Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2007, Az. XII ZR 40/05

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4894

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 7. März 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 566 a.F. Die Vereinbarung in einem Vorvertrag, dass ein langfristiges Mietverhältnis be-gründet werden soll, unterliegt nicht dem Formerfordernis des § 566 BGB a.F. Sie verpflichtet die Parteien aber zur Mitwirkung am Zustandekommen des schriftlichen und damit der Form des § 566 BGB a.F. genügenden Hauptvertra-ges. [X.], Urteil vom 7. März 2007 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 1. Februar 2005 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen vergeblicher Planungsaufwen-dungen aus einer vertraglichen Absprache in Anspruch. 1 Die Parteien trafen am 7. Oktober 1999 eine als "Mietvertrag" [X.], mit der sich die Klägerin verpflichtete, der Beklagten gegen Entgelt ein noch zu errichtendes [X.] zur Nutzung zu überlassen. Im Vertrag heißt es u.a.: 2 - 3 - "§ 1 Mietobjekt 1. Der Vermieter wird Eigentümer der Immobilie - A.

D. - in [X.]. Auf dem Grundstück wird ein Senioren-Pflegeheim (Mietobjekt) errichtet. 2. Der Vermieter vermietet an den Mieter ein fertig gestelltes, be-triebs- und [X.] mit insgesamt ca. 180 Betten gemäß folgenden Anlagen, die Bestandteil dieses Vertrages sind: Anlage 1: Lageplan Anlage 2: Baubeschreibung Anlage 3: Baugenehmigung Anlage 4: [X.] (soweit vorhanden) ... 6. Der Mieter ist verpflichtet, das Mietobjekt mit Fertigstellung zu ü-bernehmen. Als Fertigstellungstermin gilt der Zeitpunkt gemäß § 5 Abs. 2, spätestens jedoch der Zeitpunkt der behördlichen Gebrauchsabnahme. ... § 2 Vertragsdauer 1. Das Mietverhältnis wird auf die Dauer von 20 Jahren fest verein-bart. Es beginnt mit dem in § 1 Abs. 6 genannten Termin. ... § 5 Übergabe des Mietgegenstandes ... 2. Den verbindlichen Übergabetermin wird der Vermieter spätestens vier Monate vorher dem Mieter schriftlich mitteilen. - 4 - § 16 Sonstiges ... 2. Vermieter und Mieter sind berechtigt, vom Mietvertrag zurückzu-treten, wenn die Baugenehmigung, bezogen auf die geplante, in diesem Mietvertrag vorgesehene Nutzung, versagt wird und wenn die geplante Finanzierung, bezogen auf die Gesamtkonzeption und die Bonität des [X.], nicht zustande kommt. 3. Dieser Mietvertrag gilt weiterhin vorbehaltlich der Beibringung aller behördlichen Genehmigungen." Die Klägerin begann mit Planungen für das Objekt. Mit Schreiben vom 23. Juli 2001 kündigte die Beklagte die Vereinbarung unter Berufung auf § 16 des Vertrages. Die Klägerin nahm den von ihr gestellten [X.] zurück. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob es sich bei der getroffe-nen Vereinbarung bereits um einen bindenden Mietvertrag oder lediglich um einen Vorvertrag handelt. Die Gründe, die dazu geführt haben, dass der Vertrag nicht durchgeführt wurde, sind zwischen den Parteien ebenfalls streitig. 3 Die Klägerin verlangt Ersatz der ihr mit dem Abschluss des Vertrages erwachsenen Aufwendungen. Das [X.] hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Es ist von einem rechtswirksamen Mietvertrag ausgegangen, den die Beklagte durch ihre unberechtigte Kündigung verletzt habe. Das Berufungs-gericht hat das Urteil des [X.]s abgeändert und die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision. 4 - 5 - Entscheidungsgründe: 5 Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 6 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe kein [X.] auf Schadensersatz zu. Dabei könne dahinstehen, ob es sich bei der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung um einen Mietvertrag oder lediglich einen Vorvertrag dazu handele. [X.] man mit dem [X.] einen Mietvertrag, so habe dieser mangels Einhaltung der Schriftform gemäß § 566 BGB a.F. ordentlich gekündigt werden können. Dabei könne offen bleiben, ob die Schriftform schon deshalb nicht gewahrt sei, weil die in § 1 Abs. 2 genannten Anlagen der Vereinbarung nicht beigefügt gewesen seien. Zu den wesentlichen Punkten, die dem Schrift-formerfordernis unterlägen, gehöre die Dauer des Vertrages. Werde der Vertrag mit einer Festlaufzeit (hier: 20 Jahre) geschlossen, unterlägen Anfangs- und Enddatum der Beurkundungspflicht. Nur wenn sich beide Daten aus der Urkun-de ergäben, könne ein Erwerber verlässlich erkennen, für welchen Zeitraum der Mietvertrag - noch - bestehe. Das gelte insbesondere für die Fälle, in denen das Mietobjekt bei Vertragsschluss noch nicht existiere, sondern erst errichtet wer-den solle. In einem solchen Fall könnten der Zeitpunkt des Vertragsschlusses und derjenige des [X.] um Jahre auseinander liegen. Im [X.] Fall datiere der [X.], während das [X.] erst mit dem Zeitpunkt der Fertigstellung habe beginnen sollen. Dieser Zeitpunkt sei bei Vertragsschluss weder bestimmt noch bestimmbar gewesen. 7 Folge man der Ansicht, dass es sich bei der Vereinbarung noch nicht um den Mietvertrag selbst, sondern nur um einen Vorvertrag handele, ergebe sich kein anderes Ergebnis. Zwar unterliege der Vorvertrag nicht dem [X.] - 6 - nis. [X.] sei erst die Abrede, durch die der Vorvertrag zum [X.] werde. Im vorliegenden Fall sei bereits nicht ersichtlich, dass es dann überhaupt einen Mietvertrag gäbe, jedenfalls gäbe es keinen, der der Schriftform des § 566 BGB a.F. entspreche. Die Beklagte wäre im Ergebnis auch bei Annahme eines [X.], der ohne Beachtung der Form [X.] gekommen wäre, nicht gehindert gewesen, den Vertrag zu kündigen. 2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 9 a) Der Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarung steht nicht entgegen, dass dem Vertrag die in § 1 Abs. 2 genannten Anlagen nicht beigefügt waren. Zwar gehört die Einigung über den Vertragsgegenstand zum wesentlichen [X.]. Dieser muss zumindest bestimmbar sein ([X.]/Blank Mietrecht 9. Aufl. vor § 535 Rdn. 11). Das ist hier der Fall. Nach § 1 Abs. 2 der Vereinbarung sollte der Vermieter auf dem Grundstück "[X.]

" ein Senioren-Pflegeheim mit insgesamt 180 Betten errichten und dem Mieter zur Nutzung überlassen. Die Überlassungsverpflichtung bezog sich auf das [X.]. Damit war der Vertragsgegenstand hinreichend individualisiert. 10 b) Die Schriftform scheitert nicht daran, dass die Parteien die in § 1 Abs. 2 genannten Anlagen der Vereinbarung nicht beigefügt haben. Zwar ge-hört auch der Mietgegenstand zu den wesentlichen und damit formbedürftigen Elementen eines langfristigen [X.] (vgl. [X.], [X.]surteil vom 2. November 2005 - [X.] ZR 233/03 - NJW 2006, 140). Danach muss der [X.] im Vertrag so ausreichend individualisiert sein, dass er für einen Rechtsnachfolger (§ 571 BGB a.F. = § 566 BGB), den § 566 BGB a.F. (= § 550 BGB) in erster Linie schützen will, ausreichend bestimmbar ist. Das ist hier der Fall. Mietgegenstand sollte nach seiner Fertigstellung ein "betriebs- und [X.] - 7 - zungsfähiges Seniorenpflegeheim mit insgesamt 180 Betten" auf dem [X.] " [X.] " sein. Damit war das gesamte Gebäude vermietet, das der Vermieter auf dem Grundstück errichten würde, unabhängig davon, welche Größe und Ausstattung es im Einzelnen aufweisen und wo genau es auf dem Grundstück entstehen würde. Den Anlagen, die bei Vertragsschluss erst zu ei-nem geringen Teil vorhanden waren, kam insoweit kein eigener Erklärungswert zu; sie dienten lediglich der Verdeutlichung des im formgültig abgeschlossenen [X.] (Orientierungshilfe). Der Streitfall [X.] sich wesentlich von den Fällen, in denen nur Teile eines Gebäudes vermietet werden und für einen Rechtsnachfolger aus dem Mietvertrag nicht ersichtlich ist, um welche Teile es sich dabei handelt (vgl. dazu [X.]surteil vom 2. November 2005 - [X.] ZR 233/03 - NJW 2006, 140). c) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Dauer des [X.] zu den wesentlichen Vertragsbedingungen gehört und deshalb formbedürftig ist. Der [X.] hat - nach Verkündung des [X.] - entschieden, dass die Vertragsdauer nicht bestimmt angegeben werden muss, sondern die Form gewahrt ist, wenn die Einigung über die Dauer beurkundet ist und ihr Inhalt bestimmbar bleibt ([X.]surteil vom 2. November 2005 - [X.] ZR 212/03 - NJW 2006, 139). Dafür genügt es, dass der Sachverhalt so genau bestimmt ist, dass bei seiner Verwirklichung kein Zweifel am [X.] verbleibt. Der [X.] hat deshalb in der Vereinbarung, dass das Mietverhältnis "mit der Übergabe der Mieträume" beginnen solle, einen ausrei-chend bestimmbaren Beginn des Mietverhältnisses gesehen ([X.]surteil aaO). 12 Nichts anderes gilt im Streitfall. Gemäß § 2 Abs. 1 der vertraglichen [X.] sollte das Mietverhältnis mit dem in § 1 Abs. 6 genannten [X.] beginnen. Als Fertigstellungstermin bestimmt § 1 Abs. 6 Satz 2 den Zeitpunkt, den der Vermieter als Übergabetermin verbindlich festlegt. Aufgrund 13 - 8 - dieser Beschreibung lässt sich der Beginn des Mietverhältnisses - nach Mittei-lung des verbindlichen [X.] - eindeutig bestimmen. Mit der Mittei-lung des - zunächst unbestimmten - [X.] steht der Beginn des Mietverhältnisses fest, wird aus dem bestimmbaren ein bestimmter Termin. 14 d) Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, bei Annahme eines [X.] wäre die Beklagte nicht gehindert, diesen zu kündigen. Im Ausgangspunkt geht das Berufungsgericht allerdings zutreffend davon aus, dass ein Vorvertrag nicht den Formerfordernis-sen des § 566 BGB a.F. unterliegen würde ([X.], Urteile vom 7. Oktober 1953 - [X.] 1953, 958 und vom 4. Juni 1961 - [X.] 1961, 1027). Dem schließt sich der [X.] an. Die Ausführungen des Berufungsgerichts legen demgegenüber aber den Schluss nahe, dass es entgegen der von ihm gewählten Formulierung der [X.] war, aus einem formlosen Vorvertrag könne kein Anspruch auf Abschluss eines - formgerechten - Hauptvertrages bestehen. Diese Auffassung ist unzu-treffend. Ist im Vorvertrag vereinbart, dass ein langfristiges Mietverhältnis be-gründet werden soll, so sind beide Parteien zur Mitwirkung am Zustandekom-men des schriftlichen und damit der Form des § 566 BGB a.F. genügenden Hauptvertrages verpflichtet (Lindner-Figura/[X.]/[X.]. 3 Rdn. 20; [X.]/Blank, Mietrecht 9. Aufl. Vor § 535 Rdn. 107). Daneben bestehen vertragliche Nebenpflichten, insbesondere dahin, alles zu unterlassen, was dem Abschluss des Hauptvertrages entgegenstehen könnte. Werden diese Verpflichtungen verletzt, so kann der jeweils andere [X.] Schadensersatz verlangen (Lindner-Figura/[X.]/[X.] aaO Rdn. 25; [X.]/Blank aaO Rdn. 106). Die unberechtigte Kündigung des [X.] bzw. die Weigerung, einen formgerechten Hauptvertrag [X.] - 9 - schließen, wären solche zum Schadensersatz führenden Verletzungen des [X.]. 16 3. Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass sie - unabhängig von der Einhaltung der Schrift-form - nach § 16 des [X.] berechtigt gewesen sei, weil die Klägerin ihrerseits ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen sei. Das [X.] hat dazu Beweis erhoben. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen hierzu getroffen hat, ist eine Entscheidung darüber, ob der Klägerin ein [X.] auf Schadensersatz zusteht, dem [X.] derzeit nicht möglich. [X.] Vézina Dose
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.08.2004 - 23 O 46/03 - [X.], Entscheidung vom 01.02.2005 - 9 U 108/04 -

Meta

XII ZR 40/05

07.03.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2007, Az. XII ZR 40/05 (REWIS RS 2007, 4894)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4894

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