Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2014, Az. 4 StR 479/13

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 7222

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4
StR 479/13

vom
11. März
2014
in der Strafsache
gegen

wegen
Beihilfe zum Betrug

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des [X.] und des Angeklagten
am 11.
März
2014
gemäß §
46 Abs.
1, §
349 Abs.
2 und 4, §
354 Abs.
1
StPO
beschlossen:

1.
Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag gegen die [X.] der Frist zur Anbringung der in der [X.] vom 22.
Juli 2013 erhobenen [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Der Angeklagte trägt die Kosten der Wiedereinsetzung.
2.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 18.
März 2013 aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall
II.
2 der Urteilsgründe wegen versuchten Betrugs verurteilt worden ist.
Insoweit wird der Angeklagte auf Kosten der Staatskasse, die auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tra-gen hat, freigesprochen; die Feststellung, dass Ansprüche Verletzter einer Verfallsanordnung in Höhe von 5.725,60

entgegenstehen, entfällt.
3.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verwor-fen.
Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
4.
Es wird klargestellt, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zum Betrug zu der Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt ist.
-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Betrugs und Beihilfe zum Betrug zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt sowie eine Feststellung nach §
111i Abs.
2 StPO getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner

nach Gewährung von Wiedereinsetzung zur Anbringung formgerechter Verfahrensrügen

auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt mit der Sachrüge den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg;
im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1.
Nach den Feststellungen zu Fall
II.
2
der Urteilsgründe erhielt der An-geklagte vor dem Spiel der [X.] zwischen SV
K.

und SK
R.

, das am Abend des 23.
September 2009 in K.

stattfaCafé

in B.

von unbekann-

Tipp. Danach hätten Spieler der Heimmannschaft zugesagt, durch unsportliche Spielzurückhaltung auf eine Niederlage des eigenen Vereins mit mindestens zwei Toren Unterschied hinzuwirken. Ob die Begegnung tat-sächlich manipuliert war, konnte das [X.] nicht feststellen. Der Ange-Tipp

zwar nicht als sicher ein, allerdings hielt er eine Manipu-lation für möglich. Er wettete bei dem auf [X.] registrierten Buchmacher d.

im Rahmen von Kombinationswetten
mit zwei Wettscheinen auf einen
Sieg von SK
R.

. Den Umstand, dass er mit einer Manipulation rechne-
te, hielt er vor den Mitarbeitern der Wettbörse geheim. Da das Spiel mit einem 0:1
-
Auswärtssieg von SK
R.

endete, gewann der Angeklagte einen
höheren Geldbetrag.

1
2
-
4
-
2.
Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Betrugs begeg-net durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a)
Das [X.] hat sich hierzu in der rechtlichen Würdigung wie folgt verhalten:

Wetten auf zum eigenen Vorteil manipulierte [X.] erfüllen [X.] insoweit, als Wettgewinne ausgezahlt werden, den Tatbestand des Betruges zum Nachteil des Wettanbieters, §
263 Abs.
1 StGB ([X.], [X.], 234). Dem zum eigenen Vorteil manipulierten Spiel steht der Fall,
dass der [X.] sein Insiderwissen über eine Manipulation Drit-r-meintlich manipulierte Spiel zwischen SV
K.

und SK
R.

(Fall
2) sind als

untauglicher

Betrugsversuch zu werten (§
263
Abs.
1 und 2, §§
22, 23 Abs.
1 StGB).

b)
Entgegen der Auffassung des [X.]s tragen seine Feststellun-gen nicht die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Betrugs. Denn der Angeklagte hat nicht nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung dieses Tatbestands unmittelbar angesetzt (§§
22, 23 Abs.
1, §
263 Abs.
1 und 2 StGB). Ihm fehlte der Vorsatz, die Mitarbeiter des Wettbüros zu täuschen.
aa)
Der [X.] hat bereits wiederholt entschieden, dass ein Wettteilnehmer, der den Gegenstand des Wettvertrags zu seinen Gunsten [X.], einen Betrug begeht, wenn er diesen Umstand bei Abschluss des [X.] verschweigt: Dem [X.]angebot könne die stillschweigende Erklä-rung entnommen werden, der Wetter selbst habe die Geschäftsgrundlage der 3
4
5
6
-
5
-
Wette nicht durch eine rechtswidrige Manipulation verändert; in dem [X.] der Manipulation liege eine Täuschung durch schlüssiges Handeln ([X.], Urteile vom 19.
Dezember 1979

3
StR
313/79, [X.]St 29, 165, 167
f.; vom 15.
Dezember 2006

5
StR
181/06, [X.]St 51, 165, 169, 171
f.; vom 20.
Dezember 2012

4
StR
55/12, [X.]St 58, 102, 106
f.; vom 20.
Dezember 2012

4
StR
125/12, [X.], 186, 187; Beschluss vom 20.
Dezember 2012

4
StR
580/11, [X.]R StGB §
263a Anwendungsbereich
3). Diese Aus-legung beruht auf einer Bewertung des konkret zu beurteilenden Geschäftstyps und der dabei typischen Pflichten-
und Risikoverteilung zwischen den Partnern (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
September 2001

5
StR
318/01, [X.]R StGB §
263 Abs.
1 Täuschung
22). Bei der Sportwette, einer Unterform des wesent-lich durch Zufall bestimmten Glücksspiels (vgl. [X.], Urteil vom 28.
November 2002

4
StR
260/02, [X.]R StGB §
284 Abs.
1 Glücksspiel
4; [X.]/
[X.], [X.], 249, 251 mwN), ist Gegenstand des [X.] das in der Zukunft stattfindende und von den Sportwettenteilnehmern nicht beein-flussbare (vgl. [X.], Risiko als
[X.]gegenstand, 1994, S.
471) [X.]. Auf diesen [X.]gegenstand nimmt jede der Parteien bei Abgabe und Annahme des Wettscheins Bezug ([X.], Urteile vom 19.
Dezember 1979 und vom 15.
Dezember 2006, [X.]. aaO).
bb)
So liegt der Fall hier jedoch nicht: Das [X.] hat nicht festzu-stellen vermocht, ob das Spiel überhaupt manipuliert worden war. Der Ange-klagte hatte jedenfalls an einer etwaigen Beeinflussung des [X.]

-
und sonstigen Sportwetten interessiertes Publi-
kum verkehrte, zugetragen worden. Er ging bei seinem Wettverhalten nicht von einer mit Sicherheit zutreffenden Information aus. Das Verhalten des Angeklag-ten ist daher lediglich als der Versuch einer straflosen Ausnutzung eines
7
-
6
-

wirklichen oder vermeintlichen

Informationsvorsprungs zu bewerten. Dies ist kein Eingriff in das Wettereignis selbst, in dessen Geschäftsgrundlage; viel-mehr gehört die Nutzung solcher Informationsvorsprünge zum allgemeinen und daher straflosen Geschäftsrisiko bei Wetten ([X.]/[X.]/[X.], [X.], 361, 364; [X.], Jura 2007, 445, 450
f.). Der Angeklagte akzeptierte bei seinem Vorgehen die für Wetten typische Unsicherheit und überschritt nicht die identitätswesentlichen Merkmale einer Wette (Kubiciel, [X.] 2007, 68, 70
f.; a.[X.], [X.] 2007,
103, 105). Wie es sich verhält, wenn der [X.] die sichere Information erhält, dass das Spiel manipuliert ist, bedarf hier keiner Entscheidung.
Dieser Begründung steht das Urteil des 5.
Strafsenats vom 15.
Dezem-ber 2006 (5
StR
181/06, [X.]St 51, 165,
172) nicht entgegen. In dieser Ent-scheidung hat der [X.] die straffreie Nutzung von [X.] nicht auf solche aus allgemein zugänglichen Quellen beschränkt (missverständlich insoweit [X.]/[X.]/[X.], [X.], 361, 364).
cc)
Mangels einer Garantenstellung hat sich der Angeklagte auch nicht wegen versuchten Betrugs durch Unterlassen strafbar gemacht (vgl. [X.], Ur-teil vom 20.
Juni 1961

5
StR
184/61, [X.]St 16, 120, 122; Schlösser, NStZ 2005, 423, 426
f.).
3.
Da in
einer neuen tatrichterlichen Hauptverhandlung keine weiter
ge-henden Feststellungen zu erwarten sind, hat der Senat den Angeklagten aus Rechtsgründen freigesprochen und die auf den in Fall
II.
2 der Urteilsgründe erzielten Erlös gestützte Feststellung nach
§
111i Abs.
2 StPO entfallen lassen (§
354 Abs.
1 StPO).
8
9
10
-
7
-
Er hat die verbleibende Verurteilung des Angeklagten im Tenor klarge-stellt.
4.
Ob hinsichtlich der die Freiheitsstrafe von vier Monaten übersteigen-den Dauer der Untersuchungshaft eine Entscheidung nach §
8 Abs.
1 Satz
2 StrEG erforderlich ist (vgl. hierzu [X.], §
8 StrEG Rn.
6 mwN), wird das [X.] zu entscheiden haben (vgl. auch [X.], Beschluss vom 23.
Juli 1998

4
StR
261/98).
Mutzbauer
Roggenbuck
Cierniak

Bender
Quentin
11
12

Meta

4 StR 479/13

11.03.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2014, Az. 4 StR 479/13 (REWIS RS 2014, 7222)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7222

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 479/13

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