Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.11.2018, Az. 7 C 9/17

7. Senat | REWIS RS 2018, 1366

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Gegenstand

Änderung der Zulassung eines Sonderbetriebsplans zur Verfüllung der beim Abbau entstandenen Restlöcher


Tatbestand

1

Die Klägerin, Betreiberin eines [X.], wendet sich gegen die Änderung der Zulassung des Sonderbetriebsplans zur Verfüllung der beim Abbau entstandenen Restlöcher.

2

Der vom [X.] unter dem 11. Dezember 1996 zugelassene "Sonderbetriebsplan Verkippung von unbelastetem Erdaushub im [X.]" sah unter der Bezeichnung als Auflage unter anderem die Zulassung der Verkippung der Grube im Rahmen der [X.] mit fremdem unbelastetem Erdaushub oberhalb des maximal zu erwartenden Grundwasserspiegels + 62 m NN vor. Das Verfüllmaterial konnte hinsichtlich der in Richtwertlisten aufgeführten Parameter einen [X.] erreichen. Unterhalb der Höhe + 62 m NN durfte nur der aus dem Tagebau anfallende Abraum verkippt werden. Mit Bescheid vom 8. Februar 2002 verfügte die Abfallbehörde die Umstellung der zugelassenen Abfallarten auf die Nr. 17 05 04 "Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 05 03 fallen" der Abfallverzeichnisverordnung (AVV).

3

Nach Anhörung der Klägerin ergänzte der Beklagte die Sonderbetriebsplanzulassung von 1996 mit Bescheid vom 25. November 2011 und änderte diese in Nr. 2 bis 2.6 des Tenors unter anderem durch Beschränkung des zugelassenen Schadstoffinventars dahingehend, dass neben tagebaueigenem Abraum nur Materialien nach dem [X.] 17 05 04 (Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 05 03 fallen) verwendet werden dürfen (Nr. 2.1), das Verfüllmaterial die bodenartspezifischen [X.] im Feststoff (Tabelle [X.]-2) nach den Anforderungen der [X.] Boden 2004 einzuhalten hat (Nr. 2.2), und dass abweichende Parameter für Sulfat (Nr. 2.3) sowie Regelungen für die Probenahme und Analytik sowie zum Annahmeregime festgelegt wurden (Nr. 2.4 bis 2.6). Durch ministeriellen Runderlass sei ein Konzept zur Berücksichtigung der Belange des Bodenschutzes bei der Abfallverwertung in Tagebauen und Abgrabungen eingeführt worden, nachdem die Verwertung von Abfällen im Bergbau nach den technischen Regeln der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Abfall, des [X.] Bergbau und der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LAGA M 20, [X.] Boden) erfolge. Die nachträgliche Änderung der Auflagen, wonach bestimmte Abfallarten nicht mehr verfüllt werden dürften, diene der Vorsorge der [X.] gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BBergG. Es seien über § 48 Abs. 2 BBergG auch die Vorschriften des Abfall-, des Bodenschutz- und des Wasserrechts zu beachten. Vom Schadstoffinventar der zur Verfüllung genutzten Abfälle dürften keine nachteiligen Auswirkungen auf Boden und Grundwasser ausgehen.

4

Das Verwaltungsgericht hob den Bescheid in Nr. 2 bis 2.6 auf. Mit Urteil vom 7. Dezember 2016 hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Mit dem angefochtenen Bescheid verfolge der Beklagte einen mit § 56 Abs. 1 Satz 2 BBergG vereinbaren Zweck. Die nachträglichen Auflagen seien zur Sicherstellung der Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 BBergG zulässig. Zu den öffentlichen Interessen im Sinne der Vorschrift gehörten neben der Beachtung des Abfallrechts auch die Anforderungen des [X.]. Die Vorschriften fänden auch auf nachträgliche Auflagen zur Verfüllung Anwendung. Die angefochtenen Bestimmungen seien zur Sicherstellung der Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 BBergG erforderlich. Die Neuregelung des zulässigen Schadstoffinventars unter Bezugnahme auf die Vorsorgewerte für die [X.] nach den [X.] Boden finde ihre Rechtsgrundlage in § 7 BBodSchG i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]. Soweit darin keine Vorsorgewerte enthalten seien, beruhten die Bestimmungen auf § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG. Sie dienten der Sicherstellung der Schadlosigkeit der Abfallverwertung, deren Anforderungen durch die LAGA M 20 beschrieben würden.

5

Die Bestimmungen seien für die Klägerin wirtschaftlich vertretbar, nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik umsetzbar und hielten sich im Rechtsfolgenrahmen des § 56 Abs. 1 Satz 2 BBergG. Unter Zugrundelegung eines gegenüber § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG weiten Verständnisses handele es sich um nachträgliche eigenständige Auflagen. Der Bescheid leide auch nicht an Ermessensfehlern.

6

Zur Begründung der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision trägt die Klägerin vor: Die angefochtenen Bestimmungen seien keine Auflagen im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 BBergG. Vielmehr handele es sich um nachträgliche inhaltliche Beschränkungen der ursprünglichen Zulassung im Sinne einer Teilaufhebung. § 48 Abs. 2 BBergG sei keine Zulassungsvoraussetzung für den [X.]; diese seien in § 55 Abs. 1 und 2 BBergG abschließend geregelt. Die Vorsorgewerte nach § 9 [X.] könnten auf Verfüllmaterial aus geeigneten Abfällen zur Verwertung weder unmittelbar noch entsprechend angewandt werden. Das Oberverwaltungsgericht habe den materiellen Maßstab von § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG zur Beurteilung der Schadlosigkeit der Abfallverwertung fehlerhaft angewandt, weil keine verbindliche Festlegung durch die LAGA M 20 und [X.] Boden erfolgen könne. Es sei vielmehr eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. Das Oberverwaltungsgericht verstoße gegen den Überzeugungsgrundsatz, indem es den [X.] zu den geologischen Besonderheiten - trotz substantiierter Einwände - ungeprüft übernommen und so dessen Beweislast übergangen habe. Die angefochtenen Bestimmungen seien wirtschaftlich nicht vertretbar; auch lägen Ermessensfehler vor. Jedenfalls fordere das Verhältnismäßigkeitsprinzip eine Ausgleichs- und Übergangsregelung.

7

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des [X.] vom 7. Dezember 2016 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. Januar 2014 zurückzuweisen, soweit das Verwaltungsgericht die Bestimmungen Nr. 2.2 bis 2.6 des Bescheids des Beklagten vom 25. November 2011 aufgehoben hat.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er tritt der Revision entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Vertreter des [X.] hält nachträgliche Auflagen gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 BBergG auch zur Sicherstellung der Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG für zulässig. Es spreche viel dafür, dass § 56 Abs. 1 Satz 2 BBergG lediglich zum Erlass einer Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG ermächtige und nicht darüber hinaus zu einer nachträglichen Inhaltsänderung einer [X.]zulassung.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist zulässig und begründet. Über ein Rechtsmittel des [X.]eklagten war nicht zu entscheiden. Der am 22. November 2018 verkündete [X.], wonach die Revision des [X.]eklagten zurückgewiesen wird, ist insoweit berichtigt worden (§ 118 Abs. 1 VwGO).

Das angegriffene Urteil beruht auf einem [X.]undesrechtsverstoß (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zutreffend ist das Oberverwaltungsgericht zwar davon ausgegangen, dass der Erlass nachträglicher Auflagen nach § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.]ergG auch zur Sicherstellung der Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 [X.][X.]ergG zulässig ist. Zu Unrecht hat das Oberverwaltungsgericht dem [X.]egriff der Auflage in dieser Ermächtigungsgrundlage jedoch ein von § 36 Abs. 2 Nr. 4 [X.] abweichendes Verständnis zugrunde gelegt (1.). Der [X.] kann, da fehlende Tatsachenfeststellungen insoweit nicht entgegenstehen, in der Sache selbst entscheiden und die [X.]erufung des [X.]eklagten gegen das stattgebende Urteil des [X.] zurückweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO; 2.).

1. Nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 [X.][X.]ergG ist die nachträgliche Aufnahme von Auflagen zu einem zugelassenen [X.] bzw. deren Änderung oder Ergänzung unter anderem zulässig, soweit es zur Sicherstellung der Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 13 und Abs. 2 [X.][X.]ergG erforderlich ist. § 48 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.]ergG, wonach die für die [X.]zulassung zuständige [X.]ehörde eine Aufsuchung oder eine Gewinnung beschränken oder untersagen kann, soweit überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen, ergänzt die Zulassungsvoraussetzungen des § 55 [X.][X.]ergG und gilt auch für nachträgliche Auflagen zu einem zugelassenen [X.] nach § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.]ergG.

a) § 48 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.]ergG ist im Rahmen des § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.]ergG heranzuziehen. Die Vorschrift erweitert die [X.]efugnisse der [X.]ergbehörde im [X.]zulassungsverfahren. Sie begründet nicht nur eine eigenständige, dem [X.] neben- und nachgeordnete Anordnungsbefugnis der [X.]ergbehörde, sondern ergänzt § 55 Abs. 1 [X.][X.]ergG. Liegen bereits bei der Entscheidung der [X.]ergbehörde über die Zulassung eines eingereichten [X.]s Umstände vor, die der [X.]ergbehörde Anlass geben, die Aufsuchung oder Gewinnung gemäß § 48 Abs. 2 [X.][X.]ergG zu beschränken oder zu untersagen, so hat sie dies bei ihrer Entscheidung durch [X.]eschränkung oder Versagung der Zulassung zu berücksichtigen. Es wi[X.]präche einer sinnvollen Gesetzesanwendung, die [X.]ergbehörde zu verpflichten, einen [X.] ohne Einschränkungen zuzulassen, wenn sie gemäß § 48 Abs. 2 [X.][X.]ergG im [X.] daran die Aufsuchung oder Gewinnung zu beschränken oder zu untersagen hätte (vgl. [X.], Urteile vom 4. Juli 1986 - 4 [X.] 31.84 - [X.]E 74, 315 <323>, vom 29. Juni 2006 - 7 [X.] 11.05 - [X.]E 126, 205 Rn. 17 und vom 30. März 2017 - 7 [X.] 17.15 - NVwZ-RR 2017, 685 Rn. 33; von [X.], in: [X.]/Weller/[X.]/von [X.], [X.][X.]ergG, 2. Aufl. 2016, § 55 Rn. 115; [X.]/[X.], in: [X.]/[X.]/Graf [X.], [X.][X.]ergG, 2. Aufl. 2013, § 48 Rn. 21). Als Teil des Prüfprogramms des Zulassungsverfahrens nach § 55 Abs. 1 [X.][X.]ergG muss § 48 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.]ergG im Interesse des [X.] auch für nachträgliche Auflagen im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.]ergG gelten ([X.], Urteil vom 19. November 2007 - 1 A 10706/05 - [X.], 147 <153>; [X.], in: [X.]/Weller/[X.]/von [X.] a.a.O. § 48 Rn. 37; [X.]/[X.] a.a.O. § 48 Rn. 24; [X.], ZUR 2006, 295 <297>). Die Möglichkeit nachträglicher Auflagen zur Sicherung der Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.]ergG entspricht dem Willen des Gesetzgebers, nach dem sich Nebenbestimmungen auf die Voraussetzungen beziehen sollen, die Gegenstand des Zulassungsverfahrens sind ([X.]. 8/1315 S. 89 f. und 112). § 48 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.]ergG bezieht sich nicht nur auf Aufsuchung und Gewinnung von [X.]odenschätzen, sondern auch auf die Verfüllung. Denn im Rahmen des § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.]ergG sind über § 48 Abs. 2 [X.][X.]ergG auch bei der Ergänzung oder Änderung eines Abschlussbetriebsplans und damit bei der Verfüllung zur [X.] unter anderem die bodenschutz- und abfallrechtlichen Anforderungen zu berücksichtigen ([X.], Urteil vom 14. April 2005 - 7 [X.] 26.03 - [X.]E 123, 247 <254>; von [X.], in: [X.]/Weller/[X.]/von [X.] a.a.O. § 53 Rn. 21 m.w.[X.]).

b) Die weitere Annahme des [X.], § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.]ergG enthalte einen eigenständigen, von § 36 Abs. 2 Nr. 4 [X.] abweichenden Auflagenbegriff, von dem die angefochtenen [X.]estimmungen erfasst seien, verstößt gegen [X.]undesrecht. § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.]ergG ermächtigt ausschließlich zur nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 [X.] (vgl. von [X.], in: [X.]/Weller/[X.]/von [X.] a.a.O. § 56 Rn. 14 f.; [X.], in: [X.]/[X.]/Graf [X.] a.a.O. § 56 Rn. 115).

Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Regelungssystematik lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass das Gesetz den [X.]egriff der Auflage nicht in dem vom allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht vorgegebenen Sinne verstanden wissen will. Dies wird durch die [X.] bestätigt. Der Gesetzentwurf der [X.]undesregierung sah zunächst in § 55 Abs. 1 Satz 1 [X.] (entspricht § 56 [X.][X.]ergG) - "im Einklang mit der modernen Verwaltungsgesetzgebung" - eine eigenständige Ermächtigung zum Erlass von Nebenbestimmungen ("[X.]eschränkungen, [X.]efristungen, Auflagen") bei der Zulassung eines [X.]s vor ([X.]. 8/1315 [X.]). Auf diese Regelung ist später - auf Vorschlag des [X.] - unter Verweis auf die ergänzende Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes (siehe § 5 [X.][X.]ergG i.V.m. § 36 [X.]) verzichtet worden ([X.]. 8/3965 [X.], 134, 138). Die nachfolgend in § 55 Abs. 1 Satz 3 [X.] normierte Ermächtigungsgrundlage für den Erlass nachträglicher Auflagen, die in § 36 [X.] keine Entsprechung findet, ist beibehalten worden, um so dem Vorbehalt des [X.] zu tragen. Mit der [X.]eschränkung auf die Auflage im Sinne des § 36 [X.] unterscheidet sich § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.]ergG von anderen fachgesetzlichen [X.] wie etwa § 17 [X.] oder § 13 [X.], die die Möglichkeit nachträglicher Anordnungen nicht nur für Nebenbestimmungen vorsehen und so die Umsetzung eines Konzepts "dynamischer [X.]etreiberpflichten" umfassend erlauben (vgl. etwa [X.], Urteile vom 23. Oktober 2008 - 7 [X.] 48.07 - [X.]E 132, 224 Rn. 28, vom 21. Dezember 2011 - 4 [X.] 12.10 - [X.]E 141, 293 Rn. 18 und vom 29. November 2012 - 4 [X.] 8.11 - [X.]E 145, 145 Rn. 27; [X.], [X.], 12. Aufl. 2017, § 5 Rn. 2, § 17 Rn. 18).

Das vom Oberverwaltungsgericht angeführte - verwaltungspraktische - Erfordernis einer nachträglichen Korrektur eines zugelassenen [X.]s insbesondere zur Anpassung an geänderte materiell-rechtliche Vorgaben rechtfertigt keine andere Auslegung. Diesem Anliegen kann nur im Rahmen der vorhandenen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten Rechnung getragen werden. Die allgemeine bergaufsichtliche Anordnungsbefugnis nach § 71 Abs. 1 [X.][X.]ergG hat insoweit eine nur eingeschränkte [X.]edeutung. Denn sie ist gegenüber allgemeinen betriebsplanbezogenen Maßnahmen nachrangig ([X.], Urteile vom 16. März 1989 - 4 [X.] 36.85 - [X.]E 81, 329 <333> und vom 18. Dezember 2014 - 7 [X.] 22.12 - [X.]E 151, 156 Rn. 25, 38) und setzt eine konkrete Gefahr für Leib, Gesundheit und Sachgüter [X.]eschäftigter oder Dritter voraus. Mangels sonstiger fachgesetzlicher Regelungen richtet sich die Möglichkeit der Änderung eines zugelassenen [X.]s nach den gemäß § 5 [X.][X.]ergG anwendbaren [X.]estimmungen über die ([X.] im Wege der Rücknahme oder des Widerrufs nach § 48 f. [X.] (vgl. von [X.], in: [X.]/Weller/[X.]/von [X.] a.a.O. § 56 Rn. 25 ff.). [X.]ei der Abgrenzung der Anwendungsbereiche der beiden Vorschriften ist zu beachten, dass [X.] durch eine Änderung der Rechtslage rechtswidrig werden können und folglich eine Rücknahme ex nunc - sowie auch ex tunc ab dem Zeitpunkt der Rechtswidrigkeit - in [X.]etracht kommt (siehe [X.], Urteile vom 9. Mai 2012 - 6 [X.] 3.11 - [X.]E 143, 87 Rn. 43, vom 28. Juni 2012 - 2 [X.] 13.11 - [X.]E 143, 230 Rn. 15 und vom 28. April 2016 - 4 A 2.15 - [X.]E 155, 81 Rn. 28). Soweit sich bei der Anwendung dieser Vorschriften rechtliche Hindernisse für eine effektive Umsetzung neuer [X.] Standards ergeben sollten, ist die [X.]ewertung eventueller Unzulänglichkeiten und gegebenenfalls deren [X.]eseitigung allein Sache des Gesetzgebers.

c) Auf die weiteren von der Klägerin geltend gemachten materiell-rechtlichen [X.] kommt es - in gleicher Weise wie auf die Verfahrensrügen - nach der Feststellung eines entscheidungserheblichen [X.]undesrechtsverstoßes nicht mehr an. Der Grundsatz der Vollrevision (§ 137 Abs. 3 Satz 2 VwGO) verpflichtet das Revisionsgericht nicht zu Ausführungen, die nach dem Grundsatz der [X.] nicht geboten sind. Das kann zwar letztlich erst im [X.]lick auf eine abschließende Entscheidung nach Maßgabe von 144 Abs. 3 VwGO festgestellt werden. Doch auch insoweit bedarf es, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen (2.) ergibt, keiner weitergehenden Prüfung.

d) Das Vorbringen der Revision gibt dem [X.] gleichwohl Anlass zu der Feststellung, dass an der im [X.]eschluss vom 28. Juli 2010 - 7 [X.] 16.10 - ([X.]uchholz 451.222 § 2 [X.][X.]odSchG Nr. 2 Rn. 10) in Ergänzung der Ausführungen im Urteil des [X.]s vom 14. April 2005 - 7 [X.] 26.03 - ([X.]E 123, 247 <256 ff.>) vertretenen Rechtsauffassung festzuhalten ist. Danach gelten die über § 48 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.]ergG bei der Verwertung von Abfällen durch Verfüllung eines Tagebaus im Rahmen eines bergrechtlichen [X.]s anwendbaren Vorschriften des [X.]odenschutzrechts nicht nur für den [X.]ereich des durchwurzelten oder durchwurzelbaren [X.]odens und beschränken sich auch nicht auf die Verfüllung mit "[X.]oden" im Sinne des § 2 Abs. 2 [X.]undes-[X.]odenschutzgesetzes ([X.][X.]odSchG) (zustimmend etwa [X.], in: [X.]/[X.]/Graf [X.], [X.][X.]ergG a.a.O. § 56 Anhang Rn. 88; von [X.], in: [X.]/Weller/[X.]/von [X.] a.a.[X.] § 48 Rn. 48; [X.], [X.] 2005, 223 <225 f.>; [X.]., [X.] 2010, 102 <103>; Séché, ZfW 2006, 1 <3>; [X.], [X.] 2006, 167 <168 ff.>; [X.], [X.] 2012, 72 <74>; Müggenborg, NVwZ 2012, 659 <664>; so auch schon zuvor die behördliche Praxis, siehe LA[X.]O in Zusammenarbeit mit LA[X.], [X.] und [X.], Vollzugshilfe zu § 12 [X.][X.]odSchV, Stand: 11. September 2002, Anhang 4, 4.). Dies folgt aus dem Schutzzweck des [X.]undes-[X.]odenschutzgesetzes, denn auch die unterhalb des durchwurzelbaren [X.]odens liegende Schicht erfüllt natürliche [X.]odenfunktionen, insbesondere zum Schutz des Grundwassers (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 [X.]uchst c [X.][X.]odSchG). [X.]liebe dies unbeachtet, würde gegebenenfalls sehenden Auges ein bodenschutzrechtlicher Sanierungsfall geschaffen; das kann aber nicht Ergebnis einer sinnvollen Gesetzesanwendung sein (vgl. Séché, ZfW 2006, 1 <3>; [X.], [X.] 2006, 167 <168>). Mit dem [X.]ezug auf die [X.]odenfunktionen ist zugleich eine Grenze nach unten bezeichnet: Zwar finden die [X.] im gesamten Tagebau bis in das "Tagebautiefste" grundsätzlich Anwendung. Es ist jedoch zu beachten, dass die je nach Tiefe unterschiedliche [X.]odenfunktion Differenzierungen beim Schutzniveau rechtfertigen kann ([X.], [X.] 2006, 167 <169 f.>).

Dieser Rechtsansicht steht der unter anderem auf der Ermächtigung des § 6 [X.][X.]odSchG beruhende § 12 der [X.]undes-[X.]odenschutz- und Altlastenverordnung ([X.][X.]odSchV) nicht entgegen. § 12 [X.][X.]odSchV beschränkt sich in Absatz 2 zwar auf die Regelung des Auf- und Einbringens von Materialien auf oder in eine durchwurzelbare [X.]odenschicht oder zu deren Herstellung im Rahmen von Rekultivierungsvorhaben einschließlich [X.]. Die seit über 10 Jahren währenden [X.]emühungen zur Ergänzung der Vorschrift um eine Regelung für die nicht durchwurzelbaren [X.]odenschichten sind noch immer nicht zu einem Abschluss gelangt (siehe nun § 8 [X.][X.]odSchV-E , [X.]R-Drs. 566/17 S. 143, 287 ff., 296 ff.; siehe zuvor [X.], Urteil vom 12. November 2009 - 1 A 112222/09 - Zf[X.] 2010, 162 <173> und [X.], [X.] 2010, 102 <103>). § 12 [X.][X.]odSchV ist jedoch nicht als abschließend zu verstehen und verdrängt die Anwendbarkeit der allgemeinen bodenschutzrechtlichen Vorschriften nicht ([X.], [X.] 2006, 167 <169 f.>; [X.], [X.] 2012, 72 <74>).

2. Der [X.] kann abschließend über die Sache entscheiden. Der angefochtene [X.]escheid ist, soweit noch Gegenstand des Verfahrens, rechtswidrig; er ist von § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.]ergG nicht gedeckt. Das führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils des [X.].

Das Oberverwaltungsgericht hat zwar - nach seinem rechtlichen Ausgangspunkt folgerichtig - dahinstehen lassen, ob mit den angefochtenen [X.]estimmungen Nr. 2.2 und 2.3 des [X.]escheids vom 25. November 2011 eine Auflage im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 [X.] oder eine Inhaltsbestimmung der [X.]zulassung vom 11. Dezember 1996 geändert worden ist. Diese Zulassung kann der [X.] aber jedenfalls mangels insoweit bindender Feststellungen des [X.] sowie wegen des notwendigen inhaltlichen [X.]ezugs des angefochtenen [X.]escheids zum [X.] selbst auslegen (vgl. [X.], Urteile vom 4. Dezember 2001 - 4 [X.] 2.00 - [X.]E 115, 274 <280> und vom 14. Dezember 2005 - 10 [X.] 6.04 - [X.]E 125, 9 Rn. 19 sowie [X.], in: [X.], VwGO, 15. Aufl. 2019, § 137 Rn. 51 ff. m.w.[X.]).

Die Auflage im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 4 [X.] ist eine [X.]estimmung, durch die dem [X.]egünstigten [X.], Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Die so statuierte Verhaltenspflicht ist mit dem begünstigenden [X.] verknüpft und selbstständig durchsetzbar. Demgegenüber ist eine Inhaltsbestimmung ein Element der Hauptregelung, die [X.] oder Verhalten entsprechend dem Antrag oder hiervon abweichend festlegt und konkretisiert, indem sie die genehmigte Handlung bzw. das Verhalten räumlich und inhaltlich bestimmt und damit die Genehmigung erst ausfüllt (vgl. etwa [X.], Urteile vom 17. Februar 1984 - 7 [X.] 8.82 - [X.]E 69, 37 <39> und vom 21. Februar 1992 - 7 [X.] 11.91 - [X.]E 90, 42 <48> sowie [X.], in: [X.]/[X.]onk/Sachs, [X.], 9. Aufl. 2018, § 36 Rn. 93 m.w.[X.]). Für die Abgrenzung ist die im Verwaltungsakt zum Ausdruck kommende Regelungsabsicht der Genehmigungsbehörde maßgeblich; es kommt darauf an, welche Rechtsfolgen sie - innerhalb des gesetzlichen Rahmens - mit der jeweiligen Festsetzung erzeugen will. Dabei ist für die rechtliche Einordnung einer im Genehmigungsbescheid enthaltenen Einschränkung der objektive Erklärungsgehalt des [X.]escheids und nicht die [X.]ezeichnung der entsprechenden Regelung durch die [X.]ehörde entscheidend (vgl. [X.], Urteil vom 30. September 2009 - 5 [X.] 32.08 - [X.]E 135, 67 Rn. 11).

Hiernach handelt es sich bei den Regelungen über die [X.] für das Verfüllmaterial um Inhaltsbestimmungen der [X.]zulassung und nicht um Auflagen im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.]ergG.

Nach den Ausführungen auf Seite 2 des Sonderbetriebsplans "Verkippung von unbelastetem Erdaushub im [X.]" vom 28. Juni 1996 ist Zweck der Verfüllung des Tagebaus die Verkleinerung des bei der Gewinnung verbleibenden Restlochs, wobei die Annahme der von Schadstoffen unbelasteten Erdmassen und kleiner Mengen [X.]auschuttes ein "weiteres wirtschaftliches Standbein" sein soll. Zudem wird die Verfüllung für die spätere [X.] als erforderlich angesehen. Im Zulassungsbescheid des [X.]ergamtes H. vom 11. Dezember 1996 sind unter der [X.]ezeichnung als Auflagen Kriterien für die zulässige Schadstoffhaltigkeit des [X.], Nachweispflichten für die Erzeuger des [X.] sowie weitere Maßnahmen zur Kontrolle der Schadstoffhaltigkeit festgelegt worden. Auch wenn die Anforderungen an die Unschädlichkeit des [X.] formal als Auflagen bezeichnet wurden, ist der wesentliche Inhalt des Sonderbetriebsplans die Verfüllung des Restlochs mit näher bestimmten Materialien. Erst aufgrund dieser Festlegungen erhält die durch die [X.]zulassung erteilte Genehmigung der Verkippung von "unbelastetem" Erdaushub einen vollziehbaren Gehalt. Der - durch den [X.]escheid der Abfallbehörde vom 8. Februar 2002 mit der [X.]ezeichnung der Materialien nach der Abfallverzeichnisverordnung modifizierte - [X.] wird durch die [X.]estimmungen Nr. 2.2 und 2.3 des angefochtenen [X.]escheids dahingehend eingeschränkt, dass das betriebsfremde Verfüllmaterial strengere [X.] im Feststoff einhalten muss ([X.] gegenüber [X.]). Wird durch die [X.]estimmungen danach in den wesentlichen Genehmigungsinhalt der Sonderbetriebsplanzulassung eingegriffen, handelt es sich nicht um eine nachträgliche Änderung von Auflagen.

Die weiter angefochtenen [X.]estimmungen Nr. 2.4 bis 2.6 sind zwar Auflagen im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 4 [X.], mit denen erstmals ein Regime für Probenahmen und Analytik der Materialien eingeführt wird. Diese Auflagen sind jedoch in der Weise akzessorisch zu den [X.]estimmungen [X.] und 2.3 als die Regelungen zu Probenahmen und Analytik zur Einhaltung der festgesetzten [X.] dienen. Entsprechend wurde die Anordnung der [X.]estimmungen Nr. 2.4 bis 2.6 im angefochtenen [X.]escheid auch nicht gesondert begründet. Sie teilen das rechtliche Schicksal der [X.]estimmungen, auf die sie bezogen sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Klägerin mit ihrer Revision die Aufhebung der [X.]estimmungen Nr. 2 und 2.1 des [X.]escheids des [X.]eklagten nicht weiter verfolgt, kommt diesen wegen der Fortschreibung der vor Erlass des angefochtenen [X.]escheids bestehenden [X.] keine eigenständige [X.]edeutung zu, so dass dem [X.]eklagten die Kosten insgesamt aufzuerlegen sind.

Meta

7 C 9/17

22.11.2018

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 7. Dezember 2016, Az: 2 L 21/14, Urteil

§ 48 Abs 2 S 1 BBergG, § 55 Abs 1 BBergG, § 56 Abs 1 S 2 BBergG, § 36 Abs 2 Nr 4 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.11.2018, Az. 7 C 9/17 (REWIS RS 2018, 1366)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 1366

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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8 ZB 15.2664 (VGH München)

Nachweis der Bergbauberechtigung bei zivilrechtlichen Streitigkeiten


III ZR 51/13 (Bundesgerichtshof)

Zulässigkeit einer im Vorgriff auf den Erlass eines Heranziehungsbescheids erhobenen "vorbeugenden" Feststellungsklage


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