Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.08.2001, Az. 1 StR 174/01

1. Strafsenat | REWIS RS 2001, 1702

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL1 StR 174/01vom7. August 2001in der Strafsachegegenwegen Totschlags- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 7. [X.], an der teilgenommen haben:[X.] am [X.]. [X.] [X.] am [X.],Dr. [X.],[X.],[X.],[X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwältin als Verteidigerin,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 17. November 2000 wird als unbe-gründet verworfen.Die Kosten dieses Rechtsmittels und die dem [X.] erwachsenen notwendigen Auslagen fallen [X.] zur Last.Von Rechts wegenGründe:Der zur Tatzeit 40 Jahre alte Angeklagte erstach am Abend des [X.] in [X.]seine damals 43jährige Lebensgefährtin in der [X.]. Das [X.] verurteilte den Angeklagten deshalb wegen [X.] zu der Freiheitsstrafe von 14 Jahren. Die Staatsanwaltschaft hat [X.] Ungunsten des Angeklagten eingelegte und mit der Sachrüge [X.] wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Sie beanstan-det, daß das [X.] einen besonders schweren Fall des Totschlags (§212 Abs. 2 StGB) verneint hat. Das vom [X.] nicht vertreteneRechtsmittel bleibt ohne Erfolg.1. In der seit 1998 währenden Beziehung des Angeklagten mit dem Ta-topfer kam es alsbald schon aus banalen Anlässen zu verbalen Auseinander-setzungen, in deren Verlauf der Angeklagte die Geschädigte schließlich auch- 4 -schlug, ohrfeigte und an den Haaren zog. Beide sprachen gerne dem Alkoholzu. Sie verkehrten nahezu täglich in der Gaststätte [X.], dem 14. Mai 1999, verließen beide kurz nach 19.00 Uhr die Gaststätteund gingen nach Hause.fiAus einem nicht näher feststellbaren Anlaß kam es sodann zwischendem Angeklagten und der Geschädigten zu einer Auseinandersetzung, in de-ren Verlauf der Angeklagte mit massiver Gewalt auf die Geschädigte einschlugund sie würgte. Er schlug bzw. trat die Geschädigte gegen Hals und [X.] undwürgte sie, so daß es zum Bruch des linken und rechten [X.] Verletzungen am linken Auge und in der [X.] kam. Dies tat er solange, bis das Opfer bewußtlos war. Sodann ergriff der Angeklagte [X.] später im Geschirrspülbecken aufgefundene große Küchenmesser mit [X.] von 13 cm oder ein anderes Messer und stach mit [X.] mehrfach auf sein Opfer ein. Dazu hatte er der Geschädigten ihr T-Shirt nach oben über den [X.] sowie die Leggins und den Slip nach unten überdie Knie gezogen. Der Angeklagte fügte Frau [X.]schwersteStich- und Schnittverletzungen am gesamten [X.] zu und öffnete danachderen Brust- und Bauchraum, wobei er unter anderem das Herz, die großeKörperschlagader sowie die Lungenarterien verletzte. Er schnitt sodann [X.] Darm heraus und legte dieses direkt neben der Toten ab. Das [X.] letztendlich am Verbluten nach innen und außen infolge der [X.] Angeklagten und der Teileröffnung der [X.] Als der Angeklagte aufsein Opfer einstach und es firegelrecht aufschlitztefl hat die Geschädigte zwarnoch gelebt, war aber bereits bewußtlos und hat keine Schmerzen mehr [X.] 5 -Zur Tatzeit war der Angeklagte bei einer Blutalkoholkonzentration von1,2 › leicht angetrunken. Nach den Feststellungen der - sachverständig be-ratenen - Kammer war er weder alkoholbedingt noch aufgrund sonstiger Um-stände in seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt.Das [X.] kam nach Gesamtwürdigung der Tatumstände zu [X.], daß Mordmerkmale nicht nachweisbar sind. Da das Tatmotiv unbe-kannt sei und nicht mehr geklärt werden könne, weshalb der Angeklagte [X.] tötete, sei zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, daß ernicht aus niedrigen Beweggründen handelte. Mangels Kenntnis vom genauenTatablauf könne [X.] Verhalten nicht nachgewiesen werden. Da [X.] beim [X.] nicht mehr bei Bewußtsein gewesen sei, sei auch [X.] Handeln nicht anzunehmen.Da mangels weiterer [X.] auch nicht davon ausgegangen wer-den könne, daß die Tat in der Nähe mindestens eines [X.] liege,verneinte das [X.] auch die Voraussetzungen eines besonders schwe-ren Falls des Totschlags (§ 212 Abs. 2 StGB). Zwar sei daran zu denken, [X.] brutale Vorgehensweise in die Nähe des [X.] grausameinzuordnen. Dies könne jedoch dahinstehen, da dem Angeklagten keine zu-sätzlichen unrechtssteigernden Umstände eigener Art nachgewiesen werdenkönnten.Ausgehend vom Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB gewichtete das[X.] bei der Strafzumessung im engeren Sinne dann auch das [X.] des Angeklagten.- 6 -2. [X.] meint, dem [X.] sei bei der Prüfung, obdie Voraussetzungen eines besonders schweren Falles des Totschlags gemäߧ 212 Abs. 2 StGB vorliegen, ein Rechtsfehler unterlaufen. Sie verweist auf dievon der [X.] bei der Strafzumessung im engeren Sinn angeführte äu-ßerste Brutalität des Vorgehens des Angeklagten. Dies hätte das [X.]bei der Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 212 Abs. 2 [X.], als besonders gewichtig werten müssen. Die Kammer hätte dann zudem Ergebnis kommen müssen, daß die Tat bereits in ihren äußeren Merkma-len Züge besonders niedriger Gesinnung trägt. Außerdem sei die brutale [X.] des Angeklagten objektiv grausam und damit in die Nähe eines[X.] einzustufen.3. Gegen die Strafbemessung des [X.]s ist von Rechts [X.]) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das [X.] kann nur eingreifen, wenn Rechtsfehler vorliegen. Das ist nament-lich dann der Fall, wenn der Tatrichter fehlerhafte Erwägungen anstellt [X.] erforderliche Erwägungen oder Wertungen unterblieben sind und [X.] auf dem Mangel beruhen kann, oder wenn sich die Strafe nicht im Rah-men des Schuldangemessenen hält. Eine ins einzelne gehende [X.] ist ausgeschlossen ([X.] - [X.] - 34, 345, 349).b) Die [X.] hat das Vorliegen eines besonders schweren Fallesdes Totschlags gemäß § 212 Abs. 2 StGB rechtsfehlerfrei [X.] -Ein besonders schwerer Fall des Totschlags, der die Verhängung [X.] Freiheitsstrafe rechtfertigt, setzt voraus, daß das in der Tat zumAusdruck kommende Verschulden des [X.] so außergewöhnlich groß ist,daß es ebenso schwer wiegt wie das eines Mörders. So reicht die bloße Näheder die Tat oder den Täter kennzeichnenden Umstände zu einem gesetzlichenMordmerkmal allein als die Schuld besonders erhöhender Umstand nicht aus([X.] NStZ 1993, 342); es müssen noch schulderhöhende Momente hinzutre-ten, die besonderes Gewicht haben ([X.]R StGB § 212 Abs. 2 Umstände,schulderhöhende 1; [X.] StV 2000, 309; [X.], Beschluß vom [X.] - 1 StR 186/99 -). Allein das äußere Erscheinungsbild der Tat läßt zudemnicht ohne weiteres den Schluß auf die grausame und unbarmherzige Gesin-nung des [X.] zu. Die Tat kann ihres grausamen Charakters auch dadurchentkleidet werden, daß der Täter zu den entsprechenden Handlungsteilen in-folge heftiger Gemütsbewegung oder durch hochgradige Erregung hingerissenworden ist ([X.]R StGB § 211 Abs. 2 Grausam 1 m.w.N.). Weshalb der Ange-klagte sein Opfer schließlich mit zahlreichen Stich- und Schnittverletzungenverstümmelte, blieb im Dunkeln. Es ist nicht auszuschließen, daß der Ange-klagte im Verlauf des Geschehens in starke Erregung geriet, auch wenn [X.] nicht zur erheblich verminderten Schuldfähigkeit führte. Eine Vielzahl [X.] ist häufig eher ein Anzeichen für eine seelische Be-einträchtigung als Ausdruck besonderer verbrecherischer Energie (vgl. [X.]RStGB § 21 Strafzumessung 7). Damit entfällt, wenn nicht schon die Nähe [X.] [X.], so jedenfalls doch das die Annahme eines besondersschweren Falls des Totschlags begründende gewichtige schulderhöhendeMoment. Denn Handlungsmodalitäten, die Anzeichen für eine erhebliche seeli-schen Beeinträchtigung sind, dürfen nicht als besondere Strafschärfungsgrün-de bewertet werden (vgl. [X.] NStZ 1993, 342, 343; [X.]R StGB § 21 Straf-- 8 -zumessung 14). Dies bedeutet freilich nicht, daß sie bei der Bewertung der Tatim Rahmen der Strafzumessung unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. [X.]RStGB § 21 Strafzumessung 10). Dem entsprechen die Erwägungen des [X.]) Der Rechtsfolgenausspruch läßt auch sonst keinen den Angeklagtenbegünstigenden oder [X.] (§ 301 StPO) sachlich-rechtlichen Man-gel erkennen.[X.] [X.] [X.] [X.]

Meta

1 StR 174/01

07.08.2001

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.08.2001, Az. 1 StR 174/01 (REWIS RS 2001, 1702)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1702

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 230/03 (Bundesgerichtshof)


5 StR 395/03 (Bundesgerichtshof)


3 StR 47/18 (Bundesgerichtshof)

Totschlag: Prüfungsmaßstab für das Vorliegen eines besonders schweren Falles


4 StR 95/21 (Bundesgerichtshof)

Totschlag: Besondere Verwerflichkeit als Voraussetzung eines besonders schweren Falls


3 StR 100/05 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.