Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.07.2012, Az. VIII ZR 36/12

8. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4825

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BUNDESGERICHTSHOF (BGH) MIETWOHNUNG MIET- UND WEG-RECHT

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Gegenstand

Mietkaution: Verbot der Aufrechnung mit mietfremden Forderungen gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch


Leitsatz

Mangels anderweitiger ausdrücklicher Vereinbarung ist dem Treuhandcharakter der Mietkaution ein stillschweigendes Aufrechnungsverbot im Hinblick auf Forderungen zu entnehmen, die nicht aus dem Mietverhältnis stammen. Mit derartigen Forderungen kann der Vermieter gegenüber dem Anspruch des Mieters auf Kautionsrückzahlung auch dann nicht aufrechnen, wenn die Kaution am Ende des Mietverhältnisses nicht für Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis benötigt wird.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 15. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Mietkaution. Die Kläger waren bis Ende Juni 2009 Mieter einer Wohnung der Beklagten in [X.], für die sie eine Kaution in Höhe von 1.020 € erbracht hatten. Die Kläger gaben die Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses zurück. Mit Schreiben vom 26. März und 7. Juli 2010 forderten sie die Beklagte vergeblich zur Rückzahlung der Kaution auf. Die Beklagte verwies auf (behauptete) Gegenansprüche aus einem früheren Mietverhältnis der Kläger über eine andere Wohnung, die der frühere Vermieter der Kläger mit Vereinbarung vom 10. Juli 2010 an sie abgetreten habe.

2

Die Kläger haben Zahlung von 1.029,78 € nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das [X.] hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

4

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, ausgeführt:

5

Den Klägern stehe der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution gemäß § 551 [X.] in Verbindung mit der vertraglichen Sicherungsabrede zu. Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer von ihr behaupteten Forderung aus einem früheren Mietverhältnis mit einem anderen Vermieter habe nicht zum Erlöschen der Forderung geführt. Denn die Aufrechnung mit einer derartigen Forderung sei aufgrund der Sicherungsabrede ausgeschlossen. Aus der Sicherungsabrede ergebe sich, dass die Kaution nur zur Sicherung von Forderungen der Beklagten aus dem aktuellen Mietverhältnis diene. An dieser Zweckrichtung änderten auch die Beendigung des Mietverhältnisses und die Rückgabe der Wohnung nichts. Denn die vertragliche Sicherungsabrede bestehe ungeachtet der Beendigung des Mietverhältnisses fort. Entgegen einer in der Literatur verbreiteten Auffassung sei deshalb eine Aufrechnung mit Forderungen außerhalb des konkreten Mietverhältnisses auch dann nicht zulässig, wenn das Mietverhältnis beendet sei und die Kaution nicht für Forderungen des Vermieters aus diesem Mietverhältnis benötigt werde.

II.

6

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Den Klägern steht ein Anspruch auf Rückzahlung der [X.] zu. Die von der Beklagten erklärte Verrechnung geht ins Leere, weil ihr eine Aufrechnung mit Forderungen, die nicht aus dem Mietverhältnis der Parteien herrühren, verwehrt ist.

7

1. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der mietrechtlichen Literatur werden zu der Frage, ob der Vermieter zumindest dann mit mietfremden Ansprüchen gegen den Anspruch des Mieters auf Rückgewähr der Kaution aufrechnen kann, wenn das Mietverhältnis beendet ist und hieraus keine Ansprüche des Vermieters mehr offen sind, allerdings unterschiedliche Auffassungen vertreten.

8

a) Einige Autoren bejahen für diesen Fall die Zulässigkeit einer Aufrechnung mit der Begründung, dass in einem solchen Fall die Zweckbindung der Kaution entfalle und einer Aufrechnung mit nicht konnexen Gegenansprüchen somit nichts mehr entgegenstehe (Sternel, Mietrecht Aktuell, 4. Aufl., Rn. [X.]; [X.] in [X.]/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 551 Rn. 82; [X.]/[X.] [X.], 13. Aufl., § 551 Rn. 27; Dickersbach, [X.], 595 ff.).

9

b) Die Gegenmeinung ([X.], [X.], 47; [X.] 1990, 426; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2011, § 551 Rn. 32; Bub/[X.]/Scheuer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., [X.] Rn. 295 c) entnimmt der in der Vereinbarung einer [X.] stillschweigend enthaltenen Sicherungsabrede ein (dauerndes) Aufrechnungsverbot. Der Zweck der Kaution gehe ausschließlich dahin, etwaige Ansprüche des Vermieters aus dem Mietverhältnis zu sichern; eine Aufrechnung gegen den Anspruch auf Rückgewähr der Kaution mit mietfremden Forderungen des Vermieters sei deshalb auch dann ausgeschlossen, wenn das Mietverhältnis beendet sei und die Kaution zur Befriedigung des Vermieters wegen Forderungen aus dem Mietverhältnis nicht benötigt werde.

c) Der letztgenannten Auffassung gebührt der Vorzug. In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass die Aufrechnung aufgrund einer konkludenten Vereinbarung oder nach Treu und Glauben ausgeschlossen ist, wenn die Eigenart des Schuldverhältnisses oder der Sinn und Zweck der geschuldeten Leistung die Aufrechnung als nicht mit Treu und Glauben vereinbar erscheinen lässt ([X.], Urteile vom 29. November 1990 - [X.], NJW 1991, 839 unter [X.]; vom 21. November 2001 - [X.], NJW 2002, 1130 unter [X.]; vom 22. März 2011 - [X.], NJW 2011, 2351 Rn. 27). Deshalb ist bei einem Anspruch aus einem Treuhandverhältnis regelmäßig eine Aufrechnung mit nicht konnexen Gegenforderungen ausgeschlossen ([X.], Urteile vom 21. Januar 1999 - I ZR 209/96, NJW-RR 1999, 1192 unter [X.]; vom 14. Juli 1994 - [X.], NJW 1994, 2885 unter [X.]). Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für die [X.]. Diese dient - soweit nicht ausnahmsweise etwas anderes vereinbart ist - ausschließlich der Sicherung von Forderungen des Vermieters aus dem konkreten Mietverhältnis. Die darin liegende Zweckbindung endet entgegen der Auffassung der Revision nicht schon dann, wenn die Kaution am Ende des Mietverhältnisses nicht mehr für Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis benötigt wird, sondern erst mit der Rückgewähr der Kaution an den Mieter.

[X.]                                  [X.]                                  Dr. Achilles

             Dr. Schneider                                [X.]

Meta

VIII ZR 36/12

11.07.2012

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 15. Dezember 2011, Az: 67 S 309/11

§ 551 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.07.2012, Az. VIII ZR 36/12 (REWIS RS 2012, 4825)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4825

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