Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.06.2013, Az. 5 StR 174/13

5. Strafsenat | REWIS RS 2013, 5194

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Gegenstand

Revision in Strafsachen: Beachtung des Verschlechterungsgebots bei widersprüchlicher Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe im Ersturteil


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. Oktober 2012 im Gesamtstrafausspruch aufgehoben.

Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

– Von Rechts wegen –

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Betruges in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, in einem dieser Fälle in weiterer Tateinheit mit Missbrauch von Titeln und wegen versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt, führt lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zum Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 [X.].

2

1. [X.] hat keinen Bestand, weil das Urteil insoweit einen unauflöslichen Widerspruch aufweist. Nach dem [X.] ist der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Den Urteilsgründen zufolge ([X.]) hat das [X.] hingegen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten erkannt. Worauf dieser Widerspruch beruht, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Um ein offenkundiges Schreibversehen, das eine Berichtigung zuließe, handelt es sich nicht, da die Strafzumessungsgründe keinen Anhalt dafür bieten, welche der beiden Gesamtstrafen die [X.] für angemessen erachtet hat. Das Urteil ist daher im Gesamtstrafausspruch aufzuheben ([X.], Beschluss vom 25. Februar 2009 – 5 StR 46/09, [X.]R [X.] § 260 Abs. 1 [X.] 5 mwN), ohne dass es der Aufhebung von Urteilsfeststellungen bedürfte.

3

2. Zwar kann das Revisionsgericht auf die niedrigere der divergierenden Strafen durcherkennen, sofern auszuschließen ist, dass das Tatgericht auf eine noch niedrigere Strafe erkannte hätte ([X.], Beschlüsse vom 28. Februar 2012 – 2 [X.] – und vom 25. Februar 2009 – 5 StR 46/09 aaO, jeweils mwN). Von dieser Möglichkeit macht der Senat jedoch im vorliegenden Fall keinen Gebrauch, um dem neuen Tatgericht die Möglichkeit einzuräumen, die Gesamtstrafe neu zu bemessen. Für das hierbei zu beachtende Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist nicht die in den Gründen genannte Strafe maßgeblich, sondern die bisher verhängte, wie sie dem [X.] zu entnehmen ist. Das folgt aus dem Sinn und Zweck des Verschlechterungsverbots. Diesem liegt die Erwägung zugrunde, dass der Angeklagte bei seiner Entscheidung darüber, ob er von einem ihm zustehenden Rechtsmittel Gebrauch machen will, nicht durch die Besorgnis beeinträchtigt werden soll, es könne ihm durch die Einlegung des Rechtsmittels ein Nachteil in Gestalt härterer Bestrafung entstehen ([X.] in [X.], [X.], 6. Aufl., § 358 Rn. 18 mwN). Ein solcher Nachteil entstünde nur dann, wenn die neu verhängte Strafe die in dem verkündeten Tenor des angefochtenen Urteils genannte überstiege. Letztere würde nämlich im Falle der [X.] oder Rücknahme des Rechtsmittels ungeachtet des in den Urteilsgründen abweichend bezeichneten Strafmaßes in Rechtskraft erwachsen (vgl. [X.], Urteil vom 6. November 1951 – 1 [X.], [X.] 1952, 282 [Ls]; Schoreit in [X.], [X.], § 260 Rn. 8 mwN; vgl. ferner zur Bedeutung des verkündeten Tenors [X.], 388), weil eine Berichtigung der Urteilsformel allein wegen des Widerspruchs zu den Gründen des schriftlichen Urteils gerade nicht möglich ist ([X.], Urteil vom 19. Oktober 2011 – 1 StR 336/11, [X.], 81).

4

3. Der Senat sieht abweichend vom Antrag des [X.] keinen Anlass, die Aufhebungsentscheidung gemäß § 357 [X.] auf den Mitangeklagten D.     zu erstrecken, gegen den in den Urteilsgründen eine gesonderte Gesamtfreiheitsstrafe von ebenfalls zwei Jahren und drei Monaten ([X.]) – bei einer tenorierten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten – verhängt wurde. Es fehlt an der Voraussetzung eines gemeinsamen Revisionsgrundes (vgl. hierzu [X.], [X.], 55. Aufl., § 357 Rn. 14 f.). Der zur Aufhebung des Urteils zu Gunsten des Beschwerdeführers führende Rechtsfehler liegt darin, dass sich die Bezeichnung der gegen diesen verhängten Gesamtstrafe in den Urteilsgründen nicht mit dem [X.] deckt und dem Urteil somit nicht zu entnehmen ist, ob es sich bei der gegen den Beschwerdeführer ausgeurteilten Gesamtstrafe tatsächlich um die von der [X.] aufgrund der Beratung für angemessen gehaltene handelt. Dieser Fehler ist untrennbar mit dem Einzelfall verknüpft und daher auf den von ihm betroffenen Beschwerdeführer beschränkt. [X.] liegt bei zufällig ähnlicher Divergenz wie hier nicht vor.

[X.]

                 König                      [X.]

Meta

5 StR 174/13

11.06.2013

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Saarbrücken, 24. Oktober 2012, Az: 6 KLs 40/12

§ 358 Abs 2 S 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.06.2013, Az. 5 StR 174/13 (REWIS RS 2013, 5194)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5194

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