Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2006, Az. 5 StR 135/06

5. Strafsenat | REWIS RS 2006, 2641

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5 [X.]/06 [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 12. Juli 2006 in der Strafsache gegen wegen Mordes - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 12. Ju-li 2006, an der teilgenommen haben: [X.] [X.] als Vorsitzender, [X.], [X.]in [X.], [X.] Dr. Brause, [X.] [X.] als beisitzende [X.], Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, - 3 - für Recht erkannt:
Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 14. [X.] 2005 werden verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seiner Revision und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Ausla-gen zu tragen. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen. [X.] Von Rechts wegen [X.]
G r ü n d e Das Schwurgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg. 1 I. Das Urteil des Schwurgerichts beruht auf folgenden [X.]Der Angeklagte war zur Tatzeit 23 Jahre alt. Er stammt aus der [X.] und lebte damals seit zehn Jahren in [X.]. Er ist nicht vorbestraft, war zur Tatzeit ohne Arbeit, wurde von seiner Mutter finanziell 3 - 4 - unterstützt und ging [X.] meist nachts unter regelmäßigem erheblichem [X.] und Haschischmissbrauch [X.] seinen Vergnügungen nach; er hatte etwa 4.000 Euro Schulden. Am Tattag, dem 1. Mai 2002, plante er in den Morgenstunden, einen [X.]ungsladen zu überfallen. Er betrat gegen 7.40 Uhr, bewaffnet mit einer geladenen Schreckschusspistole, dass in [X.] gelegene La-dengeschäft des 40-jährigen [X.], der hier seit 6.30 Uhr trotz des gesetzlichen Feiertages aktuelle [X.] [X.]ungen an Landsleute [X.]. Obgleich der Überfallene dem Angeklagten an Körpergröße und Gewicht markant unterlegen war, ließ er sich durch die Bedrohung mit der Waffe und die Forderung nach Herausgabe von Geld nicht einschüchtern, sondern schlug dem Angeklagten die Waffe aus der Hand, versetzte ihm möglicher-weise auch einen Faustschlag und beschimpfte ihn. Der Angeklagte, der über die Gegenwehr des Opfers in Erregung und Wut geraten war, verfolgte seinen Tatplan, den er nunmehr mit körperlicher Gewalt durchsetzen wollte, weiter. Dabei wirkte er in massivster Weise auf den Geschädigten ein, dem er mit stumpfer Gewalt mehrfach ins Gesicht schlug und den er heftig würgte. Das Opfer erlitt eine stark blutende Platzwunde am [X.]. Dem zu [X.] brachte der Angeklagte mit dem Fuß, den Knien oder dem Arm eine Vielzahl schwerster Rippenbrüche bei. Das Opfer, das weitere gra-vierende Kopf- und Kehlkopfverletzungen erlitten hatte, verstarb. Hiermit hat-te der Angeklagte bei seinem Vorgehen gerechnet. 4 Der Angeklagte entwendete aus dem hinteren Bereich des [X.] mit 600 Euro und diversen Papieren. Hekti-sche Versuche, die elektronische Kasse zu öffnen, waren zuvor gescheitert. Bei der Durchsuchung des Geschäfts hinterließ der Angeklagte mehrere blu-tige Finger- und Handabdrücke. Nachdem er unerkannt vom [X.] entkom-men war, konnte er durch eine Handflächenspur erst mehr als zwei Jahre nach Tatbegehung identifiziert werden. 5 - 5 - Der Angeklagte hat seine Täterschaft am Schluss der [X.] eingestanden. Zuvor hatte er lediglich allgemeine Angaben über sein damaliges Trink- und Rauschmittelkonsumverhalten gemacht. Unter Zugrundelegung einer maximalen Blutalkoholkonzentration von 1,6 › zur Tatzeit und eines erhöhten Haschischkonsums bis in die frühen [X.] vor Tatbegehung (10 Joints) hat das Schwurgericht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei der Begehung der Tat aufgrund einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung nicht ausge-schlossen. Es entnahm dies dem Zusammenwirken einer nicht unerhebli-chen Alkohol- und Rauschmittelbeeinträchtigung und einer affektiv aufgela-denen Verstimmung, auf deren Grundlage sich der Angeklagte zur [X.] entschlossen hatte und die infolge der unerwarteten heftigen Gegen-wehr seines Opfers erheblich gesteigert wurde. 6 Das Schwurgericht hat [X.] und zur [X.] einer Straftat, tateinheitlich Raub mit Todesfolge angenommen und dem Angeklagten eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zugebilligt. 7 II. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. 8 1. Die auf Verletzung des § 261 StPO gestützte [X.] versagt. Ersichtlich hat das Schwurgericht die Feststellungen zur Massivi-tät der Kopf- und Halsverletzungen des Opfers aufgrund der Ausführungen des Obduktionssachverständigen getroffen, der seine Beurteilung anhand von Lichtbildern erläuterte. Der förmlichen Einnahme eines Augenscheins der für Laien für sich wenig aussagekräftiger Lichtbilder bedurfte es [X.] zu dieser ersichtlich allein tragenden Sachverständigenaussage nicht. Soweit im Urteil ein solcher Augenschein, der in der Hauptverhandlung tat-9 - 6 - sächlich nicht eingenommen worden ist, behauptet wird, handelt es sich hiernach um ein unschädliches Versehen. - 7 - 2. Auch die Sachrüge hat keinen Erfolg. Die Gesamtheit der hochgradig massiven Gewalteinwirkungen des Angeklagten auf sein Opfer, die einige [X.] erforderten, legt einen bedingten Tötungsvorsatz nahe (vgl. dazu BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 59; [X.] in [X.] § 212 Rdn. 9, 26), dessen Bejahung allein deshalb auf dieser ausrei-chenden Tatsachengrundlage beruht. Der Tötungsvorsatz wird durch die An-nahme der Voraussetzungen des § 21 StGB ebenso wenig in Frage gestellt wie das Mordmerkmal der Habgier; dass sich der Angeklagte bei den Ge-walthandlungen von seinem ursprünglichen Plan, das Opfer zu berauben, weiter leiten ließ, belegt schon ohne weiteres der gesamte Tatablauf. 10 Die Strafzumessung ist rechtsfehlerfrei. Das gravierende [X.], für das der Angeklagte [X.] wenngleich eingeschänkt (vgl. [X.]/[X.], StGB 53. Aufl. § 46 Rdn. 28, 33), was das Schwurgericht beachtet hat [X.] strafrechtlich verantwortlich war, war als maßgeblicher Strafschärfungsgrund heranzuziehen. 11 III. Auch die von der [X.] vertretene Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg. 12 1. Die Aufklärungsrüge versagt. Der Angeklagte hat [X.] in Form einer von ihm als eigene Einlassung anerkannten schriftlichen Verteidigerer-klärung [X.] ein spätes Geständnis abgelegt. Das Schwurgericht war hiernach nicht verpflichtet, ohne entsprechenden Antrag des [X.] der Staatsanwaltschaft den psychiatrischen Sachverständigen zum Inhalt des Geständnisses und den daraus herzuleitenden Folgerungen für die psychi-sche Verfassung des Angeklagten bei Tatbegehung nochmals zu verneh-men. Wie der Verteidiger zutreffend ausgeführt hat, sind dem [X.], der den üblichen Suchtmittelmissbrauch des Angeklagten zur Tatzeit in der Hauptverhandlung erfahren hatte, die Anknüpfungstatsachen für eine 13 - 8 - affektive Aufladung des Angeklagten bei Begehung der Tat fraglos durch Vorhalte der objektiven [X.]befunde nahegebracht worden, namentlich die Vielzahl der besonders schweren Verletzungen des Opfers und die Indizien für die Hektik des Angeklagten, der ungeachtet von Warnsignalen der elekt-ronischen Kasse weiter nach Beute suchte, indes seine Waffe am [X.] zu-rückließ. War ein solches Verhalten des Angeklagten von dem [X.] in seinem Gutachten in Erwägung gezogen worden, konnte sich das Gericht nach späterer Bestätigung der wesentlichen Anknüpfungstatsachen durch die Einlassung des Angeklagten auf jene Beurteilung des Sachver-ständigen verlassen (vgl. [X.]), ohne ihn hiermit dann noch ausdrücklich konfrontieren zu müssen. 2. Die Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Bei dem Angeklagten lag nach den Feststellungen des Schwurgerichts bei Tatbegehung eine insgesamt nicht unerhebliche rauschmittelbedingte Beeinträchtigung vor. Namentlich vor [X.] Hintergrund konnte infolge der unerwarteten Gegenwehr des Opfers letztlich eine Bewusstseinsstörung von insgesamt schon tiefgreifendem Grad ausgelöst werden. Hieraus ließ sich die Möglichkeit einer erheblichen Ver-minderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Tatbegehung ablei-ten (vgl. BGHR StGB § 21 Bewusstseinsstörung 2). Auf der Hand liegt, dass bei der gleichwohl fortdauernd umgesetzten [X.] das Mordmerkmal der 14 - 9 - Habgier immer noch bewusstseinsdominant blieb. Hierin liegt entgegen der Annahme der Staatsanwaltschaft kein Widerspruch zum Befund erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit.
[X.] Häger Gerhardt Brause [X.]

Meta

5 StR 135/06

12.07.2006

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2006, Az. 5 StR 135/06 (REWIS RS 2006, 2641)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2641

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