Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2012, Az. I ZR 135/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 711

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]/11
Verkündet am:

5. Dezember 2012

Führinger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
[X.] § 26 Abs. 1
und 3, § 49 Abs. 1
a)
Die allgemeinen Grundsätze der rechtserhaltenden Benutzung durch eine von der Eintragung abweichende Form gelten auch für eine Marke, die ei-nen fiktionalen Ursprung hat (hier: Lieblingsbier der Hauptfigur einer Zei-chentrickserie) und

e-ale Produkte verwendet wird.
b)
Danach ist der für die Beurteilung der rechtserhaltenden Benutzung maß-gebende [X.] nicht auf denjenigen Teil der Verbraucher be-schränkt, der die fiktive Marke aus der Zeichentrickserie kennt. [X.] ist vielmehr auch in diesen Fällen auf den normal informierten und [X.] aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher.
[X.], Urteil vom 5. Dezember 2012 -
I [X.]/11 -
OLG Nürnberg

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 5.
Dezember 2012 durch [X.] Dr.
Bornkamm und die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, [X.], Dr.
Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des [X.]

3. Zivilsenat vom 5. Juli 2011 wird auf Kosten der Kläger zu-rückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der
Beklagte ist Inhaber der am 8.
Juni 1999 für "Bier"
eingetragenen [X.] Wort-Bild-Marke Nr. 39
901
100 (nachfolgend: Streitmarke):

1
-
3
-
Ein gegen die Eintragung der Streitmarke eingelegter Widerspruch eines amerikanischen
Filmunternehmens, das Rechte an der Bezeichnung "[X.]"
aufgrund von deren
Verwendung als fiktive Marke einer Biersorte in der auch in [X.] ausgestrahlten Zeichentrickserie "[X.]"
geltend gemacht hatte,
wurde durch das Bundespatentamt
zurückgewiesen. Zwischen 2004 und dem 13.
Juli 2009 vertrieb der Beklagte
von Dritten gebrautes
Bier
in Flaschen, die
mit folgendem Etikett gekennzeichnet
waren:

Ab 2006 war der
Kläger zu
2
mit dem Vertrieb des Bieres des Beklagten beauftragt. Am 5.
Juli 2009 schloss der Beklagte einen Lizenzvertrag, aufgrund dessen der Lizenznehmer die Streitmarke
in der Form, in der sie eingetragen ist, für den Vertrieb von Bier
nutzte.
Die Klägerin zu
1 ist Inhaberin der am 28.
April 2009 unter anderem für Bier eingetragenen [X.] Wort-Bild-Marke
2
3
4
-
4
-

Die Kläger vertreiben unter dieser Marke ebenfalls Bier. Der Kläger zu
2 ist
zu-dem
Inhaber der am 21.
August
2009 für "Bier"
eingetragenen [X.] Wort-Bild-Marke Nr.
302
009
021
478:

Die Kläger haben am 14.
Juli 2009 beim Deutschen Patent-
und Marken-amt die Löschung der Streitmarke beantragt. Sie sind der Auffassung,
die
Streitmarke sei durch die zwischen 2004 und dem 13.
Juli 2009 verwendeten Etiketten nicht rechtserhaltend benutzt worden. Der Beklagte
hat dem Lö-schungsantrag
widersprochen.
Die Kläger
haben
im Weiteren
Löschungsklage erhoben, mit der sie be-antragt
haben,
den Beklagten zu verurteilen, in die Löschung der beim Deutschen Patent-
und Markenamt unter der Nr.
39
901
100 eingetragenen Wort-Bild-Marke "[X.]"
einzuwilligen.
5
6
-
5
-
Darüber hinaus haben sie die Feststellung begehrt, dass der
Verfall der Streitmarke am
14.
Juli 2009 eingetreten sei.
Das [X.] hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Be-rufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des [X.]s ab-geändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen [X.],
deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihre
Kla-geanträge weiter.

Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die
Voraussetzungen
für
eine
Löschung der Streitmarke
wegen Verfalls
nicht vorliegen. Dazu hat es ausgeführt:
Der Beklagte habe die Streitmarke durch die Verwendung auf den [X.] bis zum 13.
Juli 2009 rechtserhaltend benutzt. Dass
die
Etiketten
in ihrer Gestaltung
von der Streitmarke abwichen, sei unschädlich. Schwerpunkt der Kennzeichnung sei
die Bezeichnung "[X.]", die sowohl
bei
der einge-tragenen Marke als auch bei der Etikettierung im Mittelpunkt stehe. Den hinzu-gefügten grafischen Gestaltungen werde keine eigene maßgebende kenn-zeichnende Wirkung beigemessen.
Ebenso
wenig
stehe
der Umstand, dass das
vom Beklagten auf den Etiketten verwendete Zeichen inzwischen
als Marke für den Kläger zu
2
eingetragen sei,
einer
rechtserhaltenden Benutzung der Streit-marke
entgegen. Die Benutzung sei auch ernsthaft erfolgt, weil der Beklagte in den
Jahren 2007 und 2008 13.500 und 15.000 mit dem Etikett versehene [X.] verkauft habe.
7
8
9
10
-
6
-
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der
Revision haben keinen Erfolg.
Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass den Klägern kein Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der Streitmarke nach §
49 Abs.
1, §
26 [X.] zusteht, weil der Beklagte nachgewiesen hat, dass er die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre
vor Stellung des Löschungsan-trags rechtserhaltend in [X.] benutzt hat.
1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe seiner Beurteilung unzutreffende rechtliche Obersätze zugrunde gelegt.
a) Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke im Sinne von §
26 Abs.
1 [X.] erfordert, dass die Marke in üblicher und sinnvoller Weise für die [X.] verwendet wird, für die sie eingetragen ist (vgl. [X.], Urteil vom 21.
Juli 2005

I
ZR 293/02, [X.], 1047, 1049 = [X.], 1527
[X.]; Urteil vom 18.
Dezember 2008
I
ZR
200/06, [X.], 772 Rn.
39 = WRP 2009, 971

[X.]; Urteil vom 14.
April 2011
I
ZR
41/08, [X.], 623 Rn.
23 = [X.], 886
Peek & Cloppenburg
II). Wird die Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form benutzt, liegt eine rechtserhaltende Benutzung nach §
26
Abs.
3 [X.] nur vor, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Das ist dann der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, das heißt in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht (vgl. [X.], [X.], 772, Rn.
39
[X.]; [X.], Urteil vom 19.
November 2009
I
ZR
142/07, [X.], 729 Rn.
17 = [X.], 1046

[X.]; [X.], [X.], 623 Rn.
55
Peek & Cloppenburg
II).
b)
Diese
Maßstäbe
hat
das Berufungsgericht
seiner Entscheidung zu-grunde gelegt. Entgegen der Ansicht
der Revision
hat es auch nicht ausschließ-11
12
13
14
-
7
-
lich auf den Wortbestandteil "[X.]" abgestellt und damit die Beurteilung
des Gesamteindrucks
der Zeichen für
entbehrlich gehalten. Das Berufungsge-richt hat
sämtliche
Elemente der beiden zusammengesetzten Zeichen in den Blick genommen. Es hat seiner Beurteilung ausdrücklich
die Unterschiede
in der Schriftart der Wortfolge "[X.]"
und der Verwendung von Groß-
und Kleinbuchstaben in dem Wort "[X.]", die unterschiedliche
grafische Gestal-tung der Zeichen, die unterschiedliche Farbgebung sowie die Hinzufügung der Worte "the legendary"
auf dem tatsächlich benutzten Etikett
zugrunde gelegt.
2. Vergeblich
wendet sich die Revision ferner gegen die Feststellung
des Berufungsgerichts, dass die Unterschiede zwischen der Streitmarke und den verwendeten Flaschenetiketten den kennzeichnenden Charakter der Marke nach der Verkehrsanschauung nicht verändert
hätten.
a) Die Beurteilung, ob eine abweichende Benutzung den kennzeichnen-den Charakter der Marke verändert, ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehal-ten und im Revisionsverfahren nur eingeschränkt, insbesondere auf zutreffende Rechtsanwendung und die Beachtung der allgemeinen Lebenserfahrung, über-prüfbar (vgl. [X.], Urteil vom 26.
April 2001
I
ZR
212/98, [X.], 167, 168 = [X.], 1320
[X.]; [X.], [X.], 772 Rn.
44
[X.]; [X.], Urteil vom 31.
Mai 2012
I
ZR
112/10, [X.], 68
Rn.
14 = [X.], 61

Castell/[X.] [X.]).

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, Schwerpunkt der Kennzeich-nung sei die Bezeichnung "[X.]". Diese stehe sowohl bei der eingetrage-nen Marke
als auch auf dem verwendeten Etikett
im Mittelpunkt. Die prägende Bezeichnung "[X.]"
befinde sich jeweils innerhalb eines ovalen Gebildes. Den hinzugefügten grafischen Gestaltungen werde keine eigene maßgebende kennzeichnende Wirkung beigemessen. Dies gelte auch im Hinblick auf die un-15
16
17
-
8
-
terschiedliche farbliche Gestaltung. Die Farbgebung sei bei [X.] zweit-rangig, weil Brauereien im Regelfall ihre einheitliche Marke je nach etikettierter Biersorte mit unterschiedlichen Farbgestaltungen versähen. [X.] sei auch die Verwendung des Schriftzuges "the legendary"
auf dem Etikett. Inso-weit handele es sich um einen
beschreibenden oder sonst eindeutig nicht her-kunftskennzeichnenden Begriff, der mit dem Wortzeichen "[X.]"
nicht zu einem einheitlichen Zeichen verschmelze.

c) Diese tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts lässt keine Rechtsfehler erkennen.
aa) Die Revision weist allerdings zutreffend darauf hin, dass es für die Beurteilung des kennzeichnenden Charakters eines zusammengesetzten [X.] nicht darauf ankommt, ob ein einzelner [X.] für sich ge-nommen über Unterscheidungskraft verfügt oder durch welche Bestandteile ein zusammengesetztes Zeichen geprägt wird (vgl. [X.], [X.], 772 Rn.
45

[X.], mwN). Von einer
derartigen
"Prägung"
im Sinne der für die Prüfung einer Verwechslungsgefahr gemäß §
14 Abs.
2 Nr.
2 [X.] maßgebenden Grundsätze ist das Berufungsgericht im Streitfall jedoch
nicht ausgegangen. Es hat vielmehr seiner Beurteilung der Sache nach zutreffend die
Rechtsprechung des [X.]
zugrunde gelegt, wonach [X.] in der graphischen Gestaltung den kennzeichnenden Charakter der eingetragenen Marke nicht verändern, wenn sie für den Gesamteindruck nicht ins Gewicht fallen, weil die graphischen Elemente nur eine Verzierung darstel-len oder der Verkehr ihnen aus anderen Gründen
keine Bedeutung
für den kennzeichnenden Charakter der Klagemarke
und der benutzten Form beimisst (vgl. [X.], [X.], 729 Rn.
20

[X.]; [X.], Beschluss vom 13.
Dezember 2007
I
ZB
39/05, [X.], 719 Rn.
24 = [X.], 1098
idw Informati-18
19
-
9
-
onsdienst Wissenschaft; [X.], [X.], 167, 168

[X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10.
Aufl., §
26
Rn.
149).

bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision
gegen die tatrichterliche An-wendung dieser Grundsätze durch das Berufungsgericht. Dieses hat zutreffend
auf das Verständnis des durch die Streitmarke und das benutzte Etikett ange-sprochenen [X.]es
der Bierkonsumenten abgestellt und hat auf dieser Grundlage im Rahmen der Beurteilung des Gesamteindrucks von Streitmarke und verwendetem Etikett dem Wortbestandteil "[X.]"
rechtsfehlerfrei eine
maßgebende Bedeutung beigemessen.
(1) Bei aus Wort-
und Bildbestandteilen kombinierten Bezeichnungen orientiert
sich der Verkehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung
in der Regel
maßgeblich am Wortbestandteil,
weil
es im Allgemeinen für die [X.] am einfachsten ist,
die unter der Marke angebotene Ware
mit Hilfe des Wortbestandteils
zu bezeichnen
([X.], [X.], 167, 169
[X.], mwN). Zwar kann
den Bildbestandteilen
im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrach-tung erhebliche Bedeutung zukommen, wenn der
Wortbestandteil nur geringe Kennzeichnungskraft aufweist
(vgl. [X.], [X.], 68 Rn.
18
Castell/[X.] [X.]). Der Wortbestandteil "[X.]"
hat
jedoch
im Hinblick auf die Ware Bier

im Inland
keinerlei beschreibende Anklänge. Er ist aufgrund der Kürze und Prägnanz als Herkunftsbezeichnung vielmehr besonders geeignet. [X.] macht auch die Revision nicht geltend. Hinzu kommt, dass die Benutzung des
Wortbestandteils
der Bezeichnung insbesondere bei mündlichen Bestellun-gen in Gastwirtschaften erforderlich
ist (vgl. [X.], [X.], 167, 169

[X.]).

(2) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist
ferner
die Annahme des Berufungsgerichts, der grafischen Gestaltung der Streitmarke und des verwen-20
21
22
-
10
-
deten Etiketts werde keine eigene maßgebende kennzeichnende Wirkung bei-gemessen.
Der Verkehr ist daran gewöhnt, dass ihm auf Etiketten von Bierflaschen regelmäßig
bildliche Bestandteile mit dekorativem
Charakter begegnen
(vgl. [X.], [X.], 167, 169

[X.]). Auch in der Abweichung der farblichen Gestaltung der bildlichen Elemente hat das Berufungsgericht in revisionsrecht-lich nicht zu beanstandender Weise keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Streitmarke gesehen.
Die Annahme des Berufungsgerichts, die Farbgebung bei [X.] sei zweitrangig, weil Brauereien im Regelfall ihre einheitliche Marke je nach etikettierter Biersorte mit unterschiedlicher Farbge-staltung versehen, ist nicht erfahrungswidrig. Der Umstand, dass die Benut-zungsform eine andere Schriftart und eine andere Schriftfarbe als die eingetra-gene Marke verwendet, steht einer rechtserhaltenden Benutzung ebenfalls nicht entgegen, wenn
dies die Kennzeichnungskraft der Streitmarke nicht verändert
(vgl. [X.], [X.], 68
Rn.
21

Castell/[X.] [X.]; [X.] in [X.]/[X.] aaO
§
26 Rn.
141
f.). So verhält
es
sich
auch im Streitfall. Die Revision macht nicht geltend, dass die hier in
Rede stehenden Schriftarten oder Schrift-farben vom Verkehr im Hinblick auf die Ware Bier

als ungewöhnlich oder
sonst kennzeichnend wahrgenommen werden.
Der Beurteilung des Berufungsgerichts steht auch der Umstand nicht entgegen, dass sowohl die Streitmarke als auch das verwendete Etikett nach Art eines Emblems gestaltet sind. Es besteht kein Erfahrungssatz, wonach der Verkehr Wort-
und Bildelemente, die ihm in Form eines Emblems entgegentre-ten, stets als einheitliches Zeichen wahrnimmt (vgl. [X.], Beschluss vom 9.
Juli 1998
I
ZB
7/96, [X.], 167, 168 = [X.], 1083
[X.]; Beschluss vom 30.
März 2000
I
ZB
41/97, [X.], 1038, 1040 = WRP 23
24
-
11
-
2000, 1161
Kornkammer; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.] aaO
§
26 Rn.
132).
Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe den vom [X.] in der Entscheidung "[X.]"
(Urteil vom 20.
Januar 2011
I
ZR
31/09, [X.], 824 = [X.], 1157) formulierten Erfahrungssatz nicht ange-wendet, wonach eine Zeichenähnlichkeit aufgrund phonetischer Übereinstim-mung der Wortbestandteile durch Abweichungen in der Bildgestaltung neutrali-siert werden
könne, wenn die mit den Zeichen gekennzeichneten Waren regel-mäßig nur auf Sicht gekauft würden. Dieser Erfahrungssatz komme auch im Streitfall in Betracht, weil Bier regelmäßig auf Sicht gekauft werde.

Der Senat hat
allerdings
in der Entscheidung "[X.]"
einen solchen Er-fahrungssatz nicht aufgestellt, sondern es
offengelassen, ob

im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr

eine nach dem Klang
zu bejahende Identi-tät oder Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen auch durch Abwei-chungen im Bild in einem Maße neutralisiert werden kann, dass eine Zeichen-ähnlichkeit und damit eine Verwechslungsgefahr ausscheidet. Eine solche Neutralisierung komme -
im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr -
allenfalls dann
in Betracht, wenn die mit den Zeichen gekennzeichneten Waren regelmäßig nur auf Sicht gekauft würden
(vgl. [X.], [X.], 824 Rn.
31

[X.]). Diese im Rahmen der Prüfung einer Verwechslungsgefahr angestell-ten Erwägungen sind für die grundlegend anders gelagerte Frage einer [X.] Benutzung nicht maßgebend (vgl. [X.], Beschluss
vom
30.
März 2000
I
ZB
41/97, [X.], 1039, 1039
= [X.], 1161

Kornkammer; [X.] in [X.]/[X.] aaO §
26 Rn.
123).
Im
Übrigen ist vorliegend weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von den Parteien vorgetragen
worden, dass die mit der Streitmarke gekennzeichnete Ware "Bier"
regelmäßig nur auf Sicht gekauft wird. Im Hinblick darauf, dass Bier
wie dargelegt

etwa in Gast-25
26
-
12
-
stätten auf mündliche Bestellung nachgefragt wird, liegt eine dahingehende An-nahme vielmehr
eher fern.
(3) Die Hinzufügung der Wortfolge "the legendary"
auf dem benutzten Bieretikett steht dem kennzeichnenden Charakter der Streitmarke
ebenfalls
nicht entgegen. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass es sich insoweit um die Hinzufügung eines beschreibenden oder sonst eindeutig nicht herkunfts-kennzeichnenden Begriffs
handelt, der mit dem eingetragenen Wortzeichen nicht zu einem einheitlichen Zeichen verschmilzt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere nicht erfahrungswidrig.
cc) Die Revision macht weiter geltend, das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung zu Unrecht den Umstand unberücksichtigt
gelassen, dass die Bezeichnung "[X.]"
ihren Ursprung in der seit 1991 ohne Unterbre-chung im [X.] Fernsehen gesendeten Zeichentrickserie "[X.]"
habe und dort das Lieblingsbier der Hauptfigur "[X.]"
kennzeichne. Vor diesem Hintergrund müsse der grafischen Gestaltung, die bei der
benutzten
Form der in der Zeichentrickserie verwendeten [X.] von "[X.]"
wesentlich ähnlicher sei als bei der
Streitmarke,
eine eigene maßgebliche kennzeichnende Wirkung beigemessen werden, da
sie den angesprochenen [X.]en die Zuordnung zur Zeichentrickserie
ermögliche. Diese Rüge verhilft der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg.
(1) Im Streitfall besteht allerdings die Besonderheit, dass die zum [X.] gemachte Bezeichnung "[X.]"
ihren Ursprung in einer Zeichentrickserie hat und im Wege der "umgekehrten Produktplatzierung"
Verwendung für eine in der realen Welt vertriebene Ware
gefunden hat (vgl. zu
diesem
Phänomen [X.]/[X.], [X.], 337). Dieser Umstand
27
28
29
-
13
-
hat jedoch im Streitfall keine Auswirkungen auf die Frage der rechtserhaltenden Benutzung
der Streitmarke im Sinne von §
26 Abs.
3 Satz
1 [X.].
(2) Die Revision weist
zwar zutreffend
darauf hin, dass diejenigen [X.], die die Zeichentrickserie "[X.]"
und die dort vorkommende
"Biermarke"
kennen, sich möglicherweise
nicht allein am Wortbestandteil von Streitmarke und benutzter Form orientieren werden. Aufgrund der [X.], dass ein fiktionales Produkt in die reale Welt übernommen wird, mögen die grafischen Bestandteile der in Rede stehenden Zeichen für diese Verbraucher auch eine Bedeutung
im Rahmen der Beurteilung des Gesamteindrucks
haben. Entgegen der Ansicht der Revision
kann aber im Streitfall bei der Bestimmung der maßgebenden [X.]e nicht allein auf die Verbraucher abgestellt werden, die
die fiktive Marke aus der Zeichentrickserie kennen.
(3) Bei der
Prüfung der rechtserhaltenden Benutzung durch eine von der Eintragung der Marke abweichende Form im Sinne von §
26 Abs.
3 [X.] ist auf die Verkehrsauffassung abzustellen (vgl. [X.], [X.], 772
Rn.
39

[X.];
[X.], 729 Rn.
17

[X.]; [X.], 623 Rn.
55
Peek & Cloppenburg
II). Dabei kann zur Bestimmung der angespro-chenen [X.]e, zum Maßstab
des normal informierten und angemes-sen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers und zu den Regeln über die Feststellung der Verkehrsauffassung grundsätzlich auf die zur Verwechslungsgefahr entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (vgl. [X.]/[X.], Markengesetz,
3.
Aufl.,
§
26 Rn.
18).
Danach ist zur Bestimmung der angesprochenen [X.]e auf die-jenigen
Abnehmer abzustellen, die die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen nachfragen. Dabei
sind
die Waren oder Dienstleistungen ihrer gattungsmäßigen Art nach und nach ihren
objektiven Merkmalen zugrunde zu 30
31
32
-
14
-
legen (vgl. [X.], Beschluss vom 21.
Februar 2008
I
ZB
24/05, [X.], 710 Rn.
32
= [X.], 1087
VISAGE;
[X.]/[X.]
aaO
§
14 Rn.
447).
Vorliegend ist die Streitmarke in der [X.] 32 der [X.] für "Bier"
eingetragen. Sie beansprucht damit Schutz für ein
regelmäßig

alkoho-lisches Getränk, das von einem
breiten Publikum erwachsener
Verbraucher und nicht nur von Kennern der Zeichentrickserie "[X.]"
nachgefragt wird.
Auf den
von der Revision geltend gemachten Umstand, der Beklagte ha-be die in der [X.] von 2004 bis zum 13.
Juli 2009 benutzte [X.] [X.], um beim Verkehr eine Assoziation zu der
Zeichentrickserie zu erreichen, kommt es nicht an. Eine solche Vermarktungsstrategie der "umgekehrten
Pro-duktplatzierung", die das konkrete Warenangebot vorrangig auf die Kenner der Serie ausrichtet, ist ohne Belang. Die maßgeblichen Warengattungen sind nach dauerhaften charakteristischen Kriterien zu beurteilen und nicht nach Werbe-konzeptionen oder Vermarktungsstrategien, die jederzeit geändert werden [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Juli 2001
I
ZR
100/99, [X.], 340, 341 = [X.], 330

Fabergé).

Für die Beurteilung ist daher auf das Verständnis des
normal informierten
und angemessen aufmerksamen
und verständigen
erwachsenen
Durch-schnittsverbrauchers abzustellen.
Dabei sind nur bei kleineren Teilen des [X.] vorhandene Spezialkenntnisse nicht zu berücksichtigen (vgl. [X.], [X.] vom 28.
September 2006
I
ZB
100/05, [X.], 321 Rn.
24 = [X.], 321
COHIBA; [X.]/[X.] aaO §
14 Rn.
475).
Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass
der normal informierte Durchschnittsverbraucher weiß, dass mit "[X.]"
das
bevorzugte
Bierge-tränk der Hauptfigur in der Zeichentrickserie "[X.]"
bezeichnet wird und wie das Etikett dieses fiktiven Produkts aussieht. Die Revision rügt nicht, 33
34
35
-
15
-
dass das Berufungsgericht im Hinblick auf die Bestimmung der Auffassung des von einer Bezeichnung für Bier angesprochenen Durchschnittsverbrauchers Vorbringen der Kläger verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt hat. [X.] wird lediglich, dass das Berufungsgericht nicht auf diejenigen Verbraucher abgestellt hat, die die Serien und das "Kultbier"
kennen. Auf diesen Teil kommt es abe
wie dargelegt

aus Rechtsgründen nicht an.
d) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des [X.], es stehe
einer rechtserhaltenden
Benutzung der Streitmarke auch der Umstand
nicht entgegen, dass zugunsten des Klägers zu
2 mit der [X.] Wort-Bild-Marke Nr.
302
009
021
478 eine Marke für "Bier"
eingetra-gen worden sei, die
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der vom Beklagten benutzten Form entspreche.
Wie der [X.] auf die entsprechende Vorlagefrage des
Senats
(vgl. Beschluss vom 17.
August 2011
I
ZR
84/09, [X.], 1142 = [X.], 1615
[X.]) entschieden hat, ist es dem Inhaber einer eingetragenen Marke nicht verwehrt, sich zum Nachweis für deren Benutzung im Sinne von Art.
10 Abs.
2 Buchst.
a der [X.] darauf zu berufen, dass sie in einer von ihrer Eintragung abwei-chenden Form benutzt wird, ohne dass die Unterschiede zwischen diesen bei-den Formen die Unterscheidungskraft der Marke beeinflussen, und zwar unge-achtet dessen, dass die abweichende Form ihrerseits als Marke eingetragen
ist (vgl. [X.], Urteil vom 25.
Oktober 2012
553/11, [X.], 1257 Rn.
30 = [X.], 1514

Rintisch). Darauf, ob die Eintragung der [X.] Wort-Bild-Marke Nr.
302
009
021
487 zu einem [X.]punkt erfolgt
ist, zu dem der [X.] die Streitmarke bereits nicht mehr in dieser eingetragenen Form benutzt hat, kommt es nicht an.
3. Die Benutzung der Streitmarke ist schließlich auch ernsthaft erfolgt.
36
37
-
16
-
a) Eine Marke wird dann ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu ga-rantieren, für die sie eingetragen wurde, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern. Ausge-schlossen sind die Fälle, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke
ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt wer-den kann. Dazu rechnen insbesondere der Umfang und die Häufigkeit der Be-nutzung (vgl. [X.],
Urteil vom 13.
September 2007

234/06, [X.]. 2007, I-7333
=
[X.], 343 Rn.
72 = [X.], 1322 -
Il [X.]/[X.] [[X.]]; [X.], [X.], 729
Rn.
15

[X.]; [X.], 832 Rn.
49
ZAPPA). Die Frage, ob eine Benutzung mengenmäßig hinreichend ist, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistun-gen zu behalten oder hinzuzugewinnen, hängt somit von mehreren Faktoren und einer Einzelfallbeurteilung ab
(vgl. [X.], [X.], 343 Rn.
73
[X.]/[X.] [[X.]]; [X.], [X.], 832 Rn.
49
ZAPPA).
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Benutzung der Streitmarke jedenfalls in den Jahren 2007 und 2008 ernsthaft erfolgt ist. In den beiden Jahren seien 13.500 und 15.000 Flaschen verkauft worden, die mit dem [X.]-Beer-Etikett versehen gewesen seien. Bei dieser Größenordnung sei auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Vertrieb von Flaschenbier ein Massengeschäft sei, kein
Anhalt dafür gegeben, dass lediglich eine [X.] erfolgt sei.
Diese von zutreffenden rechtlichen Grundlagen ausgehende Beurteilung des Berufungsgerichts, dessen insoweit getroffene tatsächliche Feststellungen die Revision nicht in Zweifel zieht, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
38
39
-
17
-
II[X.] Danach ist die Revision der Kläger mit der Kostenfolge aus §
97 Abs.
1 ZPO zurückzuweisen.

Bornkamm

Schaffert

Kirchhoff

Koch

Löffler

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 03.11.2010 -
3 O 671/10 -

OLG Nürnberg, Entscheidung vom 05.07.2011 -
3 U 2534/10 -

40

Meta

I ZR 135/11

05.12.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2012, Az. I ZR 135/11 (REWIS RS 2012, 711)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 711

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I ZR 135/11

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