Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.09.2011, Az. 3 StR 43/11

3. Strafsenat | REWIS RS 2011, 3515

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Gegenstand

Gesamtfreiheitsstrafe wegen betrügerischer Abrechnungen durch einen Kassenarzt: Rechtsfehlerhafte Ablehnung einer Strafaussetzung zur Bewährung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. August 2010 dahin abgeändert, dass die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Gebühr für das Revisionsverfahren wird jedoch um ein Viertel ermäßigt; die gerichtlichen Auslagen im Revisionsverfahren und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen werden zu einem Viertel der Staatskasse auferlegt.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten (Einzelstrafen von neun, zehn und acht Monaten) verurteilt; die Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zur Bewährung hat es abgelehnt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachbeschwerde den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

2

Nach den Feststellungen des [X.]s rechnete der Angeklagte von 2003 bis Mitte 2006 gegenüber der [X.] ... überhöhte Honorare ab. Gegenstand des Verfahrens waren lediglich die Abrechnungen aus dem 1. Quartal 2005 sowie dem 1. und 2. Quartal 2006. Mit ihnen erlangte der Angeklagte einen rechtswidrigen Vermögensvorteil von ca. 3.500 €. Während der Schuld- und der Strafausspruch sowie die Entscheidung über die Kompensation einer Verfahrensverzögerung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweisen, kann die Entscheidung über die Nichtaussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung nicht bestehen bleiben.

3

Das [X.] hat besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB verneint, weil der Angeklagte, nachdem er sich wegen des Ermittlungsverfahrens Ende November 2006 für einen Tag in Haft befunden hatte, am 2. und 8. Januar 2007 nochmals hinsichtlich zweier Patienten unzutreffende Gebührenziffern abrechnete. Hieraus hat das [X.] geschlossen, "dass das Gewinnstreben des Angeklagten … zu einer mangelnden Akzeptanz der Rechtsordnung geführt" habe. Diese Wertung steht im Widerspruch zu der Angabe, es bestünden "keine Zweifel, dass dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden" könne. Zudem ist dieses Verhalten in Ansehung der übrigen Umstände im Leben des Angeklagten sowie in den beruflichen und wirtschaftlichen Folgen für den Angeklagten und seine Familie nur von geringer Bedeutung.

4

Der Senat schließt aus, dass bei erneuter tatrichterlicher Würdigung das Vorliegen besonderer Umstände rechtsfehlerfrei verneint werden könnte, und ändert deshalb in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil dahin ab, dass dem Angeklagten Strafaussetzung zur Bewährung gewährt wird.

5

Die Festsetzung der Bewährungszeit (§ 56a StGB), die etwaige Erteilung von Auflagen oder Weisungen (§§ 56b ff. StGB) sowie die Belehrung des Angeklagten nach § 268a Abs. 3 StPO bleiben dem Tatrichter vorbehalten.

6

Angesichts des teilweisen Erfolges der Revision waren die Rechtsmittelgebühr um ein Viertel zu ermäßigen und die gerichtlichen und die dem Angeklagten durch die Revision entstandenen notwendigen Auslagen zu einem Viertel der Staatskasse aufzuerlegen, da es unbillig wäre, ihn mit den gesamten Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Becker                                 [X.]                                    [X.]

                     [X.]

Meta

3 StR 43/11

08.09.2011

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hildesheim, 11. August 2010, Az: 21 KLs 5181 Js 70921/06, Urteil

§ 56 Abs 1 StGB, § 56 Abs 2 StGB, § 263 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.09.2011, Az. 3 StR 43/11 (REWIS RS 2011, 3515)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3515

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Kostenentscheidung nach Zurückverweisung aufgrund erneuter Revision


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3 StR 43/11

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