Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2014, Az. V ZR 181/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5490

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR
181/13
Verkündet am:

16. Mai 2014

Lesniak

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 242 Cc
Ein Eigentümer, der die Inanspruchnahme seines Grundstücks durch einen Nach-barn (hier: durch unterirdisch verlegte Leitungen) jahrzehntelang gestattet hat, verliert hierdurch nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen und anschließend seine [X.] aus § 1004 BGB geltend zu machen.

[X.], Urteil vom 16. Mai 2014 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai
2014
durch die Vorsitzende Richterin
Dr.
[X.], die
Richter Dr.
Czub
und Dr. [X.], die Richterin Dr.

Brückner und den Richter [X.]

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landge-richts [X.] ([X.]) vom 29. Mai 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Die [X.] der Beklagten sind mit Wochenendhäusern bebaut; das Grundstück der Klägerin ist noch unbebaut.
Alle Grundstücke liegen an einem Wirtschaftsweg, in dem das
Stromka-bel des [X.] verlegt worden ist. Die von einem Zählerkas-ten auf dem Wege verlegten [X.]leitungen zu den Grundstücken der [X.] durchqueren unterirdisch das
Grundstück der Klägerin.
Die [X.] wurden im Jahre 1979 von den damaligen Eigentümern
der bebauten Grundstücke, dem
Beklagten zu 1 und den
Eheleute E.

und Er.

[X.]

,
in Eigenregie hergestellt und mit Zustimmung von Er.

[X.]

, dem damaligen Eigentümer
des unbebauten Grundstücks, so verlegt. Eine
dingliche 1
2
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-

Absicherung der Inanspruchnahme dieses Grundstücks durch die Leitungen erfolgte nicht.
Ende 2010 kaufte die Beklagte zu 2 das bebaute Grundstück der Eheleu-te [X.]

. Diese gaben in dem Kaufvertrag an, dass das Wochenendhaus über Anschlüsse für Strom und Telefon verfüge. Die Klägerin kaufte mit notariellem Vertrag vom 31. Mai 2011 von Er.

[X.]

das unbebaute Grundstück. In der Bestimmung zur Gewährleistung (§ 4 des notariellen Vertrags) wurde die Haf-tung des Verkäufers für Sachmängel ausgeschlossen. §
4 Abs. 9 enthält fol-gende Erklärung des Verkäufers:

-gegenstand angrenzenden Weg Strom-
und Telefonkabel. Im Ver-tragsgegenstand ist
derzeit lediglich ein [X.] für Strom vorhanden

Die Klägerin, die auf dem erworbenen Grundstück ein Wochenendhaus errichten möchte, hat von den Beklagten verlangt, die Stromleitungen von ihrem Grundstück zu entfernen.
Das Amtsgericht hat die Klage mit den Anträgen, die Beklagten zur Entfernung der Stromleitungen zu verurteilen (Hauptantrag), fest-zustellen, dass die Klägerin berechtigt ist, dass Erdkabel zu kappen und selbst zu beseitigen (Hilfsantrag) sowie außergerichtliche Anwaltskosten von 899,40

zzgl. Zinsen zu zahlen, insgesamt abgewiesen. Das [X.] hat unter Zu-rückweisung der weitergehenden Berufung dem Hilfsantrag stattgegeben. Mit der von dem [X.] im Umfang des zuerkannten Feststellungsantrags zu-gelassenen Revision wollen die Beklagten die Abweisung auch dieses Antrags erreichen.

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4
-

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin
könne zwar den Beseitigungs-anspruch des Eigentümers gegen den Störer (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) we-gen des Eintritts der Verjährung nicht mehr durchsetzen; sie sei aber weiterhin berechtigt, die Störung ihres Eigentums durch die Stromleitungen
auf eigene Kosten zu beseitigen, weil
sie zu deren Duldung nicht verpflichtet sei. An die schuldrechtlichen Verpflichtungen des [X.] Er.

[X.]

sei
die Klägerin nicht gebunden. Sie habe im Kaufvertrag auch keine entsprechenden
Verpflichtungen gegenüber den Beklagten übernommen. Gesetzliche [X.]spflichten aus dem [X.]recht der Elektrizitätsunternehmen oder aus dem Notleitungsrecht des Nachbarn bestünden ebenfalls nicht, da es sich bei den
Stromleitungen nicht um Leitungen des Energieversorgers handele und die Grundstücke der Beklagten ohne die Inanspruchnahme fremder Grundstücke an das Stromnetz angeschlossen werden könnten, ohne dass dies mit [X.] hohen Kosten verbunden wäre. Das Recht der Klägerin, die [X.] selbst zu beseitigen, sei auch nicht verwirkt. Selbst wenn der
Beseiti-gungsanspruch von Er.

[X.]

wegen der sehr lange Zeit hingenommenen Beeinträchtigung dem Einwand der Verwirkung ausgesetzt
gewesen sein
sollte, wirkte dies nicht zu Lasten der Klägerin. Andernfalls entstünde eine aus dem Grundbuch nicht ersichtliche, dauernde quasi dingliche Belastung, die dem Bürgerlichen Gesetzbuch fremd sei.
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II.
Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat dem Hilfsantrag im Ergebnis zu Recht stattgegeben.
Gegenstand der revisionsrechtlichen Prüfung ist, da die Revision nur in Bezug auf diesen Teil der Entscheidung zugelassen und
eine [X.] nicht erhoben worden ist, allein die Entscheidung über den hilfsweise geltend gemachten Antrag auf Feststellung des Rechts der Klägerin, die in ihrem Grundstück befindlichen, der Stromversorgung der Grundstücke der Beklagten dienenden Kabel selbst zu beseitigen. Dazu ist die Klägerin berechtigt.
1.
Das Berufungsgericht geht in Übereinstimmung mit der Rechtspre-chung des Senats (Urteile vom 28. Januar 2011 -
V [X.], NJW 2011, 1068 Rn. 9 und [X.], NJW 2011, 1069 Rn. 16, 18) davon aus, dass der Eigentümer
nicht deshalb, weil er seinen Anspruch auf Beseitigung einer Beein-trächtigung nach § 1004 Abs. 1 Satz
1 BGB gegenüber dem Störer wegen des Eintritts der Verjährung nicht mehr durchzusetzen vermag, die Störung auch in Zukunft hinnehmen muss.
Die Verjährung des Beseitigungsanspruchs begrün-det kein Recht des Störers auf Duldung
nach §
1004 Abs. 2 BGB. Der [X.] ist vielmehr auf Grund seiner Befugnisse aus § 903 Satz 1 BGB berechtigt, die Beeinträchtigung seines Eigentums durch Entfernung des störenden Ge-genstands von seinem Grundstück selbst zu beseitigen
(Senat, Urteile vom 28.
Januar 2011 -
V [X.] und [X.], aaO).
2. Anders ist es allerdings, wenn der
Eigentümer nach §
1004 Abs.
2 BGB verpflichtet
ist, die Beeinträchtigung zu dulden. Die Störung stellt sich dann nicht als eine Verletzung der Eigentümerrechte dar. Eine Duldungspflicht im Sinne des §
1004 Abs. 2 BGB
schließt daher nicht nur den
Abwehranspruch gegen den Störer, sondern auch das
Recht des Eigentümers aus, die Störung 6
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selbst auf eigene Kosten zu beseitigen.
Die Klägerin ist jedoch nicht zur [X.] der in ihrem Grundstück befindlichen Hausanschlussleitungen der [X.] verpflichtet.
a) Das Bestehen gesetzlicher [X.] (nach § 8 [X.] bzw. §
12 Abs. 1 [X.] oder aus § 26 Abs. 1 LNRG-RP) verneint das Berufungsge-richt ohne Rechtsfehler und von der Revision unbeanstandet. Mangels Bestel-lung einer Leitungsdienstbarkeit nach §
1018 oder § 1090 BGB ist die Klägerin auch nicht aus einem dinglichen Recht zur Duldung der Leitungen der [X.] verpflichtet.
b) Eine schuldrechtliche Verpflichtung der Klägerin gegenüber den [X.], deren Leitungen in ihrem Grundstück zu dulden, besteht ebenfalls nicht.
aa) Dass Er.

[X.]

die Verlegung der Leitungen
gestattet hat, [X.] keine Duldungspflicht der Klägerin, da Gestattungen des Voreigentü-mers den [X.] grundsätzlich nicht binden (Senat, Urteil vom 29. Februar 2008 -
V [X.], NJW-RR 2008, 827 Rn. 7
mwN).

bb) Einen vertraglichen
Duldungsanspruch gegen den Er.

[X.]

könnten die Beklagten -
da die Voraussetzungen der Vorschriften über den ge-setzlichen
Eintritt des Erwerbers in Miet-
oder Pachtverträge (§
566 Abs.
1, §
578 Abs. 1, § 581 Abs. 2, §
593b BGB) hier ersichtlich nicht vorliegen -
der Klägerin gegenüber nur dann geltend machen, wenn diese
[X.] des Veräußerers Er.

[X.]

(nach §
415 BGB oder § 328 BGB) übernommen hätte
(vgl. [X.]/[X.], BGB [2013], § 1004 Rn. 198). Daran fehlt es. In dem zwischen der Klägerin und Er.

[X.]

geschlossenen Kaufvertrag ist eine Übernahme von [X.] in Bezug auf die Leitungen nicht ver-einbart worden. Ein dahin gehender Übernahmewille des Erwerbers kann nicht 10
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unterstellt werden, sondern muss in den Vereinbarungen der Kaufvertragspar-teien deutlich zum Ausdruck gekommen sein (Senat, Urteil vom 29.
Februar
2008 -
V [X.], NJW-RR 2008, 827; [X.]/[X.], BGB [2013], §
1004 Rn. 198).
Das ist nicht der Fall.
(1)
Entgegen der Ansicht der Revision ist es unerheblich, was unter dem in §
4 Abs. 9 des Kaufvertrags bezeichneten [X.]

zu verstehen ist. Diese vertragliche Vereinbarung betrifft das Rechtsverhältnis zwischen den Kaufvertragsparteien
in Bezug
auf die Ansprüche des Käufers bei Sachmängeln des Grundstücks.
Wäre
die Erklärung in § 4 Abs. 9 des Kaufvertrags -
wie von der Revision geltend gemacht -
von den Parteien übereinstimmend so verstan-den
worden, dass sich in dem Leerrohr auch die Stromleitungen für den An-schluss der Grundstücke der Beklagten befinden, könnte die Klägerin allerdings Er.

[X.]

nicht wegen eines (von ihm arglistig verschwiegenen) Sachman-gels in Anspruch nehmen. Eine Regelung in Bezug auf Rechte Dritter ist den
vertraglichen Bestimmungen in dem Paragraphen zur dage-gen auch unter Zugrundelegung der von der Revision vorgebrachten Erklä-rungsbedeutung nicht zu entnehmen.
(2) Auch die Behauptung, der Lebensgefährte der Klägerin sei vor dem Vertragsschluss von
Er.

[X.]

auf die Stromleitung hingewiesen worden, ist für diesen Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn der Klägerin die Kenntnisse ihres Lebensgefährten zuzurechnen sein sollten (zu den
Voraussetzungen dafür: vgl. Senat, Urteil vom 14. Mai 2004 -
V [X.], NJW-RR 2004, 1196, 1197),
hätte das nur im Verhältnis der Klägerin zum [X.] Er.

[X.]

Bedeutung, da dann dessen Inanspruchnahme auf Grund der Kenntnis der Klägerin von dem Sachmangel ausgeschlossen wäre

442 Abs. 1 Satz
1 BGB). Dagegen begründet die Kenntnis des Käufers von einer Beeinträchtigung der Sache durch einen Dritten
keine Verpflichtung, die Stö-14
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8
-

rung nach dem Erwerb des Eigentums zu dulden (vgl. Senat, Urteil vom 19.
Dezember 1975 -
V [X.], NJW 1976, 416 unter 3 -
insoweit nicht in [X.]Z 66, 37 abgedruckt; [X.], NJW-RR 1991, 99, 101). Allein aus der Tatsache, dass der Käufer die Leitung bei [X.] kennt, lässt sich insbesondere nicht auf eine konkludente Schuldübernahme-
oder Schuldbei-trittsvereinbarung mit dem Verkäufer schließen (vgl. [X.], Urteil vom 25. Januar 1973 -
III ZR 61/70, [X.]Z 60, 119, 122; [X.]/[X.], BGB [2013]
§ 1004 Rn. 198).
3.
Das Recht der Klägerin, die Störung ihres Eigentums durch die Lei-tungen selbst
zu beseitigen, ist nicht verwirkt.
a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass auch diese Be-fugnis des Eigentümers verwirkt sein kann.
Die
Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung, die im gesamten Privatrecht eingewendet werden kann (Senat, Urteil vom 30. April 1993 -
V [X.], [X.]Z 122, 308, 314; Urteil vom 21. Oktober 2005 -
V [X.], NJW-RR 2006, 235, 236). Ihr unterliegen sämtliche subjektiven Rechte. Sie führt zwar nicht zum Verlust des Eigentums, wohl aber der aus ihm folgenden Ansprüche auf [X.] nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senat, Urteil vom 16.
März 1979
-
V [X.], [X.], 644, 647; Urteil vom 21. Oktober 2005

V [X.], NJW-RR 2006, 235 Rn. 10; Beschluss vom 4. März 2010

V
ZB
130/09, NJW-RR 2010,
807 Rn. 17;
Urteil vom 22. Oktober 2010

V
ZR
43/10, [X.]Z 187, 185
Rn. 24)
und -
in eng begrenzten Ausnahmefällen
-
auf Herausgabe nach §
985 BGB (Senat, Urteil vom 16. März 2007 -
V [X.], [X.], 2183) sowie auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB (Senat, Urteil vom 30.
April
1993 -
V [X.], [X.]Z 122, 308, 314).
b) Das Berufungsgericht lässt dahinstehen, ob die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung bereits erfüllt waren, als das 16
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9
-

Grundstück noch Er.

[X.]

gehörte. Daran fehlt es indessen. Dass Er.

[X.]

gegen die von ihm gestattete Nutzung seines Grundstücks nichts unter-nahm, führte nicht zu
einer Verwirkung seiner Rechte aus dem Eigentum.
aa) Die Verwirkung schließt die illoyal verspätete Geltendmachung eines Rechts aus (Senat, Urteil vom 16. März 2007 -
V [X.], [X.], 2183 Rn.
8). Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (Senat, Urteil vom 30. April 1993 -
V [X.], [X.]Z 122, 308, 315; Urteil vom 21.
Oktober 2005 -
V [X.], NJW-RR 2006, 235 Rn. 10 jeweils mwN).
bb) Der Eigentümer verwirkt seine Ansprüche aus dem Eigentum
nicht, wenn er Störungen gegenüber so
lange untätig bleibt, wie sie sich ihm gegen-über als rechtmäßig darstellen.
So verhält
es sich hier, weil nach den [X.] die Stromleitungen zum [X.] der [X.] der Nachbarn mit Zustimmung des Veräußerers Er.

[X.]

durch das Grundstück der Klägerin verlegt wurden. Ob die Zustimmung von Er.

[X.]

auf einer aus Gefälligkeit erteilten, jederzeit widerruflichen
Gestattung (zu die-ser: [X.], Urteil vom 9. Februar 2012

5
U
29/11, juris Rn. 32) oder auf einem zwischen ihm und seinen Nachbarn abgeschlossenen Vertrag (Leihvertrag: [X.], Urteil vom 4. Oktober 1979

III
ZR 28/78, [X.], 118, 119; Urteil vom 17. März 1994 -
III ZR 10/93, [X.]Z 125, 293, 298; [X.], [X.], 41, 44 oder Duldungsvereinbarung: Senat, Urteil vom 14.
Juli
1997 -
V
ZR 405/96, NJW 1997, 3022, 3023; Urteil vom
24.
Januar
2003 -
V [X.], NJW-RR 2003, 953, 954) beruhte, kann dahin-stehen.
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-

(1) Für den hier interessierenden Aspekt der Verwirkung der Rechte aus dem Eigentum ist entscheidend, dass die jahrzehntelange Nutzung des Grund-stücks durch die Beklagten mit Erlaubnis des Eigentümers erfolgte. Hierdurch verlor dieser nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen und anschließend seine Ansprüche aus § 1004 BGB geltend zu machen. Andernfalls müsste ein Grundstückseigentümer, schon um einen [X.] durch Verwirkung zu vermeiden, nach einer gewissen Zeitspanne gegen den Nachbarn vorgehen, auch wenn im Übrigen kein Anlass zum Widerruf der Gestattung oder zur Kün-digung eines Leih-
oder Duldungsvertrages besteht. Zugleich darf sich derjeni-ge, der ein Nachbargrundstück nutzt, nicht darauf einrichten, dass der [X.], der diese Nutzung über einen langen Zeitraum gestattet hat, auch künftig auf die Geltendmachung seiner Eigentumsrechte verzichtet. Vielmehr muss er damit rechnen, dass seine (bloß schuldrechtliche) Nutzungsbefugnis enden kann und der Eigentümer dann die Unterlassung bzw. Beseitigung der Beein-trächtigung verlangen wird.
(2) Die Rechtslage stellt sich nicht anders dar, wenn der Eigentümer der Verlegung von
Leitungen zugestimmt
hat, die ihrer Natur nach darauf angelegt sind, nicht vor dem Wegfall ihres Zwecks (hier den
[X.] eines Hauses an das öffentliche Netz herzustellen)
entfernt zu werden. Der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Gesichtspunkt mag zwar dazu füh-ren, dass Verträge über die Verlegung solcher Leitungen -
sofern nicht etwas anderes vereinbart wird -
nicht frei widerruflich
sind, sondern von dem [X.] nur nach § 605 Nr. 1 BGB wegen eines nicht vorhergesehenen [X.] oder nach der allgemeinen Kündigungsvorschrift für [X.] in § 314 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden können (vgl. [X.], Urteil vom 17. März 1994 -
III ZR 10/93, [X.]Z 125, 293, 300; [X.], NJW 1976, 1092, 1093; [X.]/[X.], BGB [2005], §
1004 Rn.
194).
Das ändert aber nichts daran, dass auch bei diesen Leitungen die Befugnis zur Nut-21
22
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11
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zung des Grundstücks auf einem
Vertrag mit dem Eigentümer beruht und mit dem Ende des Vertragsverhältnisses erlischt
und dem Eigentümer danach die Ansprüche aus § 1004 BGB zustehen.
cc) Offen bleiben kann, ob die Entfernung für den Nachbarn wichtiger Hausanschlussleitungen durch den (schuldrechtlich nicht mehr zur Duldung ver-pflichteten) Eigentümer sich
unter besonderen Umständen als eine mit Treu und Glauben (§ 242)
unvereinbare unzulässige Rechtsausübung darstellen kann
(vgl. Senat, Urteil vom 8. Februar 2013 -
V [X.], NJW-RR 2013, 650).
Denn solche Umstände sind hier nicht ersichtlich.
c) Eine Verwirkung der Eigentümerrechte während der Besitzzeit der Klägerin, die alsbald nach dem Erwerb von den Beklagten die Beseitigung der Leitungen verlangt hat, schließt das Berufungsgericht zu Recht aus. Die [X.] erhebt insoweit auch keine Einwendungen.

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-
12
-

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]

Czub

Ri[X.] Dr. [X.] ist

infolge Krankheit an der

Unterschrift gehindert.

[X.], den 4. Juni 2014

Die Vorsitzende

[X.]

Brückner

Kazele

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.03.2012 -
1 [X.]/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 29.05.2013 -
2 S 161/12 -

25

Meta

V ZR 181/13

16.05.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.05.2014, Az. V ZR 181/13 (REWIS RS 2014, 5490)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5490

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 181/13

V ZR 141/10

V ZR 147/10

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