereits [X.] 129, 300 <322 f.>).

Nach diesen Maßstäben ist die [X.] (§ 2 Abs. 7 [X.]) mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 GG unvereinbar. Die für die Beurteilung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse haben sich seit dem Urteil vom 9. November 2011 nicht entscheidend geändert (1.). Die zur Rechtfertigung der Sperrklausel herangezogenen Entwicklungen stehen am Anfang und sind in ihren Auswirkungen nicht abschätzbar, so dass gegenwärtig aus ihnen nicht geschlossen werden kann, ohne eine Sperrklausel werde die Funktionsfähigkeit des [X.] mit einiger Wahrscheinlichkeit beeinträchtigt (2.). Der Umstand, dass die [X.] in die Wahlrechtsgleichheit und in die Chancengleichheit der [X.]en weniger intensiv als vormals die [X.] eingreift, genügt nicht zur Rechtfertigung der angegriffenen Regelung (3.).

1. Der Senat hat im Urteil vom 9. November 2011 festgestellt, dass die bei der [X.]wahl 2009 gegebenen und fortbestehenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse keine hinreichenden Gründe bieten, die den mit der [X.] verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit der politischen [X.]en rechtfertigen könnten (vgl. [X.] 129, 300 <324 ff.>). Eine maßgebliche Veränderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist seither nicht eingetreten.

a) Eine unionsrechtliche Sperrklausel auf der Grundlage des Art. 223 Abs. 1 A[X.] besteht weiterhin nicht. Die vom Bevollmächtigten des [X.]n [X.]es unterstellte gemein[X.] Überzeugung in Bezug auf die Notwendigkeit von [X.] oder äquivalenten Bestimmungen ist damit gerade dort, wo sie konsequenterweise praktisch werden müsste, nämlich auf [X.] des [X.]srechts, nicht erkennbar. Dem entspricht, dass eine Änderung des [X.] mit dem Ziel, die Mitgliedst[X.]ten zur Einführung bestimmter [X.]n für die [X.] zu verpflichten, auch nicht beabsichtigt ist. Eine Veränderung der rechtlichen Grundlagen der [X.]wahl auf [X.]sebene wird in der Entschließung des [X.] vom 22. November 2012 nicht gefordert. Diese beschränkt sich vielmehr auf einen rechtlich unverbindlichen Appell an die Mitgliedst[X.]ten, geeignete und angemessene [X.]n für die Sitzzuteilung festzulegen. Im Übrigen stehen nach übereinstimmender Auffassung der dazu in der mündlichen Verhandlung Gehörten die mitgliedst[X.]tlichen Vorschriften des [X.]wahlrechts bislang nur in der jeweiligen Tradition der Mitgliedst[X.]ten, ein Umstand, der auch dem Erlass eines einheitlichen [X.]wahlverfahrens entgegenstehe.

b) Auch in tatsächlicher Hinsicht haben sich während der laufenden Wahlperiode keine erheblichen Veränderungen ergeben. Die in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Zunahme der Belastung des [X.] mit Legislativaufgaben mag zwar für die Frage einer strukturellen Beeinträchtigung seiner Funktionsfähigkeit Bedeutung erlangen, sobald das [X.] wegen einer Vielzahl kooperationsunwilliger Vertreter kleiner [X.]en und Vereinigungen an die Grenze seiner Kapazitäten stößt. Dafür ist indes nichts Greifbares vorgetragen worden.

Konkrete Bestrebungen anderer Mitgliedst[X.]ten, Hemmnisse für den Zugang kleiner [X.]en zum [X.] zu beseitigen (zu deren Relevanz für die verfassungsrechtliche Beurteilung nationaler [X.] vgl. [X.] 129, 300 <325 f.>), sind gegenwärtig nicht erkennbar. Greifbare Hinweise darauf, dass andere Mitgliedst[X.]ten sich durch den Wegfall der Sperrklausel in [X.] veranlasst sehen könnten, ihr nationales Wahlrecht entsprechend zu ändern, haben auch in der mündlichen Verhandlung die Ausführungen der Vertreter des [X.] zu den Motiven der Entschließung vom 22. November 2012 nicht erbracht.

2. Die [X.] findet keine Rechtfertigung im Hinblick auf zu erwartende politische und institutionelle Entwicklungen und damit verbundene Änderungen der Funktionsbedingungen des [X.] in der nächsten Wahlperiode.

a) Die Begründung des Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des [X.]wahlgesetzes stellt darauf ab, dass die mit der Entschließung des [X.] vom 22. November 2012 angestoßene Entwicklung hinsichtlich der Wahl des [X.]spräsidenten aus einem Kreis von den [X.] [X.]en benannter Spitzenkandidaten bei der [X.]wahl 2014 zu einer stärkeren antagonistischen Profilierung von Regierung und Opposition in der [X.]n [X.] führen werde. Mit dieser im Zeitpunkt des [X.] vom 9. November 2011 noch nicht konkret absehbaren neuen Entwicklung und der daraus folgenden zunehmenden Politisierung des [X.] werde die erforderliche Mehrheitsbildung erschwert, und es drohe konkret eine Funktionsbeeinträchtigung, der mit einer geeigneten und angemessenen [X.] zu begegnen sei (vgl. BTDrucks 17/13705 S. 6 f.).

Der Gesetzgeber geht zutreffend davon aus, dass eine antagonistische Profilierung von Regierung und Opposition auf [X.] unter Umständen dann eine Sperrklausel im [X.] [X.]wahlrecht rechtfertigen kann, wenn in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht Verhältnisse gegeben sind, die denen auf [X.] vergleichbar sind, wo die Bildung einer stabilen Mehrheit für die Wahl einer handlungsfähigen Regierung und deren fortlaufende Unterstützung nötig ist (vgl. - auch zur bislang bestehenden Interessenlage im Institutionengefüge der [X.] - [X.] 129, 300 <327, 335 f.>). Diese - politisch angestrebte - Entwicklung steckt indes noch in den Anfängen. Die tatsächlichen Auswirkungen der in Gang gesetzten politischen Dynamik auf die Funktionsfähigkeit des [X.] sind derzeit nicht abzusehen, so dass für die Prognose des Gesetzgebers, es drohe ohne die [X.] eine Funktionsbeeinträchtigung des [X.], die Grundlage fehlt.

b) Das [X.] strebt ausweislich seiner Entschließung vom 22. November 2012 im Einverständnis mit der derzeitigen [X.] eine Stärkung der politischen Legitimität beider Institutionen an, deren Wahl jeweils unmittelbarer mit der Entscheidung der Wähler verknüpft werden soll. Um dies zu fördern, sollen die [X.] politischen [X.]en Kandidaten für das Amt des Präsidenten der [X.] nominieren, die eine führende Rolle im bevorstehenden [X.]wahlkampf spielen sollen, indem sie insbesondere ihr Programm in allen Mitgliedst[X.]ten der [X.]n [X.] vorstellen. Eine Änderung der vertraglichen Grundlagen der Aufgaben und Befugnisse der [X.] Institutionen wird jedoch nicht angestrebt (vgl. zu den Grenzen einer Fortentwicklung des institutionellen Gefüges unter Geltung der Verträge in der Fassung des Vertrags von Lissabon [X.] 123, 267 <372>; zu Einzelheiten der geltenden Zuständigkeitsordnung [X.] 129, 300 <336 ff.>). Insoweit ist auch unklar, wie das politische Anliegen, die demokratische Willensbildung auf [X.] zu stärken, im Rahmen des geltenden [X.]srechts mit Relevanz für die hier zu entscheidende Frage umgesetzt werden soll. Aus welchen Gründen etwa der [X.]spräsident auf die fortlaufende Unterstützung einer stabilen Mehrheit im [X.] angewiesen sein könnte (vgl. Art. 234 Abs. 2 A[X.]), hat auch die Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht erhellt. Die damit verbundenen Fragen können jedoch dahin stehen.

c) Es ist nämlich bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht konkret absehbar, dass die angestoßene politische Entwicklung ohne eine Sperrklausel im [X.] [X.]wahlrecht zu einer Funktionsbeeinträchtigung des [X.] führen könnte.

[X.]) Derzeit lässt sich nicht einmal abschätzen, in welchem Umfang und mit welchen Auswirkungen für die Tätigkeit und Funktionsweise des neu zu wählenden [X.] die in der Entschließung vom 22. November 2012 zum Ausdruck gebrachte Position der amtierenden [X.] und des [X.] sich gegenüber den Vertretern der Mitgliedst[X.]ten im [X.] und im Rat wird durchsetzen lassen. Auch der Umfang damit möglicherweise einhergehender Veränderungen im politischen Prozess innerhalb des [X.] in der kommenden Wahlperiode bleibt spekulativ. So hat etwa der Abgeordnete des [X.] Bütikofer in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er erwarte, dass die nunmehr angestoßene Dynamik hin zu einem stärkeren Antagonismus und zu einer stärkeren Politisierung im [X.] nicht in einer Legislaturperiode abgeschlossen sein werde, sondern sich über den Zeitraum mehrerer Legislaturperioden erstrecken dürfte.

Soweit die [X.] danach mit der Erwägung gerechtfertigt werden sollte, der beabsichtigte "[X.]" dürfe nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass von [X.] aus eine Zersplitterung des [X.] in Kauf genommen werde, verfehlte dies nicht nur die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung von Eingriffen in die Wahlrechtsgleichheit und die Chancengleichheit der politischen [X.]en. Es würde auch der Offenheit des politischen Prozesses, der für die parlamentarische Debatte gerade im Hinblick auf mögliche Umstrukturierungen wesentlich ist und zu dem kleine [X.]en einen wichtigen Beitrag leisten können (vgl. [X.] 129, 300 <340>), nicht gerecht. Aus diesem Grunde können [X.] auch nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, nur politische [X.]en, die diese überwinden könnten, seien hinreichend repräsentativ und leisteten einen verlässlichen Beitrag zur Legitimation von Volksvertretungen.

bb) Es ist auch nicht belegbar, dass die Mehrheitsbildung im [X.] infolge der angestrebten Politisierung strukturell beeinträchtigt wird.

(1) Zwar ist nicht auszuschließen, dass die Zusammenarbeit der beiden großen Fraktionen im [X.], welche die parlamentarische Praxis bislang geprägt hat (vgl. [X.] 129, 300 <330 f.>), aufgrund der Benennung von (konkurrierenden) Spitzenkandidaten der [X.]en, wie von Vertretern des [X.] in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, in Zukunft nicht mehr oder in signifikant geringerem Umfang stattfindet. Ob und inwieweit dies der Fall sein wird, ist jedoch ungewiss; denkbar sind jedenfalls auch Entwicklungen, die die Funktionsfähigkeit des [X.] unbeeinträchtigt lassen. So kann es Gründe für die Annahme geben, dass die beiden großen Fraktionen, die regelmäßig eine absolute Mehrheit der Mandate auf sich vereinen (vgl. [X.] 129, 300 <330>), auch weiterhin in einer Vielzahl von Fällen an einer Zusammenarbeit interessiert, wenn nicht sogar auf eine solche angewiesen sind. Dementsprechend liegt etwa die Möglichkeit nicht fern, dass ein Kandidat für das Amt des [X.]spräsidenten aus dem Kreis der im [X.] vertretenen [X.]en zur Bildung einer ihn tragenden [X.]mehrheit die Unterstützung der beiden großen Fraktionen benötigt und es aufgrund von hierüber geführten Verhandlungen zu einer Verfestigung der Kooperation der beiden großen Fraktionen kommt. Auf die Zahl nicht fraktionsgebundener [X.] käme es bei einer derartigen Entwicklung nicht entscheidend an.

(2) Darüber hinaus kann auch nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die bislang praktizierte flexible Mehrheitsbildung im [X.] (vgl. [X.] 129, 300 <331>) durch die Zuwahl neuer [X.] kleiner [X.]en nennenswert erschwert würde. So erscheint es nicht zwingend, dass die Integrationsfähigkeit der europaweiten [X.]familien, von denen im Wesentlichen die [X.] im [X.] ausgeht und die damit entscheidend zu seiner Funktionsfähigkeit beitragen, im Zuge der Politisierung des [X.] Einbußen erleidet. Möglich ist auch, dass etwaige deutlichere politische Gegensätze zwischen den einzelnen Fraktionen deren internen Zusammenhalt gerade erhöhen. Zudem ist offen, ob eine infolge stärkerer parteipolitischer Profilierung veränderte Wahrnehmung des [X.] nicht Wähler mehr als bislang zu strategischem Wahlverhalten veranlassen und dies einer Zunahme der im [X.] vertretenen [X.]en entgegenwirken würde.

(3) Die in der mündlichen Verhandlung genannte Zahl von künftig möglicherweise achtzig kooperationsunwilligen [X.] lässt sich angesichts derartiger Ungewissheiten nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit prognostizieren. Ohnehin bezogen sich die betreffenden Äußerungen nicht auf die Zahl der zu erwartenden fraktionslosen [X.] kleiner [X.]en mit einem oder zwei [X.], sondern auf Abgeordnete bestimmter unionskritischer [X.]en, die voraussichtlich nicht an einer Sperrklausel scheitern werden. Auch ist zu berücksichtigen, dass es sich bei [X.]en, die auf [X.] eine kleine [X.] sein mögen, um solche handeln kann, die einer im [X.] gut vertretenen [X.]enfamilie angehören oder ihr zumindest nahestehen und deren Abgeordnete daher zu einer Zersplitterung, wie sie mit [X.] abgewehrt werden soll, gar nicht beitragen. Damit besteht eine Besonderheit im Tatsächlichen, die [X.] gerade in Bezug auf die gemein[X.] Integrationsfunktion des [X.] besonderen Einwänden unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit aussetzt.

Soweit zur Verteidigung der angegriffenen Sperrklausel auf die Schwierigkeit hingewiesen wird, qualifizierte Mehrheiten im [X.] zu erreichen, ist ferner daran zu erinnern, dass die Anordnung qualifizierter Mehrheiten in den [X.] gerade auf eine breite Zustimmung im [X.] zielt und nicht zuletzt mit Blick auf das institutionelle Gleichgewicht mit den anderen Organen (Art. 13 [X.]) in Kauf nimmt, dass das [X.] bei unüberwindbaren Meinungsverschiedenheiten keine durchsetzbare Position erlangt (vgl. [X.] 129, 300 <332>).

(4) Im Hinblick auf die Integrationskraft der Fraktionen ist schließlich nicht ersichtlich, dass in der kommenden Wahlperiode neu gewählte Abgeordnete kleinerer [X.]en von vornherein keine Aufnahme in einer der etablierten Fraktionen oder - je nach Wahlergebnis in den anderen Mitgliedst[X.]ten - in einer neu gegründeten weiteren Fraktion finden könnten. Auch wenn die Integrationskraft der Fraktionen im [X.] nicht überbewertet werden darf und im Zuge einer intensiveren Politisierung die Bereitschaft einer Fraktion, Abgeordnete aufzunehmen, die auf [X.] als Konkurrenten auftreten, abnehmen könnte, sind die Anreize für die Anbindung von [X.] an eine Fraktion doch beträchtlich, so dass nicht ohne weiteres von einer unverträglich hohen Anzahl fraktionsloser [X.] ausgegangen werden kann (vgl. dazu bereits [X.] 129, 300 <327 ff.>). Es wird allerdings zu beobachten sein, wie sich eine denkbare Wahl von [X.] weiterer, in der [X.] [X.]enlandschaft im Wettbewerb stehender [X.]en auswirken wird. Gesicherte Einschätzungen sind derzeit auch diesbezüglich nicht möglich. Sich etwa konkret abzeichnenden Fehlentwicklungen kann der Gesetzgeber Rechnung tragen.

3. Die [X.] greift zwar weniger intensiv in die Wahlrechtsgleichheit und in die Chancengleichheit der [X.]en ein als die frühere [X.]. Daraus folgt jedoch nicht, dass der auch mit der [X.] verbundene Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit vernachlässigbar wäre und keiner Rechtfertigung bedürfte. Ein Sitz im [X.] kann bereits mit etwa einem Prozent der abgegebenen Stimmen errungen werden, so dass die Sperrklausel praktische Wirksamkeit entfaltet. Da eine Sperrklausel im [X.] [X.]wahlrecht gegenwärtig - und zwar mit Blick sowohl auf die bestehenden Verhältnisse als auch auf hinreichend sicher prognostizierbare Entwicklungen - bereits nicht erforderlich ist, es also an der Rechtfertigung bereits dem Grunde nach fehlt, kommt es auf Fragen der Angemessenheit der [X.] nicht an.

Die Verfassungswidrigkeit der [X.] führt zur Nichtigerklärung von § 2 Abs. 7 [X.] (§ 95 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Zugleich ist gemäß § 67 Satz 1 und 2 [X.] festzustellen, dass der [X.] [X.] mit dem Beschluss dieser Vorschrift das Recht der Antragstellerinnen und der Beigetretenen auf Chancengleichheit der politischen [X.]en (Art. 21 Abs. 1 GG) verletzt hat.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 und Abs. 3 [X.]. Damit erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe in dem Verfahren 2 BvR 2238/13.

Diese Entscheidung ist mit 5:3 Stimmen ergangen.

Meta

2 BvE 2/13, 2 BvE 5/13, 2 BvE 6/13, 2 BvE 7/13, 2 BvE 8/13, 2 BvE 9/13, 2 BvE 10/13, 2 BvE 12/13, 2 BvR 2220/13, 2 BvR 2221/13, 2 BvR 2238/13

26.02.2014

Bundesverfassungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: BvR

nachgehend BVerfG, 4. November 2014, Az: 2 BvR 2238/13, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren

Art 3 Abs 1 GG, Art 21 Abs 1 GG, § 64 S 1 BVerfGG, Art 223 Abs 1 AEUV, EGBes 772/2002, Art 14 Abs 2 UAbs 1 S 3 EU, Art 14 Abs 3 EU, Art 1 S 1 EuWAkt vom 25.06.2002, Art 3 S 1 EuWAkt vom 25.06.2002, Art 3 S 2 EuWAkt vom 25.06.2002, Art 7 Abs 1 EuWAkt, Art 7 Abs 2 EuWAkt, Art 8 S 1 EuWAkt vom 25.06.2002, Art 8 S 2 EuWAkt vom 25.06.2002, § 2 Abs 1 EuWG, § 2 Abs 5 S 1 EuWG, § 2 Abs 7 EuWG vom 07.10.2013, § 9 EuWG, § 15 EuWG, § 16 EuWG, § 26 Abs 3 EuWG, Art 1 Nr 2 Buchst d EuWGÄndG 5, EWGBes 787/76

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 26.02.2014, Az. 2 BvE 2/13, 2 BvE 5/13, 2 BvE 6/13, 2 BvE 7/13, 2 BvE 8/13, 2 BvE 9/13, 2 BvE 10/13, 2 BvE 12/13, 2 BvR 2220/13, 2 BvR 2221/13, 2 BvR 2238/13 (REWIS RS 2014, 7540)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7540


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 BvE 2/13, 2 BvE 5/13, 2 BvE 6/13, 2 BvE 7/13, 2 BvE 8/13, 2 BvE 9/13, 2 BvE 10/13, 2 BvE 12/13, 2 BvR 2220/13, 2 BvR 2221/13, 2 BvR 2238/13

Bundesverfassungsgericht, 2 BvE 2/13, 2 BvE 5/13, 2 BvE 6/13, 2 BvE 7/13, 2 BvE 8/13, 2 BvE 9/13, 2 BvE 10/13, 2 BvE 12/13, 2 BvR 2220/13, 2 BvR 2221/13, 2 BvR 2238/13, 26.02.2014.


Az. 2 BvR 2238/13

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 2238/13, 04.11.2014.


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