Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2016, Az. VII ZR 210/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 15517

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:250216UVIIZR210.13.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII ZR 210/13
Verkündet am:

25. Februar 2016

Klein,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 633, 634
a)
Für die Beurteilung, ob ein Werk mangelhaft ist, kommt es nach einer durchge-führten Abnahme auf den Zustand des Werks zum Zeitpunkt der Abnahme an.
b)
Die Verletzung einer Prüfungs-
und Hinweispflicht durch den Werkunternehmer ist kein Tatbestand, der eine Mängelhaftung begründen kann (Bestätigung von [X.], Urteil vom 8.
November
2007
VII
ZR
183/05, [X.]Z 174, 110 Rn. 22).
[X.], Urteil vom 25. Februar 2016 -
VII ZR 210/13 -
OLG [X.] am Main

[X.]

-
2
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Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25.
Februar
2016
durch den
Vorsitzenden Richter
Dr.
[X.], [X.],
Dr.
Kartzke
und
Prof.
Dr.
Jurgeleit und die Richterin
Wimmer
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.]n wird das Urteil des 15.
Zivilsenats in [X.] des [X.] vom 1.
August 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger macht Mängelansprüche, insbesondere Vorschussansprüche
für Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln
in zwei Studentenwohnheimen geltend.
Er beauftragte im Jahr 2003 die [X.] mit Fliesenarbeiten an den Bä-dern des [X.]es in M. sowie die R.
KG
mit Fliesenarbeiten im [X.] in M.
Die R.
KG beauftragte die [X.] mit der Erbringung der Leistungen. Hin-1
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sichtlich des Bauvorhabens [X.] geht der Kläger aufgrund einer Vereinba-rung vom 27.
Mai
2008 mit der R.
KG aus abgetretenem Recht vor.
Nach Fertigstellung und Abnahme der Arbeiten im Jahr 2003 stellte der Kläger fest, dass die Fugen nicht die erforderliche Konsistenz aufwiesen. Es kam zu ersten Feuchteschäden insbesondere im Bereich der Nasszellen. Dort brachen Fugen teilweise in Gänze heraus. Mit Schriftsatz
vom 18. Juni 2008, der [X.]n am 27. Juni 2008 zugestellt, beantragte der Kläger die [X.] eines selbständigen Beweisverfahrens vor dem [X.]
gegen die [X.].
Am 9.
Februar 2012 hat er
mit am 20.
Januar
2012 bei Gericht einge-gangenem Schriftsatz
Klage erhoben.
Der Kläger behauptet, die [X.] habe die Fugen mangelhaft herge-stellt. Zur Beseitigung sei es erforderlich, die Boden-
und Wandflächen im Be-reich der Duschen zu überfliesen.
Die [X.] erhebt die Einrede der Verjäh-rung und behauptet, der Zustand der Fugen beruhe auf einer unsachgemäßen Reinigung der Fliesen durch die vom Kläger beauftragte Streithelferin.
Das [X.] hat die [X.] zur
Zahlung eines Mangelbeseiti-gungsvorschusses in Höhe von 79.urteilt
und festgestellt, dass die [X.] zum Ersatz etwaiger weiterer Mangelbeseitigungskosten und Schäden verpflichtet sei. Das Berufungsgericht hat die Berufung der [X.]n zurück-gewiesen. Die [X.] begehrt mit
ihrer vom Senat zugelassenen Revision weiterhin Klageabweisung.

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Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist,
hat ange-nommen, dass der Kläger gegen die [X.] einen Vorschussanspruch ge-mäß §
637 Abs.
3, Abs.
1 BGB habe.
Die unzureichende Beschaffenheit und Konsistenz der Fugen
sei
zwi-schen den Parteien unstreitig. Denn die [X.] habe nicht in Abrede gestellt, dass die Fugen zerstört seien. Sie sei nur der Ansicht, für das eingetretene Schadensbild keine Verantwortung
zu
tragen. Das entlaste sie nicht. Zwar kön-ne die Mängelhaftung des Unternehmers bei einer Unvollkommenheit des Wer-kes ausgeschlossen oder zumindest eingeschränkt sein, wenn diese in ihre [X.] im Verantwortungsbereich des Bestellers habe. So liege es hier jedoch nicht.
Es kämen drei mögliche Gründe für den Zustand der Fugen in Betracht: Eine unzureichende Herstellung durch die [X.] (was das [X.] an-genommen habe), eine nachträgliche Beschädigung durch eine unsachgemäße Reinigung (so die [X.]) oder die Verwendung eines nicht geeigneten [X.] (so [X.] hilfsweise
der Kläger).
Es könne letztlich offen bleiben, ob die [X.] die Fugen
unzureichend hergestellt habe. Für diese Möglichkeit spreche zwar viel. Abschließend lasse sich das
jedoch ohne erneute Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht klä-6
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ren. Selbst wenn man zu Gunsten der [X.]n unterstelle, dass der Zustand der Fugen durch die Reinigung mit einem säurehaltigen Mittel bedingt worden sei, liege die Ursache des Mangels nicht im Verantwortungsbereich des [X.], da die [X.] ihre Hinweispflichten verletzt habe. Die [X.] hätte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass eine Reinigung nur mit neutralen oder alkalischen Reinigungsmitteln möglich sei. Eine entsprechende Neben-pflicht finde ihre Grundlage insbesondere in dem größeren Fachwissen
des Un-ternehmers, auf das der Besteller beim Abschluss eines Werkvertrags in der Regel setze und dessen Einsatz zu seinen Gunsten er nach den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben
erwarten dürfe.
Die Ansprüche des [X.] seien nicht verjährt. Seit dem 12.
März
2007 habe es Verhandlungen im Sinne des §
203 BGB gegeben, die zumindest bis zu dem Zeitpunkt geschwebt hätten, zu dem eine Hemmung durch die Einrei-chung
des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens eingetreten sei. Letzteres sei erst am 1.
August
2011 im Sinne des §
204 Abs.
2 BGB beendet worden. Noch mit Schriftsatz vom 30.
Juni 2011 habe der Pro-zessbevollmächtigte der [X.]n eine Stellungnahme innerhalb der nächsten Woche angekündigt. Nachdem diese
ausgeblieben sei, sei das Verfahren mit der Festsetzung des [X.] durch das [X.] am 1.
August 2011 beendet gewesen. Die Einreichung der Klage am 20.
Januar 2012 sei [X.] unter Berücksichtigung von §
167 ZPO noch rechtzeitig gewesen.

II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

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1. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die [X.] die Fugen unzureichend hergestellt hat. Für die Revisionsinstanz ist deshalb zugunsten der [X.]n davon auszugehen, dass die Fugen ordnungsgemäß hergestellt und in diesem Zustand abgenommen worden sind.
Unter dieser Voraussetzung hat der Kläger keinen Anspruch auf Vorschuss für Kosten der
Mängelbeseiti-gung gemäß §
637 Abs.
3 BGB.
a) Rechtsfehlerhaft geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Flie-senarbeiten, hier die Verfugungen, mit einem Mangel behaftet sind. Diese An-nahme wird durch seine Feststellungen nicht getragen.

In
dem unstreitigen jetzigen Zustand der Fugen, die Schadstellen auf-weisen
und jedenfalls teilweise zerstört sind, liegt noch kein Mangel des Werks der [X.]n. Das Berufungsgericht übersieht bei dieser Annahme, dass es für die Beurteilung, ob ein Werk mangelhaft ist, grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Abnahme ankommt und dass die Beschädigungen der Fugen erst später
vorla-gen. Mit einem
nach einer durchgeführten Abnahme eingetretenen Zustand kann die Mangelhaftigkeit eines Werks allein nicht begründet werden.
b) [X.] sind auf dieser Grundlage auch die Erwägungen des [X.] zu einer Hinweispflicht der [X.]n.
Im Ansatz noch zutreffend nimmt es
an, dass eine nicht vom [X.] zu verantwortende Ursache für die Unvollkommenheit, das heißt Mangel-haftigkeit eines Werks ihn dann nicht entlasten kann, wenn er einer ihn treffen-den Hinweispflicht nicht nachgekommen ist. Denn insbesondere der Nacherfül-lungsanspruch des §
635 BGB knüpft ausschließlich an die objektive Mangel-haftigkeit des Werks an. Diese verschuldensunabhängige Mängelhaftung wird durch einen Sach-
oder Rechtsmangel des vom Unternehmer hergestellten Werks begründet; die Erfüllung der Prüfungs-
und Hinweispflicht ist demgegen-13
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über ein Tatbestand, der den Unternehmer hiervon befreit (vgl. [X.], Urteil vom 8.
November
2007
VII
ZR
183/05, [X.]Z 174, 110
Rn.
22). Da es bereits an einem Mangel des Werks fehlt, stellt sich diese Frage nicht.
Aus diesen Gründen ist die Verletzung einer
Prüfungs-
und Hinweis-pflicht
durch den Unternehmer
kein Tatbestand, der eine
Mängelhaftung be-gründen könnte ([X.], Urteil vom 8.
November
2007
VII
ZR
183/05, aaO).
Die vom Berufungsgericht angenommene Pflicht der [X.]n, einen Hinweis zu
geben, welches Reinigungsmittel zu verwenden sei, lässt sich im Übrigen auch inhaltlich nicht auf die
Rechtsprechung des [X.] zu Hinweispflichten, mit deren Erfüllung ein Unternehmer seine Mängelhaftung abwenden kann, stützen. Denn bei diesen
geht es nicht darum, wie ein späterer Schaden abgewendet werden kann. Vielmehr geht es darum,
darauf hinzuwei-sen, dass der Unternehmer so wie beabsichtigt oder mit der vorgefundenen Situation kein mangelfreies Werk erstellen kann. Nur hierauf beziehen sich auch die vom Berufungsgericht in Bezug genommenen
Urteile des [X.], wonach diese Hinweispflicht auch gegenüber einem fachkundigen Besteller bestehen kann, weil auch er auf ein größeres Fachwissen des [X.] vertrauen darf.
2. Ohne
Erfolg rügt die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht Mängelansprüche des [X.] als nicht verjährt angesehen hat.
a) Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellungen des Landge-richts, die ersichtlich auch das Berufungsgericht zu Grunde gelegt hat, nach denen die Abnahmen der Arbeiten am [X.] am 14.
Oktober 2003 und am [X.] frühestens am 9.
Mai 2003 stattgefunden haben.
Davon ausgehend endete vorbehaltlich etwaiger Hemmungstatbestände die Verjährungsfrist frü-hestens am 8.
Mai 2008.
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b) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, am 12.
März
2007 hätten Verhandlungen im Sinne des §
203 BGB begonnen. Die hiergegen erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO.
Auf
die weiteren Einwände der Revision gegen die Dauer der anschlie-ßenden
Hemmung der
Verjährung
kommt es dann nicht mehr an. Selbst wenn sie berechtigt wären, wäre keine Verjährung eingetreten.
aa) Es kann offen bleiben, ob das Berufungsgericht aus dem Schreiben des [X.] vom 28.
März 2008 hätte entnehmen müssen, dass ab diesem Zeitpunkt die Verhandlungen beendet gewesen seien. Selbst wenn [X.] nur zwischen dem 12.
März
2007 und dem 28.
März 2008 geschwebt hätten, wäre eine Hemmung der Verjährung von über einem Jahr und zwei [X.] eingetreten. Damit hätte die Verjährungsfrist mindestens bis zum 24.
Mai
2009 gedauert. Mit der Beantragung des selbständigen Beweisverfah-rens am 18.
Juni
2008 wäre
dann
die weitere Hemmung der Verjährung zu ei-nem Zeitpunkt eingetreten, als noch
elf Monate
und sechs Tage
der Verjäh-rungsfrist nicht verstrichen waren.
[X.]) Es kommt auf dieser Basis ebenfalls nicht darauf an, ob

wie die Revision
meint

das Berufungsgericht die Beendigung des selbständigen [X.] im Sinne von §
204 Abs.
2 BGB
unzutreffend mit dem 1.
August
2011 angenommen hat.
Es trifft entgegen der Darstellung der Revision schon nicht zu, dass sich das [X.] im selbständigen Beweisverfahren im [X.] an die [X.] Erörterung des Gutachtens durch den Sachverständigen am 3.
Mai 2010 nicht mehr mit den Ergänzungsfragen der [X.]n befasst hat. Im Gegenteil hat es nach den Feststellungen des [X.]s im vorliegenden Rechtsstreit
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den Beweisbeschluss am 28.
September 2010 ergänzt.
Selbst wenn schon dies der Zeitpunkt der letzten Verfahrenshandlung des Gerichts gewesen wäre, ist eine ausreichend lange Hemmung eingetreten. Denn dann hätte die Hemmung sechs Monate später, also am 28.
März 2011 geendet, §
204 Abs. 2 BGB.
Innerhalb der sodann noch mehr als elf Monate
laufenden Restverjäh-rungsfrist (siehe oben unter aa)) ist jedenfalls die Klage am 20.
Januar 2012 bei Gericht eingereicht worden, was zur erneuten Hemmung, §
204
Abs. 1 Nr. 1
BGB, § 167 ZPO, geführt hat.

III.
Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben und die Sache ist an das Be-rufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird nunmehr die notwendigen Fest-stellungen dazu zu treffen haben, ob die Fliesenarbeiten in den beiden Häusern mangelhaft waren.
Das ist der Fall, wenn die Fugen unzureichend hergestellt wären. Ein Mangel käme unter Umständen ebenfalls in Betracht, wenn die nach

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dem Vertrag geschuldete Funktionalität auch umfassen würde, dass die Fliesen auf eine bestimmte Art oder mit bestimmten Mitteln gereinigt werden können, ohne Schaden zu nehmen, und diese nicht erreicht sein sollte.

[X.]
[X.]
Kartzke

Jurgeleit

Wimmer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.06.2012 -
2 O 13/12 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 01.08.2013 -
15 [X.] -

Meta

VII ZR 210/13

25.02.2016

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2016, Az. VII ZR 210/13 (REWIS RS 2016, 15517)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15517

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 210/13

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