Bundessozialgericht, Urteil vom 03.04.2019, Az. B 6 KA 4/18 R

6. Senat | REWIS RS 2019, 8595

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Zulassungsentziehung wegen Verfehlung außerhalb des Kernbereichs der vertrags(zahn)ärztlichen Tätigkeit


Leitsatz

Auch Verfehlungen außerhalb des Kernbereichs der vertrags(zahn)ärztlichen Tätigkeit, die im Zusammenhang mit dem Praxisbetrieb erfolgen (hier: Eingriff in die Privat- und Intimsphäre der Praxismitarbeiterinnen durch Herstellen von Videoaufnahmen im Umkleideraum der Praxis), können eine Zulassungsentziehung rechtfertigen.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 20. November 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Zulassung als Vertragszahnarzt.

2

Vorwürfe gegen den 1961 geborenen und seit 1986 als Zahnarzt tätigen Kläger, er habe mittels einer im Umkleideraum der Praxis installierten Kamera die [X.] über Jahre ohne deren Wissen während des [X.] beobachtet und hiervon Videoaufzeichnungen hergestellt, führten im Frühjahr 2012 zu polizeilichen Ermittlungen. Die auf Grundlage dieser Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft [X.] am [X.] erstellte Anklageschrift (431 Js 6285/12) führte ua aus:

"Zu einem nicht mehr konkret bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 19.12.2007 installierte der Angeschuldigte in seiner Zahnarztpraxis in der [X.]. in [X.] eine Überwachungsanlage 4-Kanal-Empfänger VisorTech, um die bei ihm angestellten Zahnarzthelferinnen ohne deren Wissen während des [X.] in einem separaten Raum der Praxis zu beobachten bzw. hiervon Videoaufzeichnungen herzustellen. Zu diesem Zweck positionierte er die zur Anlage gehörende [X.], getarnt in einem Batterieladegerät, so im Umkleideraum, dass der Raum im Ganzen erfasst und aufgezeichnet werden konnte. Mittels Bewegungssensoren wurde die Aufzeichnung bei Bewegung im Raum jeweils automatisch gestartet. Die von der Überwachungskamera aufgenommenen Videosequenzen … wurden von der [X.] der Kamera an den im Büro des Angeschuldigten befindlichen [X.] … gesendet. Die mit diesen Geräten verkabelten, ebenfalls im Büro befindlichen [X.] zeichneten diese Videosignale in [X.] mit einer Spit-Dauer von jeweils 10 Sekunden auf eine im Gerät befindliche SD-Speicherkarte auf, wonach sie durch den Angeschuldigten zu großen Teilen auf seinen [X.] umgespeichert wurden. Der Angeschuldigte hatte zudem die Möglichkeit, die Überwachungskamera so einzustellen, dass die Aufnahmen der [X.] direkt auf dem Bildschirm seines [X.]s in Echtzeit zu sehen sind. Um die Geschädigten möglichst von vorn und hinten aufnehmen zu können, war im Umkleideraum die Front eines größeren Schrankes verspiegelt worden … .

Während der Taten wurden mehrere Tausend Videodateien, welche jeweils die Zeuginnen … während des [X.] in Unterwäsche sowie mit entblößtem Ober- bzw. Unterkörper zeigen, auf das im Büro des Angeschuldigten installierte Aufzeichnungsgerät übertragen. Bei zahlreichen Aufnahmen hatte der Angeschuldigte die Kamera so positioniert, dass insbesondere entweder das Gesäß sowie der Intimbereich oder aber die Brust der Geschädigten großformatig aufgenommen wurden. Im Tatzeitraum kam es zudem mehrfach dazu, dass der Angeschuldigte jeweils eine der Zeuginnen, getarnt als "Spaß", absichtlich unter die Dusche trug und dort naß spritzte, damit er in der Folge wiederum Filmaufnahmen von den Geschädigten während des Umziehens herstellen konnte."

3

Das Amtsgericht (AG) [X.] verurteilte den Kläger wegen unbefugten Herstellens oder Übertragens von Bildaufnahmen in 211 tatmehrheitlichen Fällen jeweils in Tateinheit mit Gebrauchen der Aufnahmen (§ 201a StGB) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten ohne Aussetzung der Strafe zur Bewährung (Urteil vom [X.]). Hiergegen legten sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Eine weitere Anklage der Staatsanwaltschaft [X.] vom 5.12.2013 über weitere mehrere Hundert Straftaten nach § 201a StGB ließ das [X.] ([X.]) [X.] zunächst zur Hauptverhandlung zu und eröffnete - neben dem bereits anhängigen Berufungsverfahren - das Hauptverfahren.

4

Die Verfahren vor dem Arbeitsgericht ([X.]) [X.], in denen die Mitarbeiterinnen ua die Verurteilung des [X.] zur Zahlung von Schmerzensgeld beantragt hatten, endeten überwiegend durch Vergleiche. Der Kläger gab in den arbeitsgerichtlichen Verfahren zur Begründung seiner Vergleichsbereitschaft ua an: "Die behauptete schwere und unerträgliche Rechtsverletzung erfolgte über einen Zeitraum von sechs Jahren - jedoch nicht ständig - und gemessen an der Beschäftigungsdauer der Einzelnen - nicht für jede in gleicher Weise". Er schlug folgende Präambel für die Vergleiche vor: "Die Parteien gehen davon aus, dass anlässlich des [X.], der den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft [X.], [X.].: 431 Js 6285/12 bildet, der [X.] seinen Mitarbeiterinnen Schmerzensgeldbeträge zahlt" und befürwortete außerdem folgende Formulierung: "Die Parteien sind sich einig, dass die Forderungen der (jeweiligen) Klägerin gegen den [X.]n aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung stammt, welche Gegenstand des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft [X.] … gegen den [X.]n ist."

5

Nach Zustandekommen der arbeitsgerichtlichen Vergleiche nahmen die Mitarbeiterinnen ihre Strafanträge zurück. Daraufhin stellte das [X.] [X.] beide (zwischenzeitlich verbundenen) Strafverfahren nach § 206a Abs 1 StPO wegen Eintritts eines Verfahrenshindernisses ein (Beschluss vom [X.]). Aufgrund des Ergebnisses eines im Approbationsverfahren eingeholten amtsärztlichen Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. D. vom 21.9.2016, welches das Vorliegen von psychischen oder anderen gesundheitlichen Störungen bei dem Kläger verneinte, verzichtete das zuständige Landesverwaltungsamt auf die Anordnung approbationsrechtlicher Maßnahmen (Schreiben vom 25.1.2017).

6

Auf Antrag der zu 7. beigeladenen Kassenzahnärztlichen Vereinigung ([X.]) entzog der Zulassungsausschuss ([X.]) dem Kläger die Zulassung (Beschluss vom 5.3.2014). Den Widerspruch des [X.], mit dem er geltend machte, dass nach Einstellung des Verfahrens vor dem [X.] weder das amtsgerichtliche Urteil noch die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft als Grundlage für seine etwaige Ungeeignetheit zur Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit herangezogen werden dürften und darüber hinaus die ihm zur Last gelegten Taten nicht im Zusammenhang mit der vertragszahnärztlichen Tätigkeit stünden, wies der beklagte [X.] ([X.]) als unbegründet zurück (Beschluss vom 28.1.2015/Bescheid vom [X.]). Das dem Kläger zur Last gelegte Fehlverhalten stelle eine gröbliche Verletzung seiner vertragszahnärztlichen Pflichten dar, weshalb die Zulassung nach § 95 Abs 6 S 1 [X.]B V zu entziehen sei.

7

Das [X.] hat die gegen die Zulassungsentziehung erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 20.11.2017). Der Kläger habe gröblich gegen seine vertragszahnärztlichen Pflichten verstoßen, indem er über einen Zeitraum von sechs Jahren wiederholt und in zahlreichen Fällen Videobildaufnahmen von seinen Helferinnen gefertigt habe, als diese sich umgezogen oder in der Dusche gestanden hätten. Dies stelle einen Eingriff in den Schutz der Intim- und Privatsphäre der Mitarbeiterinnen innerhalb des dienstlichen Bereiches und in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Wegen der hohen Bedeutung der geschützten Grundrechte und der durch den technischen Fortschritt gestiegenen Gefahr des Einsatzes vergleichsweise leicht zugänglicher Überwachungsmittel sei es geboten, die Herstellung heimlicher Filmaufnahmen ebenso zu behandeln wie beispielsweise die entwürdigende Behandlung von Untergebenen oder deren sexuelle Belästigung. Es könne dahinstehen, ob der Kläger aus sexuellen Motiven gehandelt habe. Maßgeblich sei vielmehr, dass dieser unter Ausnutzung der Gegebenheiten seiner Praxis und seiner Arbeitgeberstellung als Zahnarzt wiederholt und dauerhaft schwere Eingriffe in die Intimsphäre seiner Mitarbeiterinnen vorgenommen habe. Damit habe er zugleich seine Ungeeignetheit für die Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit iS des § 21 Zulassungsverordnung für [X.] ([X.]) dokumentiert. Ob und inwieweit die beschlagnahmten Unterlagen aus dem strafrechtlichen Verfahren verwertbar gewesen seien, könne dahinstehen. Denn der Kläger habe die den Vorwurf des Verstoßes gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht tragenden Tatsachen bereits in den arbeitsgerichtlichen Verfahren eingestanden. Auch habe er gegenüber dem Gutachter Prof. Dr. D. die wesentlichen Handlungen eingeräumt. Im Übrigen führe der Einstellungsbeschluss nicht zu einem Verwertungsverbot der einschlägigen Unterlagen. Da der Kläger in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsergebnisse Bezug genommen und sie in dieses Verfahren eingeführt habe, könnten diese Äußerungen im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden. Die Zulassungsentziehung sei im Hinblick auf die begangenen Pflichtverletzungen auch angemessen und verhältnismäßig.

8

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das L[X.] habe den Untersuchungsgrundsatz verletzt. Das amtsgerichtliche Strafurteil sei aufgehoben und entfalte somit für das Zulassungsentziehungsverfahren keine [X.]. Dies gelte ebenso für die polizeilichen Vernehmungen und Maßnahmen der Staatsanwaltschaft. Dementsprechend hätten die Vorinstanzen eigene Feststellungen treffen müssen, was jedoch unterblieben sei. Die Formulierungen aus den arbeitsgerichtlichen Vergleichen ersetzten diese fehlenden Feststellungen nicht. Eine gröbliche Pflichtverletzung oder eine Ungeeignetheit zur Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit seien zu verneinen. Soweit das L[X.] sein Verhalten mit dem Verhalten eines Arztes gleichstelle, der einen sexuellen Übergriff auf eine Auszubildende verübt habe, sei eine solche Gleichsetzung bereits aufgrund der fehlenden Strafbarkeit der gegen ihn erhobenen Vorwürfe und des fehlenden direkten körperlichen Angriffes auf Mitarbeiter und minderjährige Patienten nicht gerechtfertigt. § 201a StGB schütze nicht das sexuelle Selbstbestimmungsrecht, sondern nur das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dementsprechend sei das vertragszahnärztliche Versorgungssystem von dem behaupteten Eingriff in ein Individualrecht eines Einzelnen gerade nicht betroffen. Im Übrigen verstoße die Zulassungsentziehung auch gegen das Übermaßverbot, denn es werde nicht berücksichtigt, dass er strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten sei, das im approbationsrechtlichen Verfahren eingeholte Gutachten eine Patientengefährdung ausgeschlossen habe, er erhebliche freiwillige Zahlungen an die Mitarbeiterinnen geleistet habe, es keine Patientenbeschwerden gegeben habe und zudem das Anfertigen von Videoaufnahmen eine geringe Verfehlung darstelle. Aufgrund dieser Umstände hätte der [X.] allenfalls ein Disziplinarverfahren einleiten oder eine halbe Zulassung entziehen dürfen.

9

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Thüringer L[X.] vom 20.11.2017 und des [X.] Gotha vom [X.] sowie den Beschluss des [X.]n vom 28.1.2015 aufzuheben.

Der [X.] beantragt,
 die Revision zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des L[X.] für zutreffend. Der Kläger habe selbst eingeräumt, unbemerkt über sechs Jahre hinweg Bilder von seinen Angestellten hergestellt zu haben. Der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht stelle eine gröbliche Pflichtverletzung iS des § 95 Abs 6 S 1 [X.]B V dar und begründe die Ungeeignetheit des [X.] zur Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit.

Die Beigeladenen zu 7. und 8. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 7. trägt vor, der Sachverhalt sei ausreichend durch die Aussagen des [X.] - zB in den Sitzungen des [X.] und des [X.] - eingeräumt und durch die Gerichte [X.]. Im Übrigen könne auch auf die Ergebnisse der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zurückgegriffen werden. Die vom Kläger angefertigten und gespeicherten Filmaufnahmen seien geeignet, sowohl eine grobe Pflichtverletzung als auch dessen Ungeeignetheit iS von § 21 [X.] zu begründen.

Auch die zu 8. beigeladene [X.] hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] hat keinen Erfolg. Das [X.] hat seine [X.]lage zu Recht abgewiesen.

A. Die Revision des [X.] ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Entziehung der Zulassung lagen zum Zeitpunkt der - den alleinigen Streitgegenstand des Verfahrens bildenden ([X.] vom 27.1.1993 - 6 [X.] 40/91 - [X.]-2500 § 96 Nr 1 - Juris RdNr 13 ff) - Entscheidung des Beklagten vor.

Das [X.] hat den maßgeblichen Sachverhalt hinreichend aufgeklärt (dazu 1.) und die von ihm ohne Rechtsfehler getroffenen Feststellungen tragen die Schlussfolgerung, dass der [X.]läger seine vertragszahnärztlichen Pflichten gröblich verletzt hat und ihm deshalb die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung zu entziehen ist (dazu 2.). Auf ein Wohlverhalten des [X.] kommt es im Rahmen des vorliegenden [X.] nicht an (dazu 3.). Die Entziehung der Zulassung war auch verhältnismäßig (dazu 4.). Ob auch der Tatbestand der fehlenden Eignung (§ 95 Abs 6 [X.]B V iVm § 21 S 1 [X.]) erfüllt ist, lässt der [X.] offen (dazu 5.).

1. Der von dem [X.]läger geltend gemachte Verstoß des [X.] gegen die in § 103 [X.] normierte Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung liegt nicht vor.

a. Ein solcher Verfahrensmangel ist bereits nicht hinreichend dargetan (§ 164 Abs 2 S 3 letzter Teils [X.]). Da es für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit und Erforderlichkeit von Ermittlungen des Gerichts auf dessen materiell-rechtliche Ansicht ankommt, reicht es zur Rüge eines solchen Verfahrensfehlers nicht aus, lediglich darauf hinzuweisen, dass nicht alle geeigneten Erkenntnisquellen ausgeschöpft wurden. Wer eine Verletzung des [X.] geltend macht, muss vielmehr ua auch darlegen, dass sich das [X.] auf der Grundlage seiner eigenen Rechtsansicht zu bestimmten weiteren Beweiserhebungen hätte gedrängt fühlen müssen und zu welchen ([X.] vom 6.5.2004 - B 4 RA 44/03 R - Juris Rd[X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 164 RdNr 12a, B. [X.], aaO, § 103 Rd[X.]0 mwN). Hierzu gehört auch die Benennung konkreter Beweismittel, deren Erhebung sich dem [X.] hätte aufdrängen müssen. Es ist ferner darzulegen, zu welchem Ergebnis nach Auffassung des Revisionsklägers die für erforderlich gehaltenen Ermittlungen geführt hätten und dass hieraus die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne den geltend gemachten Verfahrensfehler anders entschieden hätte ([X.] vom [X.] - [X.], 50 = [X.]-2400 § 7 [X.], RdNr 14; [X.] vom 30.10.2014 - [X.] R 8/14 R - [X.], 192 = [X.]-1500 § 163 [X.], Rd[X.]1; [X.] vom [X.] - 6 [X.] 10/92 - Juris Rd[X.]).

Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung nicht. Der [X.]läger beschränkt sich im Wesentlichen auf die Darlegung, dass sich der Tatbestand der angefochtenen Entscheidung in der Wiedergabe von behördlich oder (nicht rechtskräftig) richterlich festgestellten Tatsachen erschöpfe. Notwendig wäre jedoch gewesen, das Ergebnis der für erforderlich gehaltenen Ermittlungen darzulegen und auszuführen, ob und inwieweit dieses nach dem sachlich-rechtlichen Standpunkt des [X.] zu einer anderen Berufungsentscheidung geführt hätte. Dazu wird in der Revisionsbegründung nichts ausgeführt. Dies wäre aber notwendig gewesen, weil [X.] der Vorwürfe gegenüber dem [X.]läger - Installation einer [X.]amera im Umkleideraum der Mitarbeiterinnen und Erstellung sowie Überspielen der Bilddateien in sein Büro - von diesem selbst nicht in Abrede gestellt wird. Die Auffassung des [X.], das [X.] hätte sich wegen der Einstellung des Strafverfahrens für seine Feststellungen nicht auf die Anklageschrift und das Strafurteil beziehen dürfen, könnte ohne nähere Darlegungen zum möglichen Ergebnis weiterer Ermittlungen seiner Rüge allenfalls zum Erfolg verhelfen, wenn [X.] der Vorwürfe zwischen den Beteiligten streitig wäre. Das ist jedoch gerade nicht der Fall.

b. Im Übrigen hat das [X.] den Sachverhalt hinreichend aufgeklärt. Es hat festgestellt, dass der [X.]läger vor Ende 2007 in seiner Praxis eine Überwachungsanlage installiert hat, mit deren Hilfe er Aufnahmen seiner Mitarbeiterinnen in (teilweise) unbekleidetem Zustand beim Umziehen erstellt hat, die dann in sein Büro überspielt und dort aufgezeichnet worden sind. Dieses Vorgehen hat der [X.]läger bis zum [X.] fortgesetzt und die Aufnahmen auf dem dafür vorgesehenen Gerät gespeichert. [X.] des Sachverhaltes hat das [X.] aufgrund der Feststellungen des Urteils des [X.], der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft [X.] und vor allem der eigenen Aussagen des [X.] vor den Zulassungsinstanzen, vor dem AG [X.] in den Verfahren der Mitarbeiterinnen gegen den [X.]läger und gegenüber dem psychiatrischen Gutachter Prof. Dr. D. festgestellt.

Ernstliche Zweifel an der hinreichenden Tatsachenfeststellung im Urteil des [X.] sind insbesondere nicht deshalb begründet, weil das Urteil des AG [X.], das den [X.]läger zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt hat, durch den Einstellungsbeschluss des LG [X.] vom [X.] wirkungslos geworden ist. Nach Rücknahme der Strafanträge der ehemaligen [X.] konnte der Verstoß gegen § 201a StGB (in der hier noch maßgeblichen Fassung des 36. Strafrechtsänderungsgesetzes vom 30.7.2004, aF) nicht (weiter) verfolgt werden (vgl § 205 Abs 1 S 1 StGB in der hier noch maßgeblichen Fassung des [X.] zur Bekämpfung der Computerkriminalität vom [X.], aF). Die Annahme des [X.], in einem solchen Fall beruhe die gerichtliche Entscheidung notwendigerweise auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage, geht fehl. Zwar ist zutreffend, dass mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Einstellungsentscheidung nach § 206a [X.] das rechtshängige Verfahren beendet wird. Nach Rechtskraft des Beschlusses ist die Fortsetzung des Verfahrens ausgeschlossen. Die Einstellung eines Strafverfahrens durch Beschluss gemäß § 206a [X.] wegen Vorliegens eines Verfahrenshindernisses ist, wie sich schon aus § 206a Abs 2 [X.] ergibt, formeller und materieller Rechtskraft fähig. Sie hat grundsätzlich dieselben Rechtswirkungen wie ein verfahrenseinstellendes Urteil gemäß § 260 Abs 3 [X.] ([X.] Beschluss vom 21.12.2007 - 2 StR 485/06 - NStZ 2008, 296; [X.] in [X.] [X.]ommentar zur [X.], 8. Aufl 2019, § 206a RdNr 1; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 62. Aufl 2019, § 206a RdNr 11). Das hat jedoch nicht zur Folge, dass die Zulassungsinstanzen und die Gerichte sich nicht auf die vom AG [X.] getroffenen Feststellungen oder die Ergebnisse des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens stützen dürften, zumal diese durch zahlreiche Aussagen und Unterlagen aus dem maßgeblichen Zeitraum bestätigt werden. Der [X.] hat auch keine Bedenken hinsichtlich der Verwertbarkeit der im arbeitsgerichtlichen Verfahren getätigten Angaben des [X.] und der dort geschlossenen Vergleiche (zur grundsätzlichen Verwertbarkeit bestandskräftiger gerichtlicher Vergleiche über Honorarkürzungen wegen Unwirtschaftlichkeit in [X.] vgl [X.] Beschluss vom 28.8.1996 - 6 [X.] - Juris RdNr 5; [X.] Beschluss vom 9.12.2004 - [X.] [X.]/04 B - Juris RdNr 8).

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s dürfen die Sozialgerichte bei der Feststellung, ob ein Arzt seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt und sich als ungeeignet für die vertragsärztliche Tätigkeit erwiesen hat, vorliegende bestandskräftige Entscheidungen anderer Gerichte und auch die Ergebnisse staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen verwerten ([X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.]/13 B - Juris RdNr 17; [X.] Beschluss vom 27.6.2007 - [X.] [X.]/07 B - Juris RdNr 12; [X.] Beschluss vom [X.] [X.] 32/09 B - [X.] 2011, 307 = Juris Rd[X.]; [X.] Beschluss vom 31.8.1990 - 6 [X.] - Juris RdNr 5; [X.] Beschluss vom 27.2.1992 - 6 [X.] - Juris Rd[X.]7; [X.] Beschluss vom 17.1.2018 - [X.] [X.] 61/17 B - Juris Rd[X.]; vgl auch [X.] Beschluss vom 16.1.1991 - 1 BvR 1326/90). Dies gilt hier auch für die vom AG getroffenen Feststellungen und die Ergebnisse des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens. Ein gesetzliches Verwertungsverbot besteht insoweit nicht (so auch zur Verwertung staatsanwaltlicher Ermittlungsakten im Approbationsentzugsverfahren BVerwG Beschluss vom 28.4.1998 - 3 [X.]/97 - Juris RdNr 4). Selbstverständlich sind der [X.] und die Gerichte in einer solchen Fallgestaltung verpflichtet, die Erkenntnisse des Ermittlungsverfahrens bzw die vom AG getroffenen Feststellungen einer kritischen Würdigung zu unterziehen und den Sachverhalt ggf in eigener Verantwortung weiter aufzuklären. So wird grundsätzlich zu berücksichtigen sein, wenn neue wesentliche Gesichtspunkte vorgetragen werden oder sich die Tatsachenermittlungen nachträglich als offenkundig fehlerhaft erweisen (vgl [X.] Beschluss vom 2.12.2016 - 12 [X.] - [X.] 131, 97 = Juris, Rd[X.]0 ff).

Für eine offenkundige Fehlerhaftigkeit gibt es jedoch nach den Feststellungen der Vorinstanzen keine Anhaltspunkte. Der [X.]läger hat sein Verhalten gegenüber den Mitarbeiterinnen ausdrücklich bedauert und sich dafür entschuldigt; seine eigene Darstellung, dass er die Überwachungsanlage ursprünglich zum Schutz gegen Diebstähle installiert und den [X.] im Umkleideraum, der ihm genaue Aufnahmen des Intimbereichs der Betroffenen ermöglichte, als Bestandteil eines zufällig günstig erworbenen [X.]schranks mehr oder weniger beiläufig genutzt habe, sollte seine Handlungsweise erklären und ihren Unrechtsgehalt mindern. Auch gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. D., dessen Gutachten der [X.]läger selbst in das Verfahren eingeführt hat, hat er unmissverständlich erklärt, dass bei ihm der Wunsch entstanden sei, "ähnliche Szenen", also unbekleidete Mitarbeiterinnen in Situationen, in denen diese sich unbeobachtet wissen, "auch künftig ansehen zu können". Dafür durch ein technisch aufwändiges System gesorgt und diese Beobachtung über mindestens sechs Jahre mit Tausenden von Einzelaufnahmen fortgesetzt zu haben, ist [X.] des Vorwurfs gegen den [X.]läger, und diesen Sachverhaltskern hat das [X.] korrekt festgestellt.

Im sozialgerichtlichen Verfahren hat der [X.]läger auch keine neuen wesentlichen Gesichtspunkte vorgetragen. Er hat sich vielmehr darauf beschränkt, in seinen Ausführungen darzulegen, dass sich die Gelegenheiten für die Filmaufnahmen eher zufällig ergeben hätten, er sich nicht sämtliche Bilder angesehen habe, beim Betrachten der Bilder keine sexuelle Motivation bestanden habe und die Feststellungen vom [X.] nicht unmittelbar durch Beweismittel (Auswertung von Videoaufnahmen oder Vernehmung von Zeugen) gewonnen worden seien.

2. In der über Jahre fortgesetzten massiven Verletzung der Privat- und Intimsphäre der Mitarbeiterinnen liegt eine gröbliche Pflichtverletzung iS des § 95 Abs 6 S 1 Alt 3 [X.]B V, welche die Entziehung der Zulassung begründet. Gemäß § 95 Abs 6 S 1 [X.]B V ist die Zulassung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertrags(zahn)arzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Eine Pflichtverletzung ist gröblich, wenn sie so schwer wiegt, dass ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist ([X.] vom 20.10.2004 - [X.] [X.] 67/03 R - [X.]E 93, 269 = [X.]-2500 § 95 [X.], RdNr 10; [X.] vom 17.10.2012 - [X.] [X.] 49/11 R - [X.]E 112, 90 = [X.]-2500 § 95 [X.], Rd[X.]0; [X.] vom 17.6.2009 - [X.] [X.] 16/08 R - [X.]E 103, 243 = [X.]-2500 § 95b [X.], RdNr 37; [X.] Beschluss vom 11.2.2015 - [X.] [X.] 37/14 B - Juris Rd[X.]).

Davon ist nach der Rechtsprechung des [X.] wie auch des [X.] auszugehen, wenn die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung durch das Verhalten des Arztes in erheblichem Maße verletzt wird und das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen tiefgreifend und nachhaltig gestört ist, sodass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann ([X.] Beschluss vom 11.2.2015 - [X.] [X.] 37/14 B - Juris Rd[X.] mwN; [X.] Beschluss vom 26.9.2016 - 1 BvR 1326/15 - Juris RdNr 40 und Beschluss vom 28.3.1985 - 1 BvR 1245/84, 1254/84 - [X.]E 69, 233, 244 = [X.] 2200 § 368a [X.]; vgl auch [X.] in [X.], [X.], 3. Aufl 2016, § 95 RdNr 516). Ebenfalls geklärt ist, dass persönliche Lebensumstände für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für eine Entziehung der Zulassung vorliegen, ohne Bedeutung sind: Für den Tatbestand einer gröblichen Pflichtverletzung iS von § 95 Abs 6 [X.]B V ist nicht erforderlich, dass den Vertragsarzt ein Verschulden trifft; auch unverschuldete Pflichtverletzungen können zur Zulassungsentziehung führen (vgl [X.] Beschluss vom 11.2.2015 - [X.] [X.] 37/14 B - Juris RdNr 11 mwN). Von diesen Maßgaben ausgehend hat das [X.] in nicht zu beanstandender Weise eine gröbliche Pflichtverletzung des [X.] bejaht.

a. Entgegen der Auffassung des [X.] ist eine Pflichtverletzung iS des § 95 Abs 6 S 1 [X.]B V nicht bereits deshalb zu verneinen, weil das Beobachten der [X.] beim Umkleiden als Verfehlung außerhalb des eigentlichen [X.] der vertragsärztlichen Tätigkeit (Behandlung der Versicherten, korrekte Abrechnung) zu bewerten wäre.

(1) Es ist in der Rechtsprechung des [X.]s bereits geklärt, dass auch Verfehlungen außerhalb dieses [X.]ernbereichs eine Zulassungsentziehung rechtfertigen können. Es kann insbesondere nicht nur auf ein Verhalten abgestellt werden, welches das unmittelbare Arzt-Patienten-Verhältnis betrifft. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das beanstandete Verhalten - wie hier - "im Verlaufe" ("bei Gelegenheit") des [X.] erfolgt. So hat der [X.] eine Zulassungsentziehung wegen versuchter Vergewaltigung einer Praxishelferin gebilligt ([X.] Beschluss vom 19.6.1996 - 6 [X.] - Juris; vgl auch [X.] Beschluss vom 31.3.2006 - [X.] [X.] 69/05 B - Juris) und auch sexuelle Übergriffe eines Arztes gegen die von ihm Auszubildenden ([X.] Beschluss vom 27.6.2007 - [X.] [X.]/07 B - Juris RdNr 11) sowie fortgesetzte grob beleidigende und diffamierende Äußerungen gegenüber Mitarbeitern und Funktionsträgern der [X.] ([X.] vom 20.10.2004 - [X.] [X.] 67/03 R - [X.]E 93, 269 = [X.]-2500 § 95 [X.], Rd[X.]0 ff) oder verbale Attacken auf Mitarbeiter von [X.]rankenkassen ([X.] Beschluss vom 5.11.2003 - [X.] [X.] 54/03 B - Juris RdNr 18; vgl auch [X.] Beschluss vom 19.11.2014 - [X.] [X.] 45/14 B - zum Verhalten eines Vertragsarztes im [X.]ontext von Gerichtsverfahren) als mögliche Pflichtverletzungen iS des § 95 Abs 6 [X.]B V benannt (vgl auch [X.] Hamburg Urteil vom 7.10.2015 - L 5 [X.]/13 - Juris und [X.] Nordrhein-Westfalen Urteil vom 8.10.2003 - L 11 [X.] 165/02 - Juris, zu Vermögensdelikten).

(2) Für die hier in Rede stehenden gravierenden Eingriffe in die Intimsphäre der [X.] gilt nichts anderes. Dass es - worauf der [X.]läger ausdrücklich hinweist - zu keinen sexuellen Übergriffen auf seine Angestellten gekommen ist, steht der Einordnung der begangenen Verfehlungen als gröbliche Pflichtverletzung nicht entgegen. Strafandrohung und Strafrahmen des § 201a StGB lassen hinreichend deutlich erkennen, welchen Unrechtsgehalt der Gesetzgeber Verletzungen der Intimsphäre zuweist (vgl BVerwG Urteil vom 16.2.2017 - 2 WD 14/16 - NVwZ-RR 2017, 619). Die Vorschrift ist durch das 36. Strafrechtsänderungsgesetz in das StGB aufgenommen worden und am [X.] in [X.] getreten. Mit der Einführung neuer Technologien, durch die der Aufwand bei der Aufnahme sowie bei der Verbreitung immer geringer geworden ist, ist das praktische Bedürfnis gewachsen, den Persönlichkeitsschutz im Bildbereich zu stärken (vgl BT-Drucks 15/533 S 3; BT-Drucks 15/2466 [X.]). In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, dass der persönliche Lebensbereich durch Bildaufnahmen in gleicher Weise verletzt werden kann wie durch unbefugtes Abhören (BT-Drucks 15/2466 [X.]). Die Vorschrift schützt die individuelle Eigensphäre als einen Freiraum, der für die Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit unerlässlich ist ([X.] in [X.]indhäuser/[X.]/Paeffgen, StGB, 5. Aufl 2017, § 201a StGB RdNr 4 unter Hinweis auf [X.] Urteil vom 3.3.2004 - 1 BvR 2378/98, 1 BvR 1084/99 - [X.]E 109, 279). Erfasst ist damit der durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistete höchstpersönliche Lebensbereich ([X.] Beschluss vom 26.2.2015 - 4 StR 328/14 - [X.] 2015, 298; [X.] in [X.]/[X.], StGB, 30. Aufl 2019, § 201a RdNr 3).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der [X.]läger mittels einer von ihm aufwändig installierten technischen Vorrichtung über einen Zeitraum von sechs Jahren heimlich tausende Videodateien von seinen Mitarbeiterinnen ohne deren Wissen und in intimen Situationen angefertigt bzw die Mitarbeiterinnen beim Umkleiden in Echtzeit beobachtet. Der [X.]läger hat damit ein gravierendes Fehlverhalten gezeigt, welches mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Zahnarztes schlechthin nicht vereinbar ist. Gerade die Übertragung der Bilder aus dem Umkleideraum in das Büro des [X.] und die Speicherung mit dem Ziel, diese Bilder öfter anzusehen, machen deutlich, dass der [X.]läger die Intimsphäre der Mitarbeiterinnen zum Objekt seiner besonderen Interessen gemacht hat. Die zahlreichen Aufnahmen über einen Zeitraum von sechs Jahren lassen sich nicht mehr als bloß gelegentliches Fehlverhalten abtun. Der [X.]läger hat unter Ausnutzung der Gegebenheiten seiner Praxis und seiner Arbeitgeberstellung wiederholt und dauerhaft schwere Eingriffe in die Intimsphäre seiner [X.] vorgenommen, die geeignet sind, die Betroffenen nachhaltig zu beeinträchtigen. Dabei hat er den Umstand ausgenutzt, dass die Mitarbeiterinnen in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zu ihm standen. Er hat das Vertrauen der betroffenen Mitarbeiterinnen massiv verletzt, indem er ohne ihr Wissen und Einverständnis Videoaufnahmen von ihren nahezu unbekleideten [X.]örpern bzw [X.]örperteilen angefertigt hat. Wenn der [X.]läger als Arbeitgeber seinen Mitarbeiterinnen einen Umkleide- und Duschraum zur Verfügung stellt, müssen diese darauf vertrauen können, dass keine Filmaufnahmen von ihnen gefertigt werden, auf denen sie unter Umständen unbekleidet zu sehen sind.

Diese Pflichtverletzungen sind in ihrem Zusammenhang gröblich, weil sie das Vertrauen der [X.] und der [X.]rankenkassen in eine ordnungsgemäße Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit, die mit hohen Erwartungshaltungen an die Integrität des Zahnarztes behaftet ist, so nachhaltig zerstörten, dass diesen eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem [X.]läger nicht mehr zuzumuten ist. Die Funktionsfähigkeit des Systems der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung setzt voraus, dass die beteiligten Ärzte, [X.]rankenkassen und [X.](Z)ÄVen auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens trotz gegenläufiger Interessen zusammenwirken. Mit einem Zahnarzt, der grundlegende Anforderungen an das Verhalten im Zusammenhang mit der Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit über Jahre so gravierend verletzt hat und nicht etwa einmalig einer bestimmten "Versuchung" erlegen ist, müssen die Träger der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht länger zusammenarbeiten. Ihr Vertrauen, der [X.]läger werde seine vertragszahnärztliche Tätigkeit in Einklang mit den für die Ausübung des zahnärztlichen Berufs geltenden Vorschriften ausüben, ist nachhaltig erschüttert und zerstört.

b. Dass der [X.]läger nicht rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden ist und dass die arbeitsgerichtlichen Verfahren vergleichsweise unter Zahlung von Entschädigungen an die betroffenen Mitarbeiterinnen erledigt worden sind, ändert nichts daran, dass die Voraussetzungen für eine Zulassungsentziehung erfüllt sind. Weder aus § 95 Abs 6 [X.]B V noch aus der Rechtsprechung des [X.]s sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass eine gröbliche Pflichtverletzung nur im Falle strafbaren Verhaltens angenommen werden darf ([X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 14/09 B - Juris RdNr 18). Die Entscheidung über eine Zulassungsentziehung nach § 95 Abs 6 [X.]B V knüpft nicht an ein den Arzt rechtskräftig wegen einer (vorsätzlichen) Tat verurteilendes Strafurteil eines [X.] Gerichts an. Selbst wenn der Arzt vom Vorwurf einer Straftat rechtskräftig freigesprochen worden ist, sind andere Gerichte an diese Wertung des Sachverhalts durch das Strafgericht grundsätzlich nicht gebunden, soweit es bei ihren Verfahren nicht um die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Betroffenen geht (vgl auch BVerwG Beschluss vom 24.1.2017 - 2 [X.]/16 - NJW 2017, 2295 - Juris RdNr 8 bei Entlassung aus dem [X.]). Vielmehr kann auch ein nicht strafbares Verhalten einen so gewichtigen Unwert darstellen, dass eine gröbliche Pflichtverletzung bejaht werden kann. Dies ist vorliegend nach den Feststellungen des [X.] und [X.] der Fall.

3. Zu Recht hat das [X.] als maßgeblichen Zeitpunkt für die Prüfung des Tatbestandes des § 95 Abs 6 S 1 [X.]B V auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung des Beklagten - hier am 28.1.2015 - abgestellt ([X.] vom 17.10.2012 - [X.] [X.] 49/11 R - Juris; [X.] Beschluss vom 17.1.2018 - [X.] [X.] 61/17 B; [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 69/15 B; [X.] vom 21.3.2012 - [X.] [X.] 22/11 R - [X.]-2500 § 95 [X.]4 RdNr 54 f). Eine Zulassungsentziehung erfordert keine Negativprognose für das künftige Verhalten des Leistungserbringers im Sinne der Feststellung einer Wiederholungsgefahr, da § 95 Abs 6 S 1 [X.]B V nicht auf die Steuerung künftigen Verhaltens ausgerichtet ist, sondern eine nachträgliche Reaktion auf ein in der Vergangenheit liegendes pflichtwidriges Verhalten darstellt (ausführlich dazu [X.] vom 21.3.2012 - [X.] [X.] 22/11 R - [X.]E 110, 269 = [X.]-2500 § 95 [X.]4, RdNr 56 ff; [X.] in [X.], [X.], 3. Aufl 2016, § 95 [X.]B V RdNr 522). Soweit der [X.]läger vorträgt, er habe Maßnahmen ergriffen, sodass eine zukünftige Gefährdung von Mitarbeitern und Patienten nicht zu befürchten sei, ist dies für die Rechtmäßigkeit der Zulassungsentziehung ohne Bedeutung, sondern nur in einem eventuellen Verfahren auf Wiederzulassung gegebenenfalls relevant.

4. Die Zulassungsentziehung ist auch verhältnismäßig. Eine lediglich hälftige Entziehung der Zulassung nach § 95 Abs 6 S 2 [X.]B V war dem Beklagten bereits deshalb nicht möglich, weil eine solche jedenfalls bei [X.] wegen gröblicher Pflichtverletzungen nur in Betracht kommt, wenn der betroffene Arzt lediglich über einen hälftigen Versorgungsauftrag verfügt, mithin auch nur ein hälftiger Versorgungsauftrag entzogen werden kann ([X.] Beschluss vom 17.10.2012 - [X.] [X.] 19/12 B - Juris Rd[X.] ff). Der [X.]läger verfügte jedoch über einen vollen Versorgungsauftrag.

Auch der Einwand des [X.], dem Beklagten habe als milderes Mittel die Durchführung eines Disziplinarverfahrens zur Verfügung gestanden, greift nicht. Angesichts des dargestellten schwerwiegenden Charakters der Pflichtverletzungen ist die Zulassungsentziehung sachangemessen. Sofern eine der drei Voraussetzungen des § 96 Abs 6 S 1 [X.]B V vorliegt, ist die Zulassung zu entziehen (vgl [X.] vom 25.10.1989 - 6 [X.] 28/88 - [X.]E 66, 6, 7). Die Entziehung setzt keine weiteren Tatbestandmerkmale als eine gröbliche Pflichtverletzung, die Nichtaufnahme oder Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit oder das Nichtvorliegen und das Entfallen der Zulassungsvoraussetzungen voraus. Ein Grundsatz, dass vor jeder Zulassungsentziehung eine Disziplinarmaßnahme durchzuführen wäre, besteht nicht. Insbesondere wenn die Pflichtverletzung - wie hier - gröblich ist, reichen Disziplinarmaßnahmen nicht mehr aus ([X.] vom 25.10.1989 - 6 [X.] 28/88 - [X.]E 66, 6, 8; vgl auch [X.]/[X.], Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, 3. Aufl 2018, RdNr 1630; [X.] in Schallen, Zulassungsverordnung, 9. Aufl 2018, § 27 RdNr 31).

5. Das Gutachten von Prof. Dr. D. aus dem [X.], wonach bei dem [X.]läger keine psychische Erkrankung vorliegt, die seine Eignung für die Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit einschränkt, hat im Rahmen der Prüfung des Tatbestandes der gröblichen Pflichtverletzung in den Jahren 2007 bis 2012 keine Bedeutung. Ob das Gutachten der Annahme des [X.] entgegensteht, dass auch der Entziehungstatbestand der fehlenden Eignung aus gesundheitlichen oder sonstigen in der Person liegenden Gründen erfüllt ist (§ 21 S 1 [X.] in Verbindung mit § 95 Abs 6 S 1 Alt 1 [X.]B V), lässt der [X.] offen; für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Beklagten kommt es darauf nicht an.

B. Die [X.]ostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 [X.] iVm § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat der [X.]läger die [X.]osten des von ihm ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Eine Erstattung der [X.]osten der Beigeladenen zu 1. bis 6. ist nicht veranlasst, weil sie keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO).

Meta

B 6 KA 4/18 R

03.04.2019

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Gotha, 23. März 2016, Az: S 7 KA 2580/15, Urteil

§ 95 Abs 6 S 1 SGB 5, § 95 Abs 6 S 2 SGB 5, § 21 S 1 Zahnärzte-ZV, § 201a StGB, § 205 StGB, § 206a StPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 03.04.2019, Az. B 6 KA 4/18 R (REWIS RS 2019, 8595)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8595

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1 BvR 1326/15

2 WD 14/16

4 StR 328/14

2 B 75/16

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