Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.
PDF anzeigenBUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSAnwZ (B) 60/99vom16. Oktober 2000in dem Verfahrenwegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft- 2 -Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch denPräsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, die RichterBasdorf, Terno und die Richterin Dr. Otten sowie die RechtsanwälteDr. Kieserling, Dr. Schott und Dr. Wüllricham 16. Oktober 2000beschlossen:Dem Antragsteller wird gegen die Versäumung der Fristzur Einlegung der sofortigen Beschwerde Wiedereinset-zung in den vorigen Stand gewährt.Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen denBeschluß des 2. Senats des Niedersächsischen Anwalts-gerichtshofes vom 14. Juni 1999 wird zurückgewiesen.Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdever-fahren entstandenen notwendigen außergerichtlichenAuslagen zu erstatten.Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 100.000 DMfestgesetzt.- 3 -Gründe:I.Der 1945 geborene Antragsteller ist seit 1975 zur Rechtsanwalt-schaft und als Rechtsanwalt bei dem Amts- und Landgericht B. zugelas-sen. Mit Verfügung vom 17. September 1998 hat der Präsident desOberlandesgerichts B. in Vertretung der früheren Antragsgegnerin, derLandesjustizverwaltung Niedersachsen, die Zulassung des Antragstel-lers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls gemäß § 14Abs. 2 Nr. 8 BRAO a.F. widerrufen. Der Anwaltsgerichtshof hat den An-trag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Gegen den ihm am3. September 1999 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller mit ei-nem beim Anwaltsgerichtshof am 20. September 1999 eingegangenenSchriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt; zudem hat er - nach einemHinweis durch den Anwaltsgerichtshof - mit weiterem Schriftsatz vom29. September 1999 um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegendie Versäumung der Beschwerdefrist gebeten.II.Das gemäß § 42 Abs. 6 Satz 2 BRAO, 22 Abs. 2 Satz 1 FGG zu-lässige Wiedereinsetzungsgesuch ist begründet. Der Antragsteller hatdurch die eidesstattliche Versicherung seiner Büromitarbeiterin S. hin-reichend glaubhaft gemacht, daß diese den Beschwerdeschriftsatz be-- 4 -reits am 15. September 1999 zur Mittagszeit in B. in einen Briefkasten,der um 17.30 Uhr geleert werden sollte, eingeworfen hat. Er konnte da-nach ohne Verschulden davon ausgehen, daß die Beschwerdeschrift biszum Fristablauf am 17. September 1999 beim Anwaltsgerichtshof in C.eingehen werde. Nach dem Inhalt einer vom Senat eingeholten Auskunftder Niederlassung B. der Deutschen Post erreichen in B. bis 18.00 Uhrzur Post gegebene Briefsendungen einen Empfänger in C. im Normalfallam Folgetag, zumindest aber am zweiten Tag nach der Absendung. Da-von abweichende Verzögerungen in der Briefbeförderung oder -zustellung, die auf betrieblichen Vorgängen bei der Post beruhen, dürfendem Bürger im Rahmen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nichtals Verschulden zur Last gelegt werden (vgl. BGH, Beschluß vom7. April 1993 - XII ZB 38/93 - VersR 1994, 495 unter 2 b m.w.N.).III.Die nach § 42 Abs. 1 Nr. 3 BRAO zulässige sofortige Beschwerdebleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.1. a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO a.F. ist die Zulassung zurRechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermö-gensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen derRechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall wird nachdieser Vorschrift vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Insol-venzgericht (§§ 107 Abs. 2 KO, 26 Abs. 2 InsO) oder vom Vollstrek-kungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. Im- 5 -übrigen liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Rechtsanwalt inschlechte, ungeordnete finanzielle Verhältnisse geraten ist, diese in ab-sehbarer Zeit nicht ordnen kann und außerstande ist, seinen Zahlungs-verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbeson-dere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen ge-gen ihn (st. Rspr. vgl. Senatsbeschluß vom 21. November 1994 - AnwZ(B) 40/94 - BRAK-Mitt. 1995, 126).b) Im Zeitpunkt des Widerrufs der Zulassung befand sich der An-tragsteller in Vermögensverfall. Er war nicht mehr in der Lage, gegen ihngerichtete Forderungen, die ein Gesamtvolumen von mehr als500.000 DM erreicht hatten, ordnungsgemäß zu bedienen. So schloß ererst nachdem die Gläubigerin Sch. gegen ihn einen Pfändungs- undÜberweisungsbeschluß über 53.000 DM erwirkt und einen Konkursantraggestellt hatte, im Oktober 1997 mit dieser eine Ratenzahlungsvereinba-rung. Auch um Tilgungsvereinbarungen mit der N. Landesbank (Ge-samtforderung circa 90.000 DM) bemühte er sich erst, nachdem dieGläubigerin Mitte 1997 Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitethatte. Auf die fällige Forderung der A.bank über etwa 400.000 DM hatteder Antragsteller dagegen seit Anfang 1997 keinerlei Tilgungsleistungenmehr erbracht. Hinzu kam schließlich eine offene Forderung der D. Bank(circa 50.000 DM) und eine Forderung des Finanzamtes B. (circa54.000 DM) wegen erheblicher Steuerrückstände. Der Antragsteller warmithin in tiefgreifende wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, die eineordnungsgemäße Bedienung aller Verbindlichkeiten nicht mehr zuließen;eine kurzfristige Besserung seiner Vermögensverhältnisse war nicht er-sichtlich.- 6 -Durch den Vermögensverfall werden regelmäßig die Interessender Rechtsuchenden gefährdet; ausreichende Anhaltspunkte dafür, daßes sich beim Antragsteller ausnahmsweise anders verhielte, lagen nichtvor.2. Bei der gerichtlichen Nachprüfung der Widerrufsverfügung istzwar grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihres Erlassesmaßgebend. Wenn der Widerrufsgrund aber nachträglich zweifelsfreiweggefallen ist, kann dies im Verfahren über den Antrag auf gerichtlicheEntscheidung noch berücksichtigt werden (vgl. BGHZ 75, 356, 357; 84,149, 150).Von einem solchen Wegfall des Widerrufsgrundes ist der Anwalts-gerichtshof aber mit Recht nicht ausgegangen. Der Antragsteller hatzwar geltend gemacht, daß nunmehr nicht nur mit den Gläubigern Sch.,N. Landesbank und D. Bank, sondern auch mit der A.bank Ratenzah-lungsvereinbarungen getroffen worden seien; hinsichtlich der Forderungdes Finanzamtes laufe ein Einspruchsverfahren, über das noch nichtentschieden sei. Er hat aber in der mündlichen Verhandlung vor demAnwaltsgerichtshof am 14. Juni 1999 eingeräumt, daß er den Ratenzah-lungsverpflichtungen seit Anfang 1999 nicht mehr nachgekommen sei.Schon dieser Umstand belegt nachdrücklich, daß von einer Besserungder Vermögenslage des Antragstellers, von geordneten finanziellen Ver-hältnissen und damit von einem Wegfall des Widerrufsgrundes keineRede sein konnte.- 7 -Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers, mit dem er ledig-lich geltend macht, die mit den Gläubigern getroffenen Ratenzahlungs-vereinbarungen ließen eine Gefährdung der Rechtsuchenden entfallen,rechtfertigt keine andere Beurteilung. Vielmehr ergibt sich aus dem Um-stand, daß der Antragsteller seit Anfang 1999 keine Tilgungsleistungenmehr erbracht hat, die erhöhte Gefahr, daß diese Gläubiger nunmehrZugriff auf beim Antragsteller noch vorhandene Vermögenswerte, auchdurch Kontenpfändungen, nehmen könnten. Die damit verbundene Ge-fährdung der Interessen der Rechtsuchenden liegt auf der Hand.Hirsch Basdorf Terno Otten Kieserling Schott Wüllrich
Meta
16.10.2000
Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen
Sachgebiet: False
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.10.2000, Az. AnwZ (B) 60/99 (REWIS RS 2000, 889)
Papierfundstellen: REWIS RS 2000, 889
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Keine Referenz gefunden.
Keine Referenz gefunden.