Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 03.03.2017, Az. V ZR 268/15

5. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 14694

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Gewerberaummiete: Berufung des Vermieters auf die zugunsten des Mieters streitende Eigentumsvermutung zur Verteidigung seines Vermieterpfandrechts


Leitsatz

Dem Vermieter kommt zur Verteidigung seines Vermieterpfandrechts gegenüber Dritten die für seinen Mieter nach § 1006 BGB streitende Eigentumsvermutung zugute.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des 21. Zivilsenats des [X.] vom 3. Dezember 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungs-gericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte vermietete mit Wirkung ab 1. Dezember 2011 u.a. an die damals noch als UG (haftungsbeschränkt) firmierende [X.] (fortan: Mieterin) Gewerberäume in [X.] zum Betrieb eines [X.] Restaurants. Am 9. Januar 2012 schloss die Klägerin mit der Mieterin einen als "Leihvertrag und entgeltliche Gebrauchsüberlassung" bezeichneten Vertrag, dessen Wirksamkeit die Beklagte bestreitet. Nach dem Vertragstext überließ die Klägerin der Mieterin die in einer Anlage „A“ aufgeführten Inventargegenstände für die [X.] vom 28. Februar 2012 bis 31. August 2012 zur unentgeltlichen Leihe. Danach sollte die Mieterin die Gegenstände unter Eigentumsvorbehalt der Klägerin für 127.682,19 € erwerben und den Kaufpreis in monatlichen Raten von 5.320,09 € abzahlen. Die Mieterin stattete die angemieteten Gewerberäume mit Inventar aus und eröffnete am 29. Februar/1. März 2012 in den Mieträumen der Beklagten ein Restaurant.

2

Mit Schreiben vom 5. Juli 2012 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis wegen unregelmäßiger und unvollständiger Mietzahlungen fristlos, machte zugleich ihr Vermieterpfandrecht geltend und verlangte mit weiterem Schreiben vom 24. September 2012 die Räumung und Herausgabe des Mietobjekts bis zum 2. Oktober 2012. Als die Mieterin das Inventar abtransportieren wollte, ließ die Beklagte die Mieträume am 1. Oktober 2012 durch die Polizei unter Verschluss nehmen und setzte sich am 9. November 2012 auf Grund eines notariellen Zwangsvollstreckungstitels gegen die Mieterin wieder in den Besitz der Mieträume. Die Klägerin erwirkte gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe der Einrichtungsgegenstände an einen Gerichtsvollzieher, vollzog diese aber nicht. Danach ließ die Beklagte einen Teil der Einrichtungsgegenstände versteigern. Mit der Klage verlangt die Klägerin Herausgabe des nicht versteigerten Inventars und Schadensersatz wegen der Versteigerung der übrigen Einrichtungsgegenstände.

3

Das [X.] hat die Beklagte zur Herausgabe der Gegenstände und unter Zurückweisung der insoweit weitergehenden Klage zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 94.631,37 € nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten hat das [X.] durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Auffassung des [X.] ist die Beklagte gemäß § 985 [X.] zur Herausgabe der nicht versteigerten Gegenstände und gemäß §§ 990, 989 [X.] im zuerkannten Umfang zur Zahlung von Schadensersatz wegen des versteigerten Inventars verpflichtet. Die Beklagte sei zum Besitz der verbliebenen [X.] nicht berechtigt und habe die übrigen auch nicht verwerten dürfen. Das Vermieterpfandrecht gemäß § 562 [X.], dessen sie sich berühme, habe nur an den Sachen der Mieterin begründet werden können. Eigentum der Mieterin an dem Inventar habe die Beklagte aber nicht bewiesen. Die Vermutung des § 1006 [X.] komme der [X.] nicht zugute. Sie setze nämlich Eigenbesitz der Mieterin voraus, den die Beklagte weder dargelegt noch bewiesen habe. Außerdem gelte sie nur zugunsten desjenigen, der selbst Besitzer sei oder es zumindest gewesen sei. Dem Vermieter, der sich gegenüber [X.] auf die zugunsten des Mieters streitende Vermutung nach § 1006 [X.] berufen wolle, komme sie nicht zugute. Die in der Literatur vertretene Gegenauffassung überzeuge nicht und lasse sich auch nicht auf die zitierte Rechtsprechung des [X.] stützen. Die Vermutung sei jedenfalls entkräftet. Die Klägerin habe bewiesen, dass sie das Eigentum an dem Inventar erworben habe. Dessen Fortbestand müsse sie nicht darlegen, weil er zu ihren Gunsten vermutet werde. Es obliege deshalb der [X.], einen Verlust dieses Eigentums, etwa durch Übertragung an die Mieterin darzulegen und zu beweisen; dies sei ihr nicht gelungen.

II.

5

Über die Revision der [X.] ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Klägerin, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962 - [X.], [X.], 79, 82).

6

Der angefochtene Beschluss hält rechtlicher Nachprüfung in den entscheidenden Punkten nicht stand.

7

1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des [X.]. Die hier zu beurteilenden dinglichen Ansprüche und Rechte der Parteien bestimmen sich gemäß Art. 43 EG[X.] nach dem [X.] Recht als der maßgeblichen lex rei sitae. Die Klägerin könnte von der [X.] gemäß § 985 [X.] die Herausgabe der nicht versteigerten Einrichtungsgegenstände und gemäß §§ 990, 989 [X.] die Leistung von Schadensersatz für die versteigerten Einrichtungsgegenstände verlangen, wenn diese ihr Eigentum wären. Dann nämlich stünde der [X.] nach § 562 [X.] ein Vermieterpfandrecht daran nicht zu, weil ein solches Pfandrecht nicht an Gegenständen im Eigentum Dritter entsteht, die der Mieterin die vermieteten Räume einbringt (vgl. [X.], Urteil vom 15. Oktober 2014 - [X.], [X.]Z 202, 354 Rn. 19).

8

2. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich aber das Eigentum der Klägerin an dem Inventar nicht bejahen und das Eigentum der Mieterin daran nicht verneinen. Der [X.] kommt nämlich die zugunsten ihrer Mieterin streitende Eigentumsvermutung nach § 1006 [X.] zugute, die die Klägerin nach den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht widerlegt hat.

9

a) aa) Umstritten ist allerdings, ob sich der Vermieter zur Verteidigung seines Vermieterpfandrechts auf die zugunsten des Mieters streitende Eigentumsvermutung nach § 1006 [X.] berufen kann. Nach einer auf das [X.] ([X.], 334, 339 f.) zurückgehenden Meinung ist die Frage zu verneinen ([X.]/[X.], § 1006 Rn. 9; [X.]/[X.], 7. Aufl., § 1006 Rn. 27; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 562 Rn. 31). Das [X.] hatte das mit dem fehlenden Besitz des Vermieters an den eingebrachten Sachen des Mieters und damit begründet, dass bei den Beratungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Einführung einer gesetzlichen Vermutung zugunsten des Vermieters vorgeschlagen, letztlich aber abgelehnt worden war ([X.], 334, 339). Nach der Gegenmeinung kommt die zugunsten des Mieters streitende Eigentumsvermutung auch dem Vermieter zugute, der sein Vermieterpfandrecht gegen Dritte verteidigen will ([X.], [X.], 474, 478; [X.], NJW-RR 1986, 971; NK-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 1006 Rn. 19; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 1006 Rn. 1; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 562 Rn. 38; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 1006 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.] [2013], § 1006 Rn. 35). Der [X.] hat die Frage bislang offengelassen (Urteil vom 10. Dezember 1975 - [X.], [X.], 153, 154).

bb) Der Senat entscheidet sie im Sinne der zweiten Meinung. Dem Vermieter kommt zur Verteidigung seines Vermieterpfandrechts gegenüber [X.] die für seinen Mieter nach § 1006 [X.] streitende Eigentumsvermutung zugute.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann sich auf die Eigentumsvermutung des § 1006 [X.] nicht nur der durch die Vermutung begünstigte Besitzer selbst, sondern - im Verhältnis zu [X.] - jeder berufen, der sein Recht von dem Besitzer ableitet ([X.], Urteile vom 7. Oktober 1970 - [X.], [X.]Z 54, 319, 324 f., vom 4. Februar 2002 - [X.], NJW 2002, 2101, vom 16. Oktober 2003 - [X.], [X.]Z 156, 310, 315 und vom 11. November 2004 - [X.], [X.]Z 161, 90, 109; so auch schon [X.], HRR 1932 Nr. 234).

Diese Rechtsprechung setzt gedanklich bei dem Umstand an, dass die Eigentumsvermutung bei mittelbarem Besitz, wie sich aus § 1006 Abs. 3 [X.] ergibt, nur für den mittelbaren, nicht jedoch für den unmittelbaren Besitzer gilt. Nach Sinn und Zweck der Norm muss sich der unmittelbare Besitzer aber gegenüber [X.] auf die zugunsten seines [X.]s streitende Eigentumsvermutung stützen können. Sonst könnte er seinen unmittelbaren Besitz nicht effizient verteidigen. Die Möglichkeit, sich auf die für den [X.] streitende Eigentumsvermutung gegenüber [X.] zu berufen, kann nach dem Sinn und Zweck der Vermutung nicht auf den Fall des mittelbaren Besitzes beschränkt werden. Sie muss vielmehr jedem zugutekommen, der sein Recht von dem durch die Vermutung begünstigten Besitzer ableitet und es gegen Dritte verteidigen will ([X.]/[X.], [X.] [2013], § 1006 Rn. 35).

Diese Rechtsprechung hat allgemein Zustimmung gefunden ([X.] [X.]/[X.], [Stand: 01.11.2016], § 1006 Rn. 3; [X.]/[X.], 7. Aufl., § 562 Rn. 27; NK-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 1006 Rn. 19; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 1006 Rn. 1; [X.], Mietrecht, 12. Aufl., § 562 [X.] Rn. 21; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 1006 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.] [2013], § 1006 Rn. 35 mwN; [X.], JA 1983, 617, 622). Auf dieser Grundlage hat der [X.] die zugunsten des Besitzers streitende Eigentumsvermutung nach § 1006 [X.] etwa auf einen Pfändungsgläubiger (Urteil vom 16. Oktober 2003 - [X.], [X.]Z 156, 310, 315) und auf den Gläubiger eines landwirtschaftlichen [X.]rechts ([X.], Urteil vom 7. Oktober 1970 - [X.], [X.]Z 54, 319, 324 f.) angewandt, die ihre Pfandrechte gegenüber [X.] verteidigen wollten.

(2) Für das Vermieterpfandrecht gilt entgegen der Auffassung des [X.] nichts anderes.

(a) Der Vermieter hat zwar keinen eigenen Besitz an den eingebrachten Sachen des Mieters, weil sein Vermieterpfandrecht nach § 562 [X.] kraft Gesetzes entsteht, den Besitz an den Sachen des Mieters nicht voraussetzt und ihm den Besitz daran auch nicht vermittelt. Das ist bei dem landwirtschaftlichen [X.]recht aber nicht anders. Es entsteht zwar auf rechtsgeschäftlicher Grundlage, ist aber ebenfalls besitzlos (vgl. § 1 Pachtkreditgesetz; siehe auch Grädler, [X.] 2013, 1 ff.). Vor allem kann es schon vom gedanklichen Ansatz her auf den eigenen Besitz des Vermieters nicht ankommen. Dem Vermieter soll nämlich im Verhältnis zu [X.] nicht eine Eigentumsvermutung aufgrund eigenen Besitzes zugutekommen. Er soll vielmehr die Möglichkeit haben, sich auf die zugunsten seines Mieters streitende Eigentumsvermutung zu berufen, weil er sein Vermieterpfandrecht von diesem ableitet. Deswegen ist auch der von dem [X.] angeführte Umstand, dass bei den Beratungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Einführung einer zugunsten des Vermieters selbst streitenden Eigentumsvermutung abgelehnt worden ist ([X.], Gesamte Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuche, [X.], 859 [Vorschlag 10]), kein überzeugendes Argument. Der Gesetzgeber ist bei der Ablehnung des Vorschlags seinerzeit zudem davon ausgegangen, dass der Vermieter auch ohne eine eigene gesetzliche Eigentumsvermutung zu seinen Gunsten „kraft seines Pfandrechts alle in den gemieteten Räumen befindlichen Sachen im Wege der Selbsthülfe zurückbehalten dürfe, ebenso wie das [X.] sich auf alle im Gewahrsame des Schuldners befindlichen Gegenstände erstrecke“ ([X.], aaO S. 859).

(b) Die Anwendung der zugunsten des Mieters streitenden Eigentumsvermutung auf den Vermieter, der sein Vermieterpfandrecht gegenüber [X.] verteidigen will, ist aus den gleichen Gründen sachgerecht wie die Anwendung dieser Vermutung auf den Gläubiger eines [X.]rechts. Beide Pfandrechte entstehen nur an Sachen, die dem Mieter oder Pächter gehören. Ob das der Fall ist, kann der Vermieter ebenso wenig beurteilen wie der [X.], weil beide Pfandrechte besitzlos sind. In Ansehung ihrer Pfandrechte befinden sich deshalb sowohl der Vermieter als auch der [X.] in einer ähnlichen Lage wie der Hypothekengläubiger hinsichtlich des mithaftenden Grundstückszubehörs (zu dieser Parallele: [X.], Urteil vom 7. Oktober 1970 - [X.], [X.]Z 54, 319, 325). Auch das Zubehör haftet für die Hypothek nur, wenn es dem Grundstückseigentümer gehört. Die maßgebliche Vorschrift des § 1120 [X.] ist aber so gefasst, dass nicht der Hypothekengläubiger das Eigentum des Grundstückseigentümers beweisen muss, sondern, dass umgekehrt, wer die Freiheit des Zubehörs vom Grundpfandrecht in Anspruch nimmt, beweisen muss, dass es nicht dem Verpfänder gehört ([X.], Urteil vom 7. Oktober 1970 - [X.], [X.]Z 54, 319, 325). Dem entspricht funktionell ebenso wie beim [X.] auch beim Vermieterpfandrecht die Anwendung der für den Mieter streitenden Eigentumsvermutung des § 1006 [X.] auf den Vermieter, der sein Pfandrecht gegenüber [X.] verteidigen möchte.

(c) Unerheblich für die Anwendbarkeit des § 1006 [X.] ist der Umstand, dass das [X.]recht eine rechtsgeschäftliche Bestellung voraussetzt, während das Vermieterpfandrecht kraft Gesetzes entsteht. Entscheidend ist, dass die Pfandrechtsinhaber in beiden Fällen ihre Rechtsposition von dem Besitzer - dem Pächter bzw. Mieter - ableiten. Hier kommt hinzu, dass sich die erworbenen Rechte in ihren Wirkungen nicht unterscheiden.

b) [X.] ist die weitere Annahme des [X.], die Anwendung der Eigentumsvermutung des § 1006 [X.] setze den Nachweis von Eigenbesitz voraus. Für den unmittelbaren Besitzer einer beweglichen Sache wird nämlich nach § 1006 Abs. 1 [X.] auch vermutet, dass er mit der Erlangung des Besitzes Eigenbesitzer geworden ist ([X.], Urteile vom 23. April 1975 - [X.], [X.], 519, 520, vom 30. November 1988 - [X.], NJW-RR 1989, 651, vom 19. Januar 1994 - [X.], [X.], 371, 372 f., vom 4. Februar 2002 - [X.], NJW 2002, 2101 und vom 20. September 2004 - [X.], NJW-RR 2005, 280, 281).

c) Nicht richtig gesehen hat das Berufungsgericht schließlich die Anforderungen an die Widerlegung der für die Beklagte streitenden gesetzlichen Eigentumsvermutung nach § 1006 [X.].

aa) Die Vermutung des § 1006 [X.] ist eine gesetzliche Vermutung. Es genügt nach § 292 Satz 1 ZPO nicht, sie zu entkräften. Sie muss vielmehr durch Beweis des Gegenteils widerlegt werden ([X.], Urteile vom 4. Februar 2002 - [X.], NJW 2002, 2101 und vom 10. November 2004 - [X.], [X.]Z 161, 90, 109). Hiervon geht zwar auch das Berufungsgericht aus.

bb) Das Berufungsgericht hat aber den Umfang dessen, was die Klägerin beweisen muss, um die gegen sie streitende gesetzliche Vermutung zu widerlegen, verkannt.

(1) Es meint, die Klägerin könne die für das Eigentum ihrer Mieterin streitende Vermutung aus § 1006 Abs. 1 [X.] schon durch den Nachweis des eigenen Eigentumserwerbs widerlegen. Sie müsse nicht den Fortbestand ihres Eigentums beweisen; dieser werde vielmehr zu ihren Gunsten vermutet. Diese Annahme beruht auf einem Missverständnis.

(2) Es trifft zwar zu, dass der Fortbestand des Eigentums eines früheren Besitzers nach den Vorschriften des § 1006 Abs. 2 und 3 [X.] gesetzlich vermutet wird (Senat, Urteil vom 30. Januar 2015 - [X.], [X.], 1434 Rn. 34; [X.], Urteile vom 26. November 1975 - [X.], [X.], 1307 und vom 9. Januar 1992 - [X.], [X.] 1992, 904 f.; KG, [X.], 129). Richtig ist auch, dass diese Vermutung entgegen dem missverständlichen Wortlaut der Vorschrift (“während der Dauer seines Besitzes“) über die Beendigung des Besitzes hinaus so lange fortdauert, bis sie widerlegt ist ([X.], Urteile vom 23. Mai 1956 - [X.], LM Nr. 4 zu § 1006 [X.] Bl. 883 Rs. und vom 10. November 2004 - [X.], [X.]Z 161, 90, 108 f.). Übersehen hat das Berufungsgericht aber, dass die Eigentumsvermutung nach § 1006 Abs. 2 [X.] zurücktritt, wenn sich ein späterer Besitzer auf die Vermutung nach § 1006 Abs. 1 [X.] berufen kann und beruft (Senat, Urteil vom 30. Januar 2015 - [X.], [X.], 1434 Rn. 34; [X.]/[X.], [X.] [2013], § 1006 Rn. 19; [X.]/[X.], Handbuch der Beweislast, Bd. Sachenrecht, 3. Aufl., § 1006 Rn. 39). Das gilt auch für diejenigen, die ihr Recht von einem solchen Besitzer ableiten. Die Klägerin kann sich deshalb gegenüber der [X.] nicht auf die Vermutung des Fortbestandes ihres Eigentums berufen.

(3) Als Folge dessen kann sie die für das Eigentum der Mieterin streitende Vermutung nach § 1006 Abs. 1 [X.] nicht schon durch den Nachweis widerlegen, dass sie selbst zu einem früheren Zeitpunkt als dem Besitzübergang Eigentümerin war. Erforderlich ist vielmehr der Nachweis, dass der Besitzer - hier die Mieterin - trotz des [X.] nie Eigentümer geworden ist ([X.], Urteile vom 16. Oktober 2003 - [X.], [X.]Z 156, 310, 318 und vom 20. September 2004 - [X.], NJW-RR 2005, 280, 281).

3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus einem anderen Grunde als zutreffend (§ 561 ZPO).

a) Allerdings war das [X.] im Gegensatz zu dem Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Beklagte auf die zugunsten ihrer Mieterin streitende Eigentumsvermutung des § 1006 [X.] berufen könne. Auf dieser Grundlage hatte es nicht nur den Beweis des ursprünglichen Eigentumserwerbs durch die Klägerin als geführt, sondern auch als erwiesen angesehen, dass die Mieterin das Eigentum an den Einrichtungsgegenständen nicht erworben hat und die Klägerin deren Eigentümerin geblieben ist.

b) In diesem Punkt hat sich das Berufungsgericht dem [X.] aber gerade nicht angeschlossen. Es geht nämlich - wie aufgezeigt: zu Unrecht - davon aus, dass nicht die Klägerin beweisen muss, dass die Mieterin nie Eigentümerin geworden ist, sondern umgekehrt die Beklagte einen späteren Eigentumserwerb der Mieterin zu beweisen hat. Von seinem Ausgangspunkt konsequent begnügt es sich mit der Feststellung, dass die Beklagte einen späteren Eigentumserwerb der Mieterin nicht bewiesen habe, und führt aus, mit der Vorlage der Vereinbarung vom 9. Januar 2012 habe die Klägerin „ein Beweisanzeichen“ für den anfänglichen [X.] der Mieterin gelegt. Dass es sich stattdessen umgekehrt verhalte, stehe nicht fest. Die Vermutung des § 1006 [X.] wäre jedoch nur dann widerlegt, wenn das Berufungsgericht positiv festgestellt hätte, dass die Mieterin bei [X.] weder Eigenbesitz begründet noch Eigentum erworben hat. Daran fehlt es.

III.

Der Zurückweisungsbeschluss kann danach keinen Bestand haben. Die Sache ist mangels der erforderlichen Feststellungen nicht entscheidungsreif. Sie ist deshalb unter Aufhebung des Beschlusses zur Verhandlung und neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für die Verhandlung weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:

1. Nicht zu beanstanden ist die Annahme des [X.], es habe der [X.] oblegen, der Behauptung der Klägerin entgegenzutreten, sie (die Beklagte) habe Besitz an den [X.] Einrichtungsgegenständen im Zeitpunkt von deren Unterverschlussnahme durch die Polizei gehabt. Die Klägerin hat dazu unter Vorlage einer im Einzelnen spezifizierten Liste vorgetragen. Die Beklagte war in der Lage und zur Vermeidung der Konsequenzen nach § 138 Abs. 2 ZPO auch gehalten darzulegen, welche Gegenstände in den Mieträumen nicht (mehr) vorhanden waren.

2. Die Beklagte hat die verspätete Vorlage der Inventarlisten nach den bisherigen Feststellungen nicht genügend entschuldigt. Nach ihrem eigenen Vorbringen hat sie diese Listen aus prozesstaktischen Gründen und wegen möglicher Manipulationen zurückgehalten. Solche Überlegungen begründen im Allgemeinen eine Nachlässigkeit der Partei (vgl. Senat, Urteil vom 15. April 2016 - [X.], NJW 2016, 3100 Rn. 28). Das Vorbringen ist auch nicht deshalb berücksichtigungsfähig, weil die Klägerin es zugestanden hätte. Ein solches Zugeständnis kann nicht allein dem Umstand entnommen werden, dass sich die Klägerin auf den Vortrag beschränkt hat, das Vorbringen sei als verspätet zurückzuweisen.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen das hiermit zugestellte Versäumnisurteil des [X.] kann die säumige Partei binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung beim [X.]  E i n s p r u c h  einlegen. Der Einspruch muss von einem beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt durch Einreichung einer Einspruchsschrift eingelegt werden.

Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;

2. die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.

Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie [X.], die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird. Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.

[X.]      

        

Schmidt-Räntsch      

        

Kazele

        

Haberkamp      

        

[X.]      

        

Meta

V ZR 268/15

03.03.2017

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Versäumnisurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 3. Dezember 2015, Az: 21 U 34/14

§ 562 BGB, § 1006 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 03.03.2017, Az. V ZR 268/15 (REWIS RS 2017, 14694)

Papier­fundstellen: WM2017,916 REWIS RS 2017, 14694

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 268/15 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 163/12 (Bundesgerichtshof)

Gewerberaummiete: Vermieterpfandrecht des Grundstückserwerbers bei Sicherungsübereignung des Inventars vor dem veräußerungsbedingten Vermieterwechsel; Gleichrang der Vermieterpfandrechte …


XII ZR 163/12 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 95/16 (Bundesgerichtshof)

Vermieterpfandrecht: Fahrzeug des Mieters als von dem Pfandrecht umfasster Gegenstand; Erlöschen des Pfandrechts bei Entfernung …


XII ZR 140/12 (Bundesgerichtshof)

Vermieterpfandrecht: Pflicht des Pfandgläubigers zur Herausgabe des durch eigenmächtige Fruchtziehung Erlangten


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.