Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2011, Az. V ZR 153/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10262

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[X.]BESCHLUSS V ZR 153/10 vom 20. Januar 2011 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.] hat am 20. Januar 2011 durch [X.] Dr. [X.], [X.] [X.], [X.] und [X.] und die Richterin Dr. [X.] beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 24. Juni 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 25.000 •. Gründe: [X.] Ehemann der Beklagten verhandelte mit der Klägerin Anfang des Jahres 2007 über die Gewährung eines Kredits über 2 Mio. Euro. Als Sicherheit bot er u.a. die Abtretung von drei auf dem [X.] seiner Frau [X.] im Nominalwert von rund 1 Mio. Euro an. Die Klägerin gewährte den Kredit unter dem 6. Februar 2007 und gelangte auch 1 - 3 - in den Besitz der Grundschuldbriefe. Aus den Grundschulden will sie, nach Kündigung, gegen die Beklagte vorgehen und verlangt dazu - nach der unan-gegriffenen Auslegung des Klageantrags durch das [X.] - die öf-fentliche Beglaubigung der Abtretung der Grundschulden nach §§ 1154 Abs. 1 Satz 2, 1192 Abs. 1 BGB. Sie behauptet, die Beklagte habe die der Abtretung der Grundschulden zugrunde liegende Sicherungszweckerklärung am [X.] in ihren Geschäftsräumen unterschrieben. Das [X.] hat die [X.]en mit Beschluss vom 13. Oktober 2009 darauf hingewiesen, dass den Umständen des Vortrags der Beklagten zu [X.] sei, dass diese die Echtheit der Unterschrift unter der Sicherungs-zweckerklärung bestreiten wolle. Es hat sodann über die Behauptung der Klä-gerin Beweis durch Vernehmung von Zeugen erhoben und der Klage stattgege-ben. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe, dass die Beklagte die Zweckerklärung am 6. Februar 2007 in den Räumen der Klägerin unterzeichnet habe. Ein - von der Klägerin —vorsorglichfi beantragtes - [X.] sei nicht einzuholen gewe-sen, da die Beklagte die Echtheit der Unterschrift nicht ausdrücklich bestritten habe. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Soweit die Beklagte in der [X.] die Echtheit der Unterschrift in Abrede gestellt habe, handele es sich um neues Vorbringen, das nicht zuzulassen sei. 2 Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich die Beschwerde der Beklagten. 3 - 4 - II. 4 Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, da das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör in ent-scheidungserheblicher Weise verletzt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ([X.] 69, 145, 149; 75, 302, 315; 81, 264, 270 f.; NJW 2000, 945, 946) und des [X.] (Senat, Beschluss vom 9. Juni 2005 - [X.], NJW 2005, 2624; [X.], Beschluss vom 23. Mai 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1253) ist der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, wenn das [X.] Angriffs- oder Verteidigungsmittel offenkundig zu Unrecht gemäß §§ 530, 531 ZPO als verspätet zurückweist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Verfahrensfehler die Verzögerung mitverursacht hat, etwa ein gebote-ner richterlicher Hinweis unterblieben ist ([X.] NJW 2000, 945, 946; Senat, Beschluss vom 9. Juni 2005 - [X.], aaO). So ist es hier. 5 1. Bedenken begegnet schon die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe erst in zweiter Instanz die Echtheit der Unterschrift unter der Zweckerklärung bestritten. Denn sie hat - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - schon in erster Instanz die Behauptung der Klägerin bestritten, die Zweckerklärung am 6. Februar 2007 unterschrieben und die Grundschulden an die Klägerin abgetreten zu haben. Es stünde ihrer gesamten prozessualen [X.] entgegen, wenn sie damit lediglich die Unterschriftsleistung am 6. Februar 2007 bestritten hätte, nicht aber, dass die Unterschrift überhaupt von ihr stamme. Die Frage, ob sie die Grundschulden an die Beklagte abgetreten hat, hängt auch nach den Ausführungen des Berufungsgerichts ganz wesentlich davon ab, ob sie die Zweckerklärung unterschrieben hat. Dabei spielt die Frage, wann das geschehen ist, keine entscheidende Rolle. Es wäre also ohne er-6 - 5 - kennbaren Sinn, würde die Beklagte zwar ein Unterschreiben am 6. Februar 2007 bestreiten, nicht indes, dass sie die Zweckerklärung unterschrieben habe. Ein solcher in sich nicht schlüssiger Vortrag kann einer [X.] nicht ohne weite-res unterstellt werden. 2. Jedenfalls durfte das Berufungsgericht den aus seiner Sicht in zweiter Instanz neuen Vortrag nicht nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO als verspätet zurück-weisen, weil der Beklagten keine Nachlässigkeit zur Last fällt. Das [X.] hätte nämlich nicht ohne erneuten Hinweis davon ausgehen dürfen, die [X.] habe die Echtheit der Unterschrift nicht bestritten. Nach dem ersten Hinweis des [X.]s, es sei davon auszugehen, dass die Beklagte die Echtheit bestreiten wolle, durfte die Beklagte ihr Prozessverhalten darauf einrichten und war nicht gehalten, dazu weiter vorzutragen. Bestätigt wird das durch das [X.] der Klägerin, die als beweisbelastete [X.] (§ 440 Abs. 1 ZPO) ebenfalls den Hinweis des [X.]s ihrem Prozessverhalten zugrunde gelegt und die Behauptung der Echtheit der Unterschrift durch Einholung eines Schriftsachver-ständigengutachtens unter Beweis gestellt hat. 7 Die Entscheidung des [X.]s stellt sich folglich als eine gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßende Überraschungsent-scheidung (vgl. [X.] NJW 1991, 2823; 1992, 2877; 1996, 45, 46; 1998, 2515; 2004, 1371, 1373) dar, die das Berufungsgericht seiner Beurteilung nicht zugrunde legen durfte. Vielmehr bedeutet die Zurückweisung des Vortrags der Beklagten als verspätet eine erneute Verletzung des [X.] gemäß Art. 103 Abs. 1 GG. 8 3. Der [X.] ist entscheidungserheblich. Das ist schon dann der Fall, wenn - wie hier - nicht ausgeschlossen werden kann, dass das [X.] bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders [X.] - 6 - schieden hätte (Senat, Beschluss vom 9. Juni 2005 - [X.], aaO S. 2625). [X.] [X.] Schmidt-Räntsch

Roth [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.], Entscheidung vom [X.] - 2 U 25/10 -

Meta

V ZR 153/10

20.01.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2011, Az. V ZR 153/10 (REWIS RS 2011, 10262)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10262

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