Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.03.2022, Az. AnwZ (Brfg) 28/20

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2022, 3737

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Gegenstand

Verwaltungsrechtliche Anwaltssache: Befangenheitsablehnung der Richter des Senats für Anwaltssachen beim Bundesgerichtshof nach Zurückverweisung eines Berufungsverfahrens durch das Bundesverfassungsgericht


Tenor

Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 23. Februar 2022 gegen [X.] am [X.] [X.]wird als unzulässig verworfen.

Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 5. Juli 2021 gegen [X.]   und den Rechtsanwalt [X.]  wird zurückgewiesen.

Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 12. September 2021 gegen die Präsidentin des [X.]s L.     , [X.]   und den Rechtsanwalt [X.]wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der [X.]hat mit Urteil vom 26. Juli 2017 eine Anfechtungsklage des [X.] als unzulässig verworfen. Der Kläger hat die Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des [X.] beantragt. Mit [X.]eschluss vom 14. Januar 2019 ([X.] ([X.]) 59/17, juris) hat der [X.] - unter Mitwirkung des [X.]s am [X.] Prof. Dr. P.   sowie der Rechtsanwälte [X.]  und [X.]- den Antrag des [X.] abgelehnt. Auf die Verfassungsbeschwerde des [X.] hat das [X.] mit [X.]eschluss vom 22. Juli 2020 (NVwZ 2020, 1661 ff.) den [X.]eschluss des [X.] aufgehoben und die Sache an den [X.] zurückverwiesen. Mit [X.]eschluss vom 8. Februar 2021 ([X.] ([X.]) 28/20, juris) hat der [X.] - unter Mitwirkung des [X.]s am [X.] Prof. Dr. P.   und des Rechtsanwalts [X.]  - die [X.]erufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] zugelassen.

2

Der Kläger hat in seiner [X.]erufungsbegründung vom 5. Juli 2021 den [X.] am [X.] Prof. Dr. P.   und den Rechtsanwalt [X.]   abgelehnt. Zum einen seien diese gemäß § 112c [X.], § 54 VwGO, § 41 Nr. 6 ZPO von der Ausübung des [X.]amts ausgeschlossen. Zum anderen bestehe die [X.]esorgnis der [X.]efangenheit gemäß § 112c [X.], § 54 VwGO, § 42 Abs. 2 ZPO, da kein vernünftiger Kläger darauf vertrauen könne, dass die gleichen [X.] nach der Entscheidung des [X.]s bereit sein würden, ohne Vorurteil und unparteilich an die Sache heranzugehen. In ihren dienstlichen Stellungnahmen haben die von dem Kläger abgelehnten Mitglieder des [X.] im Wesentlichen darauf verwiesen, dass sich ihre [X.]eteiligung an dem [X.]eschluss vom 14. Januar 2019 bereits aus den Verfahrensakten ergebe.

3

Mit Verfügung vom 17. August 2021 hat die Präsidentin des [X.]s als Vorsitzende des [X.] für Anwaltssachen dem Kläger die dienstlichen Äußerungen übersandt und ihm die Namen der [X.]mitglieder mitgeteilt, die derzeit zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch vom 5. Juli 2021 berufen seien. Darunter befand sich auch Rechtsanwalt [X.]. Die Präsidentin hat vorsorglich darauf hingewiesen, dass Rechtsanwalt [X.]auch in der Sitzung am 29. Oktober 2021 als anwaltliches Mitglied des [X.] zur Mitwirkung berufen sei. Auf diesen Sitzungstag war die [X.]erufungsverhandlung in der vorliegenden Sache terminiert worden.

4

Mit Schriftsatz vom 12. September 2021 hat der Kläger den Rechtsanwalt [X.], die Präsidentin am [X.] Li.     und den [X.] am [X.] Prof. Dr. P.   abgelehnt. Zur [X.]egründung hat er ausgeführt, dass die Auswahl von Rechtsanwalt [X.]durch die Vorsitzende unverständlich sei, da gegen diesen wegen dessen Mitwirkung an dem [X.]eschluss vom 14. Januar 2019 die gleichen Vorbehalte wie gegen Rechtsanwalt [X.]  bestünden und er deswegen abzulehnen sei. Dadurch, dass die Präsidentin Rechtsanwalt [X.]in Kenntnis seiner Vorbefassung als zur Entscheidung berufenen [X.] benannt habe, könne auch ihr nicht die not[X.]dige Unvoreingenommenheit unterstellt werden. Indem [X.] am [X.] Prof. Dr. P.   in seiner dienstlichen Stellungnahme nur auf die Verfahrensakte [X.]ezug genommen und erklärt habe, sich nicht befangen zu fühlen, habe er keine tatsächliche dienstliche Stellungnahme abgegeben. [X.]ei einer solchen komme es auf Tatsachen an, die der Antragsteller nicht kennen könne und die nach Möglichkeit nachvollziehbar für den Antragsteller die [X.]esorgnis der [X.]efangenheit entkräfteten. [X.]is zur Abgabe einer neuen dienstlichen Stellungnahme müsse der Kläger davon ausgehen, dass [X.] am [X.] Prof. Dr. P.   vorsätzlich seine dienstliche Stellungnahme verweigere, weswegen er ihn erneut ablehne.

5

Die Parteien konnten sich zu den abgegebenen dienstlichen Stellungnahmen äußern.

6

Mit Schriftsatz vom 10. September 2021 hatte der Kläger die ordentlichen und (erstrangig) stellvertretenden Mitglieder des [X.] und somit auch den Vorsitzenden [X.] am [X.] [X.]wegen der [X.]esorgnis der [X.]efangenheit abgelehnt und dies damit begründet, dass der [X.] sich selbst vertretenden Anwälten keine Akteneinsicht durch Übersendung der Akten an den Kanzleisitz gewähre. Mit Verfügung vom 11. Oktober 2021 hat der Vorsitzende [X.] am [X.] [X.]den Termin vom 29. Oktober 2021 im Hinblick auf die vom Kläger angebrachten [X.] aufgehoben. Die Akten sollten sodann dem wissenschaftlichen Mitarbeiter des [X.] vorgelegt werden. Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2022 hat der Kläger den Vorsitzenden [X.] am [X.] [X.]wegen [X.]esorgnis der [X.]efangenheit abgelehnt. Dieser habe mit der Verfügung gegen seine Wartepflicht verstoßen. Anders als bei der Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung handle es sich bei der weiteren Verfügung zur Vorlage der Akte an den wissenschaftlichen Mitarbeiter mit Sicherheit um keine Maßnahme, die zwingend erforderlich sei, um den Fortgang des Verfahrens zu gewährleisten.

7

Das Ablehnungsgesuch des [X.] vom 10. September 2021 ist mit [X.]eschluss vom 28. Februar 2022, dem Kläger zugestellt am 15. März 2022, teilweise als unzulässig verworfen und teilweise als unbegründet zurückgewiesen worden.

II.

8

Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden [X.] am [X.] [X.]wird als unzulässig verworfen. Im Übrigen sind die [X.] als unbegründet zurückzuweisen.

9

1. Gesetzlicher [X.] für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch sind die im Zeitpunkt der Entscheidung (nicht der Antragstellung) berufenen [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 12. Februar 1998 - 1 StR 588/97, [X.]St 44, 26, 28). Der [X.] entscheidet daher in der oben angegebenen [X.]esetzung, wobei [X.]in am [X.] [X.].       an die Stelle des abgelehnten [X.]s Prof. Dr. P.   tritt.

Vorsitzender [X.] am [X.] [X.]kann an der Entscheidung mitwirken, obwohl er von dem mit Schriftsatz vom 23. Februar 2022 gestellten Ablehnungsgesuch betroffen ist.Eine Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch wegen der [X.]esorgnis der [X.]efangenheit durch den abgelehnten [X.] selbst ist mit dem Recht auf den gesetzlichen [X.] gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar, sofern das Ablehnungsgesuch gänzlich untauglich oder rechtsmissbräuchlich ist.Eine völlige Ungeeignetheit des [X.] ist anzunehmen, [X.]n für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens selbst entbehrlich ist, weil das Ablehnungsgesuch für sich allein, das heißt ohne jede weitere Aktenkenntnis, offenkundig eine Ablehnung nicht zu begründen vermag ([X.], [X.]eschlüsse vom 20. August 2020 - 1 [X.]vR 793/19, juris Rn. 14 und vom 11. März 2013 - 1 [X.]vR 2853/11, juris Rn. 30).

Dies ist hier der Fall. Die wegen § 47 Abs. 1 ZPO gebotene Aufhebung eines Termins (vgl. [X.]/Voit/[X.], ZPO, 18. Aufl., § 47 Rn. 4 mwN) reicht offensichtlich nicht aus, um die [X.]esorgnis der [X.]efangenheit zu begründen. Dies gilt auch für die Verfügung, dass die Akten sodann dem wissenschaftlichen Mitarbeiter vorzulegen sind. Die reine Aktenverwaltung durch den abgelehnten [X.] ist unschädlich (vgl. [X.]/[X.], 6. Aufl., § 47 Rn. 5 mwN). Wenn der abgelehnte [X.] - wie in der Regel - nicht selbst an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch mitwirkt, ist es auch erforderlich, dass er verfügt, an [X.] die Akten vorgelegt werden sollen.

Da das Ablehnungsgesuch vom 10. September 2021 zurückgewiesen worden ist, steht zudem fest, dass die Verfügung vom 11. Oktober 2021 durch den verfassungsmäßig garantierten [X.] getroffen worden ist (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 8. November 2004 - [X.], [X.], 77, 78; [X.], [X.]eschluss vom 14. August 2007 - [X.] (PKH), juris Rn. 23).

Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden [X.] am [X.] [X.]ist daher als unzulässig zu verwerfen.

2. Über die übrigen [X.] kann in einem [X.]eschluss entschieden werden. Für zugleich gegen mehrere [X.] angebrachte [X.] ist eine einheitliche Entscheidung sachgerecht und daher veranlasst, [X.]n die Ablehnungsgründe zueinander in Verbindung stehen (vgl. [X.], NJW 2004, 2514, 2515). Ebenso kann über mehrere gegen einen [X.] vorgebrachte, noch nicht erledigte [X.] gleichzeitig entschieden werden (vgl. [X.], aaO). Hier decken sich die Ablehnungsgründe insoweit, als sie alle direkt oder indirekt damit zu tun haben, dass einige Mitglieder des [X.] bereits am [X.]eschluss vom 14. Januar 2019 beteiligt gewesen sind. Es ist insoweit von gleichzeitig angebrachten [X.]n auszugehen, als sich der Kläger im Schriftsatz vom 12. September 2021 ergänzend auch zu dem mit Schriftsatz vom 5. Juli 2021 angebrachten Ablehnungsgesuch zu Rechtsanwalt [X.]  geäußert und insoweit Ausführungen zum Rechtsschutzbedürfnis gemacht hat.

Soweit für den Fall, dass ein erkennender [X.] abgelehnt wird und danach der geschäftsplanmäßige Vertreter, der zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen den erkennenden [X.] berufen wäre, in der Regel über das zuletzt gestellte Ablehnungsgesuch vorab zu entscheiden ist (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 13. November 2008 - [X.]/08, juris Rn. 15 mwN), führt dies nicht dazu, dass hier zunächst über das Ablehnungsgesuch gegen Rechtsanwalt [X.]zu entscheiden wäre. Denn zum einen ist dieser sowohl als erkennender [X.] als auch als geschäftsplanmäßiger Vertreter von Rechtsanwalt [X.]  (jeweils zum damaligen Zeitpunkt) abgelehnt worden. Zum anderen liegt der [X.]und für eine gestaffelte Entscheidung darin, dass der geschäftsplanmäßige Vertreter in dem Fall, dass das Ablehnungsgesuch gegen ihn für unbegründet erklärt worden ist, wieder [X.]estandteil der [X.] sein kann, die über das Ablehnungsgesuch gegen den erkennenden [X.] zu entscheiden hat (vgl. [X.], Urteil vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, [X.]St 21, 334, 337 f.). Dies ist vorliegend jedoch ausgeschlossen, weil sich die [X.]esetzung geändert hat und Rechtsanwalt [X.] nicht mehr zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen Rechtsanwalt [X.]  berufen ist.

3. Nach der Geschäftsverteilung des [X.] sind die Präsidentin des [X.]s Li.     und Rechtsanwalt [X.]derzeit nicht zur Entscheidung über die [X.]erufung zuständig. Das Rechtsschutzbedürfnis für die vom Kläger angebrachten [X.] besteht insoweit ausnahmsweise fort, da aufgrund der Zuständigkeitsregelungen eine Mitwirkung an Entscheidungen im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht ausgeschlossen werden kann.

4. Die mit Schriftsatz des [X.] vom 5. Juli 2021 und vom 12. September 2021 abgelehnten [X.] Prof. Dr. P.  , Rechtsanwalt [X.]  und Rechtsanwalt [X.] sind wegen ihrer Mitwirkung am [X.]eschluss vom 14. Januar 2019 ([X.] ([X.]) 59/17, juris) weder ausgeschlossen noch befangen.

a) Gemäß § 112e Satz 2 [X.], § 125 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 1 VwGO, § 41 Nr. 6 ZPO ist ein [X.] von der Ausübung des [X.]amtes kraft Gesetzes ausgeschlossen in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten [X.]s handelt. Diese Vorschrift will verhindern, dass ein [X.] im Rechtsmittelzug seine eigene, in einer unteren Instanz getroffene Entscheidung überprüft (st. Rspr.; vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 13. August 2004 - 8 [X.]/04, juris Rn. 4 mwN; [X.], [X.]eschlüsse vom 31. Januar 2001 - [X.]/00, juris Rn. 9 mwN und vom 8. Oktober 2012 - [X.]/12, juris Rn. 14; vgl. auch [X.], NJW 1989, 25). Nicht von der Regelung erfasst ist hingegen die erneute Mitwirkung in derselben Instanz und sei es auch nach Zurückverweisung durch das Rechtsmittelgericht ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 13. August 2004, aaO; [X.], [X.]eschluss vom 18. Dezember 2014 - [X.], NJW-RR 2015, 444 Rn. 8 mwN; [X.]SG, [X.]eschlüsse vom 20. Oktober 1998 - [X.] S[X.]/98 [X.], juris Rn. 4 und vom 30. November 2006 - [X.]a [X.], juris Rn. 7). Wie sich aus § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO (der gemäß § 173 Satz 1 VwGO, § 155 Satz 1 FGO, § 202 Satz 1 SGG, § 72 Abs. 5 ArbGG in den jeweiligen Gerichtsbarkeiten gilt) ergibt, entscheidet nach Zurückverweisung der Sache ein anderer Spruchkörper nur, [X.]n das Rechtsmittelgericht eine diesbezügliche besondere Anordnung trifft. Dies zeigt, dass das geltende Verfahrensrecht von dem Gedanken geprägt ist, dass ein [X.] grundsätzlich auch dann unvoreingenommen an die [X.]eurteilung einer Sache herantritt, [X.]n er sich schon früher über denselben Sachverhalt ein Urteil gebildet hat ([X.], NJW 2001, 3533). Dies gilt auch für die hier einschlägige Norm zur Zurückverweisung im [X.]sgesetz. Das [X.] hat die Sache gemäß § 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 [X.]G an den [X.] zurückverwiesen. Auch § 95 Abs. 2 [X.]G lässt nur in Ausnahmefällen die Zurückverweisung an einen anderen Spruchkörper oder sogar an ein anderes Gericht zu (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 29. November 2005 - 1 [X.]vR 1542/05, juris Rn. 16). Das [X.] hat einen solchen Ausnahmefall vorliegend nicht angenommen. Dass die Aufhebung und Zurückverweisung nicht durch ein Rechtsmittelgericht, sondern durch das [X.] erfolgt ist, führt daher entgegen der Ansicht des [X.] nicht zur An[X.]dbarkeit von § 41 Nr. 6 ZPO.

b) Auch der Ablehnungsgrund nach § 112e Satz 2 [X.], § 125 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 1 VwGO, § 42 Abs. 2 ZPO ist nicht gegeben. Demnach findet die Ablehnung eines [X.]s wegen der [X.]esorgnis der [X.]efangenheit statt, [X.]n ein [X.]und vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des [X.]s zu rechtfertigen. Tatsächliche [X.]efangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich, da die Vorschriften über die [X.]efangenheit von [X.]n bezwecken, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität zu vermeiden ([X.], [X.]eschluss vom 6. Juli 2021 - [X.]/21, NJW-RR 2021, 1360 Rn. 14). Maßgeblich ist, ob aus der Sicht einer Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des [X.]s zu zweifeln. Dabei kommen nur objektive [X.]ünde in [X.]etracht, die aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit des [X.]s aufkommen lassen ([X.], [X.]eschluss vom 6. Juli 2021 - [X.]/21, aaO Rn. 15).

Allein der Umstand, dass es einem [X.] bei einer Zweitbefassung mit einem Sachverhalt zugemutet wird, sich von dessen früherer rechtlichen [X.]eurteilung zu lösen und den Fall neu zu durchdenken, reicht hierfür nicht aus ([X.], [X.]eschluss vom 18. Dezember 2014 - [X.], NJW-RR 2015, 444 Rn. 12). Denn dies würde über den Umweg des § 42 Abs. 2 ZPO zu einer erweiternden Auslegung von § 41 Nr. 6 ZPO führen, die durch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht geboten ist (vgl. [X.], NJW 2001, 3533; [X.], [X.]eschluss vom 18. Dezember 2014, aaO Rn. 10). [X.]esondere Umstände des Einzelfalls, die hier dennoch die [X.]esorgnis der [X.]efangenheit begründen könnten, hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht.

5. Die mit Schriftsatz vom 12. September 2021 abgelehnte Präsidentin des [X.]s Li.     ist nicht befangen. [X.]ei vernünftiger Würdigung aller Umstände diente die [X.]esetzungsmitteilung dazu, es den [X.]eteiligten zu ermöglichen, etwaige Ablehnungsgründe gegen die [X.] vorzubringen, die nach dem Geschäftsverteilungsplan gegen das Ablehnungsgesuch zu entscheiden haben. Die bloße Möglichkeit, dass auch Rechtsanwalt [X.]wegen Vorbefassung abgelehnt wird, führte noch nicht zu dessen Unzuständigkeit. Er war daher den [X.]eteiligten gegenüber als zur Entscheidung berufener [X.] zu benennen. Ein nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständiger [X.] muss seine Aufgabe als gesetzlicher [X.] wahrnehmen, es sei denn, er ist durch Krankheit, Urlaub oder einen anderen, dienstlichen [X.]und verhindert oder kraft Gesetzes, auf [X.]und einer Selbstablehnung oder infolge eines [X.] von der weiteren Ausübung des [X.]amts in der betreffenden Sache ausgeschlossen. Die bloße Ablehnungsmöglichkeit führt noch zu keiner unvorschriftsmäßigen [X.]esetzung des Gerichts ([X.], [X.]eschluss vom 20. November 2002 - I [X.]9/02, juris Rn. 13). Ein Ausschluss kraft Gesetzes lag - wie unter [X.] ausgeführt - nicht vor.

6. Die dienstliche Äußerung des [X.]s am [X.] Prof. Dr. P.   begründet keine [X.]esorgnis der [X.]efangenheit.

Nach § 44 Abs. 3 ZPO hat sich der abgelehnte [X.] über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern. Wie sich aus § 44 Abs. 2 ZPO ergibt, hat sich diese dienstliche Äußerung auf die Tatsachen zu beziehen, die der Antragsteller zur [X.]egründung seines [X.] vorgetragen hat ([X.], [X.]eschluss vom 28. März 2017 - [X.] (R) 1/15, juris Rn. 17). Stellen diese jedoch aktenkundige Vorgänge dar, ist eine dienstliche Erklärung sogar entbehrlich, weil sie unter diesen Umständen zur Sachaufklärung nichts beitragen kann ([X.], [X.]eschluss vom 20. September 2016 - [X.] ([X.]) 61/15, NJW-RR 2017, 189 Rn. 14; [X.]eschluss vom 2. November 2016 - [X.] ([X.]) 2/16, juris Rn. 17;[X.], [X.]eschluss vom 27. Dezember 2011 - V Z[X.] 175/11, [X.], 363 Rn. 2; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 29. November 2018 - 9 [X.] 26/18, juris Rn. 8 mwN; [X.], [X.]eschluss vom 27. März 1997 - XI [X.] 190/96, juris Rn. 23). Der Umstand, dass sich [X.] am [X.] Prof. Dr. P.   in seiner dienstlichen Äußerung auf einen Verweis auf die Verfahrensakte beschränkt und dies mit der Erklärung verbunden hat, er fühle sich nicht befangen, begründet vor diesem Hintergrund keine [X.]esorgnis der [X.]efangenheit.

[X.]upp     

      

[X.]üneberg     

      

Ettl   

      

Schmittmann     

      

Niggemeyer-Müller     

      

Meta

AnwZ (Brfg) 28/20

30.03.2022

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend BGH, 28. Februar 2022, Az: AnwZ (Brfg) 28/20, Beschluss

§ 112e S 2 BRAO, § 54 Abs 1 VwGO, § 125 Abs 1 S 1 VwGO, § 41 Nr 6 ZPO, § 563 Abs 1 S 2 ZPO, § 93c Abs 2 BVerfGG, § 95 Abs 2 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.03.2022, Az. AnwZ (Brfg) 28/20 (REWIS RS 2022, 3737)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3737

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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