Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.10.2014, Az. 2 StR 137/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 2388

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 [X.]/14
vom
8. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen

wegen
schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] -
zu 1. auf dessen Antrag
-
und
des Beschwerdeführers
am
8.
Oktober 2014 gemäß §
349 Abs.
2 i. V. m. §
406a Abs.
2 Satz
2 [X.]
ent-sprechend
beschlossen:
1.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 15. November 2013 wird verworfen, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch rich-tet.
2.
Die Entscheidung über die Revision des Angeklagten gegen die im vorbezeichneten Urteil getroffenen
Adhäsionsentschei-dungen
sowie über die Kosten des Rechtsmittels bleibt einer abschließenden Entscheidung vorbehalten.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es den Angeklagten verurteilt, an die Ne-benklägerin S.

S.

12.000 Euro sowie an die Nebenklägerin-nen A.

S.
und

M.

je 5.000
Euro, jeweils nebst 5
% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14.
November 2013, zu zahlen, und dieses Urteil gegen eine Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

1
-
3
-
Die gegen dieses Urteil
gerichtete, auf Verfahrensbeanstandungen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unbe-gründet im Sinne des §
349 Abs.
2 [X.], soweit sie sich gegen den Schuld-spruch und den Strafausspruch richtet
(1.); im Übrigen bleibt die Entscheidung über die Revision des Angeklagten einer abschließenden Entscheidung des [X.]s nach Durchführung des Anfrage-
und [X.]s gemäß §
132 [X.] vorbehalten
(2.
und 3.).
1. Die Verfahrensrügen bleiben aus den in der Antragsschrift des [X.] genannten Gründen
ohne Erfolg. Auch die Nachprüfung des Urteils
auf Grund der Sachrüge hat hinsichtlich des Schuld-
und Straf-ausspruchs keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler ergeben.
2.
Nach Ansicht des [X.]s
begegnet -
entgegen dem Antrag des [X.]
-
auch die Entscheidung über die Entschädigung der Verletz-ten (§ 406 [X.])
keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Das [X.] hat bei der Bemessung der Höhe der [X.] allein auf die Tatumstände und die Folgen der Taten für die Geschädigten abgestellt, und dabei weder die
wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten, der nach den Feststellungen ein monatliches Nettoeinkommen von 1.200
Euro hat, von dem 500
Euro an Mietkosten aufzubringen sind, noch die der
Neben-klägerinnen, von denen eine
zwischenzeitlich volljährig ist, berücksichtigt.

Nach der Rechtsprechung des [X.] können indes sowohl die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschädigten als auch die des Schädigers auf die Bemessung der Entschädigung Einfluss gewinnen (grundlegend [X.], Großer [X.] für Zivilsachen, Beschluss vom 6.
Juli 1955 -
GZ 1/55, [X.]Z 18, 149, 159
f.).
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5
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-
4
-
Auf Basis dieser Rechtsprechung wären
-
entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts
-
die Adhäsionsaussprüche aufzuheben, denn der [X.] vermag angesichts der im vorliegenden Fall festgestellten Vermögensver-hältnisse des Angeklagten eine Erörterungspflicht, die sich zu Gunsten des [X.] auswirken könnte, nicht zu verneinen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 2.
September 2014 -
3
StR 325/14, und vom 18. Juni 2014 -
4
StR 217/14; [X.], Urteil vom 5.
März 2014 -
2 StR 503/13, insoweit in NStZ-RR 2014, 185 nicht abgedruckt). Eine Beschwer des Angeklagten kann auch im Hinblick auf die fehlende Erörterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der [X.] nicht ausgeschlossen werden,
da schon entsprechende Feststellungen zu de-ren Lebens-
und Vermögensverhältnissen, die diesen Schluss zulassen könn-ten, fehlen.
Der [X.] beabsichtigt jedoch, diese Rechtsprechung aufzugeben, da es seiner Auffassung
nach bei der Bemessung der billigen Entschädigung in Geld
(§ 253 Abs. 2 BGB) weder auf die Vermögenslage des Geschädigten noch auf die des Schädigers ankommen darf. Danach wären die Adhäsionsaussprüche
hier nicht zu beanstanden. Der [X.]
kann aber die Revision insoweit nicht als unbegründet verwerfen, ohne von der geschilderten Rechtsprechung abzuwei-chen.
Er hat deshalb mit Beschluss vom gleichen Tag
(2 [X.] und 337/14),
auf dessen Gründe Bezug genommen wird, bei den anderen Strafsenaten so-wie dem Großen [X.] für Zivilsachen gemäß §
132
[X.] angefragt, ob an entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.
3. Da auf Grund
des [X.]s über die Revision des Angeklag-ten, soweit sie die Adhäsionsentscheidung betrifft, voraussichtlich nicht in [X.] Zeit entschieden werden
kann, hält der [X.] eine Entscheidung
über 7
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5
-
den "entscheidungsreifen"
strafrechtlichen Teil
des angefochtenen Urteils
für zulässig und geboten.
a) Eine Teilerledigung, die zur Herbeiführung von Teilrechtskraft führt, ist nur dann zulässig, wenn der rechtskräftige ebenso wie der nichtrechtskräftige [X.] von dem übrigen Urteilsinhalt losgelöst, selbständig geprüft und recht-lich beurteilt werden kann; die Grenzen bestimmen sich nach denselben Grundsätzen, nach denen sich die Wirksamkeit der [X.] beurteilt (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Juli 2004 -
4
[X.], [X.]St 49, 209, 211; Be-schluss vom 20.
Januar 2011 -
4
[X.]; [X.]/[X.], 26. Aufl., §
353 Rn.
5; [X.], [X.], 57.
Aufl., §
353 Rn.
6; KK-Gericke, [X.], 7.
Aufl., §
353 Rn.
10, jeweils
mwN).
Gemessen daran können hier der strafrechtliche Teil des Urteils und
die
Adhäsionsentscheidung selbständig geprüft und beurteilt werden. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des §
406a Abs.
2 Satz
1 [X.] kann der Angeklagte
die stattgebende Entscheidung über die Entschädigung auch ohne den strafrechtlichen Teil des Urteils mit dem sonst
nach der [X.]
zulässigen
Rechtsmittel anfechten, über den dann isoliert entschieden werden kann.

b) Im vorliegenden Fall gebieten auch schwerwiegende Interessen des Revisionsführers ein Abweichen von der gesetzlichen Regel einer einheitlichen Entscheidung durch das Revisionsgericht (vgl. §§
353, 354 [X.]) durch "hori-zontale"
Teilentscheidung (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Juli 2004 -
4 [X.], [X.]St 49, 209, 212
f.; Beschluss vom 20.
Januar 2011 -
4 [X.]; [X.], Beschlüsse vom 19.
November 2004
-
2 StR 431/04, vom 20.
August 2004 -
2 [X.] und 2 [X.]). Der Angeklagte befindet sich seit dem 15.
Mai 2013 in Untersuchungshaft.
Die Dauer des Anfrage-
und [X.]s ist
-
zumal bei Beteiligung des Großen [X.]s für Zivilsachen
-
nicht absehbar. 11
12
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6
-
Zwar stellt die Durchführung eines Anfrage-
und [X.]s nach §
132 [X.] keine prozessordnungswidrige, rechtsstaatswidrige [X.] dar. Im Hinblick auf das verfassungsrechtliche
(Art.
2 Abs.
2 Satz
2
i.[X.].
Art. 20 Abs.
3 GG)
und in Art.
6 Abs.
1 Satz
1 EMRK ausdrücklich normierte Beschleunigungsgebot hält es der [X.] indes nicht für vertretbar, das [X.], obwohl es zum -
für den Angeklagten im Vordergrund
seines Rechtsmittels stehenden
-
Schuldspruch und Strafausspruch entscheidungsreif ist, bis zum Abschluss des Anfrage-
und [X.]s nicht weiter zu betreiben. Er entscheidet daher über den Schuldspruch und den Strafausspruch vorab und wird entsprechend §
406a Abs. 2 Satz
2 [X.] eine isolierte Entscheidung über den Adhäsionsausspruch treffen, sobald das [X.] abgeschlossen ist.
4. Der [X.] hat durch [X.] vom 8. Oktober 2014 das hie-sige Verfahren zum Verfahren 2 StR 337/14 hinzuverbunden, um für die [X.] des Anfrageverfahrens eine breitere Beurteilungsgrundlage zu schaf-fen. Er ist dadurch nicht gehindert, über die Rechtsmittel jeweils durch Be-schluss zu entscheiden, da auch bei einer solchen Verbindung entsprechend 14
-
7
-
§
237 [X.] in jeder Sache gesonderte Erkenntnisse ergehen
(vgl. [X.]/[X.], 26.
Aufl., §
237 Rn.
3, 17; [X.]/[X.], [X.], 57.
Aufl., §
237 Rn.
8, beide mwN).
Fischer

[X.]Krehl

Eschelbach [X.]

Meta

2 StR 137/14

08.10.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.10.2014, Az. 2 StR 137/14 (REWIS RS 2014, 2388)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2388

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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