Bundespatentgericht, Urteil vom 22.05.2019, Az. 6 Ni 7/17

6. Senat | REWIS RS 2019, 7025

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Elektrodynamischer Aktor" – zur Passivlegitimation bei Übertragung des Streitpatents nach Eingang einer Patentnichtigkeitsklage


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das [X.] Patent 10 2009 031 665

hat der 6. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. Mai 2019 unter Mitwirkung der Vorsitzenden [X.]in [X.] sowie der [X.] [X.], [X.], Dipl.-Phys. Univ. [X.]. [X.] und [X.] Dipl.-Phys. Univ. Dr. Haupt

für Recht erkannt:

1. Das [X.] Patent 10 2009 031 665 wird für nichtig erklärt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

1

Die Beklagte war am Tag des Eingangs der Nichtigkeitsklage beim [X.] am 11. Januar 2017 und noch bis zum 20. März 2017 eingetragene Inhaberin des aufgrund der Anmeldung vom 5. Juli 2009 erteilten Patents 10 2009 031 665 (Streitpatent).

2

Das Streitpatent ist infolge Übertragung am 20. März 2017 zunächst auf die [X.] ([X.]) GmbH und am 24. Juli 2017 auf die [X.] ([X.], L…) im [X.] umgeschrieben worden. Einer Übernahme des Verfahrens durch die [X.] als Beklagte hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 17. August 2017 nicht zugestimmt.

3

Das Streitpatent ist in [X.]. Es trägt die Bezeichnung

4

„Elektrodynamischer Aktor“

5

und umfasst in der erteilten Fassung zwei Patentansprüche, die mit der Nichtigkeitsklage in vollem Umfang angegriffen werden.

6

Der angegriffene unabhängige Patentanspruch 1 lautet:

7

Elektrodynamischer Aktor gekennzeichnet dadurch, dass auf einem [X.] mindestens eine Induktionsspule und eine bewegliche Kurschlusswindung [sic!] sich befinden, wobei die auf die bewegliche Kurzschlusswindung wirkende [X.] zur Verrichtung mechanischer Arbeit ausgenutzt wird und der [X.] derart ausgestaltet ist, dass während des Betriebes das Metall der Kurzschlusswindung ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird, wobei der elektrodynamische Aktor mit einem Hubmagneten derart kombiniert wird, dass eine Haltekraft erzeugt werden kann.

8

Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Streitpatent wegen des [X.] der mangelnden Patentfähigkeit, nämlich wegen mangelnder Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit, wegen des [X.] der mangelnden Offenbarung und auch wegen des [X.] der unzulässigen Erweiterung für nichtig zu erklären sei. Die Behauptung der mangelnden Patentfähigkeit stützt sie u. a. auf die Druckschriften (Nummerierung und Kurzzeichen nach Schriftsätzen der Klägerin):

9

K6 [X.] 197 22 013 C2

K14 Auszug aus dem Buch „Elektromagnete, Grundlagen Berechnung Konstruktion Anwendung“, Dr.-Ing. [X.], [X.] Stuttgart, 1994, Seiten 6 bis 9, 16 bis 19 und 76 bis 79.

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 10 2009 031 665 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie das Patent mit den [X.] in folgender Reihenfolge verteidigt:

Hilfsanträge 1 bis 6,

weiter hilfsweise Hilfsanträge 1 bis 6 in Verbindung mit Hilfsantrag I,

weiter hilfsweise Hilfsanträge 1 bis 6 in Verbindung mit Hilfsantrag II,

weiter hilfsweise Hilfsanträge 1 bis 6 in Verbindung mit Hilfsantrag [X.], und

weiter hilfsweise Hilfsantrag vom 22. Mai 2019.

Die jeweiligen Patentansprüche 1 gemäß den [X.] 1 bis 6 (vom 22. März 2019) haben folgenden Wortlaut:

Hilfsantrag 1

Elektrodynamischer Aktor gekennzeichnet dadurch, dass auf einem [X.] mindestens eine Induktionsspule und eine bewegliche Kurschlusswindung [sic!] sich befinden, wobei die auf die bewegliche Kurzschlusswindung wirkende [X.] zur Verrichtung mechanischer Arbeit ausgenutzt wird und der [X.] derart ausgestaltet ist, dass während des Betriebes das Metall der Kurzschlusswindung ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird, wobei die Kurzschlusswindung in einem Luftspalt des [X.]es angeordnet ist,

wobei der elektrodynamische Aktor mit einem Hubmagneten derart kombiniert wird, dass eine Haltekraft erzeugt werden kann.

Hilfsantrag 2

Elektrodynamischer Aktor gekennzeichnet dadurch, dass auf einem [X.] mindestens eine Induktionsspule und eine bewegliche Kurschlusswindung [sic!] sich befinden, wobei die auf die bewegliche Kurzschlusswindung wirkende [X.] zur Verrichtung mechanischer Arbeit ausgenutzt wird und der [X.] derart ausgestaltet ist, dass während des Betriebes das Metall der Kurzschlusswindung ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird, wobei die Kurzschlusswindung einen Luftspalt optimal füllt,

wobei der elektrodynamische Aktor mit einem Hubmagneten derart kombiniert wird, dass eine Haltekraft erzeugt werden kann.

Hilfsantrag 3

Elektrodynamischer Aktor gekennzeichnet dadurch, dass auf einem [X.] mindestens eine Induktionsspule und eine bewegliche Kurschlusswindung [sic!] sich befinden, wobei die auf die bewegliche Kurzschlusswindung wirkende [X.] zur Verrichtung mechanischer Arbeit ausgenutzt wird und der [X.] derart ausgestaltet ist, dass während des Betriebes das Metall der Kurzschlusswindung ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird, wobei der elektrodynamische Aktor mit einem Hubmagneten derart kombiniert wird, dass eine Haltekraft erzeugt werden kann, wobei die Haltekraft in derjenigen Richtung wirkt, in welcher auch die Lorenzkraft [sic!] auf die Kurzschlusswindung wirkt.

Hilfsantrag 4

Elektrodynamischer Aktor gekennzeichnet dadurch, dass auf einem [X.] mindestens eine Induktionsspule und eine bewegliche Kurschlusswindung [sic!] sich befinden, wobei die auf die bewegliche Kurzschlusswindung wirkende [X.] zur Verrichtung mechanischer Arbeit ausgenutzt wird und der [X.] derart ausgestaltet ist, dass während des Betriebes das Metall der Kurzschlusswindung ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird, wobei der elektrodynamische Aktor mit einem Hubmagneten derart kombiniert wird, dass eine Haltekraft erzeugt werden kann, wobei ein beweglich gelagertes Teil des [X.]es vorgesehen ist und die erzeugte Haltekraft über das beweglich gelagerte Teil des [X.]es auf die vom Aktor zu betätigende Mechanik ausgeübt wird.

Hilfsantrag 5

Verwendung eines elektrodynamischen Aktors für die Betätigung von [X.] oder die [X.]stoffeinspritzung in Dieselmotoren, wobei der elektrodynamische Aktor dadurch gekennzeichnet ist, dass auf einem [X.] mindestens eine Induktionsspule und eine bewegliche Kurschlusswindung [sic!] sich befinden, wobei die auf die bewegliche Kurzschlusswindung wirkende [X.] zur Verrichtung mechanischer Arbeit ausgenutzt wird und der [X.] derart ausgestaltet ist, dass während des Betriebes das Metall der Kurzschlusswindung ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird, wobei der elektrodynamische Aktor mit einem Hubmagneten derart kombiniert wird, dass eine Haltekraft erzeugt werden kann.

Hilfsantrag 6

Elektrodynamischer Aktor gekennzeichnet dadurch, dass auf einem [X.] mindestens eine Induktionsspule und eine bewegliche Kurschlusswindung [sic!] sich befinden, wobei die auf die bewegliche Kurzschlusswindung wirkende [X.] zur Verrichtung mechanischer Arbeit ausgenutzt wird wobei die [X.] vermittels einer axial angeordneten Stange von der Kurzschlusswindung auf die zu betätigende Mechanik übertragen wird, und wobei der [X.] derart ausgestaltet ist, dass während des Betriebes das Metall der Kurzschlusswindung ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird,

wobei der elektrodynamische Aktor mit einem Hubmagneten derart kombiniert wird, dass eine Haltekraft erzeugt werden kann.

Mit Hilfsantrag I vom 22. März 2019 soll in Absatz 0007 der Streitpatentschrift die Angabe „oder einer zusätzliche Vorrichtung“ gestrichen werden. Mit Hilfsantrag II vom 22. März 2019 soll im ersten Satz von Absatz 0010 der Streitpatentschrift die Angabe „Weitere Merkmale der vorliegenden Erfindung“ durch „Weitere Merkmale elektrodynamischer Aktoren ersetzt werden. Mit Hilfsantrag [X.] vom 22. März 2019 soll der Absatz 0010 der Streitpatentschrift gestrichen werden.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag vom 22. Mai 2019 lautet:

Elektrodynamischer Aktor gekennzeichnet dadurch, dass auf einem [X.] mindestens eine Induktionsspule und eine bewegliche Kurschlusswindung [sic!] sich befinden, wobei die auf die bewegliche Kurzschlusswindung wirkende [X.] zur Verrichtung mechanischer Arbeit ausgenutzt wird und der [X.] derart ausgestaltet ist, dass der radiale Fluss auf den [X.] konzentriert wird, so dass während des Betriebes das Metall der Kurzschlusswindung ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird, wobei der

elektrodynamische Aktor mit einem Hubmagneten derart kombiniert wird, dass eine Haltekraft erzeugt werden kann.

Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents wenigstens in einer der verteidigten Fassungen für schutzfähig. Zur Stützung ihres Vorbringens hat sie sich u. a. auf folgende Druckschrift berufen:

[X.] WO 2011/003547 A1

Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 7. Februar 2019 einen qualifizierten Hinweis zugeleitet, auf den Bezug genommen wird. In diesem Hinweis werden die Parteien insbesondere auf die möglichen Folgen verspäteten Vorbringens hingewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Klage ist begründet. Das Streitpatent ist für nichtig zu erklären, weil ihm in der erteilten Anspruchsfassung und in den Anspruchsfassungen nach den [X.] 5 und 6 der [X.] der mangelnden Patentfähigkeit (§ 22 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 und §§ 1 bis 5 [X.]), nach den [X.] 1, 3 sowie 4 der [X.] der unzulässigen Erweiterung (§ 22 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 [X.]) und nach Hilfsantrag 2 der [X.] der unvollständigen Offenbarung (§ 22 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) entgegensteht.

Diese Nichtigkeitsgründe stehen auch jeder der Fassungen nach den [X.] 1 bis 6 vom 22. März 2019 i. V. m. einem der [X.] bis [X.] vom 22. März 2019 entgegen.

Der in der mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2019 eingereichte Hilfsantrag ist nach § 83 Abs. 4 Satz 1 [X.] als verspätet zurückzuweisen.

1. Die Beklagte ist trotz der Übertragung des Patents als [X.] im Verfahren verblieben.

a) Nach § 81 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist die Klage gegen den im Register eingetragenen Inhaber zu richten. Das war vorliegend die Beklagte. Veräußerung und Umschreibung des Streitpatents während des [X.] haben auf die [X.]stellung nach § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. m. § 99 [X.] keinen Einfluss (Busse, [X.], 8. Aufl., § 81 Rn. 23 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

b) Die Beklagte ist auch befugt, das Streitpatent hilfsweise zu beschränken. Als frühere Rechtsinhaberin ist sie nach § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO berechtigt, diese im [X.] prozessualen Erklärungen abzugeben, weil sie damit zum Fortbestand des Patents in einem möglichst großen Umfang beiträgt, und zwar nur für den Fall, dass das Streitpatent in der bisherigen Fassung keinen Bestand hat. Denn die hilfsweise Einschränkung durch den prozessual legitimierten [X.]n ist – im Gegensatz zu einer mit Hauptantrag vorgenommenen Selbstbeschränkung – keine Verfügung über das Streitpatent in der erteilten Fassung. Der prozessual legitimierte [X.] ist deshalb befugt, einer drohenden Vollvernichtung des Streitpatents durch eine im Rahmen eines [X.] vorgenommene eingeschränkte Verteidigung des Patents entgegenzutreten, um zumindest einen Teilerhalt des Streitpatents zu sichern ([X.], Beschluss vom 29. September 2010, [X.]. [X.], Rn. 26 ff.; B[X.] München, Urteil vom 12. April 2012 – 2 Ni 32/11 (EP); Busse, [X.], 8. Aufl., § 59 Rn. 214).

2. Gegenstand des Streitpatents ist ein elektrodynamischer Aktor.

In der Einleitung der [X.] ist ausgeführt, dass [X.] und [X.] sowie der Aufbau des Thomsonschen Ringversuchs („[X.]") Stand der Technik und allgemein bekannt seien. Der [X.] werde im Schulunterricht gezeigt, um die [X.] Regel zu veranschaulichen (Absatz 0001). [X.] seien als schnelle Aktoren für Frequenzen bis zu mehreren 10 kHz einsetzbar. Sie seien jedoch inhärent fragile und aufwendige Konstruktionen. [X.] seien naturgemäß mechanisch stabiler als [X.], aber mechanisch und elektrisch vergleichsweise träge, also langsam. Hingegen seien [X.]n als Aktoren nicht gebräuchlich, da sie wegen ihres großen [X.] und anderen [X.] nur einen geringen Wirkungsgrad und schlechtes [X.] besäßen. Das schnelle Schalten der notwendigen großen Ströme sei technisch aufwendig, gleiches gelte für die Bereitstellung der zugehörigen großen elektrischen Leistungen (Absätze 0002 und 0003).

Die Aufgabe der Erfindung bestehe darin, einen elektrodynamischen Aktor zu finden, welcher mechanisch ähnlich robust wie ein [X.], gleichermaßen reaktionsschnell oder schneller wie eine Schwingspule sei und, wie eine [X.], eine kleine Selbstinduktion aufweise, aber im Gegensatz zu dieser nur ein geringes magnetisches Streufeld erzeuge, und welcher, auf sein Volumen bezogen, [X.] entfalten könne (Absatz 0005).

3. Der zur Lösung dieser Aufgabe berufene Fachmann ist ein Fachhochschul-Ingenieur der Elektrotechnik, der eine langjährige Berufserfahrung bei der Entwicklung von elektrodynamischen Aktoren hat.

4. Als Lösung schlägt das Streitpatent in der erteilten Fassung mit dem Anspruch 1 einen elektrodynamischen Aktor mit folgenden Merkmalen vor:

[X.] Elektrodynamischer Aktor

gekennzeichnet dadurch, dass

M2 auf einem [X.] mindestens eine Induktionsspule und eine bewegliche [X.] sich befinden,

[X.] wobei die auf die bewegliche [X.] wirkende Kraft zur Verrichtung mechanischer Arbeit ausgenutzt wird

[X.] und der [X.] derart ausgestaltet ist, dass während des Betriebes das Metall der [X.] ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird,

M5 wobei der elektrodynamische Aktor mit einem [X.]n derart kombiniert wird, dass eine Haltekraft erzeugt werden kann.

5. Der Fachmann versteht die erläuterungsbedürftigen Angaben in den angegriffenen Patentansprüchen wie folgt:

a) Ein [X.] (Merkmal M2) ist ein bis auf Luftspalte geschlossener Kreis aus ferromagnetischem Material. Die Luftspalte sind klein in Bezug auf die ferromagnetischen Abschnitte des [X.]es.

Nach dem Fachbuch „Elektromagnete Grundlagen Berechnung Konstruktion Anwendung“ (= [X.]) gibt es unterschiedliche Grundformen von [X.]en (Seite 7, Bild 1.3). Im Falle eines Elektromagneten besteht der [X.] aus dem Anker als dem beweglichen Teil, dem magnetischen Eisenrückschluss, der mit der [X.] gestellfest verbunden ist, sowie dem Arbeitsluftspalt, in dem die Magnetkraft erzeugt wird, und ggf. parasitären Luftspalten (Seite 7, Absatz 1).

b) Eine Induktionsspule oder eine [X.] befinden sich auf einem [X.] (Merkmal M2), falls sie irgendeinen ferromagnetischen Abschnitt des [X.]es oder den Arbeitsluftspalt umschließen oder im Arbeitsluftspalt angeordnet sind.

c) Die Anweisung, den [X.] derart auszugestalten, dass das Metall der [X.] ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird (Merkmal [X.]), ist eine Zielvorgabe, ohne dass die [X.] die Form dieses [X.]es beschreibt oder hierzu eine Zeichnung enthält. In der [X.] erfährt der Fachmann lediglich, dass die [X.], d. h. die Induktionsspule, mit einem [X.] anstelle eines einfachen weichmagnetischen Stabes ausgeführt werde und dass die Erfindung einer Schwingspule ähnele (Absatz 0007). Wie weit diese Ähnlichkeit gehen soll, bleibt unbestimmt.

Im Schriftsatz vom 22. März 2019, Seite 7 trägt die Beklagte vor, dass durch diese Erläuterungen in Absatz 0007 der [X.] die grundlegende Anordnung von Induktionsspule und [X.] zum [X.] bereits festgelegt sei, und zwar entsprechend der folgenden Zeichnung:

Abbildung

Zeichnung auf Seite 7 des Schriftsatzes der [X.] vom 22. März 2019 mit Hervorhebung des [X.]es (blau), der Induktionsspule (rot) und der [X.] (grün) durch den Senat (Diese Farbschema wird auch in allen nachfolgenden Figuren verwendet.)

Mit Schriftsatz vom 8. September 2017 führt die Beklagte die [X.] (= [X.]) in das Verfahren ein und trägt vor: „Diese [X.] entspricht über weite Teile dem Streitpatent und wurde lediglich um die im Streitpatent noch fehlenden, von der [X.] nachgelieferten Zeichnungen ergänzt.“

Abbildung

Figur 3 der Schrift [X.] mit Hervorhebung durch den Senat

Die Figur im Schriftsatz der [X.] vom 22. März 2019 und die Figuren in der Schrift [X.] zeigen unterschiedliche Ausgestaltungen des [X.]es und unterschiedliche Anordnungen von Induktionsspule und [X.]. Demnach gibt es also mehr als eine einzige Ausgestaltung des [X.]es, bei der das Metall der [X.] ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird.

Nach Überzeugung des Senats lässt sich jede beliebige Ausgestaltung eines [X.]es, bei der das Metall der [X.] ganz oder teilweise von einem radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird, durch technische Maßnahmen so verändern, dass das Metall der [X.] zumindest teilweise von einem noch dichteren radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird. Dies gilt auch für die vorstehenden von der [X.] in Bezug genommenen Ausgestaltungen des [X.]es. Die entsprechenden technischen Maßnahmen gehören zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns und sind beispielsweise: Verwendung eines Materials mit hoher magnetischer Permeabilität bzw. hoher Sättigungsmagnetisierung für den [X.], Einhaltung einer Mindest-Querschnittsfläche des [X.]es, Beseitigung scharfer Kanten des [X.]es zur Vermeidung von Streufeldern, Konzentration des magnetischen Flusses mittels Polschuhen o. ä. auf das Metall der [X.] usw.. Sie stellen nichts anderes als das übliche Handeln des Fachmanns dar, der mit möglichst geringem Aufwand eine maximale Wirkung erzielen möchte.

Der Fachmann versteht die Anweisung im Merkmal [X.] des Anspruchs 1 somit lediglich in dem Sinn, den [X.] derart auszugestalten, dass während des Betriebes das Metall der [X.] ganz oder teilweise von einem nicht näher bestimmten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird.

d) Der Zeitraum während des Betriebs (Merkmal [X.]) ist der Zeitraum, in dem der elektrodynamische Aktor betätigt wird, nämlich dann, wenn die auf die [X.] wirkende Kraft zur Verrichtung mechanischer Arbeit ausgenutzt wird (Merkmal [X.]). Im Ruhezustand des Aktors muss die Anweisung [X.] nicht erfüllt sein.

e) Ein [X.] (Merkmal M5) ist ein Elektromagnet, umfassend u. a. eine Spule, die bei [X.] ein magnetisches Feld erzeugt, welches auf ein ferromagnetisches bewegliches Bauteil, z. B. einen Anker, [X.] ausübt. Der Anspruch 1 gibt nicht vor, dass die mindestens eine Induktionsspule (Merkmal M2) das magnetische Feld des [X.]n erzeugt. Der Wortlaut des Anspruchs 1 lässt zudem offen, auf welches Bauteil des Aktors in welchem Betriebszustand die Haltekraft ausgeübt werden soll.

6. In der erteilten Fassung ist das Streitpatent für nichtig zu erklären, da ihm der [X.] der fehlenden Patentfähigkeit (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nummer 1 und § 3 [X.]) entgegensteht, weil dessen Gegenstand gegenüber dem Stand der Technik nach der Schrift [X.] (= [X.]) nicht neu ist.

Die Schrift [X.] beschreibt ein magneto-mechanisches Kraftsystem zur schlagartigen Betätigung von mechanischen und/oder elektrischen Einrichtungen durch einen Stromimpuls (Zusammenfassung). Im stromlosen Ruhezustand des [X.] liegt eine [X.] 15 durch die magnetische Anziehungskraft von [X.]n 4 mit ihrem äußeren Rand auf dem Rand 11 eines [X.]es 3 auf (Figur 1).

Abbildung

Figur 1 aus der Schrift [X.] mit Ergänzungen durch den Senat

Beim Einschalten einer Stromquelle bewirkt der in der [X.] 14 schnell ansteigende Strom zwei Effekte: der Magnetfluss 22 des [X.]n bzw. der [X.] 4 wird in einen [X.] verdrängt und in einem tellerförmigen Ring der [X.] 6 wird ein entgegengesetzter Strom induziert. Durch diese beiden Effekte wird die [X.] 15 mit dem daran befestigten Ring 16 aus Kupfer, Aluminium oder dergleichen schlagartig von dem [X.] 3 abgehoben und eine daran angeschlossene Einrichtung betätigt (Spalte 4, Zeilen 34 bis 49 und Figur 2).

Abbildung

Figur 2 aus der Schrift [X.] mit Ergänzungen durch den Senat

Eine [X.] kann als Druckfeder ausgebildet sein, so dass das Kraftsystem nach jeder Auslösung in der geöffneten Stellung gehalten wird, oder als Zugfeder, so dass das Kraftsystem nach jeder Auslösung wieder in seine Ausgangsstellung zurückgeführt wird (Spalte 4, Zeilen 23 bis 31).

Aus der Schrift [X.] ist dem Fachmann in Worten des erteilten Anspruchs 1 ausgedrückt, Folgendes bekannt geworden: ein

[X.] Elektrodynamischer Aktor,

(Spalte 2, Zeilen 15 bis 29;

Auf Grund der dort beschriebenen Wirkungsweise stellt das Kraftsystem einen elektrodynamischen Aktor dar.)

wobei

M2 auf einem [X.] 3, 4, 6 und 15 mindestens eine Induktionsspule 12 und eine bewegliche [X.] 16 sich befinden,

(Figur 1;

Die Anordnung von [X.] 3, [X.] 4, [X.] 6 und magnetisch haftender [X.] 15 bilden einen [X.].

Die Induktionsspule 12 und die [X.] 16 umschließen in der in Figur 1 dargestellten Hubausgangslage und auch am Anfang der Hubbewegung die [X.] 6 und somit einen Teil des [X.]es.)

[X.] wobei die auf die bewegliche [X.] [X.] zur Verrichtung mechanischer Arbeit ausgenutzt wird

(Zusammenfassung, letzter Satz;

Da die [X.] 6 mit dem [X.] 16 durch die sich addierenden Kräfte der [X.] und des Stromes schlagartig von dem [X.] 3 abgehoben und eine daran angeschlossene Einrichtung betätigt wird, verrichtet die auf den Ring [X.] Arbeit.)

[X.] und der [X.] derart ausgestaltet ist, dass während des Betriebes das Metall der [X.] ganz oder teilweise von einem radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird,

(Figuren 1 und 2 sowie Spalte 4, Zeilen 38 bis 49;

Figur 1 zeigt durch [X.] den magnetischen Fluss 22 der [X.] 4 in der stromlosen Hubausgangslage, Figur 2 zeigt den Fluss 22 der [X.] 4 in der [X.] nach Verdrängung in den [X.] auf Grund des Stromimpulses durch die [X.] 12.

Der Fachmann erkennt ohne Weiteres, dass, um von Zustand in Figur 1 zum Zustand in Figur 2 zu gelangen, der Ring 16 während des Stromimpulses durch die Spule 12 zeitweise radial vom magnetischen Fluss 22 der [X.] 4 und von dem diese verdrängenden radialen magnetischen Fluss der [X.] 12 durchsetzt wird.

Auf die vorstehenden Überlegungen zum Verständnis der Angaben „während des Betriebs“ und „möglichst dichter magnetischer Fluss“ wird verwiesen.

Beim Einschalten des Stromimpulses durch die [X.] 12 sind die Anweisungen gemäß Merkmal [X.] auch bei der Vorrichtung nach der Schrift [X.] erfüllt, denn in diesem Zeitraum wirkt auf Grund der Änderung des magnetischen Flusses [X.] auf den Ring 16, befindet sich also der Aktor im Betrieb.)

M5 wobei der elektrodynamische Aktor mit einem [X.]n 3, 6, 12 und 15 derart kombiniert wird, dass eine Haltekraft erzeugt werden kann.

(Figur 1;

Die Anordnung der beweglichen [X.] 15 auf dem magnetischen Eisenrückschluss 3 und 6, der mit [X.] 12 gestellfest verbunden ist, bildet zugleich einen Elektromagneten, vgl. die Definition im Fachbuch [X.], Seite 7, Absatz 1. Während des Stromimpulses durch die Spule 12 wird [X.] auf die [X.] 15 erzeugt.

Entgegen der Auffassung der [X.] fordert der Anspruch 1 nicht, dass die Haltekraft des [X.]n und die auf die [X.] wirkende Lorentzkraft dieselbe Richtung haben. Die Anweisung im erteilten Anspruch 2 kann nicht schon einschränkend im erteilten Anspruch 1 mitgelesen werden.)

Entgegen der Auffassung der [X.] kommt es nicht darauf an, dass sich möglicherweise andere Ausgestaltungen des [X.]es finden lassen, die einen noch dichteren radialen magnetischen Fluss im Metall der [X.] erzeugen, als der [X.] aus der Schrift [X.].

7. Die Verteidigung des Streitpatents durch die Hilfsanträge ist nicht erfolgreich.

a) In der Fassung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 vom 22. März 2019 würde das Patent über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen (§ 22 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 [X.]). Deshalb ist der Hilfsantrag 1 nicht zulässig.

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass nach dem Merkmal [X.] das folgende Merkmal eingefügt ist:

M2a wobei die [X.] in einem Luftspalt des [X.]es angeordnet ist.

Ein Luftspalt ist für den Fachmann der Bereich des Raums, in dem der Kreis aus ferromagnetischen Material unterbrochen ist. Der Fachmann unterscheidet zwischen dem funktionsrelevanten Arbeitsluftspalt, in dem elektromagnetische Kraftwirkungen zur Verrichtung von Arbeit genutzt werden, und parasitären Luftspalten ([X.], Seite 7, Absatz 1 und Bild 1.3). Der im Merkmal M2a des Anspruchs 1 genannte Luftspalt ist auf Grund der Anweisung in den Merkmalen [X.] und [X.] ein Arbeitsluftspalt.

Die Anweisung im Merkmal M2a ist den ursprünglichen Unterlagen nicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend zu entnehmen.

In der Beschreibung vom Anmeldetag ist zwar in Bezug auf die aus dem Stand der Technik allgemein bekannte Schwingspule angegeben, dass die Verwendung eines robusten Spulenkörpers die Vorzüge der Schwingspule mindere, da einerseits passive Masse beschleunigt werden müsse, und andererseits der Kupferfüllgrad des [X.] sinke. Zum Erreichen eines besonders hohen Kupferfüllgrades sei außerdem kostenintensiver Draht mit rechteckigem Querschnitt erforderlich (Seite 1, Absatz 2). Die [X.] des erfindungsgemäßen Aktors sei hingegen mechanisch weitaus widerstandsfähiger als eine Schwingspule, erfordere einen viel geringeren Fertigungsaufwand und ermögliche eine optimale Füllung des Luftspalts. Die [X.] bewirke außerdem eine geringe Selbstinduktion des elektrodynamischen Aktors (Seite 2, Absatz 1).

Der Fachmann entnimmt dem beschriebenen Nachteil herkömmlicher [X.], dass der Kupferfüllgrad des [X.] sinke, gerade nicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend eine beliebige Anordnung der [X.] im Luftspalt – etwa mit niedrigem Kupferfüllgrad.

Auch aus dem angegebenen Vorteil der Erfindung, eine optimale Füllung des Luftspalts zu ermöglichen, entnimmt der Fachmann nicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend eine beliebige – nicht optimale – Anordnung der [X.] im Luftspalt.

Die Anweisung im Merkmal M2a, wonach die [X.] in einem Luftspalt des [X.]es angeordnet ist, ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die ursprungsoffenbarte Anweisung, dass die [X.] den Luftspalt optimal füllt. Die Anweisung im Merkmal M2a stellt vielmehr ein Aliud der Ursprungsoffenbarung dar.

b) In der Fassung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 vom 22. März 2019 würde das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nummer 2 [X.]). Deshalb ist der Hilfsantrag 2 unzulässig.

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass nach dem Merkmal [X.] das folgende Merkmal eingefügt ist:

[X.] wobei die [X.] einen Luftspalt optimal füllt.

Die Begriffe „Füllgrad“ oder „Füllfaktor“ sind im Bereich der Spulenwicklungstechnik gebräuchlich und werden dort als Verhältnis der der effektiven Querschnittsfläche der in einem Wicklungsfenster befindlichen Kupferleiter zur theoretisch maximalen Querschnittsfläche dieses Wickelfensters verstanden. Bei der Wicklung von Spulen strebt der Fachmann an, dass der Kupferfüllgrad des Wicklungsfensters möglichst hoch ist. Von diesem fachmännischen Verständnis scheint auch das Streitpatent auszugehen, denn in der [X.] ist ausgeführt, dass zum Erreichen eines besonders hohen Kupferfüllgrades außerdem kostenintensiver Draht mit rechteckigem Querschnitt erforderlich sei ([X.], Absatz 0002).

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte hingegen sinngemäß vorgetragen, dass unter einer optimalen Füllung des [X.] im Sinne des Merkmals [X.] gerade nicht zu verstehen sei, dass die [X.] den Luftspalt möglichst vollständig fülle. Vielmehr sei die Füllung des [X.] in Hinblick auf die erzielbare Kraftwirkung (Merkmal [X.]) dann optimal, falls der Luftspalt nur hinsichtlich seiner radialen Ausdehnung möglichst vollständig durch die [X.] ausgefüllt sei. Die axiale Ausdehnung des [X.] dürfe dagegen von der [X.] nicht vollständig ausgefüllt sein. Die Angaben radiale/axiale Ausdehnung des [X.] beziehen sich dabei auf die durch die [X.] definierte axiale/radiale Richtung im Raum. Ein möglichst hoher Kupferfüllfaktor führe also gerade nicht zu einer optimalen Füllung des [X.] durch die [X.].

Abbildung Abbildung

Die technischen Maßnahmen, die nach Auffassung der Patentinhaberin zu einer optimalen Füllung des [X.] führen, sind keiner Stelle der Patentschrift entnehmbar und gehören auch nicht zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns.

Es mag zwar zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns gehören, dass der in einen elektrischen Leiter eindringende magnetische Fluss aufgrund der hohen Leitfähigkeit des Materials schon vor dem Erreichen des [X.] weitgehend gedämpft wird und die Stromdichte im Inneren eines Leiters niedriger ist als in den äußeren Bereichen (Skin-Effekt). Das von der Patentinhaberin vorgetragene Verständnis, wie die [X.] zu dimensionieren sei, damit diese den Luftspalt optimal füllt, setzt jedoch Kenntnisse über das zeitliche und räumliche Ausbreitungsverhalten des elektromagnetischen Feldes auf einem [X.], insbesondere in der streitpatentgemäßen [X.], beim Einschalten der Induktionsspule voraus, die nicht zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns gehören.

Der Fachmann kann der Patentschrift somit keine Angaben darüber entnehmen, in welcher Hinsicht er die Füllung des [X.] optimieren soll und durch welche konkreten Maßnahmen er diese erwünschte Eigenschaft erreichen kann.

c) In der Fassung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 vom 22. März 2019 geht der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs.1 Nummer 4 [X.]).

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass am Ende des Anspruchs das folgende Merkmal angefügt ist:

M5a wobei die Haltekraft in derjenigen Richtung wirkt, in welcher auch die Lorenzkraft [sic!] auf die [X.] wirkt.

Die Lorentzkraft ist für den Fachmann die mechanische Kraftwirkung auf die [X.], die auf Grund einer Änderung des magnetischen Flusses durch das Metall der [X.] entsteht (Merkmal [X.]). Die Änderung des magnetischen Flusses induziert eine Spannung in der [X.], so dass der dadurch fließende Strom ein Magnetfeld erzeugt, welches der Änderung des magnetischen Flusses entgegenwirkt ([X.] Regel). Die Haltekraft ist für den Fachmann die vom [X.]n erzeugte Kraftwirkung (Merkmal M5) auf ein nicht näher bestimmtes ferromagnetisches Bauteil des Aktors.

Die Beklagte sieht die Anweisung im Merkmal M5a durch den Anspruch 13 vom Anmeldetag gestützt.

Aus dem ursprünglichen Anspruch 13 wurden jedoch zahlreiche Anweisung in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 nicht aufgenommen. Nicht aufgenommen wurde die Anweisung, dass der [X.] ein beweglich gelagertes Teil umfasst, die Anweisung, dass die bewegliche [X.] starr mit diesem beweglich gelagerten Teil des [X.]es verbunden ist, sowie die Anweisung, dass [X.] über das beweglich gelagerte Teil des [X.]es auf die vom Aktor zu betätigende Mechanik ausgeübt wird. Insbesondere wurde auch nicht die Anweisung aus dem ursprünglichen Anspruch 13 übernommen, wonach der [X.] im Ausgangszustand eine Verjüngung des Querschnitts besitzt, welche durch Bewegung des beweglich gelagerten Teils des [X.]es in derjenigen Richtung, in welcher die Lorentzkraft auf die Kurschlusswindung wirkt, verringert oder vernichtet wird.

Damit wurde das ursprungsoffenbarte [X.], nämlich die Verjüngung des Querschnitts des [X.]es im Ausgangszustand, welches im Zusammenhang mit den anderen Merkmalen im Anspruch 1 erst zu der Wirkung führt, dass Lorentz- und Haltekraft in dieselbe Richtung zeigen, nicht in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 aufgenommen.

Die Anweisung im Merkmal M5a führt zu einer Verallgemeinerung, denn der mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 beanspruchte Gegenstand umfasst nicht nur Aktoren mit einer Verjüngung des Querschnitts des [X.]es im Ausgangszustand, sondern auch Aktoren mit einer davon abweichenden Form des [X.]es.

Der Fachmann konnte den ursprünglichen Unterlagen nicht entnehmen, dass Aktoren mit in gleicher Richtung wirkender Halte- und Lorentzkraft, aber ohne eine Verjüngung des Querschnitts des [X.]es unter Schutz gestellt werden könnten. Deshalb ist der Hilfsantrag 3 unzulässig.

d) In der Fassung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 vom 22. März 2019 geht der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (§ 22 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 [X.]).

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass am Ende des Anspruchs die folgenden Merkmale angefügt sind:

M6a wobei ein beweglich gelagertes Teil des [X.]es vorgesehen ist

M9a und die erzeugte Haltekraft über das beweglich gelagerte Teil des [X.]es auf die vom Aktor zu betätigende Mechanik ausgeübt wird.

Auch der Hilfsantrag 4 würde zu einer Verallgemeinerung führen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen nicht entnommen hat, denn auch in dieser Fassung wurden nicht alle Anweisungen aus dem ursprünglichen Anspruch 13, die in einem Ursache-Wirkungs-Zusammenhang stehen, in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 aufgenommen. Die vorstehenden zum Hilfsantrag 3 genannten Gründe gelten sinngemäß.

Deshalb ist der Hilfsantrag 4 unzulässig.

e) Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 vom 22. März 2019 ist nicht patentfähig (§ 22 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 [X.], §§ 1 bis 5 [X.]); denn er beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 [X.]).

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass das Merkmal [X.] wie folgt gefasst ist:

[X.]a Verwendung eines elektrodynamischen Aktors für die Betätigung von [X.] oder [X.]stoffeinspritzung in Dieselmotoren

Aus der Schrift [X.] ist bekannt, die

[X.]aTeil Verwendung eines elektrodynamischen Aktors für die Betätigung von elektrischen Einrichtungen, insbesondere Sicherheitsschaltern,

(Zusammenfassung: Magneto-mechanisches Kraftsystem, insbesondere zur schlagartigen Betätigung von mechanischen und/oder elektrischen Einrichtungen;

Spalte 1, Zeile 5; Spalte 2, Zeile 11: zur schnellen Betätigung; Spalte 2, Zeile 13: von elektrischen Sicherheitsschaltern; Spalte 3, Zeilen 20 und 21: Sicherheitsschalter, die schnell ansprechen sollen.)

In der Schrift [X.] ist zwar kein Spannungsbereich genannt, da es jedoch gerade beim Schalten hoher Spannung und/oder hoher Ströme entscheidend darauf ankommt, innerhalb möglichst kurzer Zeit eine möglichst große Trennstrecke zu schaffen, zieht der Fachmann auf der Suche eines für einen Hochspannungsschalter geeigneten schnellen Betätigungssystem auch den aus den Schrift [X.] bekannten elektrodynamische Aktor in Betracht.

f) Auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 6 vom 22. März 2019 ist nicht patentfähig (§ 22 Abs. 1 [X.] i.V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 [X.], §§ 1 bis 5 [X.]), weil er nicht als neu gilt (§ 3 [X.]).

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 6 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass nach dem Merkmal [X.] das folgende Merkmal eingefügt ist:

M9b wobei [X.] vermittels einer axial angeordneten Stange von der [X.] auf die zu betätigende Mechanik übertragen wird:

Aus der Schrift [X.] ist es bekannt, dass

M9b [X.] vermittels einer axial angeordneten Stange 17 von der [X.] 16 auf die zu betätigende Mechanik übertragen wird.

(Zusammenfassung: eine magnetisch haftende [X.] (15) aufliegt, die selbst oder mittels eines daran befestigten [X.] (17) und einer Feder (19) zur Betätigung einer angeschlossenen Einrichtung dient;

Figuren 1 und 2, Bezugszeichen 17)

g) Auch jeder der Fassungen des Patents nach den [X.] 1 bis 6 vom 22. März 2019 i. V. m. einem der [X.] bis [X.] vom 22. März 2019 stehen die vorstehend genannten Nichtigkeitsgründe entgegen.

Die Änderung der Beschreibung gemäß einem der [X.] bis [X.] kann in Verbindung mit den [X.] 1 bis 6 die dort festgestellten Nichtigkeitsgründe nicht beseitigen.

8. Der in der mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2019 eingereichte Hilfsantrag ist nach § 83 Abs. 4 Satz 1 [X.] als verspätet zurückzuweisen.

8.1 Gemäß § 83 Abs. 4 Satz 1 [X.] kann das Patentgericht eine Verteidigung des [X.] mit einer geänderten Fassung des Patents zurückweisen und bei seiner Entscheidung unberücksichtigt lassen, wenn dieses Vorbringen nach Ablauf der hierfür nach § 83 Abs. 2 [X.] gesetzten Frist erfolgt ist und die weiteren Voraussetzungen des § 83 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 [X.] erfüllt sind.

a) Mit qualifiziertem Hinweis vom 7. Februar 2019 wurde der [X.] Gelegenheit gegeben, bis zum 22. März 2019 zu diesem durch sachdienliche Anträge oder Ergänzung ihres Vorbringens und auch im Übrigen abschließend Stellung zu nehmen.

Die Verteidigung des Streitpatents nach dem Hilfsantrag vom 22. Mai 2019 ist erst in der mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2019 und damit nach der nach § 83 Abs. 2 [X.] gesetzten Frist erfolgt.

b) Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag vom 22. Mai 2019 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass das Merkmal [X.] wie folgt gefasst ist:

[X.]a und der [X.] derart ausgestaltet ist, dass der radiale Fluss auf den Hubbereich der beweglichen [X.] konzentriert wird, so dass während des Betriebes das Metall der [X.] ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt wird.

c) Eine Berücksichtigung dieses [X.] hätte eine Vertagung der bereits begonnenen mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht (§ 83 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 [X.]),

denn der Klägerin hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, nach einschlägigem Stand der Technik bezüglich des [X.] zu recherchieren. Die für eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem fraglichen Hilfsantrag erforderliche Zeit konnte der Klägerin nicht etwa durch eine Unterbrechung der mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2019 in ausreichender Weise zur Verfügung gestellt werden ([X.], Urteil vom 13. Januar 2004, [X.], [X.], juris, Rn. 28 m. w. N.).

Zur Gewährung des rechtlichen Gehörs und eines insoweit prozessordnungsgemäßen Verfahrens hätte die mündliche Verhandlung vielmehr vertagt werden müssen ([X.], [X.], a. a. [X.], Rn. 27 m. w. N.).

Erhebliche Gründe im Sinne von § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 227 Abs. 1 ZPO, die eine Vertagung der mündlichen Verhandlung erfordern, sind regelmäßig solche, die den Anspruch auf rechtliches Gehör einer oder mehrerer [X.]en berühren und die gerade auch zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erfordern. So lag es hier aus den geschilderten Gründen.

d) Die Versäumung der Frist ist durch die Beklagte nicht genügend entschuldigt worden (§ 83 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 [X.]).

Die Beklagte hat sinngemäß erklärt, der zusätzliche Hilfsantrag sei eine Reaktion auf den Verlauf der mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2019, bei der erstmals erkennbar geworden sei, dass die im Merkmal [X.] des erteilten Anspruchs 1 genannte Wirkung, dass das Metall der [X.] ganz oder teilweise von einem möglichst dichten radialen magnetischen Fluss durchsetzt werde, durch eine bestimmte technische Maßnahme als Ursache präzisiert werden müsse, nämlich dadurch, dass der radiale Fluss auf den Hubbereich der beweglichen [X.] konzentriert werde.

Die Frage, durch welche technischen Maßnahmen die im erteilten Anspruch, Merkmal [X.] angegebene Wirkung erreicht werde, ist jedoch bereits im gerichtlichen Hinweis thematisiert worden. Dort ist etwa auf Seite 5, Absatz 3 ausgeführt: „Die [X.] nennt kein Entscheidungskriterium, anhand dessen der Fachmann einen möglichst dichten radialen magnetischen Fluss von einem nicht möglichst dichten radialen magnetischen Fluss unterscheiden soll. Sollte damit gemeint sein, dass der durch die Induktionsspule (Merkmale M2) erzeugte axiale magnetische Fluss möglichst vollständig in einen radialen umgelenkt werden soll, wäre zu diskutieren, aufgrund welcher Wirkungszusammenhänge in der [X.] ein elektrischer Strom zu erwarten ist, der aufgrund der erwünschten Kraftwirkung (Merkmal [X.]) mit dem radialen Fluss zusammenwirken soll.“ Insbesondere ist im gerichtlichen Hinweis auf Seite 5, Absatz 1, Seite 7, letzter Absatz und Seite 8, Absatz 5 die Konzentration des radialen Flusses mittels Polschuhen auf den Hubbereich der beweglichen [X.] angesprochen worden.

Damit war für die Beklagte nicht erst in der mündlichen Verhandlung erkennbar, dass es auf die technischen Maßnahmen ankommen kann, die die im Merkmal [X.] genannte Wirkung verursachen.

e) Die Patentinhaberin ist in dem qualifizierten Hinweis vom 7. Februar 2019 über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden.

8.2 Auch die Gewährung einer Schriftsatzfrist (§ 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 283 ZPO) hätte eine Vertagung nicht ersetzen können, da diese nur eine (einseitige) Äußerung durch die Klägerin und nicht eine sich daran anschließende Rückäußerung der [X.] (beispielsweise zu einem im Hinblick auf den Hilfsantrag neu eingeführten Stand der Technik) ermöglicht (B[X.], Urteil vom 16. Oktober 2012, 3 Ni 11/11 (EP), beschichtetes Schneidwerkzeug, juris, Rn. 67).

8.3 Der Senat übt das ihm nach § 83 Abs. 4 Satz 1 [X.] eingeräumte Ermessen durch Zurückweisung der Verteidigung des Streitpatents nach Maßgabe des zusätzlich erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellten [X.] aus.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. §§ 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

6 Ni 7/17

22.05.2019

Bundespatentgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

nachgehend BGH, 9. September 2021, Az: X ZR 86/19, Urteil

§ 81 Abs 1 S 2 PatG, § 265 Abs 2 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 22.05.2019, Az. 6 Ni 7/17 (REWIS RS 2019, 7025)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7025

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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