Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2017, Az. I ZB 18/17

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4132

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:111017BIZB18.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 18/17
vom

11.
Oktober 2017

in dem Rechtsbeschwerdeverfahren

betreffend die Marke 30 2012 032 880.

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 11. Oktober 2017 durch [X.]
Dr.
Büscher,
die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Dr.
Löffler und die Richterin Dr.
Schwonke

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden wird der Be-schluss des 28.
Senats ([X.]) des [X.]s vom 7.
Dezember 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe:

[X.] Für den Markeninhaber
ist am 1.
Juni 2012 die Wortmarke
Nr.
30 2012 032 880
Die [X.]
angemeldet und am 19.
September 2012 eingetragen worden. Deren Schutz erstreckt sich auf folgende Waren und Dienstleistungen:
Klasse 12: [X.] für Fahrzeuge; Airbags; Anhänger; Anhängerkupplun-gen; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser; Autoreifen; Bezüge für Fahrrad-
oder Motorradsättel; Bezüge für Fahrzeuglenk-räder; Bremsbacken für Fahrzeuge; Bremsbeläge für Autos; Bremsbeläge für Fahrzeuge; Bremsklötze für Fahrzeuge; Bremskraftverstärker für Fahrzeuge; Bremssättel für Fahrzeuge; Bremsscheiben für Fahrzeuge; Bremsschläuche für Fahrzeuge; Bremsschuhe für Fahrzeuge; Bremstrommeln für Fahrzeuge; [X.]
-
3
-
sis für Fahrzeuge; Chassis für Kraftfahrzeuge; Diebstahlsicherungen für Fahr-zeuge; Diebstahlwarngeräte für Fahrzeuge; Dreiräder; Elektrofahrzeuge; Elek-tromotoren für Landmaschinen; Fahrgestelle für Fahrzeuge; Fahrgestelle für Kraftfahrzeuge; Fahrrad-, Zweiradbremsen; Fahrräder; Fahrradfelgen; Fahrrad-gabeln; Fahrradglocken; Fahrradketten; Fahrradklingeln; Fahrradkörbe; Fahrrad-lenkstangen; [X.]; [X.]; [X.]; Fahrradpedale; Fahrradpumpen; Fahrradräder; Fahrradrahmen; Fahrradreifen; Fahrradsättel; Fahrradschläuche; Fahrradspeichen; Fahrradtaschen; Fahrradvorbauten; Fahrt-richtungsanzeiger für Fahrräder; Fahrtrichtungsanzeiger für Fahrzeuge; Fahr-zeugbremsen; Fahrzeuge; Fahrzeugfenster; Fahrzeugkarosserien; Fahrzeugrä-der; Fahrzeugradspeichen; Fahrzeugreifen; Fahrzeugsitze; Fahrzeugtüren; Fahr-zeugverdecke; Felgen für Fahrzeugräder; ferngesteuerte Fahrzeuge; Front-
und Heckschürzen für Automobile; Frontspoiler und Heckspoiler für Automobile; [X.] für Fahrzeuge; Gepäcknetze für Fahrzeuge; Gepäcktaschen für Zweirä-der; Gepäckträger für Fahrzeuge; Getriebe für Landfahrzeuge; Handbremshebel für Fahrzeuge; Hüllen für Ersatzreifen; Hupen und Signalhörner für Fahrzeuge; Innenpolsterungen für Fahrzeuge; Kleinstwagen; Kopfstützen für Fahrzeugsitze; Kotflügel; Kraftfahrzeuge; Kraftfahrzeuge und deren Teile; Kupplungen; Kurbeln für Fahrräder; Ladebordwände; Luftpumpen; Mopeds; Motoren für Landfahrzeu-ge; Motorhauben für Fahrzeuge; Motorhauben für Kraftfahrzeuge; Motorräder; Naben für Fahrzeugräder; Radkappen; Radlager für Fahrzeuge; Radzierblenden; Reifen für Fahrzeugräder; Reifen (Pneus); Reserveradhüllen; Roller; [X.] für Fahrzeuge; Rückspiegel; Sättel für Fahrräder oder Motorräder; [X.] Scheibenwischer; Scheinwerferwischer; Schläuche für Reifen; schlauchlose Reifen; Schmutzfänger; Schnee-, Gleitschutzketten; Schonbezüge für Fahrzeugsitze; Schutzbleche; Schutzbleche für Fahrräder; Si-cherheits-Kombigurte für Fahrzeugsitze; Sicherheitsgurte für Fahrzeugsitze; Si-cherheitskindersitze für Fahrzeuge; Skiständer für Kraftfahrzeuge; Sonnenblen-den für Automobile; Speichenspanner; Sportfahrwerke; Sportwagen; Spurstan-gen;
Steuerräder für Fahrzeuge; Stoßdämpfer für Fahrzeuge; Stoßdämpfer für Kraftfahrzeuge; Stoßdämpferfedern für Fahrzeuge; Stoßstangen für Fahrzeuge; Stoßstangen für Kraftfahrzeuge; Tankkappen für Fahrzeuge; Tieferlegungsfedern für Fahrwerke; Torsionswellen für Fahrzeuge; Tragfedern für Fahrzeuge; Ventile für Fahrzeugreifen; Wagen (Fahrzeuge); Wagenuntergestelle; [X.]; [X.] für Scheibenwischer; Wischer für Scheinwerfer;
[X.]: Abschmieren von Fahrzeugen; Aufstellung, Wartung und Reparatur von Computerhardware; Auskünfte über Bauangelegenheiten; Auskünfte über Reparaturen; Bau von Messeständen und -läden; Bauberatung; Bimsen; Entstö-rung in elektrischen Anlagen; Fahrzeuginstandhaltung; Fahrzeugservice; Installa-tion und Reparatur von Einbruchalarmanlagen; Installation und Reparatur von Elektrogeräten; Installation und Reparatur von Heizungen; Installation und Repa-ratur von Klimaanlagen; Installation und Reparatur von Kühlapparaten; Installati-on und Reparatur von Telefonen; Installation und
Wartung von Hardware für In-ternetzugänge; Installation und Wartung von Hardware für Netzwerksysteme; [X.] und Wartung von datentechnischen Anlagen; Installation, Wartung und Reparatur von Maschinen; Installationsarbeiten; Instandhaltung, Reinigung
und Reparatur von Leder; Lackierarbeiten; Polieren von Fahrzeugen; Reinigung von Fahrzeugen; Reparatur von Fahrzeugen im Rahmen der Pannenhilfe; Reparatur von Schlössern; Rostschutzarbeiten; Rostschutzbehandlung von Fahrzeugen; Runderneuerung von Reifen; Überholung von verschlissenen oder teilweise zer-störten Maschinen; Überholung von verschlissenen oder teilweise zerstörten Mo--
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-
toren; Vulkanisierung von Reifen; Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen; Waschen von Fahrzeugen; Waschen von Kraftfahrzeugen.
Gegen diese Eintragung hat die Widersprechende aus der am 13.
De-zember 2010 angemeldeten und am 28.
Februar 2011 für eine Vielzahl von Wa-ren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 24, 25, 26, 28, 35, 38, 41, 42 und 45, darunter in der Klasse 35 für die Dienstleistungen
Einzelhandelsdienstleistungen mittels Teleshopping-Sendungen und über das [X.] -, Heimwerker-
und Gartenartikel, Ho[X.]y-
und Bastelbedarf, Elektro-

zeuge

eingetragenen
Wort-Bild-Marke Nr.
30 2010 072 876

und aus dem Werktitel
Die [X.]
am 18.
Januar 2013 Widerspruch eingelegt.

Die Widerspruchsmarke besteht aus
dem Begriff "[X.]" und der Wortfolge "Mehr Power aus dem Pott" sowie der graphischen
Darstellung eines Sportreifens.
In der Widerspruchsmarke ist hinter dem Begriff "[X.]" die Silhouette eines
schemenhaft skizzierten Stiers
zu sehen.
Die [X.] betreibt den Fernsehsender "S.

". Sie benutzt den
Namen "Die [X.]-
Profis" seit Dezember 2009 für eine ihrer Fernsehsendungen.
Die Markenstelle des Deutschen Patent-
und Markenamts hat den [X.] zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Wider-2
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sprechenden ist ohne Erfolg geblieben ([X.], Beschluss vom 7.
Dezember 2016 -
28 W [pat]
50/14, juris).
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer zulassungsfreien Rechtsbeschwerde, mit der sie die Versagung rechtlichen Gehörs rügt.
I[X.] Das [X.] hat angenommen, der Widerspruch könne keinen Erfolg haben, weil zwischen der angegriffenen Marke einerseits und der älteren Widerspruchsmarke und dem älteren Werktitel andererseits keine Ver-wechslungsgefahr im Sinne von §
9 Abs.
1 Nr.
2 [X.] bestehe. Zur [X.] hat es ausgeführt:
Die Waren der angegriffenen Marke in Klasse 12, die dem Fahrzeug-
oder Autoersatzteil-
und dem [X.] zuzuordnen seien,
und die "Einzelhandelsdienstleistungen mittels Teleshopping-Sendungen und über das [X.] in den Bereichen:

Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör" der [X.] seien einander durchschnittlich ähnlich. Die von der angegriffenen Marke in [X.] erfassten Dienstleistungen wiesen teilweise keine Ähnlichkeiten zu den Waren
und Dienstleistungen der
Widerspruchsmar-ke auf. Die Dienstleistungen "Installation und Reparatur von Telefonen" der an-gegriffenen Marke in [X.] und die Waren "Apparate, Instrumente und Ge-räte für die Telekommunikation" der Widerspruchsmarke in Klasse 9 seien [X.] hochgradig ähnlich. Verschiedene Waren in Klasse 9 der [X.] seien einzelnen Dienstleistungen in [X.] der angegriffenen Marke hochgradig ähnlich, teilweise stünden die von der angegriffenen Marke in [X.] erfassten Dienstleistungen in keinem
Ähnlichkeitsverhältnis zu den Wa-ren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke.
Die Widerspruchsmarke
verfüge nur über unterdurchschnittliche [X.].
Die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken sei aus Rechtsgründen zu verneinen. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr sei nicht 5
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zu befürchten, da der allein für die Verwechslungsgefahr in Betracht kommende Bestandteil "[X.]" der Widerspruchsmarke ihren Gesamteindruck nicht präge, weil es sich dabei um eine rein beschreibende Sachangabe handele. Der [X.] "[X.]" könne deshalb keine selbständig kenn-zeichnende Stellung in der Widerspruchsmarke einnehmen und keine kollisi-onsbegründende Funktion ausüben. Es sei zudem keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung der Vergleichsmarken erkennbar. Auf Grund der übereinstimmenden Bestandteile "[X.]" und "[X.]" komme eine mittelbare Verwechslungsgefahr nicht in Betracht, da die Wortkombination we-gen ihres beschreibenden Sinngehalts in Bezug auf die im Ähnlichkeitsbereich liegenden Dienstleistungen und Waren nicht auf die Inhaberin der [X.] hinweise. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke be-ruhe auf der Gesamtheit ihrer Elemente. Ihr Schutz beschränke sich auf die konkrete graphische Gestaltung.
Eine Verwechslungsgefahr mit dem von der Widersprechenden außer-dem herangezogenen Werktitel "Die [X.]" scheide aus. Zwar stehe der Widersprechenden für ihre Fernsehsendung ab Dezember 2009 "Die [X.]" Werktitelschutz zu. Da die angegriffene Marke nicht für die Produktion oder Verbreitung von Fernsehsendungen geschützt sei, bestehe keine für die Beja-hung der Verwechslungsgefahr erforderliche [X.]. Ein erweiterter Werkti-telschutz komme dem Werktitel der Widersprechenden nicht zu, weil keine [X.] dafür bestünden, dass ihre Fernsehsendung bekannt sei. Deren Marktanteil betrage nach dem Vortrag der Widersprechenden lediglich zwi-schen 0 % und 4 %. Dies reiche für die Annahme nicht aus, dass der Werktitel als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst werde.
II[X.] [X.] hat Erfolg.
1. Die form-
und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbe-schwerde ist zulässig (§
83 [X.]). Ihre Statthaftigkeit folgt daraus, dass ein 9
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im Gesetz aufgeführter, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnender Verfahrensmangel gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde beruft sich auf eine Ver-sagung des rechtlichen Gehörs (§
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.]). Diese Rüge hat die Rechtsbeschwerde im Einzelnen begründet. Auf die Frage, ob die erhobene Rüge durchgreift, kommt es für die Statthaftigkeit des Rechtsmittels nicht an (st.
Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 26. Juni 2010 -
I [X.], [X.], 1034 Rn. 9 = [X.], 1034 -
LIMES [X.]; Beschluss vom 13.
August 2015 -
I [X.], juris).
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet, weil der Anspruch der Wider-sprechenden auf rechtliches Gehör verletzt ist.
a) Die Rechtsbeschwerde beanstandet allerdings ohne Erfolg, das [X.] habe bei der Prüfung der Waren-
und Dienstleistungsähnlich-keit, für die die einander gegenüberstehenden Zeichen Schutz beanspruchen, das rechtliche Gehör der Widersprechenden verletzt.
aa) Die Rechtsbeschwerde rügt, das [X.] habe den Vor-trag der Widersprechenden außer
Acht gelassen, zwischen den sich konkret gegenüberstehenden Dienstleistungen der Klasse 35 und 37, nämlich den für die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistungen "Einzelhandelsdienstlei-tungen mittels Teleshopping-Sendungen und über das [X.] in den
Berei-chen:

f-fene Marke geschützten Dienstleistungen andererseits, bestehe ein enger Zu-sammenhang. Hierfür habe sich die Widersprechende auf das Urteil des [X.] vom 15.
Februar 2011
(T-213/09, [X.], 253 -
Yorma's/[X.]) berufen. Das [X.] sei hierauf nicht eingegangen, sondern habe eine Ähnlichkeit der Waren-
und Dienstleistungen mit der Erwägung verneint, die Dienstleistungen der [X.] würden im Ge-gensatz zu den als ähnlich geltend gemachten Dienstleistungen der Klasse 35 typischerweise vor Ort erbracht. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass 12
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das [X.], wenn es den Vortrag der Widersprechenden zu den von der angegriffenen
Marke erfassten Dienstleistungen der [X.] in seiner Bedeutung erkannt
hätte, eine Dienstleistungsähnlichkeit auch hinsichtlich sol-cher Dienstleistungen angenommen hätte, bei denen es jegliche Ähnlichkeit von vornherein verneint habe. Diese Erwägungen
gälten entsprechend für den Vortrag der Widersprechenden, hinsichtlich der weiteren Dienstleistungen der [X.] "Auskünfte über Bauangelegenheiten, Auskünfte über Reparaturen; Bau von Messeständen und Läden; Bauberatung"
bestehe Ähnlichkeit mit der für
die Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistung "Einzelhandelsdienst-leistungen mittels Teleshopping-Sendungen und über das [X.] in den [X.], Heimwerker-
und Gartenartikel sowie Ho[X.]y und Bastelbedarf".
[X.]) Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet ein [X.], die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art.
103 Abs.
1 GG
ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen [X.] zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG
kommt deshalb erst in Betracht, wenn im Einzelfall beson-dere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Dies kann etwa der Fall sein, wenn das Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf [X.] des Tatsa-chenvortrags einer [X.] zu einer Frage nicht eingeht, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist ([X.], NJW 2009, 1584
f. mwN;
FamRZ 2013, 1953
Rn. 14). Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs ist hingegen nicht verletzt, wenn das Gericht den [X.]vortrag zwar zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, aus ihm jedoch andere rechtliche Schlüsse gezogen hat 15
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-
als die [X.] geltend gemacht hat ([X.], Beschluss vom 20.
Mai 2009
-
I [X.], [X.], 992
Rn. 17
und 23 = [X.], 1104
-
Schuhver-zierung; Beschluss vom 7.
Juli 2011 -
I
ZB 68/10, [X.], 314
Rn. 14

-
Medicus.log).
[X.]) Soweit es die Beurteilung der Waren-
und Dienstleistungsähnlichkeit angeht, hat das [X.] den Vortrag der Widersprechenden hierzu sowie ihre Angriffe gegen die Ansicht des Deutschen Patent-
und Markenamts, es bestehe keine Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, ausführlich dar-gestellt. Es hat insbesondere die Bezugnahme der Widersprechenden auf die Rechtsprechung des Gerichts der [X.] erwähnt. Das [X.] hat diesen Vortrag sodann gewürdigt
und zugunsten der Wider-sprechenden in weitem Umfang eine Waren-
und Dienstleistungsähnlichkeit angenommen. Damit hat es [X.] des von der Widerspre-chenden in dieser Hinsicht gehaltenen Vortrags erfasst. Eine Gehörsverletzung liegt insoweit
nicht vor.
b) Die Rechtsbeschwerde rügt jedoch mit Erfolg, das Bundespatentge-richt habe den Anspruch der Widersprechenden auf rechtliches Gehör
bei der Beurteilung der Frage der Zeichenähnlichkeit verletzt. Das [X.] hätte insoweit auf seine im angefochtenen Beschluss vertretene Auffassung vorab hinweisen müssen.
aa) Gemäß §
59 Abs.
2 [X.]
hat das Deutsche Patent-
und Marken-amt einem Verfahrensbeteiligten innerhalb einer bestimmten Frist Gelegenheit zur Äußerung zu geben, wenn die Entscheidung auf Umstände gestützt wird, die dem Verfahrensbeteiligten noch nicht mitgeteilt waren. Gemäß §
78 Abs.
2 [X.]
darf das [X.] die Entscheidung nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen, zu denen die Beteiligten sich äußern
konnten.
Mit diesen
Bestimmungen
wird für das patentamtliche Verfahren und für das Verfahren vor dem [X.] der Grundsatz des rechtlichen Gehörs 16
17
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10
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(Art.
103 Abs.
1 GG) gesetzlich festgelegt.
Die Bestimmung des Art.
103 Abs.
1 GG
garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gele-genheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundelie-genden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Aus ihr ergibt sich zwar keine Verpflichtung des Gerichts, vor der Entscheidung auf seine Rechts-auffassung hinzuweisen oder allgemein von seinem Frage-
und Aufklärungs-recht Gebrauch zu machen. Es stellt jedoch eine Versagung des rechtlichen Gehörs dar, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Verfahrensbeteiligter -
selbst unter Berück-sichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen -
nach dem bisherigen [X.] nicht zu rechnen brauchte, weil dies im Ergebnis der Verhin-derung des Vortrags eines Verfahrensbeteiligten gleichkommt (vgl. [X.]E 84, 188, 190; [X.], NJW 1994, 1274; [X.], [X.], 1034
Rn. 11
-
LIMES [X.]; [X.], Beschluss vom 11.
Februar 2016 -
I
ZB 87/14, GRUR 2016, 500 Rn.
24
= [X.], 592 -
Fünf-Streifen-Schuh).
[X.]) Nach diesen Maßstäben hat das [X.] den Anspruch der Widersprechenden
auf rechtliches Gehör verletzt.
[X.] Das Deutsche Patent-
und Markenamt hat die Widersprüche der [X.] wegen fehlender Waren-
und Dienstleistungsähnlichkeit zu-rückgewiesen. Die Widersprechende hat sich mit dieser ihrer Ansicht nach un-zutreffenden Beurteilung im Beschwerdeverfahren ausführlich auseinanderge-setzt, während sich der Markeninhaber im Beschwerdeverfahren nicht geäußert hat. Das [X.] hat in weitem Umfang eine Waren-
und Dienst-leistungsähnlichkeit angenommen, eine Zeichenähnlichkeit jedoch wegen [X.] jeglicher Unterscheidungskraft des Bestandteils "[X.]" der [X.] verneint und eine Verwechslungsgefahr insgesamt abgelehnt.

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11
-
(2) Mit einer solchen
Entscheidung musste die Widersprechende bereits angesichts des [X.]s
nicht rechnen, in dem die Verfahrensbetei-ligten und das Deutsche Patent-
und Markenamt sich allein mit der Frage der Waren-
und Dienstleistungsähnlichkeit befasst hatten. Aus diesem Grund war das [X.] gehalten, die Widersprechende auf seine im bisheri-gen Verfahren weder vom Inhaber der angegriffenen Marke noch vom Deut-schen Patent-
und Markenamt geäußerte Rechtsauffassung vor einer Entschei-dung hinzuweisen.
(3) Zwar setzt die Prüfung der Verwechslungsgefahr im Sinne von §
9 Abs.
1 Nr.
2 [X.] eine Beurteilung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen den Faktoren der Waren-
und Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Identität oder Ähnlichkeit der [X.] gegenüberstehenden Zeichen und der Kennzeichnungskraft der [X.] voraus, so dass vom Widersprechenden
im Regelfall Vortrag hierzu ohne einen entsprechenden Hinweis erwartet werden kann. Im Streitfall musste sich der Widersprechenden die aus dem angefochtenen Beschluss er-sichtliche Beurteilung der Zeichenähnlichkeit durch das [X.] jedoch nicht ohne einen solchen Hinweis aufdrängen.
Das Deutsche Patent-
und Markenamt hatte die angegriffene Marke mit dem Wortbestandteil "[X.]" für vom [X.] in weiten Teilen als ähnlich oder hochgradig ähnlich angesehene
Waren-
und Dienstleistungen als reine Wortmarke einge-tragen und damit inzident das Vorliegen absoluter Schutzhindernisse verneint. Die Widersprechende musste daher nicht damit rechnen, dass das Bundespa-tentgericht dem hervorgehobenen, begrifflich identischen Wortbestandteil ihrer Wort-Bild-Marke jegliche Schutzfähigkeit für sämtliche beanspruchten Waren-
und Dienstleistungen versagen und ihn deshalb in die Prüfung der Zeichenähn-lichkeit nicht einbeziehen würde.

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12
-
c) Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf der Versagung
des rechtlichen Gehörs.
aa) [X.] im Sinne von §
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.] setzt [X.], dass die angefochtene Entscheidung auf dem Versagen des rechtlichen Gehörs beruht oder beruhen kann. Liegt der Gehörsverstoß in der Verletzung einer Hinweispflicht, muss mit der Rüge ausgeführt werden, wie die betreffende [X.] auf einen Hinweis reagiert hätte, weil das Rechtsbeschwerdegericht nur dann beurteilen kann, ob die angefochtene Entscheidung auf dem Gehörsver-stoß beruht ([X.], [X.], 1034 Rn. 17 -
LIMES [X.], mwN; [X.], Beschluss vom 11.
April 2013 -
I
ZB 92/11, juris Rn. 25).
[X.]) Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der [X.].
[X.] Das [X.] hat angenommen, die angesprochenen Verkehrskreise verstünden unter dem Begriff "[X.]" Personen, die im Fahrzeugbereich über besondere Qualifikationen verfügten. Bezüglich der von der Widerspruchsmarke erfassten "Einzelhandelsdienstleistungen mittels Tele-shopping-Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör" erweise sich dieser [X.] als die bean-spruchten Dienstleistungen in der Weise beschreibend, dass die sie erbringen-den Personen über besondere Kenntnisse im Zusammenhang mit Fahrzeugen und Fahrzeugzubehör verfügten. Entsprechend verhalte es sich bei den Waren "Apparate, Instrumente und Geräte für die Telekommunikation" der älteren Marke. Gerade bei neueren Fahrzeugen sei es üblich, diese mit neuesten Tele-kommunikationseinrichtungen zu versehen. Der [X.] "[X.] PRO-FIS" bringe zum Ausdruck, dass die Apparate, Instrumente und Geräte von ausgewiesenen Spezialisten in die Autos eingebaut würden und für Fahrzeuge bestimmt seien. Dies gelte auch für die Waren "Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Modems, Terminals (Datenverarbeitungsgeräte)" der Widerspruchs-23
24
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-
marke. Die Reparatur neuerer Fahrzeugmodelle sei oft nur unter Zuhilfenahme dieser Geräte möglich. Aus diesem Grunde könne der [X.] "[X.]" keine kollisionsbegründende Funktion ausüben.
(2) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die Widersprechende hätte auf einen Hinweis des [X.]s, die Bezeichnung "[X.]" sei für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen
als rein beschreibend
anzusehen, hin vorgetragen, dass dem Bestandteil "[X.]" in Bezug auf [X.] und Fahrzeugzubehör oder hierauf bezogene Einzelhandelsdienstleistungen keine unmittelbare beschreibende Wirkung zukomme. Bei dem Begriff "[X.]" handele es sich um eine offiziell nicht mehr gebräuchliche Bezeichnung der
physikalischen Einheit für Leistung, die allenfalls beschreibende Anklänge zum Motor eines Fahrzeugs aufweise. Zudem komme der Bezeichnung "[X.] PRO-FIS" durch die Alliteration im Anfangs-
und Endbuchstaben ihrer Bestandteile "[X.]" und "[X.]" eine gewisse Originalität zu. Optisch dominiere dieser Wortbestandteil die Widerspruchsmarke, zumal der Slogan "Mehr Power aus
dem Pott" angesichts seiner erheblich geringeren Schriftgröße eindeutig in den Hintergrund trete. Zu berücksichtigen sei außerdem, dass die angegriffene Marke für zahlreiche Waren der Klasse 12 sowie verschiedene Dienstleistungen der [X.] mit Bezug auf Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör in das [X.] Markenregister eingetragen worden sei. Im Übrigen liege die Annahme des rein beschreibenden Charakters der Widerspruchsmarke für die Waren "Apparate, Instrumente und Geräte für die Telekommunikation, Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Modems, Terminal (Datenverarbeitungsgeräte)"
fern.
(3) Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Bundespatentge-richt bei Berücksichtigung dieser Umstände
zu einer anderen Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen gelangt wäre, das [X.] einer Verwechslungsgefahr bejaht und deshalb der Beschwerde der [X.] stattgegeben hätte.

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14
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IV. Die angefochtene Entscheidung ist danach aufzuheben. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§
89 Abs.
4 [X.]).

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Löffler
Schwonke
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 07.12.2016 -
28 W(pat) 50/14 -

29

Meta

I ZB 18/17

11.10.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2017, Az. I ZB 18/17 (REWIS RS 2017, 4132)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4132

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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