Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27.04.2021, Az. 2 BvE 4/15

2. Senat | REWIS RS 2021, 6461

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Zu Reichweite und Grenzen der Pflicht der Bundesregierung zur frühestmöglichen Unterrichtung von Bundestag und Bundesrat in Angelegenheiten der Europäischen Union (Art 23 Abs 2 GG) - hier: Verletzung von Art 23 Abs 2 GG durch verspätete Unterrichtung des Deutschen Bundestages über die Verhandlungslinie der Bundesregierung zum Verbleib oder vorübergehenden Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone im Juli 2015


Leitsatz

1. Die Pflicht zur umfassenden und frühestmöglichen Unterrichtung nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG erstreckt sich auf Initiativen und Positionen der Bundesregierung. Dabei ist ihr die Verhandlungsposition eines ihrer Mitglieder zurechenbar, wenn dieses die Bundesrepublik Deutschland auf europäischer Ebene vertritt und erkennbar als deren Repräsentant auftritt.  

2. Grenzen der Unterrichtungspflicht ergeben sich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG), der der Bundesregierung einen nicht ausforschbaren Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zuweist. Dieser endet, wenn und soweit die Bundesregierung Zwischenergebnisse erreicht oder Positionierungen ausgearbeitet hat und schon diese zur Grundlage ihres nach außen gerichteten Handelns macht. Die Willensbildung der Bundesregierung ist in derartigen Fällen jedenfalls abgeschlossen, wenn sie mit ihrer Initiative aus dem Bereich der regierungsinternen Abstimmung hinaustreten und mit einer eigenen, auch nur vorläufigen Position in einen Abstimmungsprozess mit Dritten eintreten will.

Tenor

Die Antragsgegnerin hat den [X.] in seinem Recht aus Artikel 23 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes verletzt, indem sie es unterlassen hat, ihn vor der Sitzung der [X.] am 11. und 12. Juli 2015 und vor dem Euro-Gipfel am 12. und 13. Juli 2015 umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt über ihre Verhandlungslinie zum Verbleib oder vorübergehenden Ausscheiden [X.] aus der Eurozone zu unterrichten.

Gründe

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die verspätete Unterrichtung des [X.] über die Verhandlungslinie der Bundesregierung zum Verbleib oder vorübergehenden Ausscheiden [X.] aus der [X.] im Juli 2015. Sie macht im Wege des [X.]s die Verletzung parlamentarischer Unterrichtungsrechte gemäß Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG geltend.

2

Zur Bewältigung der [X.] verhandelten die Finanzminister der [X.] (im Folgenden: [X.]) sowie weitere Teilnehmer auf einer Tagung vom 11. bis zum 12. Juli 2015 über ein drittes Hilfsprogramm für [X.] und bereiteten den hierzu stattfindenden Gipfel der Staats- und Regierungschefs der [X.] (im Folgenden: [X.]) am 12. und 13. Juli 2015 vor.

3

1. Nachdem das 2012 in [X.] getretene zweite Hilfspaket für [X.] am 30. Juni 2015 ausgelaufen war, bestanden zwischen [X.] und den übrigen Mitgliedern der [X.] grundlegende Differenzen über die Bedingungen eines dritten Hilfsprogramms.

4

Die Bundesregierung wies ab Juni 2015 wiederholt darauf hin, dass ihre Bemühungen auf eine Verhandlungslösung und einen Verbleib [X.] in der [X.] gerichtet seien, weitere Finanzhilfen jedoch nicht bedingungslos gewährt werden dürften. Bei einer Unterrichtung des [X.]es des [X.] am 30. Juni 2015 führte der [X.] aus, dass [X.] nicht ohne Programm im Euro bleiben könne, sondern im äußersten Fall vom Zahlungssystem der [X.] (im Folgenden: [X.]) abgeschnitten werden müsse und sich in diesem Fall die Notwendigkeit einer vorübergehenden Parallelwährung ergeben könnte.

5

Am 5. Juli 2015 lehnte die [X.] Bevölkerung in einem Referendum die von den beteiligten Institutionen ([X.], [X.] - im Folgenden: [X.]) vorgeschlagenen [X.], Spar- und Finanzierungsmaßnahmen ab.

6

Ein Fraktionsmitglied der Antragstellerin und auf dessen Bitte auch die Europa-Dokumentationsstelle des [X.] fragten aufgrund entsprechender Berichte in den [X.]n Medien und der vorherigen Äußerungen des [X.] am 7. Juli 2015 beim [X.] an, ob der [X.] Finanzminister gegenüber den Finanzministern der anderen [X.] einen Vorschlag zur Einführung einer Parallelwährung in [X.] gemacht habe, und baten um Übersendung des entsprechenden Schriftstücks. Das [X.] teilte am 9. Juli 2015 mit, dass ein solcher Vorschlag nicht bekannt sei.

7

Nachdem der [X.] Ministerpräsident am 8. Juli 2015 ein neues Hilfspaket beantragt hatte, fand nach von der Antragstellerin nicht in Frage gestellten Angaben der Antragsgegnerin am 9. Juli 2015 ein Gespräch zwischen der Bundeskanzlerin, dem [X.] (und zugleich Wirtschaftsminister) sowie dem Finanzminister statt. Darin wurde festgehalten, dass die [X.] weiterhin eine Verhandlungslösung mit [X.] anstrebe und alle Anstrengungen zu unternehmen seien, damit [X.] in der [X.] verbleiben könne. Für den Fall der [X.] wurde lediglich "am Rande" als Reservemöglichkeit das Angebot an [X.] zu einem freiwilligen, temporären Ausscheiden aus der [X.] thematisiert, um [X.] eine Reduzierung der Staatsschulden zu ermöglichen, ohne an die restriktiven Bestimmungen innerhalb der [X.] gebunden zu sein.

8

Am späten Abend des 9. Juli 2015 übermittelte [X.] seine Reformvorschläge, die dem [X.] am frühen Morgen des 10. Juli 2015 weitergeleitet wurden.

9

2. In Vorbereitung auf die Verhandlungen der [X.] und des [X.]s vom 11. bis zum 13. Juli 2015 erstellte das [X.] am Freitag, dem 10. Juli 2015, gegen 14:00 Uhr ein in [X.] abgefasstes Dokument.

Darin wurden zunächst die von [X.] am 9. Juli 2015 übermittelten Reformvorschläge als unzureichend zurückgewiesen: Es fehlten zentrale [X.], um das Land zu modernisieren sowie langfristig dessen Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung voranzubringen. [X.] seien insbesondere die Vorschläge zur Arbeitsmarktreform, zur Reform des öffentlichen Sektors, zu Privatisierungen, zum Bankensektor sowie zu Strukturreformen. Deshalb könnten diese Vorschläge nicht, wie von [X.] gefordert, die Grundlage für ein neues, auf drei Jahre angelegtes [X.] ([X.]) bilden. Erforderlich sei vielmehr eine bessere, tragfähige Lösung unter Einbeziehung des [X.]. Hierfür kämen zwei Wege in Betracht:

a) [X.] verbessere mit voller Unterstützung des [X.]n [X.] seine Vorschläge schnell und signifikant, was unter anderem die Übertragung [X.]r Vermögenswerte in Höhe von 50 Milliarden Euro an einen externen Fonds erfordere, um diese Vermögenswerte dann nach und nach zu privatisieren und den Abbau von Schulden voranzutreiben. Darüber hinaus müssten die Verbesserungsvorschläge einen Kapazitätsaufbau und eine Entpolitisierung [X.]r Verwaltungsaufgaben unter Aufsicht der [X.] sowie automatische Ausgabenkürzungen im Falle der Verfehlung von [X.] umfassen. Parallel dazu würde für die Überbrückungszeit ein Paket von Finanzierungselementen zusammengestellt. Dies bedeute, dass das bestehende Risiko der Nichtauflage eines neuen [X.]-Programms bei [X.] liegen solle, nicht aber bei den anderen Mitgliedstaaten der [X.].

b) Für den Fall, dass [X.] ein tragfähiges Schuldenniveau und eine glaubhafte Umsetzungsperspektive nicht im Vorfeld sicherstellen könne, sollten dem Land zügige Verhandlungen über eine Auszeit aus der [X.] angeboten werden. Dies könne mit einer Umschuldung binnen der nächsten fünf Jahre einhergehen. Nur dieser Weg ermögliche eine ausreichende Schuldenrestrukturierung, welche mit der Mitgliedschaft in der [X.] nicht vereinbar wäre. Die [X.] solle von einer Unterstützung [X.] durch wachstumsfördernde, humanitäre und technische Hilfen begleitet werden. Außerdem solle die [X.] einhergehen mit einer Konsolidierung aller Säulen der Wirtschafts- und [X.] sowie mit konkreten Maßnahmen zur Stärkung der Steuerungsstrukturen innerhalb der [X.].

3. Die Bundesregierung tauschte sich zwischen dem 9. und dem 11. Juli 2015 in intensiven Beratungen mit den Regierungen der anderen Mitgliedstaaten der [X.] aus. Dabei stellte der [X.] die Frage in den Raum, welche Optionen im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen bestünden. Ausweislich der Schilderung des damaligen Vorsitzenden der [X.] [X.] wurde das Dokument vom 10. Juli 2015 am selben Abend um circa 18:00 Uhr per E-Mail vom [X.] an dessen Büro, eine kleine Gruppe von Spitzenbeamten des [X.] sowie unter anderem an den damaligen Präsidenten der [X.] Juncker, an den damaligen Präsidenten des [X.] und an den damaligen Präsidenten der [X.] [X.] gesendet (vgl. [X.], in: Die Eurokrise, 2018, [X.] f.).

Während der Tagung der [X.] am 11. und 12. Juli 2015 stellte der [X.] die Frage, wie bei einem Scheitern der Verhandlungen mit der [X.]n Regierung vorzugehen sei, erneut in den Raum. Dabei lag ihm das Dokument vom 10. Juli 2015 vor. Die Vertreter anderer Mitgliedstaaten nahmen auf die vom [X.] aufgezeigten Vorschläge und Optionen im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen inhaltlich Bezug und diskutierten diese.

In das von der [X.] erstellte Abschlussdokument wurde am 12. Juli 2015 an dessen Ende in Klammern, welche eine fehlende Übereinstimmung in Bezug auf den Textinhalt anzeigen, ein Satz zu einer möglichen Auszeit [X.] aus der [X.] aufgenommen, der große Ähnlichkeit mit einem Satz aus dem Dokument des [X.] vom 10. Juli 2015 aufwies. Auch eine ebenfalls in Klammern gesetzte Formulierung des [X.] zur Übertragung [X.]r Vermögenswerte zeigte eine erhebliche sprachliche und inhaltliche Nähe zur entsprechenden Textpassage im Dokument des [X.] vom 10. Juli 2015. Das Abschlussdokument der [X.] wurde einschließlich der Klammern dem anschließenden [X.] übermittelt und dort in die Beratungen miteinbezogen.

4. Das Dokument des [X.] vom 10. Juli 2015 lag verschiedenen Medien spätestens am 11. Juli 2015 vor. Die [X.] Presse berichtete an diesem Tag über den Inhalt des Dokuments und insbesondere über die darin enthaltene Option eines Austritts [X.] aus der [X.]. Über die Homepage eines Nachrichtenmagazins war das Dokument zudem im [X.] abrufbar. Auch in der Folgezeit stieß die Option eines vorübergehenden oder dauerhaften Austritts [X.] auf großes mediales Interesse und wurde von Politikern aus dem In- und Ausland kommentiert.

5. Die Antragsgegnerin leitete dem [X.] das Dokument vom 10. Juli 2015 am Sonntag, dem 12. Juli 2015, gegen 16:00 Uhr im [X.] an die Sitzung der [X.] zu. Zugleich übermittelte sie dem [X.] die Stellungnahmen der [X.], der [X.], des [X.] sowie des geschäftsführenden Direktors des [X.], die ihr am 11. Juli 2015 um circa 8:15 Uhr kurz vor Beginn der [X.]n-Sitzung zugegangen waren. Den anderen Ressorts der Bundesregierung wurden die Dokumente am 13. Juli 2015 übersandt.

Über die Ergebnisse des anschließenden [X.]s vom 12. und 13. Juli 2015 wurde der [X.] durch die Bundesregierung am 14. und 16. Juli 2015 unterrichtet. Auf diesem [X.] erzielten die Staats- und Regierungschefs eine Grundsatzeinigung im Hinblick auf ein drittes Hilfspaket für [X.] und das entsprechende Reformprogramm.

6. In einer Sitzung des [X.]es des [X.] am 16. Juli 2015 gab der [X.] an, dass seine inhaltliche Position bei der Tagung der [X.] innerhalb der Bundesregierung abgestimmt gewesen sei. Das [X.] habe mit Hochdruck daran gearbeitet, dem [X.] alle Dokumente so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen. Jedoch habe der [X.] kein Papier in die [X.] "eingebracht", weswegen man auch keine diesbezügliche [X.] gegenüber dem [X.] gesehen habe. Ebenso wenig bestehe eine Verpflichtung der Antragsgegnerin, jeden Satz eines [X.] zuvor mit dem [X.] abzustimmen. Gleichwohl habe die Antragsgegnerin das Dokument auf Nachfrage trotz nicht bestehender [X.] übersandt, da sie nichts zu verbergen habe.

7. Daraufhin stellte ein Fraktionsmitglied der Antragstellerin eine schriftliche Anfrage an die Antragsgegnerin zu den konkreten Umständen der Erstellung und Verwendung des Dokuments vom 10. Juli 2015. Insbesondere bat der Abgeordnete um Auskunft, ob die Antragsgegnerin die Rechtsauffassung der Antragstellerin teile, wonach der [X.] den [X.] vorab über den Vorschlag eines zeitweisen Austritts [X.] aus der [X.] hätte informieren müssen, und wie eine Verneinung dieser Frage mit Art. 23 GG und der diesbezüglichen Rechtsprechung des [X.] zu vereinbaren sei. Zudem wollte der Abgeordnete wissen, ob der [X.] während oder am Rande der Tagung der [X.] formell oder informell einen Vorschlag zur Einführung von Schuldscheinen in [X.] eingebracht habe und weshalb der [X.] bei Bejahung dieser Frage nicht, wie es Art. 23 GG verlange, hierüber vorab informiert worden sei.

Das [X.] teilte hierauf mit Schreiben vom 29. Juli 2015 mit, dass es sich bei dem am 10. Juli 2015 erstellten Dokument um keinen Vorschlag an die [X.] gehandelt habe und dieses in der [X.] auch nicht vorgelegt worden sei. Das Dokument habe als Kommentierung der [X.]n Vorschläge der internen Vorbereitung sowie dem individuellen Austausch mit Blick auf die [X.] gedient. Der [X.] habe am 11. Juli 2015 Gespräche innerhalb der Bundesregierung geführt, die Optionen für [X.] zum Inhalt gehabt hätten.

Mit einem an das [X.] gerichteten Schreiben vom 30. Juli 2015 hielt der Abgeordnete "für seine Fraktion" fest, dass die Antragsgegnerin - entgegen der Rechtsauffassung seiner Fraktion - keine vorherige Übermittlungspflicht im Hinblick auf das Dokument vom 10. Juli 2015 annehme und im Übrigen seine Fragen nicht beziehungsweise nur sehr ausweichend beantwortet habe.

Die Antragstellerin rügt die verspätete Unterrichtung des [X.] über die Verhandlungslinie der Bundesregierung vor der Sitzung der [X.] am 11. und 12. Juli 2015 und vor dem [X.] am 12. und 13. Juli 2015. Hierdurch habe die Antragsgegnerin eine informierte Mitwirkung des [X.] beeinträchtigt.

Nach ihrer Auffassung ist ihr am 13. November 2015 eingegangener Antrag zulässig (1.) und begründet (2.).

1. Der Antrag sei zulässig.

Das Rechtsschutzbedürfnis entfalle nicht deshalb, weil die beanstandete Rechtsverletzung in der Vergangenheit liege und bereits abgeschlossen sei. Zum einen sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Fallgestaltungen wie der vorliegenden entbehrlich, zum anderen lägen jedenfalls ein objektives Klarstellungsinteresse sowie eine konkrete Wiederholungsgefahr vor. Es deute sich eine grundsätzlich unterschiedliche Auffassung der Beteiligten zum Umfang der [X.]en an, nachdem die Antragsgegnerin offenbar der Meinung sei, dass ein die [X.] auslösender "Vorschlag" der Bundesregierung nur dann vorliege, wenn ein Dokument förmlich in ein Gremium der [X.] eingebracht werde, und eine [X.] jedenfalls bei enger [X.]taktung entfalle. Diese Rechtsauffassung der Antragsgegnerin entziehe die besonders bedeutsame [X.], alle ([X.] sowie die Abstimmungsprozesse mit [X.] und damit die Schlüsselphasen der politischen Willensbildung der informierten Mitwirkung des [X.]. Dem trete die Antragstellerin entgegen und befürchte in Zukunft ähnliche Konflikte.

Bestätigt sieht sich die Antragstellerin durch einen Bericht des [X.] vom 19. Juli 2017, wonach die Bundesregierung im Allgemeinen ihren [X.]en nachkomme, jedoch unter anderem in Bezug auf die Vorberichterstattung zu Ratstagungen sowie in Bezug auf eigene Initiativen und Aktivitäten wiederholt eine verspätete beziehungsweise gänzlich unterbliebene Unterrichtung zu konstatieren sei.

2. Der Antrag sei auch begründet.

a) Eine informierte Mitwirkung des [X.] setze zur Ermöglichung einer frühzeitigen und effektiven Einflussnahme auf die Willensbildung der Bundesregierung die rechtzeitige und umfassende Unterrichtung des [X.] voraus. Insofern werde Art. 23 Abs. 2 GG durch § 4 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und [X.] in Angelegenheiten der [X.] ([X.]) konkretisiert, wonach der [X.] auch über "Stellungnahmen, [X.], [X.] und Erläuterungen der Bundesregierung" zu unterrichten sei. Den [X.]en komme eine besondere Relevanz zu, wenn besonders bedeutsame Primärrechtsfragen, die Grundausrichtung der Integration oder erhebliche Rückwirkungen auf den [X.] im Raum stünden.

b) Im vorliegenden Verfahren könne sich die Antragsgegnerin insbesondere nicht darauf berufen, dass das Dokument vom 10. Juli 2015 dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zuzurechnen sei.

Das Positionspapier des [X.] sei innerhalb der Bundesregierung, insbesondere mit der Bundeskanzlerin und dem [X.], abgestimmt worden. Auch wenn vielleicht nicht alle Mitglieder der Regierung seinen Inhalt unterstützt hätten, gelte insoweit das [X.]. Damit sei die Willensbildung innerhalb der Bundesregierung abgeschlossen gewesen.

Der [X.] sei anschließend in einen Abstimmungsprozess mit [X.] eingetreten, ohne zuvor den [X.] unterrichtet zu haben. Ein individueller Austausch mit anderen Mitgliedstaaten der [X.] stelle einen Abstimmungsprozess dar, der außerhalb des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung liege. Eine [X.] bestehe auch dann, wenn noch keine endgültig abgestimmte Position vorliege. Dies gelte erst recht, wenn die Abstimmungen unmittelbar vor Sitzungen stattfänden und in erster Linie dazu dienten, Mehrheiten zu organisieren oder zu sondieren, wie die eigene Position von anderen Mitgliedstaaten aufgenommen werde. Zudem sei es bei einem bloßen Austausch mit anderen Mitgliedstaaten nicht geblieben, sondern der [X.] Vorschlag habe Eingang in das Ergebnisdokument der [X.] gefunden. Es habe sich daher um einen vorab erarbeiteten Formulierungsvorschlag der [X.]n Delegation für das noch abzustimmende [X.] gehandelt, weswegen das Dokument auch in [X.] abgefasst worden sei.

Eine Ausschlusskategorie der vorbereitenden Abstimmungsprozesse, des Informellen, [X.] und Volatilen auf [X.]sebene existiere nicht, da sonst just in jenen Phasen, in denen "Politik gemacht" werde, die Bedeutung des [X.] als Akteur drastisch beschnitten würde. Es gehöre zum Wesen von [X.] und der Politikformung innerhalb der [X.], mit Leitlinien und Optionen in Verhandlungen zu gehen, die Raum für Flexibilität ließen. Die Phase der Abstimmung mit anderen Mitgliedstaaten dürfe daher nicht gleichgesetzt werden mit der vorgelagerten Willensbildung innerhalb der Bundesregierung.

Keine Rolle spiele es ferner, ob ein Dokument zur Vorbereitung einer Sitzung vorab verteilt oder sonst mittelbar in die Sitzung eingebracht werde oder ob dies in Papierform oder mündlich geschehe. Ansonsten könnten die [X.]en leicht umgangen werden. Entscheidend sei vielmehr der Eintritt in einen Abstimmungsprozess mit [X.].

c) Ebenso bestehe kein Ermessen der Antragsgegnerin hinsichtlich des [X.]punktes der Weiterleitung. Der [X.] müsse Gelegenheit zur informierten Stellungnahme bekommen, noch bevor die Bundesregierung sich im Namen der [X.] an Beratungen, Verhandlungen und Beschlüssen auf [X.] beteilige. Dies gelte auch dann, wenn die regierungsinterne Vorbereitung der Verhandlungslinie und der Verhandlungsbeginn in der [X.] zeitlich nahe beieinanderlägen. Es werde nicht in Abrede gestellt, dass dies der Antragsgegnerin in organisatorischer Hinsicht einiges abverlange, insbesondere wenn der Abstimmungsprozess wie vorliegend eine große Dynamik besitze. Gleichwohl müsse auch in dynamischen Situationen dafür Sorge getragen werden, dass der [X.] von wichtigen Entwicklungen nicht abgekoppelt werde. Insofern sei in zeitlicher Hinsicht die Beeinflussbarkeit der Entscheidungsprozesse das ausschlaggebende Kriterium, gerade auch in der [X.].

d) [X.] trete im vorliegenden Fall hinzu, dass es sich bei den Verhandlungen um Weichenstellungen im unmittelbaren Zusammenhang mit zentralen Fragen der integrationspolitischen Verantwortung des [X.] gehandelt habe, die ihrerseits an parlamentarische Zustimmungsvorbehalte gekoppelt seien. Die Idee einer Auszeit eines Mitglieds der [X.] stelle eine grundsätzliche Richtungsfrage dar, die den Stand der Integration zur Disposition stelle und im unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewährung von [X.] bedeutsamen Finanzhilfen stehe. Zu beachten sei auch die besondere Bedeutung der [X.], welche sich personenidentisch und umstandslos als [X.]-Gouverneursrat formieren könne, Tagungen des [X.]s vorbereite und ein Machtzentrum im Euroraum darstelle. Es gehe insoweit um die Möglichkeit des [X.], in europapolitischen Fragen informiert zu sein und rechtzeitig Stellung beziehen zu können, um politisch Einfluss zu nehmen und nicht auf bloßen Nachvollzug einer Kabinettspolitik angewiesen zu sein.

Die Antragsgegnerin hält den Antrag für unzulässig (1.), hilfsweise für unbegründet (2.).

1. Der Antrag sei unzulässig, da ein Rechtsschutzbedürfnis fehle. Er sei in besonderer Weise zeitgebunden und auf ein Handeln der Antragsgegnerin gerichtet, das sich bereits vor der Antragstellung erledigt habe. Insoweit fehle es an dem erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse.

Ein objektives Klarstellungsinteresse genüge als Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht, da der [X.] eine kontradiktorische Parteistreitigkeit im Sinne eines subjektiven Rechtsschutzverfahrens und keine objektive Beanstandungsklage sei. Im Übrigen bestehe im vorliegenden Fall auch kein über den konkreten Fall hinausgehendes objektives Klarstellungsinteresse, da keine zwischen den Beteiligten umstrittene verfassungsrechtliche Frage bestehe. Der Streit erschöpfe sich lediglich in einer abweichenden Bewertung des gleichen [X.] und insbesondere in einer unterschiedlichen rechtlichen Einordnung des Dokuments vom 10. Juli 2015, welches die Antragstellerin als Fixierung der Verhandlungslinie der Antragsgegnerin und letztere als internes Arbeitspapier bewerte.

Auch an einer konkreten Wiederholungsgefahr fehle es. Der Streit um die Bewertung des [X.] und die Einordnung des Dokuments vom 10. Juli 2015 als bloßes Arbeitspapier oder aber als [X.] sei singulär und eine Wiederholung in der Praxis nicht erkennbar. Die Beratungen über ein drittes Hilfspaket für [X.] seien aus einer ganzen Reihe von Gründen [X.] im Hinblick auf die Natur des zu lösenden politischen Problems, namentlich wegen der extremen zeitlichen Verdichtung und wegen des bei Beginn der internationalen Verhandlungen noch nicht abgeschlossenen internen Abstimmungsprozesses.

2. Hilfsweise hält die Antragsgegnerin den Antrag für unbegründet.

a) Für den [X.] sei auch ohne spezielle Unterrichtung offensichtlich gewesen, dass die Antragsgegnerin einerseits weiterhin alles daransetzen würde, einen Konsens zu einem dritten Hilfspaket zu erzielen, dass dies andererseits jedoch nicht um jeden Preis geschehen würde. Der [X.] habe sich hierzu anhand der ihm übermittelten Berichte und Nachrichten zu den vorherigen Beratungen der Staats- und Regierungschefs vom 7. Juli 2015 und durch einen Vorbericht zu den Beratungen ab dem 11. Juli 2015 ein klares Bild machen können. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin dem [X.] auch den Antrag [X.] auf weitere Hilfen trotz der extremen zeitlichen Zuspitzung noch am 8. Juli 2015 und dessen [X.] übermittelt. Zudem habe der [X.] bei der Unterrichtung des [X.]es des [X.] bereits am 30. Juni 2015 ausgeführt, dass [X.] nicht ohne Programm in der [X.] bleiben könne. Da nicht nur in den [X.]n Medien, sondern auch im Rahmen der Äußerungen mehrerer Abgeordneter des [X.] über einen möglichen Austritt [X.] aus der [X.] nachgedacht worden sei, hätte er die Möglichkeit gehabt, der Antragsgegnerin vor Beginn der Beratungen am 11. Juli 2015 seine diesbezügliche Einschätzung zu übermitteln. Es sei daher nicht überzeugend, dass die Antragsgegnerin den [X.] an der Wahrnehmung seiner Integrationsverantwortung gehindert habe und dieser im Unklaren über den Gegenstand der Beratungen und Verhandlungen gewesen sei.

b) Das Dokument vom 10. Juli 2015 habe man dem [X.] deshalb nicht vorab übermittelt, weil es sich um ein vorbereitendes, internes Arbeitspapier des [X.] gehandelt habe.

Als solches gebe es keine abschließend vereinbarte Verhandlungsposition der Antragsgegnerin wieder. Eine endgültige Verhandlungsposition sei innerhalb der 34 [X.] zwischen dem Eingang der [X.]n Vorschläge und dem Tagungsbeginn der [X.] bereits aus zeitlichen Gründen nicht abzustimmen gewesen. Es sei auch schwer vorstellbar, dass die ganze Bundesregierung allein auf Grundlage erster Überlegungen des [X.] ihre grundsätzliche Haltung zum Verbleib [X.] in der [X.] geändert hätte, bevor überhaupt die ebenfalls vorläufigen Bewertungen der [X.], der [X.] und des [X.] vorgelegen hätten. Dies zeige auch der Umstand, dass man den anderen Ressorts der Bundesregierung die Dokumente erst am 13. Juli 2015 und damit sogar einen Tag später als dem [X.] übermittelt habe. Die Willensbildung der Antragsgegnerin insbesondere zu den Folgen eines Scheiterns der Verhandlungen habe sich insoweit bis zum Beginn der Verhandlungen im Fluss befunden, ohne dass sie sich den Kommentar des [X.] zu eigen gemacht habe.

Solange keine Vorentscheidung falle, sei die Antragsgegnerin auch im Falle eines intensiven Austauschs mit den anderen Mitgliedern der [X.] nicht verpflichtet, den [X.] an ihren Gedanken zu den Konsequenzen eines Scheiterns der Verhandlungen zu weiteren Hilfspaketen teilhaben zu lassen. [X.] seien vielmehr dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zuzuordnen, solange die Antragsgegnerin ihre Willensbildung nicht so weit konkretisiert habe, dass sie mit Zwischen- oder Teilergebnissen an die Öffentlichkeit gehe.

Die Antragsgegnerin habe in Bezug auf bloße Überlegungen zum temporären Ausscheiden [X.] nie ein feststehendes Zwischenergebnis erzielt und sei auch nie an die Öffentlichkeit gegangen. Insbesondere habe der [X.] bei allen notwendigen Gedankenspielen nicht versucht, eine Zustimmung der anderen Mitgliedstaaten zu einem "Grexit" auf [X.] zu erwirken, sondern habe nur Optionen im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen beraten wollen.

c) Aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG ergebe sich jedenfalls im vorliegenden Fall auch keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, rechtzeitig vor Beginn von Beratungen und Verhandlungen mit Organen oder Einrichtungen der [X.] ihre Verhandlungslinie festzulegen.

Eine Festlegung auf eine endgültige Position zum temporären Ausscheiden [X.] aus der [X.] sei der Antragsgegnerin angesichts der äußerst knappen, in [X.] bemessenen zeitlichen Abläufe, der Komplexität und politischen Brisanz des [X.] und nicht zuletzt angesichts der bis wenige [X.] vor Verhandlungsbeginn fehlenden ausreichenden Informationsgrundlage nicht möglich gewesen. Im Falle langwieriger Verhandlungs- und Abstimmungsprozesse könne sich ergeben, dass die Antragsgegnerin in informellen Beratungen mit den Regierungen anderer Mitgliedstaaten Ideen entwickele oder Vorschläge mache, zu denen sie noch keine eigene Position festgelegt habe. Im Hinblick auf ihre Integrationsverantwortung seien derartige Gespräche mit anderen Mitgliedstaaten sogar verfassungsrechtlich geboten. Jedenfalls angesichts der außergewöhnlichen zeitlichen Verknappung habe von der Antragsgegnerin nicht erwartet werden können, dass sie eine abschließende Position zum zeitweisen Ausscheiden [X.] aus der [X.] festlege, bevor sie ausgelotet habe, ob in den anderen Mitgliedstaaten der [X.] ähnliche Vorstellungen bestünden. Der Abstimmungsprozess mit den anderen Mitgliedstaaten sei daher der Festlegung der eigenen Verhandlungsposition vorausgegangen.

d) Das Arbeitspapier führe mithin lediglich als interne, kurze und vorläufige Ideenskizze auf, wo aus Sicht der Fachabteilungen des [X.] die [X.]n Vorschläge unzureichend seien. Insofern markiere es damit wichtige Merkposten für die [X.] Verhandlungsdelegation. Anlässlich derartiger Sitzungen der [X.] entwickelten die Delegationen der Mitgliedstaaten regelmäßig Formulierungsvorschläge für das [X.], über welche dann Satz für Satz abgestimmt werde. Deshalb sei das Dokument - trotz seines internen Charakters - in [X.] abgefasst worden. Für die ausgehandelte Formulierung zum möglichen zeitweisen Austritt [X.] aus der [X.] hätten sich bis auf drei Länder sämtliche Mitgliedstaaten der [X.] ausgesprochen; mangels Einstimmigkeit sei der Satz jedoch in Klammern gesetzt worden. Demgegenüber sei das Arbeitspapier nicht zum Gegenstand der Beratungen der [X.] oder des [X.]s gemacht worden.

Vom parlamentarisch nicht ausforschbaren Willensbildungsprozess der Antragsgegnerin verbliebe nur sehr wenig, wenn man selbst kurze und bewusst vage bleibende Papiere wie das streitgegenständliche Dokument noch am Tag seiner Abfassung als übermittlungspflichtig ansehen würde.

Der Antrag ist gemäß § 65 Abs. 2 [X.] dem Bundespräsidenten, dem [X.] und dem Bundesrat zugestellt worden. Der [X.] sowie der Bundesrat haben beschlossen, in dem [X.]verfahren von einer Äußerung und einem Beitritt abzusehen.

Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

Der Antrag ist zulässig.

Als Fraktion des [X.] ist die Antragstellerin parteifähig (Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5, § 63 [X.]) und kann im [X.]verfahren Rechte des [X.] im Wege der Prozessstandschaft geltend machen (vgl. [X.], Beschluss des [X.] vom 2. März 2021 - 2 [X.] -, Rn. 56; [X.]E 131, 152 <190>; 152, 8 <18 Rn. 25>; stRspr). Die Bundesregierung ist als [X.]organ des Bundes taugliche Antragsgegnerin.

[X.], die Antragstellerin bereits vor dem Tagungsbeginn der [X.] über ihre Verhandlungslinie zum Verbleib oder vorübergehenden Ausscheiden [X.] aus der [X.] zu unterrichten, ist zulässiger Gegenstand eines [X.]verfahrens (§ 64 Abs. 1 [X.]).

Die Antragstellerin ist [X.] (§ 64 Abs. 1 [X.]) und hat ihren Antrag den Anforderungen des § 64 Abs. 2 [X.] entsprechend begründet. Auf der Grundlage ihres Sachvortrags erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Bundesregierung durch eine verspätete oder unzureichende Information das von der Antragstellerin geltend gemachte Recht des [X.] aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG auf umfassende und frühestmögliche Unterrichtung verletzt hat.

Soweit sich die Antragstellerin dagegen auch auf einfaches Recht - hier insbesondere auf §§ 3 f. [X.] - beruft, ist dies im [X.] nur insoweit relevant, als das Gesetz unmittelbar aus der Verfassung selbst folgende Rechte und Pflichten widerspiegelt. Eine Verletzung einfachen Rechts kann im [X.] nicht geltend gemacht werden (vgl. [X.]E 104, 151 <193 f.>; 118, 277 <319>; 131, 152 <191>; stRspr).

Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt vor. Dieses ist nicht deshalb entfallen, weil die Antragsgegnerin dem [X.] das Dokument vom 10. Juli 2015 am 12. Juli 2015 gegen 16:00 Uhr im [X.] an die Sitzung der [X.] zuleitete.

Das Rechtsschutzbedürfnis im [X.]verfahren entfällt grundsätzlich nicht deshalb, weil eine beanstandete Rechtsverletzung in der Vergangenheit liegt und bereits abgeschlossen ist (vgl. [X.]E 121, 135 <152>; 131, 152 <193>; 148, 11 <22 Rn. 35>).

Selbst wenn man in derartigen Fällen ein besonderes Fortsetzungsfeststellungsinteresse fordern wollte, läge dieses hier wegen einer bestehenden Wiederholungsgefahr und in Form eines objektiven Klarstellungsinteresses vor (vgl. [X.]E 119, 302 <308 f.>; 121, 135 <152>; 131, 152 <193 f.>; 137, 185 <230 Rn. 127>; 147, 50 <124 Rn. 187>; 148, 11 <22 Rn. 35>). Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Unterrichtungsrechte des [X.] gemäß Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt worden sind, indem die Antragsgegnerin ohne vorherige Unterrichtung des [X.] vor und während einer Sitzung der [X.] und eines [X.]s in den Austausch mit ihren [X.] Partnern trat und dabei gegenüber ihren Verhandlungspartnern neue - wenn auch nicht "endgültige" - Handlungsoptionen in den Raum stellte. Die Antragsgegnerin hält insofern an ihrer bereits vorprozessual geltend gemachten Auffassung fest, dass sie wegen der zeitlich eng getakteten Abläufe, der rechtlichen Einordnung des Dokuments vom 10. Juli 2015 als internes Arbeitspapier des [X.] und der fehlenden Festlegung auf eine endgültige, gemeinsame Verhandlungsposition nicht zu einer Unterrichtung verpflichtet gewesen sei. Die spätere Unterrichtung des [X.] durch Übermittlung des Dokuments erfolgte dementsprechend ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.

Folglich ist hier nicht lediglich die tatsächliche und rechtliche Einordnung des Dokuments vom 10. Juli 2015 zwischen den Beteiligten streitig. Es kommt vorliegend auch nicht entscheidend auf die tatsächliche Frage an, ob das Dokument den anderen Mitgliedstaaten der [X.] - beispielsweise vorab per E-Mail, als Tischvorlage oder auf anderem Wege - "vorgelegt" oder in die Verhandlungen "eingebracht" wurde. Vielmehr wird die grundsätzliche Rechtsfrage aufgeworfen, ob nur eine "endgültige", in Kenntnis der Verhandlungspositionen der übrigen Mitgliedstaaten getroffene Positionierung der Bundesregierung im Rahmen von Verhandlungen auf [X.] dem [X.] mitzuteilen ist und ob insbesondere der Inhalt eines Dokuments, das vom [X.] im Rahmen einer Verhandlungsrunde der [X.] als Diskussions- und Argumentationsgrundlage gegenüber [X.] verwendet wird, noch dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zugeordnet werden kann. Insofern macht die Antragsgegnerin geltend, dass sich ihre endgültige Festlegung auf eine Position erst im Laufe des [X.] mit den [X.] Partnern in der [X.] herausgebildet habe. Dieser Austausch stelle sich als eine Art Verlängerung des internen [X.]s der Antragsgegnerin dar und gehöre daher zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Dem tritt die Antragstellerin mit dem Argument entgegen, dass die inhaltliche Position der Antragsgegnerin, dokumentiert durch das Positionspapier vom 10. Juli 2015, bereits nach außen gelangt und Grundlage für die Vorgehensweise der Antragsgegnerin in den Beratungen mit ihren Verhandlungspartnern gewesen sei.

Für die Antragstellerin besteht ein erhebliches Interesse an der Klärung der Frage, ob der [X.] in derartigen Fällen von der Antragsgegnerin auf einen bloßen Nachvollzug - zumal ohne Rechtsanspruch - verwiesen werden darf oder nicht. Den gerügten Unterlassungen der Antragsgegnerin liegt eine Rechtsauffassung zugrunde, die zukünftig in zu erwartenden, vergleichbaren Fällen auf [X.] zu ähnlichen Reaktionen der Antragsgegnerin führen kann (vgl. [X.]E 131, 152 <194>).

Der Antrag ist begründet. Die Antragsgegnerin hat den [X.] entgegen Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG (I.) nicht umfassend und frühestmöglich, mithin noch vor Beginn der Sitzung der [X.] am 11. Juli 2015, über ihre Verhandlungslinie in der [X.] und beim anschließenden [X.] zum Verbleib oder Austritt [X.] aus der [X.] und insbesondere über von ihr in die Verhandlungen eingebrachte Lösungsoptionen informiert und damit gegen die ihr obliegenden [X.]en verstoßen (II.).

Gemäß Art. 23 Abs. 2 Satz 1 GG wirken der [X.] und durch den Bundesrat die Länder in Angelegenheiten der [X.] mit. Dabei hat die Bundesregierung gemäß Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG den [X.] und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen [X.]punkt zu unterrichten.

1. Für den Bereich der [X.] hat Art. 23 GG das Spannungsverhältnis zwischen exekutiver Außenvertretung und parlamentarischer Verantwortung auf spezifische Weise ausgestaltet und dem [X.] in Ansehung der mit der Europäisierung des [X.] verbundenen Gewichtsverlagerung zugunsten der Exekutive weitreichende Mitwirkungsrechte zugestanden (vgl. [X.]E 131, 152 <196>).

Mit Art. 23 GG hat der verfassungsändernde Gesetzgeber auf mit der [X.] Integration verbundene Verschiebungen im nationalen Gewaltengefüge reagiert. Die [X.] besitzt aufgrund der Übertragung von Hoheitsrechten (Art. 23 Abs. 1 GG) die Kompetenz, selbst Recht zu setzen, das unmittelbar gilt und in vielfältiger Weise Rechte und Pflichten für die Bürger der Mitgliedstaaten begründet. Bei seinem Erlass agieren über den [X.] und den Rat der [X.] nicht primär die nationalen [X.], sondern die mitgliedstaatlichen Exekutiven. Das stellt die parlamentarische Demokratie auf [X.] vor besondere Herausforderungen, weil das [X.] aus der Rolle der zentralen Entscheidungsinstanz teilweise verdrängt wird. Eine stärkere Einbindung der nationalen [X.]e in den Integrationsprozess kann deren Kompetenzverluste gegenüber der jeweiligen nationalen Regierung mindern (vgl. [X.]E 131, 152 <197 m.w.N.>; vgl. auch [X.], Urteil des [X.] vom 2. März 2021 - 2 [X.] -, Rn. 76 ff.).

2. Art. 23 Abs. 2 Satz 1 GG bezieht das Mitwirkungsrecht des [X.] auf Angelegenheiten der [X.] und bestimmt damit zugleich den Gegenstand der [X.] gemäß Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG. Dabei ist der Begriff der Angelegenheiten der [X.] weit zu verstehen (vgl. [X.]E 131, 152 <199 ff.>; 153, 74 <145 Rn. 122>). Zu ihnen gehören neben Vertragsänderungen, entsprechenden Änderungen auf [X.] des Primärrechts und Rechtsetzungsakten auch völkerrechtliche Verträge, wenn sie in einem Ergänzungs- oder sonstigen besonderen Näheverhältnis zum Recht der [X.] stehen (vgl. [X.]E 131, 152 <199 ff., 215>; 153, 74 <146 f. Rn. 124 f.>).

3. Die Unterrichtung des [X.] hat nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG "umfassend" zu erfolgen.

a) Anknüpfungspunkt ist dabei das in Art. 23 Abs. 2 Satz 1 GG verankerte Recht des [X.] auf Mitwirkung in Angelegenheiten der [X.] (vgl. [X.]E 131, 152 <202>). Die Unterrichtung muss dem [X.] in erster Linie eine frühzeitige und effektive Einflussnahme auf die Willensbildung der Bundesregierung eröffnen. Nur auf einer ausreichenden Informationsgrundlage ist der [X.] in der Lage, den [X.] Integrationsprozess zu begleiten und zu beeinflussen, kann er das Für und Wider einer Angelegenheit diskutieren und Stellungnahmen erarbeiten (vgl. [X.]E 131, 152 <202 f.>). Durch die Unterrichtung werden zudem Informationsasymmetrien zwischen der Bundesregierung und dem [X.] ausgeglichen, soweit dies zur Gewährleistung einer effektiven Rechtswahrnehmung und Mitwirkung des [X.]es erforderlich ist. Diesem Zweck läuft eine enge Auslegung zuwider (vgl. [X.]E 131, 152 <203 f.>).

Das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG gebietet ebenfalls, dass der [X.] an diejenigen Informationen gelangen kann, die er für eine Abschätzung der wesentlichen Grundlagen und Konsequenzen seiner Entscheidungen benötigt. In [X.] ist dieser parlamentarische Unterrichtungsanspruch deshalb auch in Art. 79 Abs. 3 GG verankert (vgl. [X.]E 132, 195 <241 f. Rn. 111>; vgl. auch [X.]E 131, 152 <204 f.>). Auslegung und Anwendung des Art. 23 Abs. 2 GG haben daher dem Umstand Rechnung zu tragen, dass diese Bestimmung auch dem im Demokratieprinzip verankerten Grundsatz parlamentarischer Öffentlichkeit dient (vgl. [X.]E 131, 152 <204>). Entscheidungen von erheblicher rechtlicher oder faktischer Bedeutung für die Spielräume künftiger Gesetzgebung muss grundsätzlich ein Verfahren vorausgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und das die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Umfang der zu beschließenden Maßnahmen zu klären (vgl. [X.]E 85, 386 <403 f.>; 95, 267 <307 f.>; 108, 282 <312>; 131, 152 <205>). Exemplarisch dafür ist, dass der [X.] auch in einem System intergouvernementalen Regierens die [X.]e Gesamtverantwortung nach diesen Grundsätzen wahrzunehmen hat (vgl. [X.]E 131, 152 <205>; 135, 317 <402 f. Rn. 166>). Nur eine umfassende Information des [X.]es in Angelegenheiten der [X.] stellt sicher, dass er im Rahmen einer öffentlichen Auseinandersetzung und Entscheidungssuche über eine tragfähige Entscheidungsgrundlage verfügt.

Auch die Entstehungsgeschichte des Art. 23 Abs. 2 GG zeigt, dass sich der verfassungsändernde Gesetzgeber bewusst für eine weitreichende [X.] entschieden hat (vgl. [X.]E 131, 152 <203 f.>). Der [X.] und der Bundesrat sollen demnach über alle Angelegenheiten der [X.] unterrichtet werden, "die für sie von Interesse sein könnten" (BTDrucks 12/6000, [X.] 21).

b) Zur Wahrung der Mitwirkungsrechte des [X.] ist eine umso intensivere Unterrichtung geboten, je komplexer ein Vorgang ist, je tiefer er in den Zuständigkeitsbereich der Legislative eingreift und je mehr er sich einer förmlichen Beschlussfassung oder Vereinbarung annähert (vgl. [X.]E 131, 152 <207>). Insbesondere Vereinbarungen und Mechanismen, die erheblich in die Zuständigkeiten des [X.]es und namentlich in seine [X.]e Gesamtverantwortung eingreifen, lösen vollständige und detaillierte [X.]en aus (vgl. [X.], [X.], [X.] 654 <663>). Die Unterrichtung muss so erfolgen, dass das [X.] nicht in eine bloß nachvollziehende Rolle gerät (vgl. [X.]E 131, 152 <202 f. m.w.N.>; vgl. auch [X.]E 123, 267 <420>; 132, 195 <242 Rn. 111>).

In qualitativer Hinsicht erfasst die Pflicht zur umfassenden Unterrichtung zunächst Initiativen und Positionen der Bundesregierung selbst (vgl. [X.]E 131, 152 <207>). Darüber hinaus erstreckt sie sich auf die Weiterleitung amtlicher Unterlagen und Dokumente der Organe sowie sonstiger Gremien und Behörden der [X.] und anderer Mitgliedstaaten in Angelegenheiten der [X.], ist darauf aber nicht beschränkt. Sobald und soweit die Bundesregierung selbst mit einer Angelegenheit befasst ist, können auch ihr vorliegende Informationen über informelle und (noch) nicht schriftlich dokumentierte Vorgänge erfasst sein (vgl. [X.]E 131, 152 <207>).

Insbesondere bei bedeutsamen Angelegenheiten erschöpft sich die gebotene umfassende Unterrichtung nicht in einem einmaligen Tätigwerden. Es handelt sich vielmehr um eine auf Dauer angelegte, fortlaufende Pflicht, die [X.] aktualisiert wird, wenn sich bei der Behandlung einer Angelegenheit neue politische oder rechtliche Fragen stellen, zu denen sich der [X.] noch keine Meinung gebildet hat (vgl. [X.]E 131, 152 <209 m.w.N.>). Die Pflicht zur umfassenden Unterrichtung und zum Ausgleich von Informationsungleichgewichten ist daher nicht statisch, sondern dynamisch zu verstehen. Sie verdichtet sich mit zunehmender Komplexität und Bedeutung eines Vorgangs sowie mit der zeitlichen Nähe zu einer förmlichen Beschlussfassung oder zum Abschluss einer Vereinbarung (vgl. [X.]E 131, 152 <209 f.>). Die Bundesregierung hat die Informationen immer dann zu aktualisieren, wenn sich neue Entwicklungen ergeben haben oder sie ihre Haltung zu einem Dossier ändert (vgl. Brand, [X.] Kommunikation zwischen [X.] und Bundesregierung, 2015, [X.] 71).

Dies umfasst zugleich die Pflicht, nicht nur bereits in EU-Gremien unter Mitwirkung der Bundesregierung abschließend beratene oder sogar bereits beschlossene Rechtsetzungsakte sowie sonstige relevante Dokumente zuzuleiten. Vielmehr muss die Bundesregierung dem [X.] auch ihr vorliegende Zwischenergebnisse und Textstufen übermitteln. Dass sich Entwürfe ändern und daher Aktualisierungen erforderlich werden, solche Informationen mithin schnell überholt sein können, rechtfertigt es nicht, die schriftliche Unterrichtung auf einen [X.]punkt zu verschieben, in dem die Ergebnisse bereits feststehen (vgl. [X.]E 131, 152 <222>).

c) Auch die eventuelle [X.] einer Information steht ihrer Weiterleitung an den [X.] grundsätzlich nicht entgegen.

Ein Geheimhaltungsbedürfnis kann sich nach den Umständen des Einzelfalls insbesondere im Hinblick auf mitteilungsbedürftige Initiativen und Positionierungen der Bundesregierung ergeben. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat dem [X.] durch Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG weitreichende Unterrichtungsrechte eingeräumt. Insbesondere in Bezug auf Initiativen der Bundesregierung im Verhältnis zu den übrigen Mitgliedstaaten und zu Organen der [X.] erscheinen Fallkonstellationen nicht ausgeschlossen, in denen ein vorzeitiges Bekanntwerden der Haltung der Bundesregierung in der Öffentlichkeit deren Verhandlungsposition im [X.] Gefüge nachhaltig schwächt. Denn es kann sich für die übrigen Verhandlungsteilnehmer als vorteilhaft erweisen, vorzeitig über die Positionierung der Bundesregierung informiert zu sein, ohne dass die Bundesregierung ihrerseits die Initiativen und Verhandlungspositionen der übrigen Verhandlungspartner kennt. Dadurch können abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls die Verhandlungsstärke der Bundesregierung und damit die Belange der [X.] beeinträchtigt werden.

In derartigen Fällen, in denen das Wohl des Staates durch das Bekanntwerden vertraulicher Informationen gefährdet werden kann, kann die Unterrichtung vertraulich erfolgen (vgl. [X.]E 131, 152 <208>). So legt § 10 Abs. 2 Satz 2 [X.] fest, dass der [X.] die Sicherheitseinstufung der Organe der [X.] über eine besondere Vertraulichkeit zu beachten hat (vgl. beispielsweise Art. 6 der Geschäftsordnung des Rates, ABl EU 2009 Nr. L 325 vom 11. Dezember 2009, [X.] 40). Eine eventuell erforderliche nationale Einstufung als vertraulich für diese Dokumente oder für andere im Rahmen dieses Gesetzes an den [X.] zu übermittelnden Informationen, Berichte und Mitteilungen kann die Bundesregierung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 [X.] noch vor der Versendung vornehmen und ist vom [X.] ebenfalls zu beachten (vgl. auch [X.]E 67, 100 <135> zur entsprechenden Regelung in § 3 Abs. 2 Geheimschutzordnung - im Folgenden: [X.]). Auch dem besonderen Schutzbedürfnis laufender Verhandlungen hat der [X.] durch eine vertrauliche Behandlung Rechnung zu tragen (§ 10 Abs. 3 [X.], § 7 Abs. 3 [X.]FinG, § 5 Abs. 3 StabMechG).

Die Voraussetzungen für die Wahrung der Vertraulichkeit hat der [X.] mit dem Erlass seiner Geheimschutzordnung geschaffen, welche Bestandteil seiner Geschäftsordnung ist (§ 17 [X.]) und in detaillierter Weise die Voraussetzungen für die Wahrung von [X.] bei seiner Aufgabenerfüllung regelt (vgl. [X.]E 67, 100 <135>; 77, 1 <48>; 130, 318 <362>; 131, 152 <208>; 137, 185 <240 Rn. 149>; vgl. auch BTDrucks 17/12816, [X.] 12). Die Einhaltung der Geheimschutzordnung ist Pflicht eines jeden Abgeordneten, wobei diese Verschwiegenheitspflicht durch die strafrechtliche Sanktion des § 353b Abs. 2 Nr. 1 StGB abgesichert wird (vgl. [X.]E 137, 185 <240 Rn. 149>). Durch die detaillierten Regelungen in § 69 Abs. 7 [X.] in Verbindung mit § 7 [X.] wird zudem eine vertrauliche Behandlung von Verschlusssachen der Geheimhaltungsgrade "VS-Vertraulich" oder höher insbesondere auch im Ausschuss für die Angelegenheiten der [X.] sichergestellt.

Die Geheimschutzbestimmungen sind Ausdruck der Tatsache, dass das [X.] ohne eine Beteiligung am geheimen Wissen der Regierung weder das Gesetzgebungsrecht noch das Haushaltsrecht noch das parlamentarische Kontrollrecht gegenüber der Regierung auszuüben vermöchte (vgl. [X.]E 67, 100 <135>; 137, 185 <240 f. Rn. 149>). Auch die [X.] und Mitwirkungsrechte nach Art. 23 Abs. 2 GG liefen in vielen Fallkonstellationen leer, wenn sich die Bundesregierung regelmäßig auf die [X.] des jeweiligen Ereignisses auf [X.] berufen könnte. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das [X.] im parlamentarischen Regierungssystem des Grundgesetzes nicht allein der Bundesregierung, sondern dem [X.] und der Bundesregierung gemeinsam anvertraut ist (vgl. [X.]E 67, 100 <136>; 124, 78 <124>; 137, 185 <241 Rn. 149>). Darüber hinaus beschränkt eine Geheimhaltung gegenüber dem [X.] die parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten und kann deshalb den notwendigen [X.] Legitimationszusammenhang beeinträchtigen oder unterbrechen (vgl. [X.]E 147, 50 <128 Rn. 199 m.w.N.>). Mithin kommt die Berufung auf eine absolute [X.] gerade gegenüber dem [X.] in aller Regel dann nicht in Betracht, wenn beiderseits wirksam Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden von [X.] getroffen wurden (vgl. [X.]E 67, 100 <136>; 137, 185 <241 Rn. 149>).

Adressat der Unterrichtung gemäß Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG ist grundsätzlich der [X.] als Ganzer (vgl. [X.]E 131, 152 <213>). Nur in seltenen Fällen ganz besonderer [X.] kann der Grund absoluter Vertraulichkeit es rechtfertigen, den Kreis der zu informierenden Abgeordneten auf die Mitglieder eines besonderen Gremiums zu beschränken (vgl. [X.]E 130, 318 <359, 362 f.>; 137, 185 <242 f. Rn. 152>; 147, 50 <130 f. Rn. 205>; vgl. auch § 7 Abs. 7 [X.]FinG, § 5 Abs. 7 StabMechG). Dabei sind die jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls in den Blick zu nehmen (vgl. [X.]E 130, 318 <363 f.>).

d) Grenzen der [X.] ergeben sich aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG). Das Funktionengefüge des Grundgesetzes geht davon aus, dass die Regierung einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung besitzt, der einen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt. Zu diesem Kernbereich gehört jedenfalls die Willensbildung der Regierung, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vor allem in ressortinternen und -übergreifenden [X.] vollzieht (vgl. [X.]E 67, 100 <139>; 110, 199 <214, 222>; 124, 78 <120>; 131, 152 <206>; 147, 50 <138 f. Rn. 229>). Solange die interne Willensbildung der Bundesregierung nicht abgeschlossen ist, besteht daher kein Anspruch des [X.] auf Unterrichtung (vgl. [X.]E 131, 152 <206>).

Initiativen der Bundesregierung und ihrer Positionierung bei von dritter Seite angestoßenen Vorhaben in Angelegenheiten der [X.] geht ein - je nach Vorgang - mehr oder weniger umfangreicher Willensbildungsprozess voraus, in dessen Verlauf sich unter Umständen erst allmählich eine bestimmte Auffassung herausbildet. Bis dahin handelt es sich um einen von verschiedenen innen- und außenpolitischen sowie innerorganschaftlichen Belangen, Erwägungen und Entwicklungen abhängigen und damit volatilen Vorgang, der den Bereich der Bundesregierung noch nicht verlässt und über den der [X.] von [X.] wegen grundsätzlich auch noch nicht zu informieren ist (vgl. [X.]E 131, 152 <210>; 137, 185 <235 Rn. 136>; 147, 50 <139 Rn. 229>). Wenn die Bundesregierung indes ihre Willensbildung selbst so weit konkretisiert hat, dass sie Zwischen- oder Teilergebnisse an die Öffentlichkeit geben kann oder mit einer eigenen Position in einen Abstimmungsprozess mit [X.] eintreten will, fällt ein Vorhaben nicht mehr in den gegenüber dem [X.] abgeschirmten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung (vgl. [X.]E 131, 152 <210>). Dieser endet daher, wenn und soweit die Bundesregierung Zwischenergebnisse erreicht oder Positionierungen ausgearbeitet hat und schon diese zur Grundlage ihres nach außen gerichteten Handelns macht. Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG gebietet in diesen Fällen eine substantielle Information des [X.] durch die Bundesregierung über ihr Vorhaben (vgl. [X.]E 131, 152 <210>).

Der [X.] steht nicht entgegen, dass es noch keine endgültig abgestimmte Position zum avisierten Inhalt eines Vorschlags innerhalb der Bundesregierung gibt. Gegenstand der [X.] ist in derartigen Fällen allein die Absicht der Bundesregierung, einen Prozess zu dessen Ausarbeitung anzustoßen. Die Willensbildung der Bundesregierung ist in derartigen Fällen jedenfalls abgeschlossen, wenn sie mit ihrer Initiative aus dem Bereich der regierungsinternen Abstimmung hinaustreten und mit einer eigenen, auch nur vorläufigen Position in einen Abstimmungsprozess mit [X.] eintreten will (vgl. [X.]E 131, 152 <227>).

4. Im Hinblick auf die [X.] bestehen strikte zeitliche Vorgaben. Art. 23 Abs. 2 GG zielt darauf, dem [X.] ausreichend [X.] für eine Entscheidung einzuräumen, ob und gegebenenfalls wie er sich an der nationalen Willensbildung beteiligen möchte (vgl. [X.]E 131, 152 <201 m.w.N.>; vgl. auch BTDrucks 12/3896, [X.] 23 f.). Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat sich dabei bewusst für die zeitlich enge Vorgabe einer Unterrichtung "zum frühestmöglichen [X.]punkt" anstelle einer lediglich "rechtzeitigen" oder "regelmäßigen" Unterrichtung entschieden (vgl. [X.]E 131, 152 <211>). Er wollte damit verhindern, dass sich der [X.] in der [X.]praxis vor vollendete Tatsachen gestellt sieht und diese nur noch zur Kenntnis nehmen kann (vgl. [X.], [X.]arische Informationsrechte, 2007, [X.] 70 f. m.w.N.). Dem [X.]punkt kommt daher eine dem Umfang der Unterrichtung gleichrangige Bedeutung zu. Nur wenn der [X.] frühzeitig von einem Vorhaben erfährt, kann er den regelmäßig durch eine Vielzahl von Akteuren getragenen Entscheidungsprozess in Angelegenheiten der [X.] noch beeinflussen (vgl. [X.]E 131, 152 <212>). So muss beispielsweise abgesichert sein, dass der [X.] durch seine Stellungnahmen den Entscheidungsprozess beeinflussen kann, bevor Gremien wie die [X.] etwa die Modalitäten von Hilfsprogrammen festlegen (vgl. [X.], in: [X.], [X.] 44 <60>). Eine frühestmögliche Unterrichtung des [X.] nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG ist daher in solchen Fällen Voraussetzung für die Wahrnehmung seiner Mitwirkungsrechte nach Art. 23 Abs. 3 GG.

Deshalb muss der [X.] die Informationen der Bundesregierung spätestens zu einem [X.]punkt erhalten, der ihn in die Lage versetzt, sich fundiert mit dem Vorgang zu befassen und eine Stellungnahme zu erarbeiten, bevor die Bundesregierung nach außen wirksame Erklärungen, insbesondere bindende Erklärungen zu Rechtsetzungsakten der [X.] und intergouvernementalen Vereinbarungen, abgibt. Das schließt es aus, dass die Bundesregierung ohne vorherige Beteiligung des [X.]es konkrete Initiativen ergreift oder an Beschlussfassungen mitwirkt, und gebietet die Weiterleitung sämtlicher Dokumente, sobald sie zum Gegenstand von Verhandlungen gemacht werden (vgl. [X.]E 131, 152 <212>).

Offizielle Dokumente, Berichte und Mitteilungen müssen daher ebenso wie alle inoffiziellen Informationen an den [X.] weitergeleitet werden, sobald sie in den Einflussbereich der Bundesregierung gelangen. Über Sitzungen der Organe und informelle Beratungen, an denen die Bundesregierung beteiligt ist, muss der [X.] - auch wenn noch keine förmlichen Vorschläge oder sonstige Beratungsgrundlagen existieren - bereits im Voraus und so rechtzeitig informiert werden, dass er sich über den Gegenstand der Sitzungen eine Meinung bilden und auf die Verhandlungslinie und das Abstimmungsverhalten der Bundesregierung Einfluss nehmen kann. Insoweit besteht kein Ermessen der Bundesregierung hinsichtlich des [X.]punkts (vgl. [X.]E 131, 152 <212 f. m.w.N.>).

Spätere mündliche oder schriftliche Informationen und insbesondere eine nachträgliche Übersendung bereits in der [X.] oder in sonstigen EU-Gremien beratener Dokumente können eine Verletzung der [X.] nicht heilen (vgl. [X.]E 131, 152 <222>).

5. Aus dem mit der Unterrichtung des [X.] verfolgten Zweck des Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG folgen schließlich auch Anforderungen an das Verfahren und die Form der Unterrichtung.

Der Zweck des Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG verlangt im Grundsatz eine schriftliche Unterrichtung durch die Bundesregierung. Zwar ist die Schriftform in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG nicht ausdrücklich vorgesehen. Angesichts der Anforderungen an Klarheit, Verstetigung und Reproduzierbarkeit, die an eine förmliche Unterrichtung des [X.] zu stellen sind, erscheint die Schriftform jedoch gegenüber der mündlichen Unterrichtung als das vorrangige Medium zur effektiven Information des [X.]es. Der mündlichen Unterrichtung des [X.], des [X.] [X.] wie auch der Fachausschüsse kommt vor diesem Hintergrund grundsätzlich nur eine ergänzende und erläuternde Funktion zu (vgl. [X.]E 131, 152 <214>).

Ausnahmen vom Schriftlichkeitsgrundsatz sind nur in engen Grenzen und insbesondere im Hinblick auf das Gebot einer Unterrichtung zum frühestmöglichen [X.]punkt zulässig, unter Umständen aber auch geboten. Das ist etwa der Fall, wenn zu einer Angelegenheit noch keine schriftlichen Unterlagen vorliegen und in vertretbarer [X.] auch nicht beschafft oder hergestellt werden können, eine Unterrichtung des [X.] jedoch im Hinblick auf die effektive Wahrnehmung seiner Mitwirkungsrechte erforderlich ist. Für die Überlassung fremdsprachiger Unterlagen gilt Vergleichbares. Entfällt das Hindernis, ist das entstandene Informationsdefizit unverzüglich auszugleichen (vgl. [X.]E 131, 152 <214 f. m.w.N.>).

Nach diesen Maßstäben ist der Antrag begründet. Die Antragsgegnerin hat die Unterrichtungsrechte des [X.] nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG dadurch verletzt, dass sie das [X.] nicht zum frühestmöglichen [X.]punkt vor der Tagung der [X.] am 11. und 12. Juli 2015 über ihre Verhandlungsposition in der [X.] und beim [X.] am 12. und 13. Juli 2015 zum Verbleib oder vorübergehenden Ausscheiden [X.] aus der [X.] unterrichtet hat.

1. Die im Juli 2015 andauernden Verhandlungen der Mitgliedstaaten der [X.], der Organe der [X.] und weiterer Akteure zur Gewährung von Finanzhilfen an [X.] unter Ausweitung der Tätigkeiten des Europäischen Stabilitätsmechanismus stellten eine Angelegenheit der [X.] gemäß Art. 23 Abs. 2 GG dar und lösten deshalb Mitwirkungs- und Informationsrechte des [X.] aus (vgl. [X.]E 131, 152 <215 ff.>; 135, 317 <428 Rn. 232>; 153, 74 <145 f. Rn. 123>).

2. Die Verhandlungsposition der Bundesregierung einschließlich ihrer Lösungsvorschläge unterfiel der [X.] gemäß Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG, weswegen der [X.] einen Anspruch auf deren Mitteilung noch vor der anstehenden Sitzung der [X.] und vor dem [X.] hatte.

a) Verhandlungen über die Gewährung weiterer Finanzhilfen im hohen zweistelligen Milliardenbereich für [X.] durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus betreffen unmittelbar das Budgetrecht und die [X.]e Gesamtverantwortung des [X.] als unverfügbarer Teil des grundgesetzlichen Demokratieprinzips (vgl. [X.]E 131, 152 <202>; 154, 17 <87 Rn. 104>). Es handelt sich dabei um einen in tatsächlicher, rechtlicher und politischer Hinsicht höchst komplexen und bedeutsamen Vorgang. Gleiches gilt für die in die Diskussion eingebrachte Option eines vorübergehenden Austritts [X.] aus der [X.], da auch dieses Szenario mit ganz erheblichen Auswirkungen auf den Integrationsprozess der [X.] sowie auf den [X.] verbunden wäre. Die Verhandlungen zu einem dritten Hilfspaket für [X.] befanden sich in einer entscheidenden Phase, wobei auf dem [X.] vom 12. und 13. Juli 2015 absehbar wesentliche Entscheidungen getroffen werden sollten und in Form einer politischen Grundsatzeinigung auch tatsächlich erzielt wurden.

In Anbetracht dieser herausragenden Bedeutung und der Komplexität der Angelegenheit war eine besonders intensive Beteiligung des [X.] geboten, um sicherzustellen, dass er sich mit der Angelegenheit auseinandersetzen sowie Notwendigkeit und Umfang der zu beschließenden Maßnahmen aus seiner Sicht klären konnte (vgl. [X.]E 131, 152 <220>). Aus dem Gebot umfassender und frühestmöglicher Information in Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG ergaben sich deshalb im konkreten Fall hohe Anforderungen an die Qualität, Quantität, Aktualität und Verwertbarkeit der Unterrichtung über den Verhandlungsstand zu einem dritten Hilfspaket für [X.] und zu einem etwaigen Austritt [X.] aus der [X.] (vgl. [X.]E 131, 152 <220>). Entsprechend detailliert hatte die Unterrichtung des [X.] zu erfolgen.

b) Die Initiative und Positionierung der Antragsgegnerin im Vorfeld der Sitzung der [X.] und des [X.]s umfasste auch den Inhalt des Schriftstücks vom 10. Juli 2015, welcher der Antragsgegnerin als Bestandteil ihrer eigenen Verhandlungsposition in Bezug auf ein drittes Hilfspaket für [X.] zurechenbar ist (vgl. [X.]E 131, 152 <207>). Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, es habe sich insofern lediglich um interne Überlegungen des [X.] gehandelt, welche sich die Antragsgegnerin nicht zu eigen gemacht habe und welche schon mangels Ressortabstimmung nicht die endgültige Verhandlungsposition der Antragsgegnerin wiedergäben.

Zum einen steht dieser Vortrag im Widerspruch zu den Ausführungen des [X.] in der Sitzung des [X.]es am 16. Juli 2015, in welcher er betonte, dass seine inhaltliche Position bei der Tagung der [X.] innerhalb der Bundesregierung abgestimmt gewesen sei. Bereits am 9. Juli 2015 fand nach dem Vortrag der Antragsgegnerin zudem ein Gespräch zwischen der Bundeskanzlerin, dem [X.] sowie dem [X.] statt, in dem jedenfalls am Rande auch ein freiwilliges, temporäres Ausscheiden [X.] aus der [X.] thematisiert wurde.

Zum anderen ist die Verhandlungsposition des zuständigen [X.]n Ministers der Bundesregierung zurechenbar, wenn dieser in einen Abstimmungsprozess mit [X.] eintritt, nachdem die Angelegenheit ohne Befassung des Kabinetts in seinem Ressort abschließend behandelt wurde (vgl. zum Frage- und Informationsrecht von Abgeordneten so schon [X.]E 139, 194 <231 Rn. 119>). Eine fehlende [X.] in Fällen, in denen der zuständige Fachminister in einen Abstimmungsprozess mit [X.] eintritt, sich nachträglich aber auf eine fehlende Ressortabstimmung beruft, würde den Informationsanspruch des [X.] in weiten Teilen leerlaufen lassen. Das Unterrichtungsrecht des [X.] wäre bei einem derartigen [X.]verständnis abhängig von der konkreten Ausgestaltung der internen Kommunikation in der Bundesregierung und könnte durch die fehlende Einbeziehung einzelner Ministerien leicht umgangen werden. Auch in besonders eilbedürftigen Fällen, in welchen eine Ressortabstimmung schon aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich ist und der zuständige Minister zeitnah neue Positionen erarbeitet, entfiele ein Informationsanspruch des [X.] gänzlich. Dem stehen Sinn und Zweck des umfassenden Informationsrechts aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG entgegen. Die Bundesregierung muss sich daher in derartigen Fällen das Handeln ihres Mitglieds zurechnen lassen, wenn dieses die [X.] in einem Verhandlungsprozess auf [X.] vertritt und erkennbar als deren Repräsentant auftritt.

c) Unerheblich ist auch, in welcher Form und auf welche Art und Weise die Bundesregierung einen Vorschlag in [X.] [X.] einbringt. Abzustellen ist allein darauf, ob der Inhalt einer Überlegung für einen Abstimmungsprozess mit [X.] oder für die Öffentlichkeit bestimmt ist und entsprechend verfahren werden soll.

Dies war hier der Fall. Die Verhandlungsposition der Bundesregierung beinhaltete auch die im Schreiben vom 10. Juli 2015 dokumentierten Lösungsoptionen, wobei das Schreiben bereits zum [X.]punkt seiner Erstellung für einen Abstimmungsprozess mit [X.] bestimmt war und eine Verschriftlichung einer mitteilungsbedürftigen Initiative und Positionierung der Bundesregierung darstellte. Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin markierte das Dokument Merkposten für die [X.] Verhandlungsdelegation und lag dieser während der Sitzung der [X.] als Arbeitsunterlage und "[X.]" vor. Folglich gab der Inhalt des Dokuments die zu diesem [X.]punkt bestehende Verhandlungsposition der Bundesregierung beziehungsweise die aus Sicht der Bundesregierung bestehenden Handlungsoptionen im Außenverhältnis zu [X.] wieder, wurde nach außen hin kommuniziert und den anderen [X.] inhaltlich zur Kenntnis gebracht. Seine Bestimmung für einen Abstimmungsprozess mit [X.] zeigt sich nicht zuletzt darin, dass das Dokument in [X.] angefertigt wurde und einzelne Sätze daraus in leicht abgewandelter Form Eingang in das offizielle Abschlussdokument der [X.] fanden.

Entscheidend ist insofern, dass der Inhalt des Dokuments vom 10. Juli 2015 auf einen Abstimmungsprozess mit [X.] gerichtet war und sich die [X.] Verhandlungsdelegation inhaltlich und als [X.] auf dieses Dokument stützte. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob das Dokument selbst Gegenstand der Beratungen wurde oder ob es den anderen [X.] - beispielsweise als Tischvorlage - zur Verfügung gestellt wurde. Darüber hinaus hat vorliegend die Antragsgegnerin die Darstellung des damaligen Vorsitzenden der [X.] nicht bestritten, dass das Dokument vom 10. Juli 2015 am selben Abend vom [X.] an ihn, weitere Spitzenpolitiker und eine kleine Gruppe von Spitzenbeamten der [X.] verschickt wurde. Darin liegt der Beginn eines Abstimmungsprozesses auf [X.], über dessen inhaltliche Ausrichtung der [X.] vorab hätte informiert werden müssen.

Im Übrigen wäre die Verhandlungsposition der Bundesregierung dem [X.] unabhängig von einer vorherigen schriftlichen Niederlegung mitzuteilen gewesen, weswegen es letztlich nicht darauf ankommt, wann und wie genau das Dokument vom 10. Juli 2015 an Außenstehende verteilt wurde. Hat die Bundesregierung jedoch - wie hier - bereits schriftliche Unterlagen zu einer eigenen Initiative verfasst, so umfasst der Unterrichtungsanspruch aus Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG auch die Weiterleitung dieser Unterlagen.

d) Dem Informationsrecht des [X.] steht auch nicht entgegen, dass die Verhandlungsposition der Bundesregierung nach deren Vortrag vor Beginn der Sitzung der [X.] nicht endgültig festgelegt und damit "volatil" war. Insofern kommt es nicht darauf an, dass sich die im Schreiben vom 10. Juli 2015 dokumentierte Verhandlungsposition der Antragsgegnerin auf bloße Optionen im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen bezog und nach ihrem Vortrag vorrangiges Ziel weiterhin eine Verhandlungslösung und ein Verbleib [X.] in der [X.] blieben.

Führt die Bundesregierung im Rahmen einer überaus bedeutsamen Angelegenheit neue Optionen und Lösungsvorschläge in die Diskussion mit ihren [X.] Partnern ein, so unterliegt auch dieser nach außen gerichtete Willensentschluss der [X.] nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG. Soweit die Bundesregierung den Entschluss gefasst hat, in Angelegenheiten der [X.] mit einer Verhandlungsposition - hier in Form des Einbringens neuer Handlungsoptionen für den Fall eines Scheiterns einer Verhandlungslösung mit [X.] - in Abstimmungsprozesse oder Verhandlungen einzutreten, verlässt sie den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Dass sich die eigene Verhandlungsposition im Rahmen derart komplexer und langwieriger Verhandlungen auf [X.] nicht als abschließend oder als endgültig darstellt, sondern regelmäßig im Verlauf des [X.] nach Kenntnis und Auseinandersetzung mit den Standpunkten der anderen Verhandlungsteilnehmer und unter Berücksichtigung der tatsächlichen Entwicklungen angepasst oder neu justiert wird, ergibt sich aus der Dynamik derartiger Verhandlungen. Würde der [X.] erst dann unterrichtet, wenn endgültige Positionen oder Ergebnisse feststünden, wäre er von einer inhaltlichen Einflussnahme während der besonders relevanten offenen Verhandlungsstadien abgeschnitten und damit auf einen bloßen Nachvollzug verwiesen (vgl. [X.]E 131, 152 <222 f.>). Gerade hiervor schützt ihn Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG. Die Bundesregierung hat den [X.] daher auch über ihre eigenen Zwischenpositionen, Zwischenergebnisse und Vorschläge innerhalb eines Abstimmungsprozesses mit [X.] zu unterrichten, selbst wenn diese "eine kurze Halbwertszeit" aufweisen (vgl. [X.]E 131, 152 <222>).

Im vorliegenden Verfahren stand spätestens am 10. Juli 2015 um 14:00 Uhr das Zwischenergebnis fest, dass die Bundesregierung in der [X.] den Inhalt dieses Dokuments gegenüber den [X.] Verhandlungspartnern vortragen würde. Dazu gehörte auch, das temporäre Ausscheiden [X.] aus der [X.] als eine Handlungsoption in die Debatte einzuführen. Gegenstand der gebotenen Unterrichtung war daher die Absicht der Bundesregierung, auf [X.] eine Diskussion zu den im Dokument vom 10. Juli 2015 enthaltenen Optionen anzustoßen. Deswegen kommt es nicht darauf an, ob diese Position der Bundesregierung endgültig war oder nicht und ob die Bundesregierung - wie sie geltend macht - weiterhin auf eine einvernehmliche Lösung hinarbeitete.

e) Der Unterrichtung des [X.] steht im vorliegenden Fall auch keine besondere [X.] entgegen. Eine solche wird von der Antragsgegnerin weder geltend gemacht, noch ist sie sonst ersichtlich. Es obliegt insoweit der Antragsgegnerin, im Rahmen der Übermittlung den [X.] auf eine etwaige Vertraulichkeitseinstufung der Information hinzuweisen und so die vertrauliche Behandlung der Angelegenheit nach der Geheimschutzordnung sicherzustellen.

f) Die sonstigen dem [X.] unterbreiteten Informationen genügten nicht zur Erfüllung der [X.] durch die Bundesregierung.

Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, durch die zuvor übermittelten Informationen zu den vorherigen Beratungen der Staats- und Regierungschefs vom 7. Juli 2015, durch Stellungnahmen des Finanzministers im [X.], durch einen Vorbericht zu den Beratungen ab dem 11. Juli 2015 sowie durch die Weiterleitung der [X.]n Anträge und Reformvorschläge habe sich der [X.] ein klares Bild machen können, kommt es hierauf nicht an.

Nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG ist der [X.] "umfassend" über Angelegenheiten der [X.] zu informieren. Dabei hat die Unterrichtung bei besonders bedeutsamen Verhandlungen auf [X.] vollständig und detailliert zu erfolgen. Der Bundesregierung kommt, soweit eine [X.] besteht, kein Auswahlermessen zu, welche Dokumente und Informationen sie an den [X.] weiterleitet und welche nicht. Die Unterrichtung hat sich vielmehr in derartigen Fällen ohne Abstriche auch auf die Weiterleitung von Dokumenten über die nach außen getragene Verhandlungsposition der Bundesregierung zu erstrecken (vgl. [X.]E 131, 152 <220>). Eine nur kursorische, auf die wesentlichen Eckpunkte beschränkte Unterrichtung des [X.]es ist bei erkennbar bedeutsamen Vorhaben und einem hohen Informationsinteresse des [X.] demgegenüber nicht ausreichend. Es bleibt insofern dem [X.] überlassen, selbst zu entscheiden, wie er die übermittelten Dokumente und Informationen bewertet und worauf er sein Lagebild stützt. Die Bundesregierung kann sich daher bei bedeutsamen Verhandlungen im Hinblick auf Informationen zu ihrer eigenen, aktualisierten Verhandlungsposition nicht auf ihre eigene Einschätzung berufen, die übrigen übermittelten Dokumente genügten dem [X.] für ein Lagebild, weswegen es keiner Weitergabe neuerer Dokumente und Informationen bedürfe. Mithin waren auch die aktualisierten, an die [X.] Verhandlungspartner adressierten Vorschläge und Lösungsoptionen der Bundesregierung dem [X.] mitzuteilen.

Im Übrigen waren dem [X.] die Verhandlungsposition der Bundesregierung und insbesondere die Option eines vorübergehenden Austritts [X.] aus der [X.] auch nicht anderweitig bekannt. Zwar hatte der [X.] vor dem [X.] am 30. Juni 2015 bereits vorgetragen, dass [X.] trotz der fortbestehenden Hilfsbereitschaft der [X.] "im äußersten Fall" vom [X.]-Zahlungssystem abgekoppelt werden müsse und in diesem Fall auch die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen sowie einer vorübergehenden Parallelwährung erforderlich seien. Auf eine entsprechende Anfrage eines Fraktionsmitglieds der Antragstellerin vom 7. Juli 2015, ob der [X.] im Einklang mit entsprechenden Medienberichten die Vorlage eines "proposals" zur Einführung einer Parallelwährung in [X.] (über die Ausgabe von Schuldscheinen) plane, antwortete das [X.] indes noch am 9. Juli 2015 (und damit nur einen Tag vor der Fertigstellung des Dokuments vom 10. Juli 2015), dass ein derartiger Vorschlag nicht bekannt sei.

3. Die Informationen über die Verhandlungsposition der Bundesregierung waren dem [X.] nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG zum frühestmöglichen [X.]punkt und damit deutlich vor dem 12. Juli 2015 um 16:00 Uhr zuzuleiten.

a) Hinsichtlich des [X.]punktes der Weiterleitung besteht kein Ermessen der Bundesregierung (vgl. [X.]E 131, 152 <212>). Eine Mitteilungspflicht besteht, sobald feststeht, dass ein Vorschlag oder eine Initiative der Bundesregierung zum Gegenstand von Verhandlungen auf [X.] gemacht und damit nach außen kommuniziert werden soll (vgl. [X.]E 131, 152 <226>). Der [X.] ist mithin zu unterrichten, noch bevor die Bundesregierung nach außen hin konkrete Initiativen ergreift oder an Beschlussfassungen mitwirkt.

Sobald der für die Bundesregierung handelnde [X.] entschieden hatte, welche Vorschläge er in die Verhandlungen der [X.] einbringen würde, bestand die Mitteilungspflicht gegenüber dem [X.]. Dies war hier spätestens nach Abfassung des Dokuments vom 10. Juli 2015 um 14:00 Uhr der Fall. Denn der Inhalt dieses Dokuments war bereits bei seiner Abfassung darauf gerichtet, auf der anstehenden Tagung der [X.] als Verhandlungsposition der [X.]n Delegation vorgetragen zu werden. Daher hätte eine entsprechende Information über die Positionierung der Bundesregierung spätestens nach Abfassung des Dokuments vom 10. Juli 2015 und damit vor der Weitergabe an Dritte sowie vor Beginn der Tagung der [X.] und des [X.]s erfolgen müssen.

b) Eine Unterrichtung über die Verhandlungslinie der Bundesregierung auf der anstehenden Sitzung der [X.] und des [X.]s durfte auch nicht unter Verweis auf die für eine Stellungnahme des [X.] zu kurze [X.]spanne verwehrt werden. Ob und wie der [X.] in Eilfällen auf eine ihm kurzfristig übermittelte Information reagiert und ob er hierzu Stellung nimmt, bleibt seinem Einschätzungs- und Organisationsspielraum überlassen. Auch insoweit bestehen keine Beurteilungsspielräume der Bundesregierung.

c) Die spätere Informationsübermittlung nach Abschluss der Sitzung der [X.] und nach Beginn des [X.]s ändert nichts an der Verletzung des Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG (vgl. [X.]E 131, 152 <222>). Denn diese Vorschrift soll gerade verhindern, dass der [X.] auf einen bloßen Nachvollzug der auf [X.] getroffenen Entscheidungen beschränkt wird. Dass die Antragsgegnerin das [X.] nachträglich durch Zuleitung des Dokuments vom 10. Juli 2015 am Sonntag, dem 12. Juli 2015, gegen 16:00 Uhr über ihre Lösungsinitiative und Verhandlungsposition informierte, kann den Verstoß gegen ihre [X.] daher nicht mehr heilen.

Meta

2 BvE 4/15

27.04.2021

Bundesverfassungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BvE

Art 20 Abs 2 S 2 GG, Art 23 Abs 2 GG, Art 79 Abs 3 GG, § 4 Abs 2 Nr 1 EUZBBG 2013, § 10 Abs 2 S 2 EUZBBG 2013, § 10 Abs 2 S 3 EUZBBG 2013, § 10 Abs 3 EUZBBG 2013

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27.04.2021, Az. 2 BvE 4/15 (REWIS RS 2021, 6461)

Papier­fundstellen: WM2021,1104 REWIS RS 2021, 6461

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