Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.12.2014, Az. X ZR 13/14

X. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 615

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BUNDESGERICH[X.]SHOF
IM NAMEN DES VOLKES
UR[X.]EIL
X ZR
13/14
Verkündet am:

9.
Dezember 2014
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 651a Abs. 1, § 651i Abs. 3, § 320 Abs. 1, § 307 Abs. 1 und 3 Bi, Cc
a)
Eine Klausel in [X.] Geschäftsbedingungen, nach der der Reisende bei Vertragsschluss eine Anzahlung von nicht mehr als 20
% des [X.] zu leisten hat, stellt keine unangemessene Benachteiligung des [X.] dar und ist wirksam (Bestätigung von [X.], Urteil vom 20.
Juni 2006

X
ZR
59/05, [X.], 3134). Eine höhere Anzahlung kann der [X.] nur dann verlangen, wenn er in Höhe eines dem verlangten Anteil des Reisepreises entsprechenden Betrages
bei Vertragsschluss seinerseits eigene Aufwendungen erbringen oder fällige Forderungen der Leistungsträ-ger erfüllen muss, deren er sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Reisevertrag bedient.
b)
Eine Klausel in [X.] Geschäftsbedingungen,
nach der der Reisende den (gesamten) restlichen Reisepreis früher als 30
[X.]age vor Reiseantritt zu entrichten hat, benachteiligt den Reisenden entgegen den Geboten von [X.]reu und Glauben unangemessen und ist unwirksam.
c)
Wird in [X.] Geschäftsbedingungen eines Reiseveranstalters ein Vomhundertsatz des Reisepreises als Entschädigung festgesetzt, die der Reisende zu zahlen hat, wenn er vor Reisebeginn vom Vertrag zurücktritt, müssen die unterschiedlichen Reisearten so differenziert werden und die bei einer bestimmten Reiseart als gewöhnlich erspart berücksichtigten Aufwen-dungen und der bei ihr als gewöhnlich möglich berücksichtigte anderweitige Erwerb in einer Weise bemessen werden, die es zumindest in aller Regel ausschließt, dass die Entschädigung überschritten wird, die nach §
651i Abs.
2 [X.] zu zahlen wäre.
[X.], Urteil vom 9. Dezember 2014 -
X ZR 13/14 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 9.
Dezember 2014 durch
den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
MeBeck, [X.]
Grabinski, Dr.
Bacher, [X.] und die Richterin [X.]
für
Recht erkannt:

Die Revision gegen das am 16. Januar 2014 verkündete Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

[X.]atbestand:

Der Kläger verlangt von der beklagten [X.],
die Verwen-dung folgender Reisebedingungen (soweit nicht in eckige Klammern gesetzt) zu unterlassen:

"2.1

[Innerhalb einer Woche nach Erhalt der Reisebestäti-gung/Rechnung wird die vereinbarte und auf der Reisebestä-tigung/Rechnung (bzw. dem gegebenenfalls beigefügten Überweisungsträger) ausgewiesene Anzahlung fällig.] Diese beträgt 25

grammen [X.].

Last Minute und N.

Last Minute 30
%
(auf volle Euro aufgerundet) von dem Gesamtpreis der Rechnung, sofern nichts anderes vor Vertragsschluss ver-

[X.]age vor Reise-antritt ohne nochmalige Aufforderung fällig.

1
-
3
-

5.3
In der Regel betragen die [X.], die wir im Falle Ihres Rücktritts von der Reise je angemeldetem [X.] fordern müssen, jeweils pro Person bzw. Wohnein-heit in Prozent vom [X.] Mietpreis:

5.3.1a
bei Flugreisen
bis 42
[X.]age vor Reisebeginn 25
%
ab 41. bis 30.
[X.]ag vor Reisebeginn 30
%
ab 29. bis 22.
[X.]ag vor Reisebeginn 35
%
ab 21. bis 15.
[X.]ag vor Reisebeginn 45
%
ab 14. bis 7.
[X.]ag vor Reisebeginn 65
%
ab 6. bis 3.
[X.]ag vor Reisebeginn 70
%
ab 2. bis 1.
[X.]ag vor Reisebeginn 80
%
am [X.]ag des Reiseantritts oder bei Nichterscheinen 90
%.
5.3.1b
bei N.

Last Minute, F.

sowie
bei Flugreisen bei Buchung der Zimmerkategorien "R", "[X.]"
oder "Y",
bis 30.
[X.]ag vor Reisebeginn 40
%
ab 29. bis
22.
[X.]ag vor Reisebeginn 55
%
ab 21. bis 15.
[X.]ag vor Reisebeginn 65
%
ab 14. bis 7.
[X.]ag vor Reisebeginn 75
%
ab 6. bis 3.
[X.]ag vor Reisebeginn 85
%
ab 2.
[X.]ag vor Reisebeginn bis einschließlich [X.]ag des Reiseantritts 95
%.
5.3.7d
bei allen Angeboten zu den Galapagos-Inseln
ab 60. bis 31.
[X.]ag vor Reisebeginn 5
%
ab 30.
[X.]ag oder bei Nichterscheinen 90
% des [X.].
5.3.16
Bei Buchungen aus den Programmen N.

Reisen XN.

und YN.

oder [X.].

Reisen
X[X.].

und Y[X.].

wird die Reise auf Ihren
Wunsch
nach dem Prinzip des "Packaging"
zusammenge-stellt. Dazu werden Sondertarife der Leistungsträger (zum Beispiel Fluggesellschaften, Hotels) verwendet, die nicht erstattet werden können, so dass [X.] vereinbart werden:

bis 42
[X.]age 55
%
bis 30
[X.]age 60
%
bis 22
[X.]age 65
%
-
4
-
bis 15
[X.]age 70
%
bis 7
[X.]age 80
%
bis 3
[X.]age 85
%
bis oder am Abreisetag 90
%."

Das [X.] hat der [X.] die Verwendung der Klauseln [X.]. Die Berufung der [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabwei-sungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der [X.] in den angegriffenen Reisebedingungen (Klausel 2.1) geforderte Anzahlung von 25 oder 30
% des Reisepreises benachteilige den Verbraucher unangemessen im Sinne von §
307 Abs.
1 und Abs.
2 [X.]. Eine höhere Anzahlung als die [X.] übliche und von der Rechtsprechung anerkannte Anzahlung von 20
% des Reisepreises höhle das in §
320 [X.] verankerte Zug-um-Zug-Prinzip unange-messen aus. Der in der Klausel festgelegte
Zeitpunkt der Restfälligkeit des [X.] verstoße ebenfalls gegen §
307 Abs.
1, Abs.
2 Nr.
1 [X.]. Den Inter-essen des
Reiseveranstalters
genüge ein Zeitpunkt, der etwa einen
Monat vor Beginn der Reise
liege. Zudem liege ein Fälligkeitstermin 40 [X.]age vor [X.] nur zwei [X.]age nach dem letztmöglichen [X.]ermin, zu dem sich die Beklagte eine Absage der Reise vorbehalte. Auch die in den [X.] (Klauseln
5.3) vorgesehenen [X.] wichen von der gesetzlichen Regelung in §
651i Abs.
3 [X.]
unangemessen ab. Mangels von der [X.] hierzu vorgelegter Unterlagen könne nicht angenommen werden, dass die be-2
3
4
-
5
-
anstandeten Klauseln die bei einem Rücktritt des Reisenden gewöhnlich [X.] Aufwendungen bzw. den gewöhnlich möglichen anderweitigen Erwerb widerspiegelten.
II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Kläger kann nach §§
1, 3 Abs.
1 Nr. 1 UKlaG von der [X.] verlangen, die Verwendung der beanstandeten Klauseln zu unterlassen.
1.
Bei den Klauseln handelt es sich, wovon
das Berufungsgericht unan-gegriffen ausgegangen ist, um für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte Ver-tragsbedingungen, die die Beklagte ihren Vertragspartnern bei Abschluss eines Vertrags stellt (§
305 Abs. 1 Satz 1 [X.]).
2.
Die angegriffenen Klauseln unterliegen nach §
307 Abs. 3 Satz 1 [X.] der Inhaltskontrolle.
a)
Nach dieser Vorschrift sind Bestimmungen in [X.] Ge-schäftsbedingungen an §§ 308, 309 und §
307 Abs. 1 und 2 [X.] zu messen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Rege-lungen vereinbart werden. Unter Rechtsvorschriften sind dabei nicht nur Geset-zesvorschriften im materiellen Sinn, sondern auch allgemeine Rechtsgrundsät-ze zu verstehen. Ob eine Klausel danach kontrollfähig ist, ist durch Auslegung zu ermitteln (im Einzelnen hierzu [X.], Urteil vom 10.
Dezember 2013

X
ZR
24/13, NJW 2014, 1168 = [X.] 2014, 132 Rn. 16,
17 mwN).
b)
Durch die beanstandeten Klauseln werden
von Rechtsvorschriften oder allgemeinen Rechtsgrundsätzen abweichende Regelungen vereinbart oder Rechtsvorschriften ergänzt.
(1)
Dies gilt zunächst für die Klausel, nach der innerhalb einer Woche nach Erhalt der Reisebestätigung eine Anzahlung von 25
oder 30
% des Reise-5
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-
6
-
preises zu leisten ist
und der Restbetrag 40
[X.]age vor Reiseantritt zur Zahlung fällig sein soll. Das [X.] enthält keine spezielle Regelung über die Fälligkeit des Reisepreises und normiert insbesondere keine von §
320 [X.] abweichende Vorleistungspflicht des Reisenden. Das dem [X.] verwandte Werkvertragsrecht sieht gemäß §§
641 Abs.
1 Satz 1, 646 [X.] eine Fälligkeit der Vergütung sogar erst nach Abnahme oder Vollendung des Werks vor; es kann jedenfalls nicht von einer Vorleistungspflicht des Reisenden aus-gegangen werden. Demgegenüber legt §
651k Abs. 4 Satz 1 [X.] zwar zu-grunde, dass der Reisepreis jedenfalls vor Beendigung der Reise gezahlt [X.] ist; eine gesetzliche Vorleistungspflicht des Reisenden lässt sich hieraus aber nicht ableiten.
(2)
Die Klausel über die [X.], die als Entschädigung im Sinne des §
651i Abs.
2 Satz 2 [X.] zu zahlen sind, wenn der Reisende vom Vertrag über eine der in der Klausel 5.3 aufgeführten Reisen zurücktritt, ergänzt
die Vorschrift des §
651i Abs.
3 [X.], indem sie in zeitlicher Staffelung be-stimmte [X.] nennt, die vom Reisepreis als Entschädigung zahl-bar sein sollen und vom Gesetz selbst nicht festgelegt werden.
3.
Die beanstandeten Klauseln sind unwirksam, da sie den Reisenden entgegen den Geboten von [X.]reu und Glauben unangemessen benachteiligen (§
307 Abs. 1 Satz 1 [X.]).
a)
Eine unangemessene Benachteiligung enthält zunächst die Klausel der Reisebedingung 2.1, nach der binnen einer Woche nach Erhalt der Reise-bestätigung oder Rechnung eine Anzahlung in Höhe von 25 oder 30
% des Reisepreises zu leisten ist.
(1)
Eine Vorleistungspflicht in [X.] Geschäftsbedingungen kann nach der Rechtsprechung des [X.] wirksam vereinbart werden, 11
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13
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-
7
-
wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, der auch bei Abwä-gung mit den hierdurch für den Vertragspartner entstehenden Nachteilen [X.] hat (statt aller [X.], Urteil vom 10. März 1999

[X.], [X.]Z 141, 108,
114; Urteil vom 27. September 2000

VIII ZR 155/99, [X.]Z 145, 203, 211). Dabei können insbesondere die Aufwendungen eine Rolle spielen, die der Verwender bereits vor dem eigentlichen Leistungsaustausch erbringen und finanzieren muss ([X.], Urteil vom 24. September 2002

[X.], [X.] 2003, 834, 836; Urteil vom 4. März 2010

[X.], [X.]Z 184, 345 Rn. 29).
(2)
In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass der Reiseveranstalter regelmäßig ein berechtigtes Interesse daran hat, in sei-nen allgemeinen Reisebedingungen eine Vorleistungspflicht des Reisenden vorzusehen ([X.], Urteil vom 20. Juni 2006

[X.], [X.], 3134 = [X.] 2006, 256 Rn. 10). Dies wird auch vom Kläger nicht in Frage gestellt. Eine Abwicklung des Reisevertrags,
bei der die Zahlung des Reisepreises gemäß §
320 [X.] Zug um Zug gegen den Erhalt der Reiseleistung erfolgt, wäre kaum praktikabel ([X.], Urteil vom 12. März 1987

[X.], [X.]Z 100, 158, 164 f.) und belastete den Veranstalter mit der Gefahr von Zahlungsausfällen. Demgegenüber sieht das Gesetz eine Sicherung des Reisenden gegen die Ge-fahr eines Zahlungsausfalls auf Seiten des Reiseveranstalters ausdrücklich vor. §
651k Abs. 4 Satz 1 [X.], wonach der Reiseveranstalter oder der [X.] Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis nur fordern oder anneh-men darf, wenn dem Reisenden ein Sicherungsschein übergeben wurde, in dem ein Kundengeldabsicherer den dem Reisenden verschafften unmittelbaren Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Reisepreises im Insolvenzfall bestä-tigt (§
651k Abs. 3 Satz 1 [X.]), zeigt, dass das Gesetz es grundsätzlich als zulässig ansieht, den Reisepreis vor Beendigung der Reise zu fordern. Dies entspricht den Vorgaben der Pauschalreiserichtlinie
(Richtlinie 90/314/EWG des 15
-
8
-
Rates vom
13.
Juni 1990 über Pauschalreisen, ABl. Nr.
L
158 vom 23.
Juni 1990, S.
59
ff. nachfolgend: Richtlinie), die in Art. 4 Abs. 2 Buchst. a in Verbin-dung mit Buchstaben h und i ihres Anhangs lediglich verlangt, dass in dem [X.] der Preis für die Pauschalreise sowie ein Zeitplan für die Zahlung des Preises sowie Zahlungsmodalitäten enthalten sein müssen. Auch §
6 Abs. 2 [X.]-InfoV, nach dem die Reisebestätigung die nach §
4 Abs.
1 [X.]-InfoV er-forderlichen Angaben über den Reisepreis, die Höhe einer zu leistenden Anzah-lung und die Fälligkeit des Restbetrags enthalten muss, geht davon aus, dass im Reisevertrag Vorleistungspflichten des Reisenden vereinbart werden kön-nen.
(3)
Bei oder unmittelbar nach Vertragsschluss fällig werdende Anzah-lungsverpflichtungen des Reisenden hat der [X.] dann für zuläs-sig erachtet, wenn diese einen verhältnismäßig geringfügigen Umfang haben. In seinem Urteil vom 12. März 1987 ([X.]Z 100, 158) hat der [X.] eine Anzahlung von 10
% des Reisepreises als "verhältnismäßig gering"
[X.] und für unproblematisch gehalten. Die Verpflichtung zur Zahlung des Restbetrags vor Reisebeginn hat er hingegen vor dem Hintergrund der damals noch nicht gesetzlich vorgeschriebenen Versicherung des [X.]
dann als unangemessen angesehen, wenn dem Reisenden nicht zumindest die [X.] geboten würden, die dem Reiseveranstalter möglich und zumutbar seien ([X.]Z 100, 158, 170 f.). In einer späteren Entscheidung hat der Bundes-gerichtshof auf derselben Grundlage Anzahlungen in Höhe von mehr als 10
% des Reisepreises als nicht mehr geringfügig gewertet ([X.], Urteil vom 9. Juli 1992

VII ZR 7/92, [X.], 3158). Nach Inkrafttreten der gesetzlichen Re-gelung über die Sicherungspflicht des Reiseveranstalters (§
651k [X.]) hat der Senat unter Berücksichtigung der durch diese Vorschriften geänderten Risi-koverteilung zwischen Veranstalter und Reisenden eine Klausel, die eine An-zahlung in Höhe von 20
% des Reisepreises vorsah, für wirksam erachtet. [X.]
-
9
-
ter dem Gesichtspunkt des [X.] könne nicht mehr davon ausgegan-gen werden, dass "geringfügig"
im Sinne der bisherigen Rechtsprechung nur noch Anzahlungen auf den Reisepreis seien, die 10
% des Reisepreises nicht überschritten ([X.],
[X.], 3134 Rn. 14 mit kritischer Anmerkung A. Stau-dinger).
(4)
An der bisher

ohne weitere Voraussetzungen

als zulässig ange-sehenen Anzahlungsquote in Höhe von 20
% des Reisepreises hält der Senat fest. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass der Reiseveranstalter einerseits ein anerkennenswertes Interesse daran hat, dass der Reisende durch eine ge-wisse Anzahlung die Ernsthaftigkeit seines Reisewunsches und seine Fähigkeit und Bereitschaft dokumentiert, seine Vertragspflichten zu erfüllen, und anderer-seits typischerweise zumindest in gewissem Umfang Kosten aufwenden muss, um das Leistungsangebot bereitzustellen und bereitzuhalten, aus dem der [X.] seine Auswahl getroffen hat und das er selbst oder durch ihm vertraglich verbundene Leistungsträger zum vereinbarten Reisezeitpunkt erbringen muss. Da aufgrund der Sicherstellung der Rückzahlung des Reisepreises im Insol-venzfall den Reisenden kein Ausfallrisiko trifft, ist es gerechtfertigt, grundsätz-lich auch noch eine Anzahlung in Höhe von 20
% als angemessen und den Reisenden verhältnismäßig geringfügig belastend anzusehen.
(5)
Eine höhere Anzahlung wird hingegen der Interessenlage der Ver-tragsparteien in der Regel nicht gerecht und bedarf deshalb einer besonderen Rechtfertigung.
Die Absicherung des Reisenden gegen das Risiko der Insolvenz des Reiseveranstalters allein rechtfertigt ebenso wenig eine erhöhte Anzahlung bei Vertragsabschluss wie der Umstand, dass der Reisende, wenn er jedenfalls kurz vor Reiseantritt den gesamten Reisepreis entrichten muss, das ihm unab-17
18
19
-
10
-
hängig von der Insolvenzsicherung zustehende Leistungsverweigerungsrecht (§
320 [X.]) vor Reisebeginn in aller Regel ohnehin nicht ausüben kann, weil er typischerweise keinen Einblick in die Reisevorbereitungen des Veranstalters hat, dessen getroffene Maßnahmen nicht überprüfen und den
Veranstalter [X.] nicht zu einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung anhalten kann ([X.],
[X.], 3134 Rn. 15). Denn bei einer Anzahlung von mehr als 20
% des Reisepreises erhält der Reiseveranstalter

insbesondere bei lange vor dem Reisetermin vorgenommenen Buchungen

jedenfalls einen erheblichen Liquidi-tätsvorteil auf Kosten des Reisenden, der eben diesen Vorteil verliert, weil er einen erheblichen [X.]eil des Reisepreises bereits längere Zeit vor Reisebeginn zahlen muss. Dies kann regelmäßig nur dann als
der beiderseitigen Interessen-lage angemessen gelten, wenn der sofort fällig werdende Anteil des [X.] dem Veranstalter nicht als [X.]eil seiner liquiden Mittel verbleibt, sondern zur Deckung von Kosten der Reise benötigt wird, die bei dem Veranstalter
bereits bei oder vor dem Vertragsschluss mit dem Reisenden und vor Durchführung der Reise anfallen. Der Reiseveranstalter kann deshalb eine Anzahlung von mehr als 20
% des Reisepreises nur dann verlangen, wenn er in Höhe eines dem verlangten Anteil des Reisepreises entsprechenden Betrages seinerseits eigene Aufwendungen erbringen oder fällige Forderungen der Leistungsträger erfüllen muss, deren er sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem [X.] bedient.
(6)
Zur Rechtfertigung einer 20
% des Reisepreises übersteigenden An-zahlungspflicht genügt es nicht, dass der Reiseveranstalter Reisen anbietet, bei denen er vor oder bei Vertragsschluss Vorleistungen erbringen muss, deren Wert die Höhe der verlangten Anzahlungen erreicht oder übersteigt. Die Anzah-lung muss vielmehr für die konkrete Reise, für die sie verlangt wird, angemes-sen sein.
20
-
11
-
Angesichts der zahlreichen Faktoren, wie beispielsweise Flugpreis, [X.], Aufenthaltsdauer oder (saisonabhängige) Reisezeit, die den [X.] bestimmen, wird der Prozentsatz des Reisepreises, den der [X.] zur Deckung seiner Vorleistungen benötigt, in aller Regel nicht für sämtliche von ihm angebotenen Reisen gleich sein. Der Streitfall nötigt zu [X.] abschließenden Entscheidung, inwieweit
angesichts dessen durch [X.] Geschäftsbedingungen ein pauschalierter, 20
% des Reisepreises über-steigender Prozentsatz festgelegt werden kann, der über dem Wert der Auf-wendungen liegt, die der Reiseveranstalter bei jeder der entsprechenden [X.] unterworfenen Reise mindestens bereits bei Vertragsschluss aufwenden muss.
Unterschiedliche Vorleistungen

wie sie auch bei den in einer bestimm-ten Kategorie angebotenen Reisen auftreten können

schließen es allerdings nicht notwendig aus, einen pauschalierten einheitlichen Vomhundertsatz für die Anzahlung festzulegen. Eine solche Pauschalierung muss indessen für die "[X.]"
bei den von ihr erfassten Reisen repräsentativ sein und darf jedenfalls nicht dazu führen, dass bei einem erheblichen
[X.]eil der gebuch-ten Reisen Anzahlungen geleistet werden müssen, die über den Wert der vom Veranstalter erbrachten Vorleistungen hinausgehen. Es genügt deshalb zur Rechtfertigung einer bestimmten Anzahlungsquote jedenfalls nicht ohne [X.], dass bei den in der betreffenden Kategorie angebotenen Reisen durch-schnittlich Vorleistungen in Höhe des verlangten [X.] anfallen. Je größer innerhalb der Kategorie die Spannbreite der Vorleistungskosten ist, des-to weniger erscheint die Orientierung der Anzahlungsquote am Durchschnitts-wert der Vorleistungskosten als sachgerecht, weil infolgedessen in dem für den Verbraucher ungünstigsten Fall der für die konkrete Reise angemessene [X.] erheblich überschritten werden kann. Je größer ferner die Nachfrage nach einer einzelnen Reise oder Reisevariante, d.h. deren Bu-21
22
-
12
-
chungshäufigkeit und damit ihre praktische wirtschaftliche Bedeutung, desto weniger wird es hingenommen werden können, wenn die Anzahlungsquote in-soweit auch nur unwesentlich über der "[X.]"
liegt.
(7)
Danach hat das Berufungsgericht die angegriffene Klausel zu Recht bereits deshalb für unwirksam erachtet, weil die Beklagte schon nicht dargelegt hat, bei sämtlichen Reisen auch nur durchschnittlich einen 25 oder 30
% des Reisepreises entsprechenden oder übersteigenden Betrag für fremde oder ei-gene Vorleistungen aufwenden zu müssen. Die
Angabe
"Last-Minute-Reisen"
allein reicht hierfür nicht aus, zumal bereits das [X.] darauf hingewiesen hat, dass in den Vertragsbedingungen nicht definiert sei, in welchem Zeitraum vor Reisebeginn
derartige Reisen angeboten würden, und die Fälligkeit der Restzahlung 40 [X.]age vor Reisebeginn auch bei "Last-Minute-Reisen"
darauf hindeute, dass es jedenfalls nicht nur um einen kurzen Zeitraum gehe.
Die Re-vision zeigt nichts Gegenteiliges
auf;
sie bestätigt dies vielmehr, wenn sie aus-führt, dass der Begriff "Last-Minute-Reisen", der nach der Definition des [X.] mit einem Abreisetag innerhalb der nächs-ten 14
[X.]age umfasse, ("gelegentlich") auch für Reisen mit einem Beginn [X.] von sechs bis zwölf Wochen nach Buchung verwendet werde.
b)
Auch die Fälligkeit des (gesamten) restlichen Reisepreises 40
[X.]age vor Reiseantritt hat das Berufungsgericht zu Recht als unangemessene Be-nachteiligung des Reisenden angesehen.
(1)
Wann der Reiseveranstalter, der sich grundsätzlich die vollständige Begleichung des Reisepreises vor Reiseantritt ausbedingen kann ([X.]Z 100, 158, 167 f.), diesen einfordern darf, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. In der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. [X.], Urteil vom 14. Sep-tember 2012

[X.], [X.] 2012, 297 Rn. 30) und in der reiserechtlichen 23
24
25
-
13
-
Literatur (A.
[X.] in [X.], [X.] 2011, §
651a Rn. 44; [X.].[X.]/[X.]onner, 6.
Aufl. 2012, §
651a Rn. 82; [X.], Reiserecht, 6.
Aufl. Rn. 155) wird ein Zeitraum von höchstens 30 [X.]agen vor Reiseantritt als zuläs-sig angesehen.
(2)
Dem tritt der Senat bei. Die Begleichung des vollen Reisepreises ei-ne gewisse Zeit vor dem Reiseantritt soll dem Reiseveranstalter die Möglichkeit geben, bei einer ausbleibenden Zahlung vom Vertrag zurücktreten und die [X.] anderweitig verwerten zu können. Die Revision zeigt nicht auf, dass die [X.] in den [X.]atsacheninstanzen Vortrag gehalten hat, aus dem sich ergäbe, dass ein Zeitraum von 30 [X.]agen hierfür typischerweise oder jedenfalls in einer praktisch erheblichen Vielzahl von Fällen nicht ausreichte. Selbst wenn der Zeit-raum, der nach Ablauf der bei einer Mahnung zu setzenden angemessenen Nachfrist verbleibt, knapp bemessen sein sollte, bleibt zu bedenken, dass eine weitere Vorverlagerung der Fälligkeit des gesamten Reisepreises in dem [X.] des fristgerecht zahlenden Reisenden der sachlichen Rechtfertigung entbehrt. Die Annahme der 30-[X.]age-Grenze ist deshalb sachlich zutreffend, da mangels Feststellungen, dass diese nicht nur in Ausnahmefällen zu [X.] führt, eine weitere Vorverlagerung der Fälligkeit des vollen [X.] nicht zu rechtfertigen ist.
c)
Schließlich hält es
auch der Nachprüfung stand, dass das [X.] die Klausel zur Pauschalierung des [X.] bei Rücktritt des Reisenden von einer Flugreise für unwirksam erachtet hat.
(1)
Nach §
651i Abs. 3 [X.] kann für den Fall, dass der Reisende vor Reisebeginn vom Vertrag zurücktritt, für jede Reiseart unter Berücksichtigung der gewöhnlich ersparten Aufwendungen und des durch anderweitige Verwen-dung der Reiseleistungen gewöhnlich möglichen Erwerbs ein Vomhundertsatz 26
27
28
-
14
-
des Reisepreises als Entschädigung festgesetzt werden. Das Gesetz gebietet eine differenzierte Vorgehensweise und nennt Kriterien, die bei der Bemessung des [X.] von Bedeutung sind. Zu berücksichtigen sind die Art der Reise, was regelmäßig zumindest zu einer Unterscheidung nach Beförderungs-arten führen wird (vgl. [X.].[X.]/[X.]onner,
aaO, §
651i Rn. 15 mwN) und ersparte Aufwendungen sowie der durch anderweitige Verwendung der Reiseleistung mögliche Erwerb, wobei die gewöhnlich
ersparten Aufwendungen und der gewöhnlich
mögliche anderweitige Erwerb maßgebend sind.
(2)
Die Unterscheidung nach [X.] kann sich allerdings als unzureichend erweisen. Gegebenenfalls müssen die unterschiedlichen Reisear-ten weitergehend so differenziert werden und die bei einer bestimmten Reiseart als gewöhnlich erspart berücksichtigten Aufwendungen und der bei ihr als ge-wöhnlich möglich berücksichtigte anderweitige Erwerb in einer Weise [X.] werden, dass es zumindest in aller Regel ausgeschlossen ist, dass die [X.] überschritten wird, die nach §
651i Abs. 2 [X.] zu zahlen wäre.
Indem es auf Reisearten und gewöhnlich ersparte Aufwendungen [X.],
erlaubt es das Gesetz, die angemessene Entschädigung in einer Weise
zu pauschalieren, bei der in gewissem Umfang von Besonderheiten der einzel-nen
Reise abgesehen wird. Gleichwohl dürfen nicht zu geringe Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung des verlangten [X.] des Reise-preises auch für die konkrete Reise gestellt werden, bei der der Reisende, der von seinem freien Rücktrittsrecht nach §
651i Abs.
1 [X.] Gebrauch gemacht hat, als Entschädigung im Sinne des §
651i Abs.
2 [X.] zur Zahlung der nach §
651i Abs.
3 [X.] bestimmten Pauschale verpflichtet sein soll.
Da zwar der Reiseveranstalter sich vorbehalten kann, im Einzelfall eine die Pauschale über-steigende angemessene Entschädigung nach §
651i Abs. 2 [X.] geltend zu machen, dem Reisenden aber der Einwand nicht eröffnet ist, im Einzelfall seien 29
30
-
15
-
mehr als die gewöhnlich zu ersparenden Aufwendungen erspart oder ein ge-wöhnlich nicht möglicher anderweitiger Erwerb erzielt worden, benachteiligen zu hohe Pauschalen den Reisenden in besonders gravierender Weise und sind gegebenenfalls geeignet, sein gesetzliches
Rücktrittsrecht nach §
651i Abs.
1 [X.] auszuhöhlen. Dies spricht, ohne dass dies im Streitfall abschließend ent-schieden werden müsste, dafür, dass an die Bemessung der Entschädigungs-pauschalen und ihre sachgerechte Differenzierung nach Reisearten grundsätz-lich keine geringeren Anforderungen gestellt werden dürfen als an die [X.] eines 20
% des Reisepreises übersteigenden Anzahlungsbetrags, bei der es nicht um die endgültige Höhe eines Anspruchs des Reiseveranstalters, son-dern nur um den Fälligkeitszeitpunkt geht.
(3)
Der Reiseveranstalter muss im Streitfall
darlegen und beweisen, dass er die Entschädigungspauschale unter Beachtung der gesetzlichen Krite-rien berechnet hat. Inwieweit er hierzu, wie das
Berufungsgericht
gemeint hat, seine
Kalkulationsgrundlagen offenlegen
muss, wird davon abhängen, ob es ihm ohne eine solche Offenlegung möglich ist, darzutun, welche Aufwendungen er gewöhnlich erspart, wenn der Reisende von einer Reise der gebuchten Art zurücktritt und welche anderweitigen
Verwendungsmöglichkeiten der Reiseleis-tungen in diesem Fall gewöhnlich bestehen.
(4)

Diesen Anforderungen hat die Beklagte nicht genügt. Sie hat keine Angaben zu den gewöhnlich entstehenden Kosten gemacht, so dass das [X.] nicht

auch nicht im Wege einer gegebenenfalls vorzunehmenden Schätzung

feststellen konnte, ob sich die Beklagte bei Festlegung des [X.] an dem gesetzlichen Maßstab des §
651i Abs.
3 [X.] orien-tiert hat.
31
32
-
16
-
(5)
Vor diesem Hintergrund war das Berufungsgericht entgegen der [X.] der Revision nicht gehalten, gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 ZPO von Amts wegen ein Sachverständigengutachten einzuholen, um mit dessen Hilfe die An-gemessenheit der verlangten Entschädigungspauschalen feststellen zu können.
Nach §
144 Abs.
1 Satz 1 ZPO kann zwar das Gericht auch ohne Antrag des Beweispflichtigen die Begutachtung durch Sachverständige anordnen. Die Anordnung steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen und kann auch nur hin-sichtlich der Ausübung des Ermessens vom Revisionsgericht überprüft werden. Durch die Möglichkeit, ein Gutachten von Amts wegen einzuholen, sind die [X.] aber nicht von ihrer Darlegungs-
und Beweislast befreit. Der [X.] muss konkrete Anknüpfungstatsachen bieten, die Grundlage für ein Gutachten sein können und die der Sachverständige beurteilen kann (statt aller
[X.].ZPO/Wagner, 4. Aufl., §
144 Rn. 2, 3 mwN).
Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zu Recht ein [X.] nicht eingeholt. Auf den fehlenden
Sachvortrag
hat
be-reits das [X.] hingewiesen. Ein erneuter Hinweis des Berufungsgerichts auf die Darlegungspflicht der [X.] war, wie auch die Revision nicht ver-kennt,
nicht erforderlich.

33
34
35
-
17
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.
Meier-Beck
Grabinski
Bacher

Richterin [X.] ist erkrankt und

kann deshalb nicht unterschreiben.

[X.]
Meier-Beck
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.03.2013 -
2-24 O 196/12 -

O[X.], Entscheidung vom 16.01.2014 -
16 U 78/13 -

36

Meta

X ZR 13/14

09.12.2014

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.12.2014, Az. X ZR 13/14 (REWIS RS 2014, 615)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 615

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X ZR 13/14

III ZR 79/09

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