Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2007, Az. III ZR 20/07

III. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 2759

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 19. Juli 2007 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] [X.] §§ 5, 6; [X.] vom 22. Januar 1990 ([X.] I S. 118) § 1 Abs. 2 Nr. 3; BGB § 683 Wird das [X.] auf Anforderung der zuständigen ([X.]) Ordnungsbehörde zur Gefahrenabwehr eingesetzt, so sind die dadurch entstehenden Kosten in den Erstattungsanspruch der [X.] gegen den Gefahrenverursacher einzustellen. Ein Direktanspruch des [X.] gegen den Verursacher aus Geschäftsführung ohne Auftrag besteht nicht. [X.], Urteil vom 19. Juli 2007 - [X.]/07 - [X.]

LG Zweibrücken - 2 - Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2007 durch [X.], [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 19. Dezember 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand Die klagende [X.] ist Trägerin des [X.], einer nicht rechtsfähigen Bundesanstalt mit eigenem Verwaltungs-unterbau im Geschäftsbereich des [X.]. Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit der [X.] zu 1 ist der Straßen- und Tiefbau. Die Beklagte zu 2, ein Unternehmen der [X.], stellt [X.] für den Straßenbau her, unter anderem [X.], der zur Herstellung und Sanierung von [X.] benutzt wird. Der Haftkleber wird in Service-tanks (in mehrere 1.000 l fassenden Lkw-Tankanhängern) ausgeliefert. 1 - 3 - Im April 2003 führte die Beklagte zu 1 eine Deckensanierung der [X.] im Gebiet der [X.]

durch. Den hierfür benötigten [X.] bestellte sie bei der [X.] zu 2. Er wurde in einem Tank-wagen der [X.] zu 2 vereinbarungsgemäß am 24. April 2003 auf der [X.] angeliefert. Am 3. Mai 2003 wurde festgestellt, dass ca. 1.500 Liter des Haftklebers ausgelaufen waren. Der Kleber gelangte über die Fahrbahn in einen Einlaufschacht der Straßenentwässerung sowie über die Entwässerungsleitung in den [X.]bach, wo es zu einem Fischsterben kam. 2 Nach Meldung dieses Vorfalls bei der Polizei ordnete die [X.] die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen an. Daran beteiligte sich auf Anforderung auch das [X.] mit mehreren Ortsverbän-den. 3 Die [X.] stellte beiden [X.] als Gesamt-schuldnern die Kosten der Sanierung, darunter jedoch nicht diejenigen des [X.], mit Leistungsbescheiden in Rechnung. Die [X.] und die verwaltungsgerichtlichen Klagen der [X.] blieben erfolglos. 4 Die Klägerin hatte die durch den Einsatz des [X.] verursachten Aufwendungen gegenüber der [X.] gel-tend gemacht. Diese war jedoch der Auffassung, dass die Klägerin sich [X.] an die [X.] halten müsse. Dementsprechend nimmt die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit die [X.] als Gesamtschuldner auf Ersatz in [X.] von 46.625,91 • nebst Zinsen in Anspruch. Die Klage ist in beiden [X.] erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revi-sion verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter. 5 Entscheidungsgründe - 4 - Die Revision ist nicht begründet. Der Klägerin steht gegen die [X.] der geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683, 670 BGB) nicht zu. 6 1. Bei der hier in Rede stehenden Sanierung des verunreinigten Baches war das [X.] auf Anforderung der Kreisverwaltung [X.] als der zuständigen Wasser- und Bodenschutzbehörde tätig geworden. Die Sanierung selbst stellte eine von der Kreisverwaltung getroffene ordnungs-behördliche Maßnahme dar. Dementsprechend hat auch das [X.] als Rechtsgrundlage für die dortigen Aufwendungsersatzansprüche der Kreisverwaltung § 94 Abs. 1 des Wassergesetzes für das [X.] (Landeswassergesetz - [X.]) in Verbindung mit § 108 Abs. 1 [X.] und § 6 des [X.] ([X.]) herangezogen. Auch in der Rechtsprechung des Senats ist seit langem anerkannt, dass Maßnahmen des Gewässerschutzes mit den Mitteln des [X.] durchgesetzt werden können (Senatsurteil [X.] 126, 279, 281 m.w.[X.]). Die Beklagte zu 1 war als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt über das [X.] als diejenige Anla-ge, von der die Gefahr ausgegangen war (§ 5 Abs. 1 [X.]), die Beklagte zu 2 als Eigentümerin (§ 5 Abs. 2 [X.]) in Anspruch genommen worden. 7 2. Diese öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz des [X.] schließen allerdings - wie der Revision zuzugeben ist - die Anwendung der Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag nicht von vornherein aus. Die §§ 677 ff BGB sind grundsätzlich auch im [X.] zwischen [X.] und Privatpersonen anwendbar. Die An-nahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag der Verwaltung für den Bürger verbietet sich nicht einmal dann ohne weiteres, wenn die öffentliche Hand bei 8 - 5 - dem betreffenden Vorgang hauptsächlich zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten tätig geworden ist (st. Rspr.; vgl. insbesondere Senatsurteil [X.] 156, 394, 397 f [X.].[X.], auch zu den gegen diese Betrachtungsweise im Schrifttum erhobenen Bedenken). 3. Bei solchen Fallgestaltungen ist der Rückgriff auf den [X.] nach §§ 683, 670 BGB jedoch dann ausgeschlossen, wenn vor-rangige einschlägige Regelungen über die Erstattung von Kosten und Auslagen für die betreffenden Maßnahmen der Gefahrenabwehr bestehen (Senatsurteil [X.] 156, 394, 398 ff). Auch im allgemeinen bürgerlichen Recht sind Aufwen-dungsersatzansprüche nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich dann nicht gegeben, wenn besondere Bestimmungen das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn abweichend regeln ([X.], Urteil vom 21. Oktober 2003 - [X.]/01 = NJW-RR 2004, 81, 83). Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass hier in § 6 Abs. 2 [X.] eine derartige Sonderregelung getroffen worden ist. 9 a) Die [X.] sind - wie für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist - als die nach § 5 [X.] Verantwortlichen der für die Gefahrenabwehr zustän-digen Behörde zum Ersatz der Kosten verpflichtet, die durch die unmittelbare Ausführung der getroffenen Gefahrenabwehrmaßnahmen entstanden sind. Dementsprechend hat die [X.] den [X.] in den die Erstattung dieser Kosten betreffenden Leistungsbescheiden mit Recht auch die Kosten eingeschalteter privater Unternehmer in Rechnung gestellt. Entge-gen der Auffassung der Revision besteht kein Grund, die dem [X.] erwachsenen Kosten anders zu behandeln. 10 - 6 - b) Zwar dürfte es zutreffen, dass die Leistungen des [X.] nicht aufgrund eines von der Kreisverwaltung erteilten (privatrechtlichen) Auftrags (bzw. Dienst- oder Werkvertrages), sondern aufgrund einer als hoheit-lich einzustufenden "Anforderung" erbracht worden sind. Dies steht jedoch einer Einbeziehung in den von der Kreisverwaltung geltend zu machenden Erstat-tungsanspruch nicht entgegen. Die umfassende Zuständigkeit der Kreisverwal-tung für die hier in Rede stehenden Gefahrenabwehrmaßnahmen erfordert vielmehr auch bei der Regelung der dadurch verursachten Kosten eine Bünde-lung sämtlicher Erstattungsansprüche in der Hand dieser Behörde. Dies ent-spricht zugleich auch dem wohlverstandenen Interesse der in Anspruch ge-nommenen Personen, im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverteidi-gung sämtliche Einwände gegen Grund und Höhe der Ersatzpflicht gegen die anordnende Behörde als sachnächsten Gegner geltend machen zu können. Daher ist es geboten, den Begriff des "Beauftragten" im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht auf (private) selbständige Unternehmer zu beschränken (so aber [X.]/[X.], [X.] [Stand: Juni 2000], § 6 [X.] II 3), sondern auch auf andere Stellen und Behörden zu erstrecken, die von der zuständigen Be-hörde zur Gefahrenabwehr herangezogen werden (in diesem Sinne [X.], [X.], 3. Aufl., § 6 Rn. 1; ebenso [X.], Polizeirecht, 6. Aufl., Rn. 459). Nur die-se Sichtweise entspricht auch den allgemeinen amtshilferechtlichen Bestim-mungen (§§ 4 bis 8 [X.] ), wonach der ersuchten Behörde entstehende [X.] von der ersuchenden Behörde zu erstatten sind (§ 8 Abs. 1 Satz 2 [X.]) und die Frage, ob und in welcher Höhe derartige Kosten dem Bürger in Rechnung gestellt werden können, allein nach Maßgabe der jeweiligen Kosten-gesetze zu beantworten ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 8, Rn. 1 und 12; siehe auch zu § 19 Abs. 2 [X.], Urteil vom 12. Juli 2006 - 1 K 1341/03 - juris, Rn. 35). 11 - 7 - c) Werden von der zuständigen Gefahrenabwehrbehörde Ortsverbände des [X.] herangezogen, so ergeben sich insoweit keine Be-sonderheiten. Dabei spielt es insbesondere keine Rolle, ob - wozu [X.] fehlen - es sich bei dem vorliegenden Schadensereignis um einen Un-glücksfall größeren Ausmaßes im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des [X.]-Helferrechtsgesetzes vom 22. Januar 1990 ([X.] I S. 118) handelte. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, ist zu berücksichtigen, dass diese Bestimmung keine echte Aufgabennorm, sondern eine gesetzliche Beschreibung der vom [X.] zu leistenden Amtshilfe darstellt, für die die §§ 4 bis 8 [X.] ergänzend heranzuziehen sind ([X.], [X.]-Gesetz, 2. Aufl., § 1 Rn. 19, 27 und 32 sowie, hinsichtlich der Kostenfrage, Rn. 37). 12 Vergeblich beruft sich die Revision in diesem Zusammenhang auf § 5 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie über die Durchführung und Abrechnung von Hilfeleistungen des [X.] - Abrechnungsrichtlinie - nach dem Stand vom 1. Januar 2002. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 sind Kosten für technische Hilfe grundsätzlich der zuständigen Stelle in Rechnung zu stellen. Bei [X.] Hilfe auf Veranlassung der Polizei ist nicht diese, sondern allein der [X.] kostenpflichtig (§ 5 Abs. 2 Satz 2). Zwar spricht diese letztere Rege-lung dafür, dass die Kosten des Einsatzes vom [X.] unter Umgehung der anordnenden Gefahrenabwehrbehörde dem Verursacher [X.] in Rechnung gestellt werden können. Jedoch vermag eine bloße [X.] die Richtigkeit des anhand der einschlägigen Gesetzesbestim-mungen gewonnenen Auslegungsergebnisses nicht in Frage zu stellen. 13 - 8 - 4. Da nach alledem eine unmittelbare Inanspruchnahme der [X.] durch die Klägerin ausscheidet, ist die Klage zu Recht abgewiesen worden. 14 [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.02.2006 - 1 O 47/05 - [X.], Entscheidung vom 19.12.2006 - 8 U 29/06 -

Meta

III ZR 20/07

19.07.2007

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2007, Az. III ZR 20/07 (REWIS RS 2007, 2759)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2759

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8 U 29/06

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