Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2010, Az. 1 StR 634/09

1. Strafsenat | REWIS RS 2010, 10236

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 634/09 vom 20. Januar 2010 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Steuerhinterziehung u.a. - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 20. Januar 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 12. August 2009 werden mit der Maßgabe [X.], dass der Angeklagte [X.]

der Steuerhinterziehung und der Bestechung in jeweils 147 Fällen und der Angeklagte [X.]der Untreue in Tateinheit mit Steuerhinterziehung in 151 Fällen sowie der Bestechlichkeit in 147 Fällen schuldig sind. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen Steuerhinterziehung und Bestechung in jeweils 148 Fällen und den Angeklagten [X.]wegen Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Untreue in 152 Fällen und wegen [X.] in 148 Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei bzw. vier Jahren verurteilt. Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten mit denen die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird. Die Revisionen haben den aus dem Tenor ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 1 Nach den Feststellungen des [X.]s manipulierten der Angeklagte [X.]und der Angeklagte [X.] , der als Finanzbeamter beim Finanzamt [X.]tätig war, in der Absicht, sich durch die wiederholte Bege-hung entsprechender Taten eine nicht unerhebliche Einnahmequelle von [X.] - 3 - gem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen, Einkommensteuererklärungen der Mitglieder eines vom Angeklagten [X.]

geleiteten [X.]. Sie gingen dabei gemeinschaftlich handelnd dergestalt vor, dass tatsächlich nicht angefallene Aufwendungen steuermindernd geltend gemacht wurden, um so den Steuerpflichtigen ungerechtfertigte Steuererstattungen zu verschaffen. In Vollzug des Tatplans erstellten die Angeklagten für 116 Steuerpflichtige ins-gesamt 147 unrichtige Einkommensteuererklärungen, auf deren Grundlage der Angeklagte [X.] , der hierfür jeweils einen Betrag zwischen 20,-- bis 300,-- Euro von dem Angeklagten [X.] erhielt, jeweils Steuerbescheide erließ, in denen er zu Gunsten der Mitglieder des Vereins die jeweiligen [X.] unrichtig festsetzte. Insgesamt wurde dadurch Einkommensteuer in Höhe von mehr als 178.000,-- Euro verkürzt. Daneben fingierte der Angeklagte [X.]

ohne Mitwirkung des Angeklagten [X.] mit den Personalien des ver-storbenen Vaters seines Nachbarn einen Steuerfall und erließ vier [X.] für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2006, in denen er insgesamt Steuererstattungen in Höhe von mehr als 18.000,-- Euro zu Unrecht festsetzte und deren Auszahlung veranlasste. Die Feststellungen belegen entgegen der Zählung des [X.]s beim Angeklagten [X.] lediglich 147 Fälle der Steuerhinterziehung und 147 Fälle der Bestechung sowie beim Angeklagten [X.] lediglich 151 Fälle der Untreue in Tateinheit mit Steuerhinterziehung und 147 Fälle der Bestech-lichkeit. Der Schuldspruch ist entsprechend zu berichtigen. Der Wegfall der [X.] verhängten Einzelstrafen führt nicht zur Aufhebung der verhängten Ge-samtfreiheitsstrafe. Der [X.] kann ausschließen, dass sich die auf dem Zähl-fehler beruhende Annahme von 300 bzw. 296 Einzeltaten statt richtig von 298 bzw. 294 Einzeltaten und der insoweit irrtümlich um 1.500,-- Euro zu hoch [X.] auf die Strafzumessung und die Bildung der [X.] - 4 - samtstrafe zum Nachteil der Angeklagten ausgewirkt hat. Das Urteil beruht [X.] darauf nicht. Der Umstand, dass der Angeklagte [X.]die von ihm allein begange-nen Taten der stellvertretenden Vorsteherin des Finanzamtes [X.]offenbarte und daraufhin die bereits überwiesenen Erstattungsbeträge zurück-gebucht werden konnten, führt nicht dazu, dass dem Angeklagten der persönli-che Strafaufhebungsgrund des § 371 Abs. 1 [X.] zu Gute kommt. Denn hierzu kam es erst, nachdem Beamte der Innenrevision der [X.] mit der routinemäßigen Prüfung des Finanzamtes [X.] begonnen hatten, in deren Verlauf es zu Auffälligkeiten im Hinblick auf die [X.] Angeklagten gekommen war. Insoweit ist der Eintritt der Straffrei-heit nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) Alt. 1 [X.] ausgeschlossen. In Fällen der vorliegenden Art, in denen ein Finanzbeamter seine Befugnisse und seine Stel-lung zur Begehung von Steuerhinterziehungen missbraucht, stellt die [X.] der Veranlagungsarbeiten innerhalb eines Finanzamtes durch die Innenre-vision der [X.] eine steuerliche Prüfung durch einen Amtsträger der Finanzbehörde im Sinne von § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) Alt. 1 [X.] dar. Zu dieser war, da die Innenrevision bereits begonnen hatte, der Amtsträger auch bereits erschienen. 4 Kein Rechtsfehler ist auch darin zu erblicken, dass das [X.] im Rahmen der Strafzumessung nicht geprüft hat, ob zu Gunsten des Angeklagten [X.]§ 46a Nr. 2 StGB anzuwenden ist. Eine Strafrahmenverschiebung auf der Grundlage von § 46a Nr. 2 StGB kann zwar, wenn auch nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen, auch bei Steuerstraftaten in Betracht kommen (vgl. [X.] in Klein [X.] 10. Aufl. § 371 Rdn. 100, 102 m.w.[X.]). Ein solcher besonders gelagerter Ausnahmefall ist vorliegend indes nicht gegeben. Der Angeklagte hat 5 - 5 - zwar, nachdem seine Taten bekannt geworden waren, die Mitglieder des von ihm geführten [X.], die durch seine Taten ungerechtfertigte Steuererstattungen erlangt hatten, [X.] intensive [X.] dazu [X.], die ungerechtfertigten Steuererstattungen zurück zu zahlen und nach § 153a StPO erteilte Auflagen zu erfüllen. Dadurch waren der Angeklagte [X.] und seine Familie —erheblichen Vorwürfen und Beschimpfungen der jeweiligen Steuerpflichtigen ausgesetztfi. Diese im Ergebnis erfolgreichen Bemühungen um Schadenswiedergutmachung, die die [X.] im Rahmen der [X.] Strafzumessung —zu seinen Gunsten ganz maßgeblich berücksichtigt [X.], sind indes nicht von solchem Gewicht, dass die [X.] deswegen darüber hinaus gehalten gewesen wäre, eine Strafrahmenverschiebung nach § 46a Nr. 2 StGB zu erörtern. Nach § 46a Nr. 2 StGB kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB mildern, oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen, wenn die Schadenswiedergutmachung vom Angeklagten er-hebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat. Damit die Schadenswiedergutmachung ihre friedensstiftende Wirkung entfalten kann, hat der Täter einen über die rein rechnerische Kompensation hinausgehenden Beitrag zu erbringen. Die Erfüllung von Schadensersatzansprüchen allein ge-nügt dafür nicht. Vielmehr muss sein Verhalten Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein (st. Rspr.; BGHR StGB § 46a Wiedergutmachung 1 und 5; [X.], 176; [X.], 421; NJW 2001, 2557; jew. m.w.[X.]). Nach dem Willen des Gesetzgebers ist insoweit erforderlich, dass —der Täter das Op-fer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigtfi und durch die persönlichen Leistungen oder den Verzicht die materielle Entschädigung erst ermöglicht hat (BTDrucks. 12/6853 [X.]). Dies ist indes nicht der Fall, wenn der Täter, ledig-6 - 6 - lich mithaftende (Gesamt-)Schuldner zur Zahlung veranlasst, ohne eine eigene materielle Leistung zu erbringen, die eine überwiegende Schadenswiedergut-machung darstellt. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem, den die Revision mit Schriftsatz vom 20. Januar 2010 zitiert, bereits im Ansatz. Der geringe Teilerfolg der Revision gibt zu einer anderen Kostenent-scheidung keine Veranlassung (§ 473 Abs. 4 StPO). 7 [X.]Wahl Hebenstreit [X.] [X.]

Meta

1 StR 634/09

20.01.2010

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2010, Az. 1 StR 634/09 (REWIS RS 2010, 10236)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10236

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