Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2012, Az. 3 StR 117/12

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 85

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
3 StR
117/12
vom
20. Dezember 2012
Nachschlagewerk:

ja
[X.]St:

ja
Veröffentlichung:

ja

[X.] §§
81h, 261

Zur Verwertbarkeit der im Zusammenhang mit einer molekulargenetischen Reihen-untersuchung gewonnenen Erkenntnis, dass der Verursacher der bei der Tat geleg-ten DNA-Spur wahrscheinlich mit einem der Teilnehmer der Untersuchung verwandt ist (sog. Beinahetreffer).

[X.], Urteil vom 20.
Dezember 2012 -
3 [X.] -
LG [X.]

in der Strafsache
gegen

-
2
-
wegen besonders schwerer Vergewaltigung
-
3
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung
vom 18.
Oktober 2012
in der Sitzung am 20.
Dezember
2012, an denen
teilgenom-men haben:
Vorsitzender [X.] am [X.]
[X.],

die [X.] am [X.]
[X.],
[X.],
[X.],
[X.]in am [X.]
Dr. Spaniol

als beisitzende [X.],

[X.] beim [X.]

-
in der Verhandlung -
,
Staatsanwalt

-
bei der Verkündung -

als Vertreter der [X.]schaft,

Rechtsanwalt

,
Rechtsanwalt

als Verteidiger
des Angeklagten in der Verhandlung,

Rechtsanwältin

als Vertreterin der Nebenklägerin in der Verhandlung,

Justizamtsinspektor

-
in der Verhandlung -
,
Justizangestellte

-
bei der Verkündung -

als Urkundsbeamte
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
4
-
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 2. November 2011 wird verworfen.

Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die [X.] des vorgenannten Urteils wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner [X.] und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Ver-gewaltigung zur Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt. Von der Auferlegung der Kosten und Auslagen des Verfahrens auf den Angeklagten hat es abgese-hen, hat ihn aber zur Tragung der notwendigen Auslagen der Nebenklägerin und seiner eigenen Auslagen verurteilt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Mit der sofortigen Beschwerde greift er die Auslagenentscheidung des [X.]s an. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
1
-
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-
A.
I. Nach den Feststellungen des [X.]s sprang der Angeklagte, der sich entschlossen hatte, die Nebenklägerin unter Einsatz massiver Gewalt zum Geschlechtsverkehr zu nötigen, diese in der Nacht vom 17. auf den 18. Juli 2010 auf dem [X.] von einer Gaststätte von hinten an, so dass sie auf den Bauch zu Boden fiel. Auf ihr sitzend oder liegend gelang es ihm trotz heftiger Gegenwehr der Nebenklägerin unter Einsatz massiver Schläge gegen ihren Kopf, den er auch auf den Boden schlug, ihr den Rock hochzuschieben, den Slip auszuziehen und ihre Beine zu spreizen. Anschließend drang er mit seinem erigierten Glied mehrfach in ihre Scheide und einmal kurzzeitig in ihren Anus ein, bevor er sie nach einem kurzen, missglückten Befreiungsversuch er-neut zu Boden warf und mit ihr den Vaginalverkehr bis zum Samenerguss voll-zog.
Als die Nebenklägerin, die den Angeklagten nicht erkennen konnte, weil ihre Augen wegen der heftigen Schläge gegen den Kopf zugeschwollen waren, sich bewusstlos stellte, ließ er von ihr ab, auch weil er auf dem Weg heranna-hende Personen hörte.
[X.] Die Nebenklägerin begab sich unmittelbar nach der Tat zu der in der Nähe liegenden Wohnung ihres Freundes, der umgehend die Polizei [X.]; sie wurde noch in der Nacht ärztlich untersucht und es wurden Abstriche aus dem Vaginal-
und Analbereich entnommen. In diesen und an der Kleidung der Nebenklägerin wurde [X.] sichergestellt, dessen Untersuchung zwar einen bestimmten Spurenverursacher, aber keine Hinweise auf einen po-lizeilich bekannten Täter ergab. Nachdem weitere Ermittlungen eine örtliche Verwurzelung des [X.] nahegelegt hatten, ordnete der Ermittlungsrichter beim [X.] auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom 13. September 2010 hinsichtlich sämtlicher zwischen dem 1. Januar 1970 2
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und dem 31. Dezember 1992 geborener männlicher Personen in der Samtge-meinde D.

die freiwillige Abgabe von Körperzellen zur Feststellung des [X.] an. An dem [X.], bei dem von 2.406 Männern nach der gesetzlich vorgeschriebenen Belehrung über die [X.] und den Umfang der Nutzung der DNA Speichelproben genommen [X.], nahmen auch der Vater des Angeklagten und zwei seiner Onkel teil; er selbst war davon aufgrund seines geringen Alters nicht betroffen. Bei der Un-tersuchung und dem Vergleich der DNA-Proben aus dem [X.] mit dem [X.] der [X.]en stellte die beauftragte Sachverständige bei zwei anonymisierten Proben aufgrund des Vorkommens eines sehr seltenen Allels eine hohe Übereinstimmung zwischen diesen und der des mutmaßlichen [X.] fest. Sie teilte diesen Befund dem ermittelnden Polizeibeamten mit und wies darauf hin, dass diese beiden Probengeber zwar nicht als Täter in [X.] kämen, aber Verwandte des Spurenlegers sein könnten. Deshalb erbat sie die Überprüfung, ob weitere Verwandte an dem [X.] teilgenom-men hätten, um -
zu diesem Zeitpunkt stand noch die Untersuchung von etwa 800 Speichelproben aus -
deren Untersuchung gegebenenfalls vorzuziehen. Die beiden Proben wurden daraufhin bei der Polizeidienststelle entanonymisiert und es wurde festgestellt, dass sie von untereinander Verwandten -
dem Vater des Angeklagten und seinem Onkel A.

-
stammten. Die in anonymer Form durchgeführte Untersuchung der Probe des weiteren Onkels M.

des [X.] hatte ergeben, dass dieser ebenfalls nicht als Verursacher der [X.] in Betracht kam; das bei den beiden anderen Proben gefundene seltene Allel, das auch die [X.] aufwies, war bei ihm nicht vorhanden. Ein alsdann von der Polizei durchgeführter [X.] erbrachte das Ergebnis, dass einer der Probengeber einen [X.] -
den Angeklagten -
hat, der aufgrund seines jugendlichen Alters nicht in das Raster für den [X.] gefallen war, der aber gleichwohl die Tat begangen haben könnte. Daraufhin erließ das -
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[X.] -
Ermittlungsrichter -
auf Antrag der Staatsanwaltschaft am 13. Januar 2011 einen Beschluss auf Entnahme von Körperzellen bei dem Angeklagten und deren Untersuchung zur Bestimmung des [X.]. Diese Untersuchung ergab eine Übereinstimmung mit der [X.].
B.
I. Das unter A.
[X.]
geschilderte Verfahrensgeschehen rügt der [X.] unter mehreren rechtlichen Gesichtspunkten als [X.].
1. a) Die Verwertung der Ergebnisse der [X.] betreffend den Angeklagten und seine Verwandten stelle einen Verstoß gegen § 261 [X.]. § 81h Abs. 3, Abs. 4 Nr. 1 [X.] und den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes dar, weil diese Erkenntnisse auf rechtswidrige Art und Weise erlangt und deshalb unverwertbar seien. Fehlerhaft sei, dass die Proben des [X.] und des Onkels des Angeklagten, welche die teilweise Übereinstimmung zur [X.] aufgewiesen hätten, sowie die Aufzeichnungen über deren festgestellte [X.] nicht unverzüglich vernichtet worden seien, nach-dem festgestellt worden war, dass die beiden Probanden nicht als Spurenleger in Betracht kamen. Die Sachverständige habe zudem einen Quervergleich der Proben untereinander durchgeführt, was eine von §
81h [X.] nicht erlaubte Untersuchungsmethode darstelle. Weitere Gesetzesverletzungen seien in der Entanonymisierung der Proben und in dem später durchgeführten Abgleich mit der Probe des weiteren Onkels des Angeklagten zu sehen. Der Vater und die beiden Onkel des Angeklagten hätten zudem nicht wirksam in die Entnahme und Untersuchung ihres [X.] eingewilligt, weil sie bei der durchgeführ-ten Belehrung über das Schicksal ihrer DNA-Probe getäuscht worden seien. Schließlich seien durch die Vorgehensweise der Ermittlungsbehörden die ana-4
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log anwendbaren Vorschriften des § 52 Abs. 1 Nr. 3 und des § 81c Abs. 3 Satz 1 [X.] verletzt worden. Die Vielzahl der Verstöße, die auf ein willkürliches Handeln der Ermittlungsorgane hindeute, sowie ihr Gewicht begründeten nicht nur ein Beweiserhebungs-, sondern auch ein Beweisverwertungsverbot.
b) Die Rüge ist unbegründet.
Die von der Revision erhobenen Beanstandungen wegen Rechtsverlet-zungen bei der Gewinnung der [X.] des [X.] und der Onkel des Angeklagten im Rahmen des [X.]s dringen nicht durch. Die Erhebung dieser Beweismittel war rechtmäßig (dazu unten aa)). Allerdings sind diese Beweismittel in einer vom Gesetz nicht gedeckten Weise verwendet worden, um den Tatverdacht gegen den Angeklagten zu begründen. Dies führ-te zum Erlass des von diesem Fehler bemakelten Beschlusses des [X.] nach § 81a [X.] und damit letztlich zur Feststellung der Übereinstim-mung des [X.] des Angeklagten mit dem der Tatspu-ren. Diese somit rechtswidrig gewonnenen Erkenntnisse (dazu unten [X.]))
durf-te die [X.] gleichwohl in die Hauptverhandlung einführen und im Urteil gegen den Angeklagten verwerten (dazu unten cc)).
aa) Die Durchführung des [X.]s gibt keinen Anlass zu rechtli-chen Beanstandungen.
Insoweit gilt zudem, dass die Untersuchung der Probe des Onkels M.

die hohe Übereinstimmung mit der [X.] -
insbesondere hinsichtlich des bei den beiden anderen Proben festgestellten, seltenen Allels -
nicht ergab. Sie vermochte deshalb einen Verdacht bezüglich des Angeklagten nicht zu begründen. Auf den behaupteten Gesetzesverletzungen gegenüber diesem Onkel des Angeklagten kann das Urteil deshalb jedenfalls nicht beru-hen.
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Danach bleiben nur etwaige Gesetzesverletzungen betreffend die Ent-nahme und Untersuchung der Speichelprobe des [X.] des Angeklagten und des Onkels A.

zu prüfen; insoweit greifen die von der Revision erhobenen [X.] nicht durch. Im Einzelnen:
(1) Es ist nicht zu beanstanden, dass die beiden [X.] nach dem Abgleich mit der [X.] nicht sofort gelöscht worden sind. Nach §
81h Abs.
3 Satz 1, § 81g Abs. 2 Satz
1 1. Halbs. [X.] müssen die den Probanden entnommenen Körperzellen unverzüglich vernichtet werden, sobald sie für die Untersuchung nicht mehr erforderlich sind; dies ist ausweislich des schriftlichen Gutachtens der Sachverständigen geschehen. Die aus der Untersuchung gewonnenen Aufzeichnungen über die [X.] hingegen sind nach §
81h Abs.
3 Satz 2 [X.] erst dann unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Aufklärung des Verbrechens nicht mehr erforderlich sind.
Vorliegend ist ein Verstoß gegen die Löschungsverpflichtung nicht gege-ben: Im Zeitpunkt der Untersuchung der DNA-Proben der beiden Onkel des Angeklagten war der [X.] noch nicht abgeschlossen; es stand noch die Untersuchung von ca. 800 Speichelproben aus. Eine Verpflichtung zur [X.] Löschung jedes einzelnen -
nicht übereinstimmenden -
Identifizie-rungsmusters unmittelbar nach seinem Abgleich mit dem der [X.] lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen.
Im Übrigen würde auf der unterlassenen Löschung der beiden [X.] das Urteil nicht beruhen: Nach der Untersuchung lag jedenfalls aus Sicht der Sachverständigen sehr nahe, dass diese Probanden Verwandte des mutmaßlichen [X.] sein könnten. Auch wenn die Sachver-ständige die [X.] im [X.] an den Abgleich sofort 9
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gelöscht hätte, wäre -
wie geschehen -
die Verwendung dieser Information (da-zu unten [X.]))
als Anlass für weitere Ermittlungen und ihre Verwertung als ver-dachtsbegründend möglich gewesen. Aus dem gleichen Grund ist es für die Entscheidung auch ohne Bedeutung, ob die Identifizierungsmuster im Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch vorhanden waren oder ob sie mittlerweile gelöscht worden sind.
(2) Soweit der Beschwerdeführer als fehlerhaft beanstandet, dass die Sachverständige einen gezielten Quervergleich der Proben des [X.] des [X.] und seiner Onkel untereinander durchgeführt habe, ist die Rüge be-reits unzulässig. Aus dem in der Revisionsbegründung nur auszugsweise zitier-ten Vermerk von [X.] Z.

vom 4. Januar 2011 ergibt sich, dass die [X.] mitgeteilt hatte, die anonyme Auswertung der Proben des [X.] (90/4) und des Onkels A.

(89/4) habe eine hohe Übereinstimmung "mit der [X.]" ergeben. Ein Hinweis auf einen Vergleich der Proben untereinander lässt sich dem nicht entnehmen. Im weiteren -
nicht mitgeteilten -
Text des Vermerks ist niedergelegt, dass der [X.] auf diese fernmündliche Mitteilung die Personenliste der [X.] durchsah, ihm auf-grund der Namensgleichheit der weitere Onkel des Angeklagten als [X.] Verwandter auffiel und er dies der Sachverständigen in einem weiteren Telefonat mitteilte. Sie erklärte, auch diese Probe (91/3) bereits untersucht zu haben; die Person komme als Täter ebenfalls nicht in Betracht.
Damit ist die Verfahrensrüge insoweit nicht in der Form des § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.] erhoben: Die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen müssen so vollständig
und genau
dargelegt werden, dass das Revisionsgericht allein auf Grund dieser Darlegung das Vorhandensein eines Verfahrensman-gels feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden; dazu 13
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gehört auch, dass dem Beschwerdeführer nachteilige Tatsachen nicht über-gangen werden ([X.][X.], [X.], 6. Aufl.,
§ 344 Rn. 38 mit zahlreichen Nachweisen). So verhält es sich hier. Der Umstand, dass die Sachverständige die Probe 91/3 bereits untersucht hatte, bevor ihr der [X.] mitteil-te, dass dieser möglicherweise ein Verwandter der Probanden 89/4 und 90/4 sein könne, belegt, dass ein Quervergleich der Proben untereinander gerade nicht stattgefunden haben kann, weil der Sachverständigen unbekannt war, welche Proben sie miteinander hätte abgleichen sollen.
Dieses Verfahrensgeschehen ergibt zugleich, dass ein "gezielter Quer-vergleich" der Proben des [X.] des Angeklagten und seiner Onkel unterei-nander durch die Sachverständige nicht vorgenommen worden ist, so dass die Rüge auch in der Sache keinen Erfolg hat.
Gleiches gilt mit Blick auf die in diesem Zusammenhang in der [X.] von dem Verteidiger des Angeklagten vertretene Rechtsauffas-sung, die Sachverständige habe mit ihrer Vorgehensweise gegen eine Ver-pflichtung zum automatisierten Abgleich der [X.] ver-stoßen, weil sie andernfalls die hohe Übereinstimmung zwischen den Mustern des [X.] des Angeklagten und seinem Onkel A.

mit der [X.] nicht ha-be zur Kenntnis nehmen können. Der Gesetzgeber hat das Verfahren, mit dem die im Rahmen der [X.] festgestellten [X.] nach § 81h Abs. 1 Nr. 3 [X.] mit dem der [X.] "au-tomatisiert abgeglichen" werden, nicht definiert, insbesondere nicht vorge-schrieben, dass das Ergebnis des Abgleichs nur mit dem Ergebnis "Treffer" oder "Nichttreffer" angezeigt werden dürfe. Die Gesetzesbegründung, in der es heißt, die festgestellten Muster dürften "mit denen des aufgefundenen Spuren-materials -
auch in automatisierter Weise -
abgeglichen werden" (BT-Drucks. 15
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15/5674, S. 13), spricht vielmehr dafür, dass dadurch lediglich eine Arbeitser-leichterung für die beauftragten Sachverständigen und [X.] geschaffen werden sollte, die eine effiziente und zeitnahe abgleichende Analyse der im Rahmen der Reihenuntersuchung in erheblicher Zahl anfallen-den [X.] ermöglichen sollte (vgl. zu den insoweit beste-henden technischen Gegebenheiten auch [X.], [X.] 2011, 19, 20 f.).
(3) Zu Unrecht beanstandet die Revision Gesetzesverletzungen mit Blick auf die Entanonymisierung des [X.]. Die Körperzellen werden durch die Ermittlungsbehörden nicht in anonymisierter Form erhoben, ihnen liegen vielmehr bezüglich jedes Probanden die vollständigen Daten vor. Die über §
81h Abs. 3 Satz 1 [X.] anwendbare Vorschrift des §
81f Abs. 2 Satz 3 [X.] regelt nur, dass die Proben an den einzuschaltenden Sachver-ständigen in teilanonymisierter Form zu versenden sind. Dies ist geschehen. Die Proben des [X.] des Angeklagten und des Onkel A.

sind von der Sachverständigen weder entanonymisiert noch ihr in entanonymisierter Form zur Verfügung gestellt worden. Sie hatte weder im Zeitpunkt der Untersuchung dieser Probe noch der des Angeklagten Kenntnis von der Identität der Proban-den. Dass der ermittelnde Polizeibeamte auf die Mitteilung der hohen Überein-stimmung der [X.] mit der [X.] in der Personenliste der [X.] die Identität der Probengeber
überprüfte und so den Vater und den Onkel des Angeklagten ermittelte, verletzt die Vorschrift des § 81f Abs. 2 Satz 3 [X.] damit ersichtlich nicht. Verstöße gegen das in dieser Norm ausgesprochene Gebot der Teilanonymisierung sind zudem in der Regel ohnehin nicht geeignet, die Revision zu begründen, weil die Regelungen des §
81f Abs. 2 [X.] außerprozessualen Zwecken dienen, die nicht mit den Mit-teln des Prozessrechts geschützt werden müssen ([X.], Beschluss vom 12.
November 1998 -
3 [X.], [X.], 209 L.; SK-Rogall, [X.], 17
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Stand: Januar 2006, §
81f Rn. 24 [X.]; [X.], [X.], 55. Aufl.,
§ 81f Rn. 9).
(4) Rechtlich verfehlt ist weiter die Auffassung der Revision, die Einwilli-gung des [X.] und des Onkels des Angeklagten (und der anderen Proban-den) in die Zellentnahme und deren anschließende Untersuchung sei insge-samt unwirksam gewesen, weil die Belehrung nicht nur objektiv falsch gewesen sei, sondern -
wie insbesondere die mehrfachen Gesetzesverletzungen zeigten -
sie auch subjektiv getäuscht worden seien. Wie die Revision selbst vorträgt, entsprach die Belehrung der gemäß § 81h Abs. 4 [X.] gesetzlich vorgesehe-nen Form. Sie kann nicht durch spätere Vorgänge, die im Zeitpunkt der Ertei-lung der Belehrung nicht absehbar waren, nachträglich [X.] werden.
Zu Gesetzesverletzungen in Bezug auf die Löschungspflicht, die ange-wendeten Untersuchungsmethoden und das Gebot der Teilanonymisierung ist es zudem -
wie dargelegt -
nicht gekommen. Von einer "selbstherrlichen Miss-achtung" einer richterlichen Anordnung oder einer Täuschungsabsicht der er-mittelnden Behörden kann mithin keine Rede sein.
[X.]) Allerdings ist der Revision zuzugeben, dass das Vorgehen der [X.]n und der Ermittlungsbehörden von § 81h Abs. 1 [X.] und der Einwilligung des [X.] des Angeklagten und seines Onkels A.

insoweit nicht gedeckt war, als von der Sachverständigen infolge des Abgleichs der [X.] der Teilnehmer des [X.]s mit dem des mutmaßlichen [X.] nicht nur festgestellt und den Ermittlungsbehörden mitge-teilt wurde, dass keiner der Probanden als Verursacher der [X.] in Betracht kam, sondern auch, dass die teilweise Übereinstimmung der [X.] von zwei Probanden -
dem Vater des Angeklagten und 18
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seinem
Onkel A.

-
es als möglich erscheinen lasse, es handele sich bei [X.] um Verwandte des mutmaßlichen [X.].
Gemäß § 81h Abs. 1 [X.] darf die Ermittlung von Identifizierungsmus-tern und ihr Abgleich mit dem des Spurenmaterials nur vorgenommen werden, soweit dies zur Feststellung erforderlich ist, ob das Spurenmaterial von den Teilnehmern des [X.]s stammt. Die nach § 81h Abs. 3 Satz 1 [X.] entsprechend geltende Vorschrift des §
81g Abs.
2 Satz 2 [X.] verbietet es, darüber hinausgehende Untersuchungen vorzunehmen und weitergehende Feststellungen zu treffen (LR/[X.], [X.], 26. Aufl.,
§ 81h Rn. 29).
Die hier festgestellte mögliche Verwandtschaft zwischen zwei Probanden und dem mutmaßlichen Täter stellt eine für die Frage, ob die [X.] der Teilnehmer des [X.]s mit dem der [X.] übereinstimmen, nicht erforderliche Erkenntnis dar. Diese ist allerdings nicht durch eine darauf gerichtete und damit unzulässige Untersuchung erlangt [X.], denn nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landge-richts liegt das [X.] der automatisierten Abgleichung der [X.] erst am Ende des [X.] in verschie-denen DNA-Systemen vor, so dass es der Sachverständigen faktisch
nicht möglich war, das Ergebnis der Identitätsprüfung zur Kenntnis zu nehmen, ohne die auf eine mögliche Verwandtschaft deutende Übereinstimmung der [X.] ebenfalls zu registrieren.
(1) Wie ein solcher "Beinahetreffer" (vgl. dazu [X.], [X.] 2011, 298 ff.), der im Rahmen einer [X.] anfällt, rechtlich zu beurtei-len ist und wie mit ihm verfahren werden kann, ist in Rechtsprechung und Lite-ratur bislang nicht geklärt. Der Gesetzgeber hat diese Fallkonstellation bei der Schaffung des § 81h [X.] angesichts fehlender Regelungen dazu und dem 21
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diesbezüglichen Schweigen der Gesetzesbegründung offenbar nicht im Blick gehabt. Soweit sich die Literatur überhaupt mit der Problematik auseinander-setzt, wird vertreten, dass es sich bei der Feststellung des möglichen [X.] um ein zufälliges zusätzliches Resultat der gesetz-lich vorgesehenen Untersuchungsmethoden und -zwecke handele, um ein "technisch bedingtes Nebenprodukt", das lediglich bei Gelegenheit der [X.] und somit in Ausführung des eigentlich angestrebten Ziels der [X.]; die Beweiserhebung sei insoweit zulässig ([X.], [X.] 2011, 298, 299).
(2) [X.] ist dieser Auffassung, dass -
wie dargelegt -
ein Verstoß gegen ein Untersuchungsverbot nicht vorliegt. Aus diesem Grund hätte der [X.] auch Bedenken, ein Feststellungsverbot im Sinne eines Kenntnisnahme-verbots anzunehmen, weil dadurch von den zur Untersuchung und Auswertung einzuschaltenden Sachverständigen etwas verlangt würde, was ihnen nach den tatsächlichen Gegebenheiten unmöglich ist.
Gleichwohl verbleibt es bei der nach dem Wortlaut des § 81h Abs. 1 [X.] eindeutigen Zweckbindung von Untersuchung und Abgleich der DNA-Proben und dem Verbot überschießender Feststellungen. Dieses führt dazu, dass sich die Weitergabe der zusätzlich gewonnenen Erkenntnisse im Sinne einer möglichen verwandtschaftlichen Beziehung und ihre anschließende [X.] im Verfahren gegen den Angeklagten als [X.] er-weist. Denn die darin liegende Verwertung als Verdachtsmoment stellt eine Verwendung personenbezogener Daten zu einem Zweck dar, zu dem sie nicht erhoben worden waren. Hierin liegt ein Eingriff in die Grundrechte des [X.] und des Onkels des Angeklagten aus Art. 2 Abs. 1, Art. 6
Abs. 1 [X.], der nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung einer gesonderten gesetzli-24
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chen Grundlage bedarf (vgl. zuletzt [X.], Urteil vom 2. März 2010 -
1 BvR 256/08, 1 [X.], 1
BvR 586/08, [X.]E 125, 260, 309 ff. [X.]).
Diese fehlt. § 160 [X.] kommt nicht in Betracht, weil § 81h Abs. 1 [X.] eine eindeutige Zweckbindung und damit eine entgegenstehende Verwen-dungsregelung enthält (§ 160 Abs. 4 [X.]). Auch aus den neben den be-reichsspezifischen Regelungen der Strafprozessordnung subsidiär anwendba-ren Vorschriften des allgemeinen Datenschutzrechts ([X.], [X.], 55.
Aufl., vor § 474 Rn. 3) ergibt sich eine solche Ermächtigungsgrundlage nicht. § 14 Abs. 2 Nr. 7 BDSG tritt hinter die speziellere, einschränkende [X.] in
§ 81h Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, §
81g Abs. 2 Satz 2 [X.] zurück. Nach § 4 BDSG dürfen mangels sonstiger gesetzlicher Grundlage per-sonenbezogene Daten nur mit Einwilligung des Betroffenen verwendet werden. Der Vater und der Onkel des Angeklagten haben eine solche jedoch nicht er-klärt. Ihre Einwilligung in den [X.] deckte -
wie dargelegt -
die [X.] ihrer Daten als Verdachtsmoment gegen den Angeklagten nicht. Eine weitere Einwilligung haben sie nicht erteilt, vielmehr haben sie in der [X.] der Verwertung ihrer Daten ausdrücklich widersprochen.
cc) War damit die Verwendung der Daten der Angehörigen des Ange-klagten in Form der verdachtsbegründenden Verwertung gegen ihn verfahrens-fehlerhaft, ist davon auch der gegen ihn erlassene Beschluss nach § 81a [X.] betroffen. Die Gewinnung der daraus folgenden Beweismittel -
die Überein-stimmung seines [X.] mit dem der [X.]en -
erweist sich damit ebenfalls als rechtswidrig. Gleichwohl durfte die [X.] diese Beweismittel in die Hauptverhandlung einführen und im Urteil gegen den Ange-klagten verwerten.

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(1) Dies folgt indes nicht schon daraus, dass der Angeklagte sich auf die gegenüber seinem Vater und seinem Onkel begangenen Rechtsverletzungen nicht berufen könnte, weil seine Interessen von dem Schutzzweck der eng ge-fassten Verwendungsregelung in § 81h Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, §
81g Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht erfasst wären. Insoweit gilt vielmehr nichts anderes als bei Verstößen gegen § 52 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 oder § 81c Abs. 3 Satz 1 und 2 2. Halbs. [X.]. Auch diese Vorschriften dienen zwar nicht unmittelbar dem Schutz des Beschuldigten vor der Verwendung bestimmter Beweismittel ([X.], Beschluss vom 21. Januar 1958 -
GSSt 4/57, [X.]St 11, 213, 215 f.), sondern wollen in erster Linie den mit ihm eng verwandten Zeugen vor der Zwangslage bewahren, dass er durch eine wahrheitsgemäße Aussage oder die an ihm vor-genommene Untersuchung gegebenenfalls dazu beitragen müsste, einen An-gehörigen einer Straftat zu überführen ([X.],
Urteile vom 8.
Mai 1952 -
3 StR 1199/51, [X.]St 2, 351, 354; vom 5. Januar 1968 -
4 [X.], [X.]St 22, 35, 36 f.; vom 3. August 1977 -
2 [X.], [X.]St 27, 231, 232; vom 26.
Oktober 1983 -
3 [X.], [X.]St 32, 140, 143). Darüber hinaus [X.] sie aber auch den Schutz der Familie des Beschuldigten ([X.], [X.] vom 21. Januar 1958 -
GSSt 4/57, [X.]St 11, 213, 216) und dienen damit mittelbar der Wahrnehmung seiner Interessen. Daher ist anerkannt, dass eine Missachtung des Zeugnisverweigerungsrechts aus § 52 Abs. 1 Nr. 3 [X.] oder des Untersuchungsverweigerungsrechts nach § 81c Abs. 3 Satz 1 [X.]. §
52 Abs.
1 Nr. 3 [X.], insbesondere auch ein Verstoß gegen die Belehrungs-pflicht gemäß § 52 Abs.
3 Satz 1 [X.] bzw. § 81c Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. [X.]. § 52 Abs. 3 Satz 1 [X.],
grundsätzlich zur Unverwertbarkeit der Aussa-ge des Zeugen oder des Untersuchungsergebnisses führt und dies vom Ange-klagten mit der Revision gerügt werden kann ([X.], [X.], 55. Aufl.,
§
52 Rn.
32 und 34 m. zahlr. weiteren Nachweisen, § 81c Rn. 32; LR/[X.], [X.], 26. Aufl., § 81c Rn.
65).
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Ähnlich liegt es hier. Indem sich das zunächst gegen Unbekannt geführte Ermittlungsverfahren aufgrund der zweckwidrigen Verwendung der vom Vater und vom Onkel des Angeklagten bei dem [X.] gewonnenen [X.] nunmehr gegen den Angeklagten richtete, war nachträg-lich eine Situation entstanden, die derjenigen nach einem Verstoß gegen § 81c Abs. 3 Satz 1 und 2 2. Halbs., § 52 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 [X.] vergleich-bar war. Die in dem [X.] gewonnenen [X.] hätten gegen den Angeklagten (damals Beschuldigten) verdachtsbegründend und als Grundlage für die Anordnung nach § 81a [X.] nur verwendet werden dürfen, wenn sein Vater und sein Onkel nach nachgeholter Belehrung (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Dezember 1958 -
GSSt 3/58, [X.]St 12, 235, 242) in diese Nutzung ihrer persönlichen Daten eingewilligt hätten (vgl. § 4 BDSG). Daran fehlt es. Dementsprechend sind nach den dargestellten Maßstäben durch den Gesetzesverstoß auch die rechtlich geschützten Interessen des [X.] beeinträchtigt.
(2) Dennoch hat die Rüge des Angeklagten keinen Erfolg; denn der dar-gestellte Verstoß gegen § 81h Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, §
81g Abs. 2 Satz 2 [X.] und die daraus resultierende Rechtswidrigkeit des gegen ihn erwirkten [X.]es nach § 81a [X.] führen hier ausnahmsweise noch nicht dazu, dass das Ergebnis der an dem Zellmaterial des Angeklagten vorgenommenen DNA-Analyse nicht zum [X.] gegen ihn hätte verwendet werden dürfen.
(a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]es führt nicht jeder Rechtsverstoß bei der strafprozessualen [X.] zu einem Verwertungsverbot hinsichtlich der so erlangten Erkenntnisse. Vielmehr ist je nach den Umständen des Einzelfalles unter Abwägung aller maßgeblichen Ge-sichtspunkte und der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (sog. Abwä-29
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gungslehre). Bedeutsam sind dabei insbesondere die Art und der Schutzzweck des etwaigen [X.] sowie das
Gewicht des in Rede ste-henden [X.], das seinerseits wesentlich von der Bedeutung der im Einzelfall betroffenen Rechtsgüter bestimmt wird. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass die Annahme eines Verwertungsverbots ein wesentliches Prinzip des Strafverfahrensrechts -
den Grundsatz, dass das Gericht die Wahr-heit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind -
ein-schränkt. Aus diesem Grund stellt ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnah-me dar, die nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung oder aus überge-ordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist ([X.], Urteil vom 14. August 2009 -
3 [X.], [X.]St 54, 69 Rn. 47, mit zahlreichen weiteren
Nachweisen; [X.], Beschluss vom 7. Dezember 2011 -
2
BvR 2500/09, 2
BvR 1857/10, NJW 2012, 907 Rn. 117).
(b) Nichts anderes gilt mit Blick darauf, dass -
wie dargelegt -
nach neue-rem verfassungsrechtlichen Verständnis jede weitere Verwendung erhobener
Daten als eigenständiger Grundrechtseingriff zu werten ist und einer Rechts-grundlage bedarf. Diese liegt für die Einführung der Beweismittel in die [X.] in der in §
244 Abs. 2 [X.] statuierten Pflicht des Gerichts, zur Erforschung der Wahrheit
die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung auf alle im Verfahren gewonnenen Beweismittel zu erstrecken, die für die Ent-scheidung von Bedeutung sind. Die rechtliche Legitimation für die Verwertung der in die Hauptverhandlung eingeführten Daten zur Urteilsfindung -
den noch-maligen Eingriff in die genannten Grundrechte -
folgt aus §
261 [X.], der dem Tatgericht gebietet, sich seine Überzeugung aus dem Inbegriff der [X.] zu bilden, mithin insbesondere die dort erhobenen Beweise zu würdi-gen ([X.], Urteil vom 13. Januar 2011 -
3
StR 332/10, [X.]St 56, 127 Rn. 18 32
-
20
-
[X.]; [X.], Beschluss vom 7. Dezember 2011 -
2
BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10, NJW 2012, 907 Rn. 138 ff.).
Die hinreichend bestimmte Vorschrift des § 261 [X.] beschränkt die Verwertung nicht auf
rechtmäßig erhobene Beweise; auch in verfahrensfehler-hafter Weise gewonnene Beweismittel können zur Urteilsfindung herangezogen werden, wenn nicht im Einzelfall ein Beweisverwertungsverbot entgegensteht. Ein solches kann sich aus gesetzlichen Vorschriften
ergeben. Es kann aber
-
mit Blick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Rechts auf ein faires Verfahren -
auch von [X.] wegen geboten sein. Letzteres ist ins-besondere nach schwerwiegenden, bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder sys-tematisch außer [X.] gelassen worden sind, in Betracht zu ziehen ([X.], Beschluss vom 7. Dezember 2011 -
2
BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10, NJW 2012, 907 Rn. 115 ff.). Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen wird die in ständiger Rechtsprechung des [X.]es vertretene Abwägungs-lehre gerecht ([X.], Beschluss vom 7. Dezember 2011 -
2
BvR 2500/09, 2
BvR 1857/10, NJW 2012, 907 Rn. 123 f.).
(c) Nach dieser war die Verwertung der erlangten [X.]
-
namentlich des mit dem der [X.] übereinstimmenden DNA-Identifi-zierungsmusters des Angeklagten -
hier (noch) zulässig. Im Einzelnen:
Der Rechtsverstoß liegt vorliegend in der Verwendung der durch den an-geordneten [X.] zufällig gewonnenen Erkenntnis, dass zwischen dem mutmaßlichen Täter und dem Vater und dem Onkel des Angeklagten möglicherweise eine verwandtschaftliche Beziehung bestehen könnte. Dieser ist auch von erheblichem Gewicht, denn eine Zweckbindung, wie sie
von § 81h 33
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-
Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, §
81g Abs. 2 Satz 2 [X.] vorgesehen ist, soll gerade jede sonstige Datenverwendung verhindern.
Dem stehen jedoch folgende Umstände gegenüber: Der [X.], der zu der Erkenntnis führte, war in rechtmäßiger Art und
Weise richterlich an-geordnet und die Probanden entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ordnungsgemäß belehrt worden. Auch bei der Durchführung der Maßnahme, namentlich bei der Untersuchung der Proben und dem anschließenden [X.] mit der [X.],
ist
es -
entgegen dem [X.] -
nicht zu Rechtsverstößen gekommen; die [X.] insoweit war rechtmäßig.
Die Sachverständige wollte zudem ausweislich ihrer Stellungnahme zu einem gegen sie gerichteten Befangenheitsgesuch mit ihrer Mitteilung des wahrscheinlichen [X.] in erster Linie erreichen, dass ihr die etwaigen Probennummern weiterer Verwandter des [X.] und des On-kels des Angeklagten unter den Teilnehmern des [X.]s genannt [X.], um so den [X.] gegebenenfalls schneller abschließen zu [X.]. Damit war die Weitergabe dieser Information an die Ermittlungsbehörden, wenn auch nicht von § 81h [X.] vorgesehen, so doch von einem nachvoll-ziehbaren, die Zweckbindung der Datenverwendung nicht missachtenden Motiv getragen.
Entscheidend ist aber, dass der Gesetzgeber Regelungen für den Um-gang mit solchen sog. [X.] nicht getroffen hat. Die Rechtslage war für die Ermittlungsbehörden im Zeitpunkt der weiteren Verwendung ungeklärt. Die Ausgangslage der zufälligen Gewinnung einer überschießenden Erkenntnis im Rahmen des [X.]s wies eine strukturelle Nähe zu der auf, die [X.] anderer strafprozessualen Regelungen über den Umgang mit Zu-fallserkenntnissen ist. Diese verbieten die Verwertung von [X.] 36
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nicht generell: §
108 Abs. 1 [X.] regelt den Umgang mit Zufallsfunden. Die Vorschrift betrifft Gegenstände, die anlässlich einer Durchsuchung aufgefunden wurden und -
anders als im vorliegenden Fall -
in keiner Beziehung zur Anlass-tat stehen, aber auf die [X.] einer anderen Straftat hindeuten. Mit Aus-nahme der Abs. 2 und 3, die dem Schutz des Vertrauensverhältnisses zwi-schen Arzt und Patientin und dem der Pressefreiheit dienen, ist die Verwertung der Zufallsfunde gestattet. Nach §
477 Abs.
2 Satz 2 [X.] ist die Verwendung von Daten in einem anderen Strafverfahren als dem Anlassverfahren -
auch ohne Einwilligung des Betroffenen -
erlaubt, wenn die Voraussetzungen der Anordnung der Ermittlungsmaßnahme auch in dem Verfahren gegen den nun-mehr Beschuldigten vorgelegen hätten; auch in diesen Fällen liegen zufällig gewonnene Erkenntnisse vor, die gleichwohl verwertet werden dürfen.
Angesichts dieser Umstände war die Annahme der [X.]n nicht völlig unvertretbar, dass
die Erkenntnis der möglichen Verwandtschaft zwischen dem mutmaßlichen Täter und dem Vater und dem Onkel des Ange-klagten als Ermittlungsansatz verwertet werden konnte. Jedenfalls stellte sich diese Annahme nicht als eine bewusste oder gar willkürliche Umgehung des Gesetzes oder grundrechtlich geschützter Positionen des -
zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannten -
Angeklagten oder seiner Verwandten dar.
Nach alledem wiegt der [X.] auch mit Blick auf die Über-schreitung der Zweckbindung und den berührten Schutzbereich des Art. 6 Abs.
1 [X.] nicht so schwer, dass er hier die Unverwertbarkeit der infolge der unbefugten Datenverwendung erlangten Erkenntnisse zur Folge hätte.
Schließlich steht auch der weitere Verfahrensgang einer Verwertung der erlangten [X.] nicht entgegen. Diese wurden zwar unter verfah-rensfehlerhafter Verwendung der durch den [X.] erlangten Daten 39
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des [X.] und des Onkels des Angeklagten erlangt, im Übrigen aber -
was auch die Revision nicht in Abrede stellt -
für sich betrachtet rechtmäßig erhoben und in [X.] zum Gegenstand der Hauptverhand-lung gemacht.
2. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Verteidigung sei dadurch, dass die [X.] die Entscheidung über seinen Widerspruch gegen die Verwertung des [X.] der Sachverständigen sowie ihrer Vernehmung als Sachverständige und als Zeugin sowie des [X.] Z.

und aller Ermittlungspersonen über die Ergebnisse des "[X.]" [X.] und erst in den Urteilsgründen über die Verwertbarkeit entschieden habe, in einem wesentlichen Punkt beschränkt worden, wodurch § 338 Nr. 8 [X.] verletzt worden sei.
Die Rüge ist nicht in zulässiger Weise erhoben, weil die Revision eine konkret-kausale Beziehung zwischen dem behaupteten Verfahrensfehler und einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt nicht dargetan hat ([X.], [X.] vom 23. September 2003 -
1 [X.], [X.]R [X.] § 338 Nr. 8, [X.] 8 [X.]). Es ist nicht vorgetragen, dass das Urteil auf der angebli-chen Beschränkung der Verteidigung beruht. Dies ist auch sonst nicht ersicht-lich, insbesondere liegt es fern, dass die Sachentscheidung anders ausgefallen wäre, wenn die [X.] schon in der Hauptverhandlung die Verwertbarkeit der Beweismittel bejaht hätte, zumal die Verteidigung -
wie ihr Revisionsvor-bringen zeigt -
ersichtlich nicht daran gehindert war, ihre entgegenstehende Rechtsauffassung mit Nachdruck in der Hauptverhandlung zu vertreten.
3. Schließlich behauptet die Revision in diesem Zusammenhang einen Verstoß gegen § 74 [X.]. Der Angeklagte hatte die Sachverständige in der Hauptverhandlung aufgrund der behaupteten Rechtsverletzungen im Umgang 42
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mit den DNA-Proben seiner Verwandten wegen der Besorgnis der Befangen-heit abgelehnt; die [X.] wies das Befangenheitsgesuch mit der [X.] zurück, die Person des Angeklagten sei der Sachverständigen zu keinem Zeitpunkt bekannt gewesen. Auch im Übrigen lasse ihre Arbeit keine Parteilichkeit erkennen: Soweit die Belehrung beanstandet werde,
habe die Sachverständige diese nicht erteilt. Angesichts dessen, dass in einer Fallkons-tellation wie der vorliegenden noch nicht entschieden worden sei, wie mit der Erkenntnis der möglichen Verwandtschaft von Probanden mit dem mutmaßli-chen Täter umzugehen
sei, bestünden jedenfalls keine Anhaltspunkte für ein willkürliches Verhalten der Sachverständigen.
Auch diese Rüge hat keinen Erfolg. Der Ablehnungsbeschluss der [X.] geht von einem zutreffenden rechtlichen Maßstab aus und lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Der Umgang der Sachverständigen mit den DNA-Proben entsprach den gesetzlichen Vorgaben. Die Mitteilung des [X.] stellt allenfalls eine -
wie dargelegt -
vertretbare Über-schreitung des [X.] dar, die die Besorgnis der Befangenheit nicht ohne Hinzutreten weiterer
-
hier nicht gegebener -
Umstände zu [X.] vermag (LR/[X.], [X.], 26. Aufl., § 74 Rn. 14).
[X.] Der Beschwerdeführer rügt darüber hinaus eine Verletzung der Auf-klärungspflicht wegen des Unterlassens der Einholung eines (weiteren) [X.]ngutachtens. Entgegen den [X.] und der [X.] der Sachverständigen hätten sich bei Abstrichen innerhalb von weniger als fünf Stunden nach der Tat darin Spermien/[X.] und nicht nur [X.] finden lassen müssen. Daher hätte sich dem [X.] aufdrängen müssen, dass es zu keinem
Samenerguss in der Scheide gekommen sei; die Kammer hätte dazu einen weiteren Sachverständigen vernehmen müssen. 45
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Zum Beleg zitiert die Revision eine in der Hauptverhandlung verlesene Stel-lungnahme eines von der Verteidigung beauftragten [X.] zu dem beigefügten schriftlichen [X.] der Sachverständigen, das sich indes zu dieser Frage nicht verhält.
Die Rüge ist bereits unzulässig, denn weder ist vorgetragen, dass die Untersuchung der Nebenklägerin, bei
der die Abstriche genommen wurden, bereits binnen fünf Stunden nach der Tat durchgeführt wurde, noch ergibt sich dies aus den Urteilsgründen oder dem vorgelegten schriftlichen Gutachten der Sachverständigen.

Zudem bleibt sie auch in der Sache ohne Erfolg, denn das [X.] musste sich nach Vorlage der Stellungnahme des [X.] zu einer weiteren Beweiserhebung nicht gedrängt sehen. Aus dieser ergibt sich nicht, dass Spermien bzw. [X.] hätten vorhanden sein müssen und die Aussage der Sachverständigen, männliche DNA könne sich im Körperinneren gegenüber der weiblichen DNA nicht behaupten, unzutreffend sei; sie befasst sich vielmehr -
wie der [X.]
zutreffend ausführt -
in erster Li-nie mit den erst ab Ende 2013 von den Mitgliedstaaten umzusetzenden Vorga-ben des Rahmenbeschlusses 2009/[X.] des Rates über die Akkreditierung von Anbietern kriminaltechnischer Dienste, die Labortätigkeiten durchführen ([X.] Nr. 322 vom 9.
Dezember 2009, [X.]), und steht damit in keinerlei Zu-sammenhang zum Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung.
I[X.] [X.] einer Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 [X.] ist -
wie der [X.] zutreffend ausgeführt hat -
ebenfalls unbegründet. Die [X.] hat einen Beweisantrag der Verteidigung auf Untersuchung der [X.] auf der Bluse der Nebenklägerin zum Be-47
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weis dafür, dass sich auf dieser neben den Spuren ihres Freundes und den gefundenen / begutachteten Spuren (mutmaßlich des Angeklagten) noch [X.] männliche Spuren befänden, wegen Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Gründen zurückgewiesen. In der Begründung des Beschlusses hat sie unter eingehender Würdigung der bis zu diesem Zeitpunkt erhobenen Beweise [X.], warum sie selbst bei Gelingen des Beweises den nur möglichen Schluss, der Angeklagte sei nicht der Täter gewesen, nicht ziehen wolle. Rechtsfehler sind insoweit nicht zu erkennen.
C.
Die Überprüfung des Urteils auf die
Sachrüge deckt aus den Gründen der Antragsschrift des [X.]s weder zum Schuld-
noch zum Strafausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
D.
Mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Auslagenentscheidung des [X.]s beanstandet der Angeklagte, dass ihm die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin auferlegt worden sind. Auch dieses Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
Die notwendigen Auslagen der Nebenklage (§ 472 Abs. 1 [X.]) können auch einem verurteilten Jugendlichen aus erzieherischen Gründen auferlegt werden, um zu verdeutlichen, dass der Nebenkläger Opfer der Straftat ist und um eine Abschwächung der Verurteilung durch die Kostenfreistellung zu [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 9. November 1962 -
1 Ss 1133/62, NJW 1963, 1168). Dabei kann die Verwerflichkeit des Verhaltens gegenüber dem 50
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-
Nebenkläger wie auch die Frage, ob die Nebenklage gerechtfertigt erscheint, berücksichtigt werden (vgl. [X.]/Dölling, J[X.], 12. Aufl.,
§ 74 Rn. 8).
Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, dass die [X.] die Über-bürdung der Auslagen der Nebenklägerin nicht begründet hat; dies ist, da es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, rechtlich bedenklich. Angesichts der durch massive Gewalt gekennzeichneten Tat zulasten der Nebenklägerin entspricht die ausgesprochene Kostenfolge indes den oben genannten Zwe-cken der Auslagenentscheidung. Der [X.] sieht deshalb keinen Anlass zu deren Änderung.
[X.][X.]

Schäfer

[X.] Spaniol
53

Meta

3 StR 117/12

20.12.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2012, Az. 3 StR 117/12 (REWIS RS 2012, 85)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 85

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 117/12

1 BvR 256/08

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