Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.08.2019, Az. 26 W (pat) 556/18

26. Senat | REWIS RS 2019, 4041

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2018 005 220.3

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 29. August 2019 unter Mitwirkung [X.], [X.] und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das [X.] (schwarz/weiß)

Abbildung

2

ist am 1. März 2018 unter der Nummer 30 2018 005 220.3 zur Eintragung in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden für Waren der

3

[X.]:

4

Alkoholische Getränke, ausgenommen Biere.

5

Mit Beschluss vom 8. August 2018 hat die Markenstelle für [X.] des [X.] durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Begriff „Goldschatz“ stehe als Kosewort für „Liebling“, „Darling“, „Baby“ oder „Herz“. Insoweit finde ein Imagetransfer für die beanspruchten Waren statt, weshalb das Wort als Werbemittel verbraucht sei. Es eigne sich nur zur Förderung des Kaufinteresses und der Bindung der Kunden, aber nicht als Unterscheidungsmittel. Auch die graphische Gestaltung verhelfe dem Anmeldezeichen nicht zu der nötigen Unterscheidungskraft. Bei der Gestaltung in Großbuchstaben, der zweizeiligen Anordnung der Bestandteile „[X.]“ und „[X.]“ und der zentrierten Formatierung handle es sich um werbeübliche [X.]ickfangmittel. Die Anmelderin könne sich nicht auf vergleichbare Voreintragungen berufen, da die Prüfung der Schutzfähigkeit einer Markenanmeldung stets bezogen auf den konkreten Einzelfall erfolgen müsse. Zudem könnten frühere Eintragungen in das Register aufgrund einer anderen Rechts- oder Recherchelage erfolgt sein.

6

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Im Verfahren vor dem Amt hat sie die Ansicht vertreten, mit dem Begriff „Goldschatz“ würden außer [X.] nur natürliche Personen und keine Sachen bezeichnet. Im Hinblick auf die beanspruchten alkoholischen Getränke habe das Wort keine Bedeutung. Zudem sei eine gleichlautende Wortmarke (397 59 105) bereits für vergleichbare Waren in das Register eingetragen worden.

7

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

8

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 8. August 2018 aufzuheben.

9

Mit gerichtlichem Schreiben vom 4. Juni 2019 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von [X.] (Anlagen 1 bis 3, [X.]. 12 – 32 GA) darauf hingewiesen worden, dass das angemeldete Wortzeichen nicht für schutzfähig erachtet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, hat aber keinen Erfolg.

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 [X.]. 59 f. – [X.]]; [X.], 932 [X.]. 7 – #darferdas?; [X.] 2018, 301 [X.]. 11 – [X.]; [X.] 2016, 934 [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] a. a. O. – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] a. a. [X.]. 15 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.] 2013, 1143 [X.]. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.] 2004, 674, [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] a. a. [X.]. 8 – #darferdas?; [X.] 2012, 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] a. a. O. – #darferdas?; a. a. [X.]. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 [X.]. 32 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 569 [X.]. 18 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. – [X.]; [X.] [X.] 2014, 1204 [X.]. 16 – DüsseldorfCongress).

aa) Von den beanspruchten Waren der [X.] werden die breiten, allgemeinen Verkehrskreise der Verbraucher sowie der Getränkefachhandel angesprochen.

bb) Die Wortelemente des [X.] setzen sich aus den beiden Substantiven „[X.]“ und „[X.]“ zusammen, die zweizeilig in Großbuchstaben geschrieben sind.

aaa) Das Substantiv „Gold“ bezeichnet ein Edelmetall, eine Goldmünze, einen Gegenstand aus Gold, goldene Farbe, goldenen Glanz oder etwas, das für jemanden überaus wertvoll ist (www.duden.de). „Gold“ ist vor allem in der Werbesprache ein Wertversprechen, dass Exklusivität und einen hohen Wert angibt (Wörterbuch der Werbesprache, [X.] 1991, [X.]). In 767 Werbeslogans taucht der Begriff „Gold“ auf, von denen 30 aus dem [X.] stammen ([X.], s. Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis; [X.] W (pat) 526/14 – Gold).

bbb) Das Substantiv „Schatz“ steht für „eine angehäufte Menge, Ansammlung von kostbaren Dingen, etwas, was seinem Besitzer viel wert ist, [X.], eine Fundsache, die so lange verborgen war, dass ihr Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist oder einen geliebten bzw. netten, liebenswerten Menschen“ (www.duden.de). In der Werbesprache dient das Wort auch als Wertversprechen im Sinn von „kostbarer Besitz“ (Wörterbuch der Werbesprache, [X.] 1991, [X.]). Es findet sich daher in 20 Werbeslogans ([X.]). Der Begriff kann auch zur Bezeichnung von besonders wertvollen oder hochwertigen Speisen und Getränken bzw. Zutaten verwendet werden (BPatG 25 W (pat) 560/11 – [X.]; 25 W (pat) 523/11 – [X.]; s. Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis).

ccc) In seiner Gesamtheit können die angesprochenen Verkehrskreise das Anmeldezeichen als Summe der genannten Einzelbedeutungen oder trotz der zweizeiligen Schreibung und des fehlenden Trennstrichs als das Wort „Goldschatz“ verstehen. Als solchen bezeichnet man [X.] von Gold[gegenständen]“ oder als Kosewort einen „Liebling“ mit den Synonymen „Baby, Darling, Herz“ (www.duden.de). In der Werbung wird das Wort häufig als Schlagwort verwendet, insbesondere für Produkte, die sich als Geschenke für einen geliebten Menschen eignen.

cc) Die Recherche des Senats hat ergeben, dass das Wort „Goldschatz“ bereits vor dem Anmeldezeitpunkt, dem 1. März 2018, im Weinbereich als Werbeschlagwort für [X.] Weißweine Verwendung gefunden hat. Diese zeichnen sich regelmäßig durch ihre goldene Farbe aus und werden nicht als Alltagsweine, sondern zu besonderen Anlässen getrunken (s. Anlage 3 zum gerichtlichen Hinweis).

dd) Wein gehört zu den beanspruchten Waren der [X.] „

aa) Denn an die grafische Ausgestaltung sind umso größere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der nicht unterscheidungskräftige Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt ([X.] [X.] 2001, 1153 – antiKALK; [X.] 2009, 954 [X.]. 17 – Kinder III; [X.] 2010, 640 [X.]. 17 – hey!; [X.] 2014, 569 [X.]. 20 – [X.]). Dafür müssten die Bildbestandteile charakteristische Gestaltungsmerkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht. Daran fehlt es, wenn sich das Bildelement in rein dekorativen Hervorhebungsmitteln erschöpft oder ausschließlich die – sachbezogenen – Aussagen der anderen Zeichenteile illustriert ([X.] [X.] 2008, 710 [X.]. 20 - [X.]; a. a. O. – antiKALK; a. a. [X.]. 18 – grill meister).

d) Schließlich rechtfertigt auch die von der Anmelderin angeführte Voreintragung der Wortmarke „Goldschatz“ (397 59 105) für Waren der [X.] keine andere Entscheidung. Die Marke ist bereits im Jahr 1998 in das Register eingetragen worden. Bei ihr kann es sich auch um eine rechtswidrig vorgenommene Eintragung oder um eine Eintragung vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen ([X.] [X.] 2009, 667, 668 [X.]. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und [X.]). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.

2. Da es dem angemeldeten [X.] hinsichtlich der vorgenannten Waren an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob seiner Eintragung auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an seiner freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]).

Meta

26 W (pat) 556/18

29.08.2019

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.08.2019, Az. 26 W (pat) 556/18 (REWIS RS 2019, 4041)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4041

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