Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.11.2004, Az. V ZB 13/04

V. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 510

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[X.][X.]/04

vom 25. November 2004
in der Grundbuchsache Nachschlagewerk: ja

[X.]: ja

[X.]R: ja

[X.] §§ 107, 873, 1909 Ist die dingliche Übertragung eines Grundstücks an einen Minderjährigen bei isolierter Betrach-tung lediglich rechtlich vorteilhaft, bedarf seine Auflassungserklärung auch dann nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters oder eines Ergänzungspflegers, wenn die zugrunde liegende schuldrechtliche Vereinbarung mit rechtlichen Nachteilen verbunden ist. Eine Ge-samtbetrachtung des schuldrechtlichen und des dinglichen Rechtsgeschäfts ist in diesem Fall nicht veranlaßt (Abgrenzung zu [X.] 78, 28).

[X.] § 107, 1030, 1191 Die Übereignung eines Grundstücks an einen Minderjährigen ist auch dann lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn es mit einer Grundschuld belastet ist. Für die Belastung mit einem Nieß-brauch gilt dies jedenfalls dann, wenn der Nießbraucher auch die Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die außergewöhnlichen Grundstückslasten zu tragen hat.

[X.] § 107 Die aus der Eigentumsübertragung folgende Haftung des Erwerbers für die gewöhnlichen öffentlichen Lasten des Grundstücks begründet keinen Rechtsnachteil im Sinne des § 107 [X.].

[X.], [X.]. v. 25. November 2004, [X.]/04 - BayObLG - [X.] - [X.] - 2 -

Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 25. November 2004 durch den Vizepräsidenten des [X.] Dr. [X.], [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]
beschlossen: Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der [X.]uß der 13. Zivilkammer des [X.] vom 12. Januar 2004 sowie die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Œ Grund-buchamt [X.] vom 9. Oktober 2003 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, die mit notarieller Urkunde vom 4. August 2003 beantragten Eintragungen nicht aus den Gründen des [X.]usses vom 9. Oktober 2003 zu verweigern.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 • festgesetzt.

Gründe: [X.]
Die Beteiligte zu 1 ist die Mutter der 1988 geborenen Beteiligten zu 2 und der 1990 geborenen Beteiligten zu 3. Sie ist im Grundbuch als Eigentüme-rin eines Hausgrundstücks eingetragen, das mit einer Grundschuld belastet ist. - 3 -

Am 4. August 2003 ließen die Beteiligten einen sogenannten Überlas-sungsvertrag notariell beurkunden. Darin räumte sich die Beteiligte zu 1 den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch an dem Grundstück ein. Nach der von ihr getroffenen Bestimmung hat der Nießbraucher auch die außeror-dentlichen Lasten, die Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen und [X.] sowie die Zins- und Tilgungsleistungen für die dem eingetragenen Grundpfandrecht zugrunde liegenden Verbindlichkeiten zu tragen. Weiterhin vereinbarten die Beteiligten unter gleichzeitiger Auflassung die unentgeltliche Übertragung eines jeweils hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück auf die Beteiligten zu 2 und 3 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Die Beteiligte zu 1 behielt sich jedoch das Recht vor, von dem schuldrechtlichen Teil des Vertrags zurückzutreten, wenn zu ihren Lebzeiten "einer der Erwerber den an ihn überlassenen Vertragsgrundbesitz ganz oder teilweise ohne vorhe-rige Zustimmung des Veräußerers veräußert oder belastet oder wenn einer der Erwerber vor dem Veräußerer versterben sollte". Zur Sicherung des durch die Ausübung des Rücktrittsrechts bedingten Übereignungsanspruchs bewilligten die Beteiligten eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 1.
Den von dem [X.] namens der Beteiligten gestellten Antrag auf Vollzug der Urkunde hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 9. Oktober 2003 beanstandet, weil der Überlassungsvertrag wegen der mit etwaigen Rückübertragungsansprüchen der Beteiligten zu 1 zusammenhän-genden Verpflichtungen für die minderjährigen Beteiligten zu 2 und 3 nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sei. Es hat den Beteiligten deshalb aufgegeben, binnen bestimmter Frist den Überlassungsvertrag von einem zu bestellenden Pfleger genehmigen zu lassen und hierzu eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung vorzulegen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos - 4 -

geblieben. Das [X.] Oberste Landesgericht möchte auch die weitere Beschwerde der Beteiligten zurückweisen. Es sieht sich daran jedoch durch den [X.]uß des [X.] vom 11. Juni 2003 ([X.], 189 = Rpfleger 2003, 570) gehindert und hat die Sache deshalb dem [X.] zur Entscheidung vorgelegt. I[X.]
Die Vorlage ist gemäß § 79 Abs. 2 GBO statthaft.

Das vorlegende Gericht meint, der die Auflassung enthaltende Überlas-sungsvertrag sei wegen des der Beteiligten zu 1 vorbehaltenen Rücktrittsrechts mit rechtlichen Nachteilen für die minderjährigen Beteiligten zu 2 und 3 [X.] und bedürfe deshalb insgesamt der Genehmigung durch einen an die Stelle der rechtlich verhinderten Eltern tretenden Ergänzungspfleger. Da es sich um ein Grundstücksgeschäft gemäß § 1821 Abs. 1 Nr. 1 und 4 [X.] han-dele, sei außerdem eine gerichtliche Genehmigung des Vertrags erforderlich, für deren Erteilung gemäß §§ 1909 Abs. 1, 1915 Abs. 1, 1821 Abs. 1 [X.] das Vormundschaftsgericht zuständig sei. Die durch § 1643 Abs. 1 [X.] in der seit dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung begründete Zuständigkeit des Familienge-richts für die Genehmigungserteilung betreffe nur Rechtsgeschäfte der Eltern für das Kind, nicht jedoch [X.]. Demgegenüber vertritt das [X.] in seiner auf weitere Beschwerde ergangenen Entschei-dung vom 11. Juni 2003 ([X.], 189) die Ansicht, nach § 1643 Abs. 1 [X.] falle auch die Genehmigung von Grundstücksgeschäften, die der [X.] anstelle der Eltern vornehme, in die Zuständigkeit des Familiengerichts. - 5 -

Diese Divergenz rechtfertigt die Vorlage. Die unterschiedlich beantwor-tete Frage, welches Gericht nach §§ 1643 Abs. 1, 1909 Abs. 1, 1915 Abs. 1, 1821 Abs. 1 [X.] für die Erteilung der erforderlichen Genehmigung zuständig ist, wenn ein Ergänzungspfleger über das Grundstück eines Minderjährigen verfügt oder diesen hierzu verpflichtet, ist für die dem Grundbuchamt nach § 20 GBO obliegende Prüfung einer rechtswirksam erklärten Auflassung (vgl. Senat, [X.] 78, 28, 31; [X.] in: [X.]/von [X.], GBO, 1999, [X.]. 145; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., [X.]. 68) von Bedeu-tung. Damit geht es um die Auslegung das [X.] betreffender [X.] im Sinne von § 79 Abs. 2 ZPO, worunter alle bei der Entscheidung über einen gestellten Eintragungsantrag angewendeten oder zu Unrecht außer acht gelassenen sachlichrechtlichen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen zu verstehen sind, sofern sie - wie hier - auf bundesrechtlicher Grundlage be-ruhen (Senat, [X.] 151, 116, 119 m.w.[X.]).
Soweit es die Zulässigkeit der Vorlage betrifft, ist der [X.] an die rechtliche Beurteilung des vorlegenden Gerichts, es könne ohne die Beantwortung der streitigen Rechtsfrage nicht über die weitere Beschwerde entscheiden, gebunden (Senat, [X.] 108, 372, 374; [X.]. v. 2. Oktober 2003, [X.], NJW 2003, 3550, 3551 zu § 28 Abs. 2 [X.]; [X.] in: [X.]/von [X.], aaO, § 79 [X.]. 16). Das vorlegende Gericht war auch nicht gehalten, die Vorlage auf den mit der angefochtenen Zwischenverfügung ge-forderten Nachweis einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zu [X.]. Zwar hat es sich an einer Entscheidung über die von dem Grund-buchamt verlangte Genehmigung des Überlassungsvertrags durch einen Er-gänzungspfleger nicht durch die abweichende Rechtsauffassung des Oberlan-desgerichts Köln zur Frage der gerichtlichen Genehmigungszuständigkeit ge-- 6 -

hindert gesehen. Die Beurteilung der Notwendigkeit sowohl der einen als auch der anderen Genehmigung setzt jedoch jeweils die Klärung der Vorfrage [X.], ob die Auflassung nicht bereits deshalb wirksam ist, weil sie zu keinen rechtlichen Nachteilen für die Beteiligten zu 2 und 3 führt (§§ 107, 108 [X.]). Wegen der ansonsten bestehenden Gefahr einander widersprechender Ent-scheidungen zu dieser Vorfrage kann entsprechend den zum Teilurteil gemäß § 301 ZPO entwickelten Grundsätzen (vgl. [X.] 107, 236, 242; 120, 376, 380; [X.], Urt. v. 27. Mai 1992, [X.], NJW-RR 1992, 1053; Urt. v. 23. Janu-ar 1996, [X.], NJW 1996, 1478) über die Erforderlichkeit beider [X.] nur einheitlich entschieden werden, was eine Beschränkung der Vorlage auf einen der beiden abtrennbaren Teile des Verfahrensgegenstands ausschließt (vgl. Senat, [X.]. v. 2. Oktober 2003, [X.], NJW 2003, 3550, 3552). II[X.]
Die weitere Beschwerde der Beteiligten ist zulässig (§§ 78, 80 GBO) und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die von den Beteiligten im Rahmen des Überlassungsvertrags vom 4. August 2003 erklärte Auflassung ist rechtswirksam, da die minderjährigen Beteiligten zu 2 und 3 durch den dinglichen Vertrag lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangen (§ 107 [X.]). Das Grundbuchamt durfte daher gemäß § 20 GBO die beantragte Eigentumsumschreibung nicht von der vorherigen Genehmigung des Überlassungsvertrags durch einen Ergänzungspfleger und durch das Vormundschaftsgericht abhängig machen. Die von dem vorlegenden - 7 -

Gericht für entscheidungserheblich gehaltene Frage nach der gerichtlichen Genehmigungszuständigkeit stellt sich somit nicht.
a) Die Auflassung ist nicht deshalb mit rechtlichen Nachteilen für die [X.] zu 2 und 3 verbunden, weil sich die Beteiligte zu 1 den Rücktritt von dem schuldrechtlichen Teil des Überlassungsvertrags vorbehalten hat. Zwar kann der Rücktrittsvorbehalt zu einer Belastung der Minderjährigen führen, weil sie im Fall der Ausübung des Rücktrittsrechts nach Übertragung des [X.] nicht nur ihren jeweiligen Miteigentumsanteil zurückzugewäh-ren hätten (§ 346 Abs. 1 [X.]), sondern darüber hinaus auch zum Wertersatz oder Schadensersatz, insbesondere wegen einer zwischenzeitlichen Ver-schlechterung des Grundstücks, verpflichtet sein könnten (§ 346 Abs. 2 bis 4 [X.]). Dieser Rechtsnachteil ist jedoch ausschließlich Folge der zwischen den Beteiligten getroffenen schuldrechtlichen Vereinbarungen. Ist der unter [X.] stehende Schenkungsvertrag schwebend unwirksam (§§ 107, 108 Abs. 1 [X.]), kann der dingliche Rechtserwerb als solcher nicht zu einer Haftung der Beteiligten zu 2 und 3 gemäß § 346 Abs. 2 bis 4 [X.] führen.
Entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts (vgl. auch [X.] 1979, 49, 52; 1998, 139, 143; [X.], [X.], 189, 190) läßt sich die Unwirksamkeit der Auflassung nicht daraus herleiten, daß man den Überlas-sungsvertrag als Gesamtheit betrachtet, also zwischen den mit seinem schuld-rechtlichen Teil und seinem dinglichen Teil jeweils verbundenen Rechtsfolgen nicht differenziert. Allerdings hat der Senat in einem die Überlassung von [X.] betreffenden Fall ausgesprochen, daß die Frage, ob ein [X.] durch eine Schenkung seines gesetzlichen Vertreters lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, aus einer Gesamtbetrachtung des schuld-- 8 -

rechtlichen und des dinglichen Vertrags heraus zu beurteilen ist ([X.] 78, 28, 35). Auf diese Weise sollte verhindert werden, daß bei [X.] des Grundgeschäfts unbeschadet rechtlicher Nachteile, die mit der Übertra-gung des dinglichen Rechts verbunden sind, der gesetzliche Vertreter im [X.] auf § 181 letzter Halbsatz [X.] befugt ist, den Minderjährigen bei der Annahme der Auflassung zu vertreten oder die von dem Minderjährigen selbst erklärte Annahme zu genehmigen ([X.] 78, 28, 34). Damit ging es in dem entschiedenen Fall allein darum, den Anwendungsbereich des § 181 letzter Halbsatz [X.] einzuschränken, um dem Schutzzweck des § 107 [X.] Geltung zu verschaffen. In der Literatur ist die von dem Senat befürwortete Gesamtbe-trachtung kritisiert worden, weil sie gegen das dem geltenden Recht zugrunde liegende [X.] verstoße ([X.], [X.], 11. Aufl., § 107 [X.]. 5; [X.], [X.], 576; [X.], [X.] 1989, 66, 74; [X.], JA 1990, 281, 284, [X.], [X.] 1998, 524, 528; zustimmend dagegen MünchKomm-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 1909 [X.]. 21; [X.]/[X.], [X.], 63. Aufl., § 107 [X.]. 6; Gitter, [X.] 1981, 283, 284). Statt dessen ist vorgeschlagen [X.], das für richtig gehaltene Ergebnis durch eine teleologische Reduktion des § 181 letzter Halbsatz [X.] herbeizuführen (Soergel/Hefermehl, [X.], 13. Aufl. § 107, [X.]. 5; [X.], aaO, § 107 [X.]. 5 u. § 181 [X.]. 28; [X.], [X.], 576, 577; [X.], [X.] 1989, 66, 75; [X.], aaO). Ob diese Lösung vorzugswürdig ist, bedarf im vorliegenden Fall allerdings keiner Erörterung. Denn eine Gesamtbetrachtung ist nach der Begründung der genannten [X.] jedenfalls dann nicht veranlaßt, wenn das Grundgeschäft, wie hier, bereits bei isolierter Betrachtung mit Rechtsnachteilen für den Minder-jährigen verbunden und deshalb gemäß §§ 107, 108 Abs. 1 [X.] schwebend unwirksam ist. In diesem Fall fehlt es von vornherein an einer Verpflichtung, die der gesetzliche Vertreter im Wege des [X.] gemäß § 181 letzter - 9 -

Halbsatz [X.] erfüllen könnte, so daß eine Umgehung des von § 107 [X.] intendierten Schutzes nicht möglich ist (vgl. [X.], aaO). Es bleibt damit bei dem auch im Rahmen von § 107 [X.] geltenden Grundsatz (vgl. [X.], Allge-meiner Teil des [X.], 27. Aufl., [X.]. 276; [X.], Allgemeiner Teil des [X.], Zweiter Band, 3. Aufl., S. 204 f.; [X.], Allgemeiner Teil des [X.], 2001, [X.]. 1006; [X.], [X.], 11. Aufl., § 107, [X.]. 2), daß Verfügungen als abstrakte Rechtsgeschäfte unabhängig von den ihnen zugrunde liegenden Kausalge-schäften zu beurteilen sind.
Schließlich hat die Unwirksamkeit der zwischen den [X.] schuldrechtlichen Vereinbarungen auch nicht gemäß § 139 [X.] die Un-wirksamkeit der Auflassung zur Folge. Zwar können Grundgeschäft und Erfül-lungsgeschäft durch den Parteiwillen ausnahmsweise zu einer Einheit im Sinne dieser Vorschrift zusammengefaßt werden. Eine solche Annahme rechtfertigt sich jedoch im Hinblick auf § 925 Abs. 2 [X.] nicht in Bezug auf das Verhältnis zwischen Grundgeschäft und Auflassung (Senat, [X.] 112, 376, 378; Urt. v. 23. Februar 1979, [X.], NJW 1979, 1495, 1496; Urt. v. 24. Mai 1985, [X.], NJW 1985, 3006, 3007; MünchKomm-[X.]/[X.]/[X.], 4. Aufl., § 139 [X.]. 22; vgl. auch [X.]/[X.], [X.] [2003], § 139 [X.]. 54 f.).
b) Bei isolierter Betrachtung ist die Auflassung nicht mit [X.] für die Beteiligen zu 2 und 3 verbunden, die gemäß §§ 107, 108 Abs. 1 [X.] eine Genehmigung des dinglichen Vertrags durch den gesetzlichen Ver-treter oder durch einen Ergänzungspfleger erforderlich machen würden. - 10 -

aa) Grundsätzlich ist ein auf den Erwerb einer Sache gerichtetes Rechtsgeschäft für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn er in dessen Folge mit Verpflichtungen belastet wird, für die er nicht nur ding-lich mit der erworbenen Sache, sondern auch persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet (Senat, [X.] 78, 28, 33; vgl. auch [X.] 1979, 49, 53; [X.], [X.] 1996, 288, 289 f.; [X.], [X.], 189, 191). Zwar träfe die Beteiligten zu 2 und 3 mit der Übereignung des Grundstücks eine bereicherungsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe des Miteigentums (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 [X.]), falls der zugrunde liegende, schwebend unwirksame Schenkungsvertrag nicht genehmigt werden sollte. Diese Ver-pflichtung wäre jedoch ihrem Umfang nach auf den noch vorhandenen Wert der rechtsgrundlosen Leistung beschränkt (§ 818 Abs. 3 [X.]). Eine Beein-trächtigung ihres sonstigen Vermögens, die als Rechtsnachteil angesehen werden müßte, wäre daher nicht zu besorgen (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 107 [X.]. 32; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 107 [X.]. 14; [X.]/Wolf, Allgemeiner Teil des [X.], 9. Aufl., § 25 [X.]. 24; [X.], aaO, S. 193; [X.], Rpfleger 1981, 258, 264; Stürner, [X.] [1973], 402, 424).
[X.]) Ein rechtlicher Nachteil ist auch nicht darin zu sehen, daß das Grundstück der Beteiligten zu 1 mit einer Grundschuld belastet ist und daß gleichzeitig mit der Eigentumsänderung ein Nießbrauch und eine Auflassungs-vormerkung zugunsten der Beteiligten zu 1 in das Grundbuch eingetragen werden sollen.
Eine Grundschuld verpflichtet den Grundstückseigentümer gemäß §§ 1192 Abs. 1, 1147 [X.] lediglich dazu, die Zwangsvollstreckung des [X.] in das Grundstück zu dulden (vgl. [X.] 7, 123, 126). Die mit dem Er-- 11 -

werb des belasteten Grundstücks verbundene Haftung der Beteiligten zu 2 und 3 ist demnach auf die ihnen zugewendete Sache beschränkt. Diese Haf-tung mindert zwar den im Eigentumserwerb liegenden Vorteil, beseitigt ihn jedoch nicht ([X.] 1979, 49, 53; [X.], [X.] 1996, 288, 290; [X.], aaO, § 107 [X.]. 6; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO, § 107 [X.]. 40; [X.]/[X.], aaO, § 107 [X.]. 4; Soergel/Hefermehl, aaO, § 107 [X.]. 4; [X.], aaO, [X.]; [X.]/Wolf, aaO, § 25 [X.]. 24; [X.], [X.] 1981, 258, 261; Stürner, aaO, S. 429; a.[X.], NJW 1955, 1339, 1341). Allerdings kann sich eine den Eigentümer persönlich treffende Zahlungspflicht daraus ergeben, daß er die Kosten des zur Zwangsvollstreckung in das [X.] erforderlichen Titels tragen muß ([X.]/[X.], [X.] [2002], § 1147 [X.]. 18, 29). Ob dies einen Rechtsnachteil im Sinne von § 107 [X.] darstellt, bedarf im vorliegenden Fall jedoch keiner Entscheidung. Ausweislich des Grundbuchs hat sich die Beteiligte zu 1 bei der Bestellung der [X.] mit Wirkung gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks unterworfen (§§ 800 Abs. 1, 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Ein Vollstreckungstitel liegt daher bereits vor, so daß die Beteiligten zu 2 und 3 insoweit nicht mit weiteren Kosten belastet werden können. Mögliche deliktische Schadensersatzansprüche des Grundschuldgläubigers gemäß § 823 Abs. 1 [X.] oder gemäß § 823 Abs. 2 [X.] in Verbindung mit §§ 1192 Abs. 1, 1133 bis 1135 [X.] wegen einer Verschlechterung des belasteten Grundstücks (vgl. [X.] 65, 211, 212) sind keine Folge des Eigentumserwerbs als solchem, sondern eines schuldhaften Verhaltens des Grundstückseigentü-mers. Ihretwegen bedarf die Auflassung daher keiner Genehmigung gemäß §§ 107, 108 Abs. 1 [X.], zumal eine solche Genehmigung nicht geeignet wäre, den Minderjährigen vor eigenem deliktischen Verhalten zu schützen (allgemein - 12 -

für [X.] gemäß § 823 [X.]: MünchKomm-[X.]/[X.], aaO, § 107 [X.]. 32).
Eine Auflassungsvormerkung (§ 883 [X.]) setzt das Entstehen des zu sichernden schuldrechtlichen Übereignungsanspruchs voraus ([X.] 54, 56, 63; 150, 138, 142), begründet diesen jedoch nicht und hat auch sonst keine persönlichen Verpflichtungen des Grundstückseigentümers zur Folge. Ihre Eintragung beseitigt deshalb den mit dem Eigentumserwerb verbundenen Vor-teil nicht (vgl. [X.], [X.] 1996, 288, 291; [X.], Rpfleger 1981, 258, 261 f.). Das gleiche gilt für die Belastung eines Grundstücks mit einem Nießbrauch jedenfalls dann, wenn der Nießbraucher, wie hier, über §§ 1042 Satz 2, 1047 [X.] hinaus auch die Kosten außergewöhnlicher Aus-besserungen und Erneuerungen sowie die außergewöhnlichen Grundstücksla-sten zu tragen hat, der Eigentümer insoweit also nicht zum Aufwendungs- oder Verwendungsersatz gemäß §§ 1049, 677 ff. [X.] verpflichtet ist ([X.], [X.] 1996, 288, 290; vgl. auch [X.] 1979, 49, 54 f.; [X.], Rpfleger 1998, 159; [X.], [X.] 2001, 931 f.; [X.], [X.], 189, 191; [X.], aaO, § 107 [X.]. 6; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO, § 107 [X.]. 40; [X.]/[X.], aaO, § 107 [X.]. 4; [X.]/Wolf, aaO, § 25 [X.]. 24; Stürner, [X.] [1973], 402, 428).
cc) Die mit jeder Art von Grunderwerb verbundene Verpflichtung zur Tragung öffentlicher Lasten stellt jedenfalls insoweit keinen Rechtsnachteil im Sinne von § 107 [X.] dar, als es sich um laufende Aufwendungen, insbeson-dere die Pflicht zur Entrichtung der Grundsteuer, handelt. - 13 -

Dies folgt allerdings nicht daraus, daß die öffentlichen Grundstücksla-sten auf Gesetz oder Satzung beruhen, also nicht Gegenstand der zwischen den Parteien getroffenen rechtsgeschäftlichen Abreden sind (so jedoch [X.]/ [X.], aaO, § 107 [X.]. 6; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO, § 107 [X.]. 39; RGRK-[X.]/[X.], 12. Aufl., § 107 [X.]. 17; Soergel/Hefermehl, aaO, § 107 [X.]. 4; [X.], [X.] 1955, 244, 245). Denn das Vermö-gen des Minderjährigen ist nicht weniger gefährdet, wenn der Eintritt eines Rechtsnachteils zwar von den Parteien des Rechtsgeschäfts nicht gewollt, vom Gesetz jedoch als dessen Folge angeordnet ist (vgl. [X.]/Wolf, aaO, § 25 [X.]. 23; [X.], [X.] 1989, 66, 70).
Richtig ist weiterhin, daß der Grundstückseigentümer für die Erfüllung seiner auf öffentlichem Recht beruhenden Abgabenverpflichtungen nicht nur dinglich, sondern auch persönlich haftet (Senat, Urt. v. 22. Mai 1981, [X.], NJW 1981, 2127). Der Umstand, daß den Minderjährigen infolge eines Rechtsgeschäfts persönliche Leistungspflichten treffen, zwingt jedoch nicht in jedem Fall zu der Annahme, das Rechtsgeschäft bedürfe gemäß §§ 107, 108 Abs. 1 [X.] einer Genehmigung. Der Senat hat bereits in seiner die Überlas-sung von Wohnungseigentum betreffenden Entscheidung darauf hingewiesen, daß zur Vermeidung einer zu engen Handhabung des § 107 [X.] der Begriff der ausschließlichen Lukrativität unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Vorschrift auszulegen ist ([X.] 78, 28, 35; ebenso [X.], [X.] 1996, 288, 290; Soergel/Hefermehl, aaO, § 107 [X.]. 1). § 107 [X.] bezweckt in erster Linie, den Minderjährigen vor einer Gefährdung seines Vermögens zu schützen. Da die Beurteilung der wirtschaftlichen Folgen eines Rechtsge-schäfts allerdings mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden sein kann, knüpft die Vorschrift die Genehmigungsbedürftigkeit im Interesse der - 14 -

Rechtssicherheit an das formale Kriterium des rechtlichen Nachteils an, das im Regelfall eine Vermögensgefährdung indiziert (Soergel/Hefermehl, aaO, § 107 [X.]. 1; [X.], NJW 1955, 1339; Stürner, [X.] [1973], 402, 418 ff.). Diese Entscheidung des Gesetzgebers schließt es zwar aus, den von § 107 [X.] vorausgesetzten rechtlichen Vorteil durch den wirtschaftlichen Vorteil zu [X.] (Senat, [X.] 78, 28, 35). Möglich ist es jedoch, bestimmte [X.] wegen ihres typischerweise ganz unerheblichen Gefährdungspotentials als von dem Anwendungsbereich der Vorschrift nicht erfaßt anzusehen (vgl. [X.], aaO, § 25 [X.]. 23; Stürner, aaO, [X.]). Dies gilt jedenfalls für solche den Minderjährigen kraft Gesetzes treffenden persönlichen [X.], die ihrem Umfang nach begrenzt und wirtschaftlich derart unbedeutend sind, daß sie unabhängig von den Umständen des Einzelfalls eine Verweige-rung der Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter oder durch einen Ergänzungspfleger nicht rechtfertigen könnten. Unter diesen Voraussetzungen wäre es reiner Formalismus, würde man die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von der Erteilung einer Genehmigung abhängig machen, obwohl das Ergebnis der dabei vorzunehmenden Prüfung von vornherein feststünde. Mit der am Schutzzweck des § 107 [X.] orientierten einschränkenden Auslegung ist eine Beeinträchtigung der Rechtssicherheit nicht verbunden, wenn geschlossene, klar abgegrenzte Gruppen von Rechtsnachteilen ausgesondert werden, die nach ihrer abstrakten Natur typischerweise keine Gefährdung des Minderjähri-gen mit sich bringen (Stürner, aaO; vgl. auch [X.] 59, 236, 240 zur ein-schränkenden Auslegung von § 181 erster Halbsatz [X.]). Eine derartige Fall-gruppe stellt die Verpflichtung des Minderjährigen dar, die laufenden öffentli-chen Grundstückslasten zu tragen. Die betreffenden Abgaben bemessen sich entweder nach dem Wert des Grundstücks oder nach den der öffentlichen Hand durch die Erbringung bestimmter Dienstleistungen entstehenden Kosten. - 15 -

Sie sind daher ihrem Umfang nach begrenzt, können in der Regel aus den laufenden Erträgen des Grundstücks gedeckt werden und führen [X.] zu keiner Vermögensgefährdung. Ihretwegen würde ein auf das Wohl des Minderjährigen bedachter gesetzlicher Vertreter oder Ergänzungspfleger seine Zustimmung zu einem Grunderwerb nicht verweigern. Dies rechtfertigt es, sie als rechtlich nicht nachteilig zu behandeln ([X.]/[X.], aaO, § 107 [X.]. 15; Stürner, aaO, S. 427 f.; vgl. auch [X.], aaO, [X.]; für die [X.] sämtlicher öffentlicher Lasten BayObLG, NJW 1967, 1912, 1913; NJW 1968, 941; [X.], aaO, § 107 [X.]. 6; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO, § 107 [X.]. 39; [X.]/[X.], aaO, § 107 [X.]. 4; RGRK-[X.]/[X.], aaO, § 107 [X.]. 2; Soergel/Hefermehl, aaO, § 107 [X.]. 4; [X.], [X.] 1989, 66, 71; [X.], Rpfleger 1981, 461, 466; [X.], [X.] 1955, 244, 245; offen gelassen von [X.] 15, 168, 169 f.; Senat, [X.] 78, 28, 34). Ob dies auch für außerordentliche Grundstücksla-sten, insbesondere die Verpflichtung zur Entrichtung von Erschließungs- oder Anliegerbeiträgen, gilt, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Eine Belastung der Beteiligten zu 2 und 3 mit derartigen Pflichten ist nicht ersicht-lich. Die bloß theoretische Möglichkeit, daß sie in Zukunft zu Anliegerbeiträgen oder ähnlichen außerordentlichen Lasten herangezogen werden könnten, stellt als solche keinen Rechtsnachteil dar. Insoweit würde es dem gesetzlichen Vertreter oder dem Ergänzungspfleger an jeglichen tatsächlichen Anhaltspunk-ten fehlen, auf die sie ihre Entscheidung über die Erteilung oder die Versagung einer Genehmigung stützen könnten.
2. Nach alledem ist die von den Beteiligten erklärte Auflassung wirksam, ohne daß es einer Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger oder einer gerichtlichen Genehmigung bedürfte. Das Grundbuchamt war daher - unter - 16 -

Aufhebung seiner Zwischenverfügung und der Beschwerdeentscheidung des [X.] anzuweisen, von seinen Eintragungsbedenken Abstand zu - 17 -

nehmen. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 31 Abs. 1 Satz 1, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.

[X.]

[X.]Stresemann

Meta

V ZB 13/04

25.11.2004

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.11.2004, Az. V ZB 13/04 (REWIS RS 2004, 510)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 510

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Grundbucheintragung: Notwendige Genehmigung eines Ergänzungspflegers bei Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Hausgrundstück durch einen …


V ZB 206/10 (Bundesgerichtshof)

Schenkweiser Erwerb einer Eigentumswohnung durch einen Minderjährigen: Erfordernis der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters


V ZB 206/10 (Bundesgerichtshof)


34 Wx 341/18 (OLG München)

Übertragung von vermietetem Wohnungs- und Teileigentum durch die Großeltern an ihren minderjährigen Enkel


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