Bundesfinanzhof, Beschluss vom 09.03.2011, Az. XI B 47/10

11. Senat | REWIS RS 2011, 8779

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Gegenstand

Leistungsempfänger als Steuerschuldner bei Zweifeln hinsichtlich der Ansässigkeit des leistenden Unternehmers


Leitsatz

NV: Hat ein Unternehmer mit statuarischem Sitz im Ausland eine sonstige Leistung im Inland erbracht, steht aber fest, dass er tatsächlich nicht im Ausland, sondern im Inland ansässig war, kommt eine Steuerschuld des Leistungsempfängers für diese Leistungen nicht in Betracht, und zwar unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger Zweifel hinsichtlich der Ansässigkeit des Leistenden hatte oder hätte haben müssen .

Gründe

1

Die Revision ist nicht --wie von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend gemacht-- nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) wegen einer Divergenz zur Rechtsprechung des [[[X.].].] ([[[X.].].]) zuzulassen.

2

1. Die Klägerin ist eine 2005 gegründete [[[X.].].] mit statuarischem Sitz in [[X.].] ([[X.].], [[X.].]. des [[X.].]). Sie erbrachte im Jahr 2006 (Streitjahr) im Inland an eine Kommanditgesellschaft (KG) Geschäftsbesorgungsleistungen, bestehend in dem Betrieb eines …einzelhandels. Streitig ist, ob die dafür entstandene Umsatzsteuer gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) von der Klägerin [[X.].] die Auffassung des Beklagten und Beschwerdegegners ([[X.].] oder gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG von der Leistungsempfängerin [[X.].] die Auffassung der [[X.].] geschuldet wird.

3

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid für 2006 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für eine Steuerschuldnerschaft der Leistungsempfängerin lägen nicht vor. Bei sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers schulde gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer sei. Ein im Ausland ansässiger Unternehmer sei ein Unternehmer, der weder im Inland noch auf der Insel [[X.].] oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung habe (§ 13b Abs. 4 Satz 1 UStG). Sei es zweifelhaft, ob der Unternehmer diese Voraussetzungen erfülle, schulde der Leistungsempfänger die Steuer nur dann nicht, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamts nachweise, dass er kein Unternehmer i.S. des Satzes 1 sei (§ 13b Abs. 4 Satz 3 UStG).

4

Die Klägerin sei keine im Ausland ansässige Unternehmerin i.S. des § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG. Sie habe in [[X.].] nur ihren statuarischen Sitz gehabt und dort keinerlei Tätigkeit ausgeübt; ihre gesamte wirtschaftliche Tätigkeit entfaltete sie im Inland, wo sich auch der Ort der Geschäftsleitung befunden habe. Weiter heißt es in dem Urteil: "Ist danach davon auszugehen, dass es sich bei der Klägerin um ein (objektiv) im Inland ansässiges Unternehmen handelt, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Leistungsempfängerin möglicherweise Zweifel im Sinne des § 13b Abs. 4 Satz 3 UStG hinsichtlich der Ansässigkeit der Klägerin im Inland hätte haben müssen. § 13b Abs. 4 Satz 3 UStG gilt nur für den Fall, dass zweifelhaft ist, ob ein (objektiv) nicht im Inland ansässiger Unternehmer im Inland ansässig ist."

5

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das [X.] damit nicht von dem [[[X.].].]-Urteil vom 23. Mai 1990 [X.] ([[[X.].].]E 161, 191, [X.] 1990, 1095) abgewichen.

6

In diesem Urteil, das zu § 51 der [X.], der weitgehend ähnlichen Vorgängervorschrift von § 13b UStG, ergangen ist, hat der [[[X.].].] --wie die Klägerin zutreffend darstellt-- zwar ausgeführt (unter [X.] der Gründe):

7

"Die Haftung besteht somit nicht, wenn der leistende Unternehmer wirklich im [X.] ansässig ist. Wenn es zweifelhaft ist, ob der Leistungsempfänger Werklieferungen oder sonstige Leistungen von einem im [X.] ansässigen Unternehmer erhalten hat, haftet er, falls er zur Einbehaltung und Abführung der ihm berechneten Umsatzsteuer verpflichtet ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Leistungsempfänger an der Ansässigkeit des Unternehmers im [X.] oder an seiner Ansässigkeit außerhalb des [X.]s zweifelt. In beiden Fällen ist für den Leistungsempfänger unklar, ob der in den Leistungsaustausch einbezogene Unternehmer im [X.] ansässig ist, weshalb seine Einbehaltungs- und Abführungspflicht eingreift."

8

Die vom Kläger zitierte Textpassage muss aber im Zusammenhang mit dem unmittelbar vorangehenden Satz gesehen werden. Sie lautet dann folgendermaßen: "Wie der Senat in dem Beschluss in [[[X.].].]E 143, 169 entschieden hat, haftet der Leistungsempfänger indessen nach dem eindeutigen Wortsinn der Ermächtigung nur für die Steuer, die auf Umsätze eines (objektiv) nicht im [X.] ansässigen Unternehmers entfällt. Die Haftung besteht somit nicht, wenn der leistende Unternehmer wirklich im [X.] ansässig ist. ...".

9

Steht also [[X.].] im Streitfall das [X.]-- fest, dass der leistende Unternehmer wirklich im [X.] ansässig war, kommt eine Haftung des Leistungsempfängers nicht in Betracht; und zwar unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger Zweifel hinsichtlich der Ansässigkeit des Leistenden hatte oder hätte haben müssen. "Das ist" [[X.].] der [[[X.].].] in dem Beschluss vom 31. Januar 1985 [X.]/84 ([[[X.].].]E 143, 169)--- "auch sachgerecht, weil in den Fällen, in denen feststeht, dass der Umsatz von einem im [X.] ansässigen Unternehmer erbracht worden ist, der [X.] ohnehin stets das Risiko des Steuereingangs trägt".

Das [X.] ist danach nicht von der Rechtsprechung des [[[X.].].] abgewichen.

Meta

XI B 47/10

09.03.2011

Bundesfinanzhof 11. Senat

Beschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 3. Juni 2010, Az: 5 K 49/08, Urteil

§ 13b Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 2005, § 13b Abs 2 S 1 UStG 2005, § 13a Abs 1 Nr 1 UStG 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 09.03.2011, Az. XI B 47/10 (REWIS RS 2011, 8779)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8779

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