Bundespatentgericht, Beschluss vom 05.02.2013, Az. 33 W (pat) 25/11

33. Senat | REWIS RS 2013, 8426

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "V-Bank/VR-Bank Rhein-Berg/VR-Bank Bergisch Gladbach-Overath-Rösrath eG" - zur Kennzeichnungskraft – teilweise Dienstleistungsidentität – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 00 273

hat der 33. Senat ([X.]) des [X.] durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.] und [X.] am [X.] am 5. Februar 2013

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die [X.]echtsvorgängerin der Markeninhaberin hat am 2. Januar 2006 die Wortmarke

2

V-Bank

3

angemeldet. Die Marke ist am 17. Mai 2006 für die Dienstleistungen

4

Klasse 36: Finanzwesen, Geldgeschäfte, insbesondere Ausgabe von Kredit- und Scheckkarten

5

eingetragen worden.

6

[X.] hat aus ihrer am 9. März 2005 angemeldeten Marke

7

[X.] [X.]hein-Berg

8

und aus ihrer am 17. Mai 2005 angemeldeten Marke

9

[X.] Bergisch Gladbach-Overath-[X.]ösrath eG

Widerspruch erhoben. Die beiden [X.] sind jeweils eingetragen für die Dienstleistungen

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten

Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten.

[X.] hat den Widerspruch gegen alle Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke gerichtet.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen Verwechslungsgefahr bestehe. Der in den [X.] enthaltene geographische Hinweis sei aus der Sicht des Publikums unbeachtlich. Von dem prägenden Teil der [X.] („[X.]“) unterscheide sich die angegriffene Marke nur in dem einen Buchstaben „[X.]“. Dieser stehe nicht am Wortanfang, der erfahrungsgemäß am stärksten wahrgenommen werde. Damit sei der gebotene Abstand zwischen den Zeichen nicht gewahrt. Es bestehe klangliche Verwechslungsgefahr. Auch begriffliche Verwechslungsgefahr sei gegeben, weil der Buchstabe „V“ in allen Zeichen als Abkürzung für „Volksbank“ verstanden werden könne.

Die Markeninhaberin ist dem Widerspruch entgegengetreten; sie hat sich nicht zur Sache geäußert.

Mit Beschluss vom 5. Juni 2007 hat die Markenstelle für Klasse 36 den Widerspruch zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle mit Beschluss vom 9. Februar 2011 zurückgewiesen.

Die Markenstelle hat ausgeführt, dass der bei [X.] und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke gebotene [X.] gewahrt sei. Die Zeichen seien einander wegen ihrer unterschiedlichen Länge und ihres unterschiedlichen Gesamteindrucks absolut unähnlich. Der Verkehr wende bei [X.] eine erhöhte Sorgfalt an, weil er daran gewöhnt sei, dass selbst kleinste Unterschiede beachtlich sein können. Die Abkürzungen „V“ und „V[X.]“ seien durch die unterschiedliche Buchstabenzahl und wegen der Positionierung am stärker beachteten Markenanfang voneinander zu unterscheiden.

Dagegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass der relevante [X.] „[X.]“ und das Zeichen „V-Bank“ schriftbildlich, klanglich und begrifflich verwechselbar seien.

[X.] beantragt,

den angegriffenen Beschluss des [X.] vom 9. Februar 2011 aufzuheben und die Eintragung der angegriffenen Marke 306 00 273.6 „V-Bank“ aus dem Markenregister zu löschen.

Der Senat hat einen schriftlichen Hinweis erteilt; die Widersprechende hat hierzu Stellung genommen.

Die Markeninhaberin hat sich auch im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen besteht keine Verwechslungsgefahr (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).

1.

Die Kennzeichnungskraft der [X.] ist als durchschnittlich zu beurteilen.

Die [X.] verbinden eine Kombination von zwei Buchstaben (V[X.]) mit beschreibenden Elementen. Buchstabenfolgen kommt in der [X.]egel durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu ([X.], 930 (Nr. 27) - [X.]/Barbie B m. w. N.). Anders verhält es sich, wenn besondere Umstände die Kennzeichnungskraft schwächen, namentlich eine die Waren und Dienstleistungen beschreibende Bedeutung oder die häufige Verwendung von Einzelbuchstaben in der in Frage stehenden Branche ([X.] vom 22.11.2011, [X.]/10 (Nr. 37) - A mit 2 Hörnern; [X.] vom 25.1.2012, 29 W (pat) 9/11 (Nr. 39) - [X.]/[X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Auflage § 9 [X.]n. 177).

Eine die Dienstleistungen beschreibende Bedeutung hat die Buchstabenfolge „V[X.]“ dann, wenn sie als Abkürzung für „Volks- und [X.]aiffeisen“ verstanden wird. Der Begriff „Volksbank“ bezeichnet nämlich eine in bestimmter Weise strukturierte Bank und ist deshalb nicht unterscheidungskräftig ([X.], 865 - Volksbank; [X.] [X.] 2007, 4312 - [X.]; [X.] vom 11.12.2012, 33 W (pat) 26/11 - Volksbank [X.]). Ebenso ist „[X.]aiffeisen“ beschreibend und verweist auf eine bestimmte Art genossenschaftlicher Organisation im Bankensektor ([X.] vom 9.9.2011, [X.]/10 - [X.]/[X.]aiffeisen). Unterstellt man zugunsten der Widersprechenden, dass die Buchstaben „V[X.]“ nicht als Abkürzung für „Volks- und [X.]aiffeisen“ verstanden werden, so handelt es sich um eine bedeutungslose Buchstabenfolge; und den [X.] kommt durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

2.

Die einander gegenüberstehenden Zeichen weisen nur entfernte Ähnlichkeit auf.

a)

Maßgeblich ist der Gesamteindruck der Zeichen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Dagegen können den Gesamteindruck nicht mitbestimmende Elemente als unbeachtlich in den Hintergrund treten ([X.]H G[X.]U[X.] 1998, 387 (Nr. 23) - Springende [X.]aubkatze; [X.], 64 (Nr. 15) - Maalox/[X.]). Beschreibende Elemente (wie hier „Bank“ und die geographischen Angaben in den [X.]) bleiben zwar in der [X.]egel außer Betracht, können aber im Einzelfall den Gesamteindruck mitprägen. Das gilt insbesondere für beschreibende Begriffe, die zusammen mit einer Zahl oder einer Abkürzung verwendet werden (vgl. [X.], 544 (Nr. 34 ff.) - [X.] 24; [X.], 719 (Nr. 37) - idw Informationsdienst Wissenschaft; [X.]/[X.], [X.], 3. Auflage § 14 [X.]n. 1076 und 1080).

Demnach darf das Element „Bank“ - darin ist der Widersprechenden zu folgen - nicht außer Betracht bleiben; denn der Verkehr wird die Zeichen nicht auf „V“ und „V[X.]“ verkürzen. Vielmehr wird er die Zeichen als „V-Bank“ und „[X.]“ wahrnehmen. Allenfalls die geographischen Angaben in den [X.] werden schon wegen ihrer Länge und wegen der Neigung des Verkehrs zu merkfähigen Kurzworten in den Hintergrund treten.

Das ändert aber nichts daran, dass das Publikum seine Aufmerksamkeit - die bei Finanzdienstleistungen eher erhöht ist - vor allem auf den Zusatz richtet, der dem beschreibenden Element „Bank“ vorangestellt ist, und der hier am in der [X.]egel besonders beachteten Wortanfang steht, also einmal „V“ und einmal „V[X.]“.

b)

Für diesen Zusatz gilt, dass es sich jeweils um Kurzzeichen handelt, bei denen einzelne Abweichungen erfahrungsgemäß stärker auffallen als bei längeren Zeichenfolgen. Im Einzelfall können bereits Abweichungen in nur einem Buchstaben Verwechslungen ausschließen (vgl. [X.] vom 10.12.2008, 26 W (pat) 14/07 (Nr. 26) - [X.] Entwicklungs- und Service GmbH/[X.]; [X.] vom 7.10.2009, 26 W (pat) 25/09 (Nr. 26) - [X.]/[X.]). In solchen Fällen ist eine mittlere bis hohe Zeichenähnlichkeit in der [X.]egel erst dann anzunehmen, wenn die Buchstaben, in denen die Zeichen (oder hier: [X.]) voneinander abweichen, einander zumindest ähnlich sind (vgl. [X.] G[X.]U[X.] Int. 2009, 157 (Nr. 47 f.) - [X.]/FVD).

Das trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Die angegriffene Marke enthält im Gegensatz zu den [X.] den zusätzlichen Buchstaben „[X.]“. Wendet das Publikum seine Aufmerksamkeit den für die Herkunftsfunktion maßgeblichen, dem Element „Bank“ vorangestellten Buchstaben bzw. Buchstabenfolgen zu, dann springt der Unterschied zwischen „V“ und „V[X.]“ deutlich ins Auge und wird nicht übersehen werden. Die Zeichenfolge „V[X.]“ ist doppelt so lang wie das Zeichen „V“; und der Buchstabe „[X.]“ ist durchaus auffällig. Die Annahme, dass er für eine bloße Verzierung nach dem „V“ gehalten oder sonst übersehen werden könnte, liegt fern.

Im Ausgangspunkt trifft es zwar zu, dass der Verkehr in der [X.]egel dem Zeichenanfang die größere Aufmerksamkeit zuwendet. Das gilt hier schon deshalb, weil sich das Zeichenende jeweils als beschreibend darstellt. Daraus folgt aber nicht (wie von der Widersprechenden angenommen), dass der Verkehr nur den ersten Buchstaben (das „V“) wahrnimmt und den in den [X.] folgenden Buchstaben „[X.]“ überliest. Im Gegenteil wäre die Annahme lebensfremd, dass das Publikum bei einer Marke, die lediglich aus zwei Buchstaben und im Übrigen aus beschreibenden Elementen besteht, und bei einer der Bedeutung der Dienstleistungen entsprechenden, erhöhten Aufmerksamkeit nur einen der beiden, unmittelbar aufeinanderfolgenden Buchstaben wahrnimmt.

Auch klanglich besteht nur entfernte Zeichenähnlichkeit. Das „[X.]“ kann zwar undeutlich ausgesprochen werden, wenn es am Ende eines Ortsnamens steht. Dagegen wird das „[X.]“ in einer aus nur zwei Buchstaben bestehenden Abkürzung deutlich ausgesprochen werden; die Abkürzung „V[X.]“ wird eher auf dem zweiten als auf dem ersten Buchstaben betont werden (also gerade nicht so, als würde es sich um eine in der Ortschaft „[X.]“ ansässige Bank, „[X.]er Bank“, handeln). Klanglich unterscheidet sich das „[X.]“ von dem „V“ deutlich.

Eine begriffliche Ähnlichkeit besteht lediglich dann, wenn die Buchstaben „V“ und „V[X.]“ als Abkürzung für „Volks“ bzw. „Volks- und [X.]aiffeisen“ verstanden werden. Davon ist jedoch zugunsten der Widersprechenden nicht auszugehen (oben II.1.). Somit handelt es sich um bedeutungslose Buchstaben bzw. eine bedeutungslose Buchstabenfolge. Eine begriffliche Ähnlichkeit besteht in diesem Fall nicht.

Unterstellt man das Gegenteil, dann besteht zwar begriffliche Ähnlichkeit, weil das „V“ in allen in Frage stehenden Marken als Hinweis auf eine „Volksbank“ verstanden wird. Das reicht jedoch nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen; denn eine solche kann nicht auf die Übereinstimmung in einem schutzunfähigen Element gestützt werden (vgl. [X.] vom 19.12.1997, [X.]/[X.], bei PAVIS P[X.]OMA; [X.] vom [X.], 30 W (pat) 70/08 - geravital/GE[X.]ATHE[X.]M; [X.] vom 13.1.2010, 29 W (pat) 34/09 - [X.]/[X.]; [X.], 1040 (Nr. 40) - pure/pjur), und somit erst recht nicht auf die Übereinstimmung in Buchstaben, die von den angesprochenen Verkehrskreisen als Abkürzung für ein schutzunfähiges Element verstanden werden.

3.

Unter Berücksichtigung der nur entfernten Zeichenähnlichkeit scheidet eine Verwechslungsgefahr aus. Das gilt unter Berücksichtigung der erhöhten Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise auch, soweit die Dienstleistungen identisch sind, und bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der [X.].

Die (teilweise bestehende) Identität der Dienstleistungen reicht nicht aus, um trotz der nur entfernten Zeichenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr zu begründen. Grundsätzlich kann zwar auch bei identischen Dienstleistungen und einem geringen Grad an Zeichenähnlichkeit Verwechslungsgefahr bestehen; das gilt jedoch insbesondere dann, wenn das ältere Zeichen erhöhte Kennzeichnungskraft aufweist (BGH G[X.]U[X.] 2010, 235 (Nr. 27) - [X.]/[X.]). Ist - wie hier - eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens zugrunde zu legen, dann wird das Publikum, welches das Dienstleistungsangebot hier mit erhöhter Aufmerksamkeit betrachtet, nicht davon ausgehen, dass dieselben Dienstleistungen, wenn sie mit einander nur entfernt ähnlichen Marken gekennzeichnet sind, von demselben oder von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

Meta

33 W (pat) 25/11

05.02.2013

Bundespatentgericht 33. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 05.02.2013, Az. 33 W (pat) 25/11 (REWIS RS 2013, 8426)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8426

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