Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.02.2021, Az. 1 StR 434/20

1. Strafsenat | REWIS RS 2021, 8366

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Gegenstand

Strafzumessung bei Verurteilung wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmittel: Berücksichtigung einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 22. Juni 2020, soweit es diesen Angeklagten betrifft, im gesamten Strafausspruch aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und [X.] getroffen. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, hat mit der Sachrüge den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

Die Strafzumessung hält der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil eine maßgebliche Erwägung nicht verständlich ist.

3

a) Das [X.] hat innerhalb der Gesamtabwägung der strafmildernden mit den straferschwerenden Umständen dem Angeklagten eine Strafrahmenverschiebung nach § 30a Abs. 3 BtMG mit der Erwägung verneint, dass ʺkeine der Taten in der Gesamtschau aller die Taten und die Person des Angeklagten betreffenden Umstände - gerade auch bei Berücksichtigung der beim Angeklagten vorliegenden narzisstischen Persönlichkeitsmerkmale unterhalb der Schwelle zur Persönlichkeitsstörung - derart nach unten von den üblicherweise vorkommenden Tatbegehungenʺ abwich, [X.] die Anwendung des milderen [X.] vertretbar, geschweige denn geboten erschienʺ ([X.]). Diese Formulierung begegnet bereits deswegen durchgreifenden Bedenken, weil - auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der [X.] - nicht zu erkennen ist, ob das [X.] diesen Persönlichkeitszug des Angeklagten als straferschwerend oder -mindernd gewertet hat. So wäre etwa auf der einen Seite denkbar, dass das [X.] den Narzissmus als Vorstufe einer im Sinne des § 21 StGB relevanten Persönlichkeitsstörung als dem Angeklagten günstigen Umstand in die Strafzumessung einstellen wollte. Auf der anderen Seite wäre ein straferschwerendes Gewicht denkbar, wenn das [X.] darin eine besondere Eigen- und Geltungssucht sowie [X.] hätte sehen wollen. Freilich wäre letzteres nur dann eine zulässige strafschärfende Erwägung, wenn dieser Narzissmus - vergleichbar der Art der Lebensführung - in den Taten zum Ausdruck gekommen wäre und damit Rückschlüsse auf eine höhere Tatschuld zugelassen hätte (vgl. [X.], Beschlüsse vom 9. April 2019 - 4 [X.] Rn. 4; vom 18. September 1989 - 3 [X.] Rn. 3, [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 10 und vom 6. März 1987 - 2 StR 597/86 Rn. 5, [X.]R StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 3). Nach alldem nötigt diese Unklarheit zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. In Anbetracht der Höhe der Strafe kann der [X.] nicht ausschließen, dass hierauf das Urteil beruht.

4

b) Die Feststellungen bleiben von diesem [X.] unberührt (§ 353 Abs. 2 StPO). Das nunmehr zur Strafzumessung berufene Tatgericht darf neue Feststellungen zugrunde legen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.

Raum     

        

Jäger     

        

[X.]

        

Bär     

        

Leplow     

        

Meta

1 StR 434/20

25.02.2021

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Ravensburg, 22. Juni 2020, Az: 22 Js 21872/19 - 1 KLs

§ 21 StGB, § 46 Abs 2 StGB, § 30a Abs 3 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.02.2021, Az. 1 StR 434/20 (REWIS RS 2021, 8366)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8366

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