Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2004, Az. III ZR 213/03

III. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4145

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/03Verkündet am:11. März 2004F r e i t a gJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:ja [X.] § 1357Zur Anwendung des § 1357 [X.] auf einen [X.] über einen[X.] in der Ehewohnung.[X.], Urteil vom 11. März 2004 - [X.]/03 -LGDessauAGDessau- 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] und die [X.]. [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der [X.] vom 20. Juni 2003 aufgehoben.Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.Von Rechts [X.] Ehemann der Beklagten hatte mit der Klägerin einen Telefondienst-vertrag über einen [X.] in seiner Ehewohnung geschlossen. [X.] stellte ihm am 3. Dezember 1998 und am 11. Januar 1999 für dieGrundgebühr im Dezember und Januar und für Verbindungen in der [X.] vom24. Oktober bis 28. Dezember 1998 insgesamt 6.375,75 DM in Rechnung, dievon ihm nicht ausgeglichen wurden. Die Beklagte zahlte hierauf 771,13 [X.] den restlichen Betrag von 5.604,61 DM nebst Zinsen nimmt die Klägerindie Beklagte, die den Anschluß am 15. Februar 1999 anstelle ihres [X.] -übernommen hat, mit ihrer Klage aus dem Gesichtspunkt des § 1357 [X.] [X.]. Der noch offene Rechnungsbetrag bezieht sich ausschließlich [X.] zum [X.], die nach dem Vortrag der Beklag-ten von ihrem Ehemann angewählt worden sind.Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat ihr aufdie Berufung der Klägerin entsprochen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zuge-lassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.[X.] Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und [X.] der Sache an das [X.] § 1357 Abs. 1 [X.] ist jeder Ehegatte berechtigt, Geschäfte zurangemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie zu besorgen. Durchsolche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es [X.], daß sich aus den Umständen etwas anderes ergibt. Die auf dem [X.] zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 ([X.]l. [X.]. 1421) beruhende Fassung der Vorschrift knüpft nicht mehr an die nach [X.] Recht bestehende Pflicht der Frau an, den Haushalt in eigener Verant-wortung zu führen (§ 1356 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F.) und ihr dementsprechenddie Berechtigung zu geben, Geschäfte innerhalb ihres häuslichen Wirkungs-kreises mit Wirkung für [X.] zu besorgen. Vielmehr ist mit Rücksicht dar-auf, daß die Aufgabenverteilung in der ehelichen Gemeinschaft den [X.] überlassen und das Leitbild der sogenannte Hausfrauenehe aufgegeben- 4 -worden ist, die Rechtsmacht zur Verpflichtung auch des Partners an die "an-gemessene Deckung des Lebensbedarfs der Familie" gebunden worden. [X.] hat hierzu entschieden, wie weit der Lebensbedarf der Fa-milie reiche, bestimme sich [X.] nach den Verhältnissen [X.]. Da die Einkommens- und Vermögensverhältnisse dem [X.] allerdings häufig verborgen bleiben, ist entscheidend auf den [X.] abzustellen, wie er nach außen in Erscheinung tritt (vgl.eingehend hierzu [X.]Z 94, 1, 5 f). Darüber hinaus ist die Einbindung des§ 1357 [X.] in das Unterhaltsrecht zusammenlebender Ehegatten (§§ 1360,1360a [X.]) zu beachten. Zu den Umständen, die bei der Anwendung des§ 1357 [X.] von Bedeutung sein können, gehören daher auch die wirtschaftli-chen Verhältnisse in ihrem Bezug zu den Kosten, die durch die jeweils in [X.] Geschäftsbesorgung ausgelöst werden. Auch insoweit ist die [X.] objektiven Beobachters nach dem Erscheinungsbild der Ehegatten, [X.] für Dritte allgemein offenliegt, entscheidend (vgl. [X.]Z 116, 184, 188 f).2.Gemessen an diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, daß dasBerufungsgericht den Abschluß eines [X.]es für einen in [X.]nwohnung befindlichen [X.] im Ansatz als ein Geschäftzur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs angesehen hat.a) Zu Recht hat das Berufungsgericht zugrunde gelegt, daß die Versor-gung der Familie mit einem Telefonanschluß unter Berücksichtigung der heuti-gen Lebensverhältnisse ein anerkanntes Grundbedürfnis ist, wobei es davonausgegangen ist, daß sich aus der jederzeitigen Verfügbarkeit eines solchenAnschlusses für die Familienmitglieder der Bezug zur familiären Konsumge-meinschaft ergebe. Das Berufungsgericht folgt damit im Ausgangspunkt [X.] 5 -in Rechtsprechung und Literatur verbreiteten Auffassung, nach der zur ange-messenen Bedarfsdeckung der Familie auch Verträge zu rechnen sind, mit de-nen die Versorgung der Ehewohnung mit Strom und Gas sichergestellt wird(vgl. [X.], 239 f; AG Beckum FamRZ 1988, 501; [X.], 445; [X.]/[X.], [X.], 63. Aufl. 2004, § 1357Rn. 13; Soergel/[X.], [X.], 12. Aufl. 1988, § 1357 Rn. 12; [X.], in Münch-Komm-[X.], 4. Aufl. 2000, § 1357 Rn. 23; [X.]/[X.]/[X.], [X.],13. Bearb. Stand Juli 1999, § 1357 Rn. 45; [X.], Familienrecht, 2001,Rn. 279; [X.]/Heckelmann, [X.], 10. Aufl. 2000, § 1357 Rn. 13), und er-streckt diesen Gedanken im Hinblick auf die heute üblichen Standards und dieweite Verbreitung von Telefonanschlüssen auch auf [X.], dieeinen stationären [X.] in der Ehewohnung betreffen (ebenso [X.] am [X.] ArchivPT 1997, 150; [X.], 240;LG [X.], 1610 und die im Verfahren von der Klägerin [X.] nicht veröffentlichten Urteile des [X.] vom6. September 1999 - 20 [X.] - und des [X.] vom 28. Mai2002 - 1 C 563/01 -; [X.]/[X.] aaO; [X.], in: MünchKomm-[X.]aaO). Daß mit einem solchen Vertrag ein Dauerschuldverhältnis begründetwird, steht der Einordnung als Geschäft zur angemessenen Deckung des [X.] - wie auch bei einem [X.] - nicht grundsätz-lich entgegen, spiegelt diese Gestaltung doch nur wider, daß hier für die [X.] ein beständiger Bedarf gedeckt wird. Die zunehmende Verbreitung von Mo-biltelefonen, die weitgehend den Bedürfnissen des individuellen Benutzersdienen mögen, bedeutet nicht, daß der [X.] in der Ehewohnungnicht mehr der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie zuge-rechnet werden [X.] 6 -b) Die Verfahrensrüge der Revision, das Berufungsgericht habe nicht diekonkreten Umstände des Einzelfalls geprüft und - ohne daß ein Erfahrungssatzbestehe - die allgemeine Verfügbarkeit des Anschlusses für die Familie unter-stellt, greift nicht durch. Zwar ist der Revision grundsätzlich darin zuzustimmen,daß den Gläubiger die Darlegungs- und Beweislast trifft, soweit er sich auf dieMitverpflichtung des Schuldners nach § 1357 [X.] bezieht. Das verlangt imhier zu entscheidenden Fall jedoch weder Erkundigungen noch - seiner Naturnach gar nicht möglichen - Vortrag zu der Frage, in welcher Weise der [X.] durch die einzelnen Mitglieder der Familie genutzt wurde. Die [X.] selbst nicht in Frage gestellt, daß es sich um einen privaten, nicht etwa miteiner geschäftlichen Tätigkeit ihres Ehemannes verbundenen Anschluß in dergemeinsamen Ehewohnung handelte. Daß der Anschluß unter diesen Umstän-den auch für die anderen Familienmitglieder verfügbar war, wird [X.] bestätigt, daß die Beklagte einen Teil der Gebühren - wenn auch ohneAnerkennung einer Rechtspflicht - gezahlt hat.c) Das Berufungsgericht hat jedoch nicht hinreichend berücksichtigt, daßdie Regelung des § 1357 [X.] in das Unterhaltsrecht zusammenlebenderEheleute und damit in deren Lebenszuschnitt eingebunden ist. Die vorliegen-den Rechnungen legen nach dem Vortrag der Beklagten die Annahme nahe,daß die angemessene Bedarfsdeckung in dem abgerechneten [X.]raum weitüberschritten ist.Üblicherweise wird die Frage, ob ein Geschäft der angemessenen Dek-kung des Lebensbedarfs dient, im [X.]punkt des Vertragsschlusses zu beant-worten sein. Dies gilt im Grundsatz auch für Dauerschuldverhältnisse, mit de-nen ein immer wiederkehrender Bedarf gedeckt werden soll. Dabei besteht- 7 -zum Beispiel bei [X.] von vornherein ein relativ [X.] zwischen der Lebenssituation der Eheleute (Größe der Familie, [X.], eines etwaigen Anwesens) und der danach erforderlichen Bereit-stellung unterschiedlicher Energien, das zwar Schwankungen des Verbrauchsnicht ausschließt, sich aber doch in der Regel in überschaubaren Grenzen hält.Dies rechtfertigt auch die Erwartung des Vertragspartners, im Hinblick auf dieZwecksetzung des Vertragsverhältnisses sich auf eine Mitverpflichtung [X.] einzustellen. Beim [X.] läßt sich der Bedarf hinge-gen von vornherein nur schwer abschätzen; vielfach wird er - etwa wegen [X.] in der persönlichen Lebenssituation - auch erheblichen Änderun-gen und Schwankungen unterliegen. Die Umstände, die hierzu führen - etwaein vermehrter Bedarf wegen einer doppelten Haushaltsführung; die Notwen-digkeit, wegen Alters oder Krankheit nahestehender Angehöriger häufiger alsfrüher zu telefonieren - treten regelmäßig nicht nach außen, gehen den [X.] auch nichts an. Sichtbar wird für diesen nur das Ausmaß der tat-sächlichen Inanspruchnahme während der Laufzeit des Vertrags, wobei sichaus der Zahlung der Rechnungsentgelte indiziell für ihn ergibt, in welchem [X.] die Ehegatten Mittel für diese Bedarfsposition als angemessen ansehen.In diesem Umfang und Rahmen, der - auch erhebliche - Änderungen des [X.] einschließen kann, ist eine Mitverpflichtung des [X.] § 1357 [X.] für einen [X.] in der Ehewohnung ohne [X.] gegeben. Eine betragsmäßige Grenze hierfür läßt sich jedoch, weil sich [X.] [X.] nach den Verhältnissen der Ehegatten richtet(vgl. [X.]Z 94, 1, 6), nicht festlegen. Das rechtfertigt aber nicht, Kosten, diediesen Rahmen exorbitant überschreiten und die finanziellen Verhältnisse [X.] sprengen, nur deshalb der angemessenen Deckung des [X.] zuzurechnen, weil das Vertragsverhältnis bei seiner Begründung auf eine- 8 -familiäre Nutzung hinwies. Eine solche Erwartung kann auch ein Dienstean-bieter auf der Grundlage der Haftungserweiterung des § 1357 [X.] (billiger-weise) nicht hegen, die den Gläubigerschutz nicht als Zweck, sondern nur [X.] der eheausgestaltenden Regelung vorsieht (vgl. [X.] 81, 1, 7 [X.] kann es nicht darauf ankommen, für welche Verbindungen [X.] genutzt worden ist. Das muß - auch im Prozeß über die zu [X.] - ein Internum der Ehegatten bleiben, zu dem sich der [X.] nicht äußern muß und von dem sein Recht, den Ehegatten nach § 1357[X.] auf Zahlung in Anspruch zu nehmen, nicht abhängen [X.] das Berufungsgericht nicht die Frage geprüft hat, ob die beidenstreitgegenständlichen Rechnungen den vorstehend gekennzeichneten Rah-men überschritten haben, andererseits die Parteien Gelegenheit haben müs-sen, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats ergänzend vor-zutragen, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu den weiternotwendigen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. [X.] kann das Doppelte des Betrages, der sich als Durchschnitt der unbean-standeten Zahlungen in dem zurückliegenden Jahr der Vertragslaufzeit ergibt,im Regelfall als Maß für den Haftungsumfang nach § 1357 [X.] herangezogenwerden.[X.][X.][X.][X.] [X.]

Meta

III ZR 213/03

11.03.2004

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2004, Az. III ZR 213/03 (REWIS RS 2004, 4145)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4145

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