Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.01.2019, Az. 20 W (pat) 1/17

20. Senat | REWIS RS 2019, 11880

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Gegenstand

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – "Widerruf der Beschwerderücknahme" – Beschwerderücknahme und deren Widerruf werden im genauen Zeitpunkt (Uhrzeit) ihrer Vornahme wirksam – Eingangszeitpunkt beim BPatG - Darlegungs- und Beweislast des Beschwerdeführers                   BR-01-02-02-02 Zugang                                                      


Leitsatz

Widerruf der Beschwerderücknahme

Der Umstand, dass ein Widerruf der Beschwerderücknahme am selben Tag wie die Beschwerderücknahme beim Bundespatentgericht eingeht, genügt noch nicht, um die beiden Erklärungen als gleichzeitig zugegangen im Sinne von § 130 Abs. 1 S. 2 BGB analog anzusehen mit der Folge, dass die Beschwerderücknahme nicht wirksam geworden wäre. Denn Prozess- oder Verfahrenshandlungen, wie die Beschwerderücknahme und deren Widerruf, werden unmittelbar im genauen Zeitpunkt (Uhrzeit) ihrer Vornahme wirksam (vgl. BPatG Beschluss vom 16.01.1980 – 5 W (pat) 13/79 –, BPatGE 33, 200, 202f.; Schulte, PatG, 10. Aufl., Einl. Rn. 67). Die Beschwerdeführerin hatte vorliegend darzulegen und zu beweisen, dass der Widerruf der Uhrzeit nach zeitlich vor oder gleichzeitig mit der Beschwerderücknahme beim Bundespatentgericht eingegangen ist (vgl. BPatG a. a. O.; vgl. auch Palandt, BGB, 74. Aufl., § 130 Rn. 21).

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 11 2005 002 185

hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) am 2. Januar 2019 durch [X.], die Richterin [X.], [X.] und [X.]. Bieringer

beschlossen:

Es wird festgestellt, dass die Rücknahme der Beschwerde wirksam geworden ist.

Gründe

I.

1

Die [X.] hat das Patent 11 2005 002 185 durch am Ende der mündlichen Anhörung am 19. Oktober 2016 verkündeten Beschluss auf den Einspruch der Einsprechenden widerrufen. Gegen diesen Beschluss hat die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt.

2

Mit Schreiben vom 8. November 2018, das laut Eingangsstempel der Poststelle am 13. November 2018 beim [X.] eingegangen ist, hat die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin die Rücknahme der Beschwerde erklärt. Mit Schreiben vom 13. November 2018, beim [X.] per Fax eingegangen am selben Tag um 14:51 Uhr, hat die Beschwerdeführerin die Rücknahme der Beschwerde widerrufen mit der Begründung, dass das Schreiben vom 8. November 2018 irrtümlich abgeschickt worden sei.

3

Auf den rechtlichen Hinweis des Senats vom 26. November 2018, wonach die Rücknahme der Beschwerde wirksam geworden sein dürfte, da ein zeitlich früherer oder gleichzeitiger Eingang des Widerrufs am 13. November 2018 weder dargelegt wurde noch nach Aktenlage feststellbar ist, hat die Beschwerdeführerin ohne weitere Stellungnahme auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

4

Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin hält die Rücknahme der Beschwerde für wirksam und beantragt eine entsprechende gerichtliche Feststellung.

5

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

6

Es war festzustellen, dass die Beschwerde wirksam zurückgenommen worden ist.

7

vorher oder gleichzeitig dem [X.] zugegangen wäre, § 130 Abs. 1 S. 2 [X.] analog (vgl. Zöller, ZPO, 32. Aufl., vor § 128 Rn. 18; [X.], [X.], 10. Aufl., [X.]. Rn. 66). Ein späterer Widerruf ist bei [X.], die unmittelbar die Verfahrenslage beeinflussen – wie die Beschwerderücknahme – grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Zöller, a. a. [X.]; [X.], a. a. [X.], [X.]. Rn. 533).

8

Der Umstand, dass der Widerruf am selben Tag wie die [X.] beim [X.] eingegangen ist, genügt dabei noch nicht, um die beiden Erklärungen als gleichzeitig zugegangen im Sinne von § 130 Abs. 1 S. 2 [X.] anzusehen. Denn Prozess- oder Verfahrenshandlungen, wie die [X.] und deren Widerruf, werden unmittelbar im genauen Zeitpunkt (Uhrzeit) ihrer Vornahme wirksam (vgl. B[X.] Beschluss vom 16.01.1980 – 5 W (pat) 13/79 –, B[X.]E 33, 200, 202f.; [X.], a. a. [X.], [X.]. Rn. 67).

9

Dass der Widerruf am 13. November 2018 der Uhrzeit nach zeitlich vor oder gleichzeitig mit der [X.] beim [X.] eingegangen ist, hat die hierfür darlegungs- und beweispflichtige Beschwerdeführerin jedoch nicht dartun können (zur Darlegungs- und Beweislast vgl. B[X.] a. a. [X.]; vgl. auch [X.], [X.], 74. Aufl., § 130 Rn. 21).

Zwar ging die [X.] vom 8. November 2018 laut [X.] erst am 14. November 2018 auf der Geschäftsstelle des 20. Senats ein. Maßgeblich für den Eingangszeitpunkt ist jedoch, wann das Schriftstück in die Verfügungsgewalt des in der Adresse angegebenen Gerichts gelangt ist, eine Mitwirkung des Gerichts (Entgegennahme bzw. Kenntnisnahme) ist hierbei nicht erforderlich (vgl. [X.], a. a. [X.], § 167 Rn. 5 m. w. N.; [X.], a. a. [X.], [X.]. Rn. 66; vgl. auch [X.], a. a. [X.], § 130 Rn. 11).

Laut Eingangsstempel der Poststelle ist das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 8. November 2018 am 13. November 2018 beim [X.] eingegangen. Eine auf Bitte der Beschwerdeführerin veranlasste gerichtsinterne Überprüfung der Uhrzeit des Eingangs hat ergeben, dass beim [X.] die Post von Montag bis Freitag regelmäßig zweimal am Tag beim Postamt in der [X.] von einem Gerichtsfahrer abgeholt und zum Gericht gebracht wird. Laut Fahrtenbuch war am Dienstag, 13. November 2018 die erste Postfahrt um 7:10 Uhr und die zweite Postfahrt um 9:15 Uhr abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass das an die Postfachadresse des [X.]s gerichtete Schreiben der Beschwerdeführerin vom 8. November 2018 am 13. November 2018 spätestens um 9:30 Uhr in die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangt ist. Zu diesem Zeitpunkt ist die [X.] spätestens wirksam geworden. Der erst um 14:51 Uhr desselben Tages per Fax beim [X.] eingegangene Widerruf konnte damit das Wirksamwerden der [X.] nicht mehr verhindern und lief ins Leere.

Meta

20 W (pat) 1/17

02.01.2019

Bundespatentgericht 20. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 130 Abs 1 S 2 BGB § 130 Abs 3 BGB

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.01.2019, Az. 20 W (pat) 1/17 (REWIS RS 2019, 11880)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 11880

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