Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.06.2020, Az. I ZB 108/19

1. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 764

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SCHIEDSGERICHTSBARKEIT TEILURTEIL SCHIEDSGERICHTLICHES VERFAHREN

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Gegenstand

(Schiedsverfahren: Anwendbarkeit von § 301 ZPO; Grundsatz der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil in der deutschen Rechtsordnung)


Leitsatz

Die Bestimmung des § 301 ZPO gehört grundsätzlich nicht zu den unverzichtbaren Normen für ein ordnungsgemäßes Verfahren. Der Erlass eines Teilschiedsspruchs ist auch dann nicht den Voraussetzungen des § 301 ZPO unterworfen, wenn die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen droht, die Verfahrensgestaltung aber (noch) rational nachvollziehbar ist. Der Aspekt der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussentscheidung ist kein unverzichtbarer Grundsatz der deutschen Rechtsordnung (Fortführung von BGH, Beschluss vom 14. Februar 2019 - I ZB 33/18, SchiedsVZ 2019, 287).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] - 26. Zivilsenat - vom 17. Oktober 2019 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Wert des [X.]: 28.335,16 €

Gründe

1

I. Die Antragstellerin betreibt einen stationären sowie einen Online-Fachhandel für Garten-, Forst- und Reinigungstechnik. Die Antragsgegnerin ist ein [X.] Tochterunternehmen eines [X.] Herstellers von Forst-, Garten- und Baugeräten. Die Parteien sind durch einen Händlervertrag verbunden, in dem wechselseitige Kauf- und Lieferbedingungen festgelegt sind. Der Händlervertrag enthält in § 25 eine Schiedsklausel, wonach jede Streitigkeit aus oder in Verbindung mit dem Vertrag ohne Inanspruchnahme des [X.] gemäß der Schiedsgerichtsordnung der [X.] ([X.]) beizulegen ist. Ort des Schiedsverfahrens ist [X.] am Main.

2

Wegen Unstimmigkeiten zwischen den Parteien erklärte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 11. April 2017 die außerordentliche Kündigung des [X.], hilfsweise die ordentliche Kündigung zum 10. Juni 2017 und stellte ihre Produktlieferung an die Antragstellerin ab dem 17. April 2017 zunächst ein. Nach einer Verurteilung in einem Verfahren der einstweiligen Verfügung vor dem [X.] setzte die Antragsgegnerin die Belieferung der Antragstellerin ab dem 14. Juli 2017 fort.

3

Die Antragstellerin erhob [X.], mit der sie wegen der aus ihrer Sicht unberechtigten Nichtbelieferung mit Waren in der [X.] vom 17. April 2017 bis zum 14. Juli 2017 Schadensersatz in Höhe von insgesamt 537.508,74 € geltend machte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht am 11. Juli 2018 beantragte die Antragstellerin, gemäß § 1050 ZPO bei Gericht Unterstützung der Beweisaufnahme zwecks Vernehmung bestimmter Zeugen zu beantragen. Für den Fall, dass das Schiedsgericht diesem Antrag stattgeben sollte, einigten sich die Parteien darauf, dass es befugt sein sollte, einen [X.] zur Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung vom 11. April 2017 zu erlassen. Mit der [X.] Verfügung vom 27. Juli 2018 erteilte der [X.] die Zustimmung nach § 1050 Satz 1 ZPO, ordnete gemäß Art. 22.2 [X.]-Schiedsordnung die Teilung des Schiedsverfahrens an und entschied, dass er - sofern er zur Rechtswidrigkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung gelangen sollte - auch über sämtliche Schadenspositionen entscheiden werde, hinsichtlich deren bereits Entscheidungsreife bestehe. Zum Ergebnis der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme nahmen die Parteien jeweils mit Schriftsatz vom 24. August 2018 Stellung.

4

Mit [X.] vom 23. Oktober 2018 gab das Schiedsgericht der Schadensersatzklage wegen vertragswidriger Nichtbelieferung im [X.]raum vom 17. April 2017 bis zum 14. Juli 2017 dem Grunde nach statt. Auf der Grundlage der Angaben der Antragstellerin erachtete das Schiedsgericht Ansprüche in Höhe von 133.096,29 € als entscheidungsreif und sprach der Antragstellerin davon einen Teilbetrag in Höhe von 36.080,15 € zu. Das Schiedsgericht bemängelte die Schadensdarlegung der Antragstellerin und schätzte anhand der von dieser vorgelegten Unterlagen die Gewinnmarge für die Position "Online-Handel" auf 7% statt auf von der Antragstellerin geltend gemachte 13,7% und für die Position "stationäres Geschäft" auf 15% statt auf von der Antragstellerin geltend gemachte 33,92%. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens hielt das Schiedsgericht wegen des verhältnismäßig geringen Streitwerts und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Schiedsklägerin für nicht verhältnismäßig.

5

Die Antragstellerin hat beantragt, den [X.] aufzuheben, soweit zu ihren Lasten Ansprüche in Höhe von 28.335,16 € nebst Zinsen abgewiesen worden sind, und die Sache insoweit an den [X.] zurückzuverweisen. Der geltend gemachte Betrag setzt sich aus der nach Ansicht der Antragstellerin zu niedrigen Schätzung der Gewinnmarge im Bereich der Schadenspositionen "Online-Handel" und "stationäres Geschäft" zusammen. Sie meint, die teilweise Aberkennung ihrer Forderungen gehe auf eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs zurück. Überraschend und ohne nachvollziehbare Begründung habe das Schiedsgericht von einer Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe abgesehen. Auf etwaige Bedenken hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei ebenso wenig hingewiesen worden wie auf die Bedenken zur Schadensdarlegung.

6

Das [X.] hat den [X.] zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihre zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgt.

7

II. Das [X.] hat angenommen, der Zulässigkeit des Antrags stehe nicht entgegen, dass die Antragstellerin lediglich die teilweise Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt hat. Der Antrag sei aber unbegründet, weil weder ein [X.] gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO wegen eines [X.] vorliege noch die Antragstellerin [X.] im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZPO nicht hätte geltend machen können. Soweit die Antragstellerin beanstande, sie sei auf Bedenken gegen ihre Schadensberechnung nicht rechtzeitig hingewiesen worden, habe sie nicht dargelegt, was sie konkret bei Gewährung des vermeintlich verweigerten rechtlichen Gehörs dargelegt und wie sich das auf den Schiedsspruch ausgewirkt hätte. Auch die Rüge, das Schiedsgericht habe zu Unrecht keinen Sachverständigen mit der Schadensprüfung beauftragt, bleibe ohne Erfolg. Das Schiedsgericht habe sich mit der Frage befasst, ob ein Sachverständiger beauftragt werden solle, und ausgeführt, warum es eine Beauftragung als nicht verhältnismäßig ansehe. In diesem Zusammenhang könne die Antragstellerin nicht mit Erfolg geltend machen, ein Gehörsverstoß liege darin, dass das Schiedsgericht ihr keine Gelegenheit gegeben habe, zu ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vorzutragen.

8

III. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 ZPO statthaft und zur Fortbildung des Rechts auch sonst zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1, § 575 ZPO). In der Sache ist sie jedoch unbegründet.

9

1. Mit Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass der Antrag auf teilweise Aufhebung des [X.]s zulässig ist. Die Frage betrifft eine Verfahrensvoraussetzung und ist deshalb auch in der [X.] von Amts wegen zu prüfen (vgl. [X.], Beschluss vom 9. August 2016 - [X.], [X.] 2017, 103 Rn. 8; Urteil vom 10. Oktober 2017 - [X.], NJW 2018, 227 Rn. 10). Nach den allgemein zur Zulässigkeit von [X.] geltenden Grundsätzen kann das [X.] auf einen Teil des Schiedsspruchs beschränkt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 6. November 1980 - [X.], juris Rn. 2; [X.], [X.], 92; Schlosser in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 1059 Rn. 19; [X.], Handbuch für die [X.], 2. Aufl., Rn. 1250; vgl. auch [X.], Überprüfung von Schiedsverfahren durch staatliche Gerichte in [X.], 2018, Rn. 619).

2. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, der angefochtene Beschluss sei nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO wegen Mängeln des schiedsrichterlichen Verfahrens aufzuheben, weil der [X.] des [X.]s gegen § 301 ZPO verstoße.

Die Antragstellerin ist mit ihrer Rüge, das schiedsrichterliche Verfahren habe in entscheidungserheblicher Weise gegen eine Bestimmung des [X.] der Zivilprozessordnung oder eine zulässige Vereinbarung der Parteien verstoßen (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO), ausgeschlossen, weil sie diesen [X.] vor dem [X.] nicht im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 1 ZPO "begründet geltend" gemacht hat. Es kommt nicht nur auf das objektive Vorliegen des betreffenden [X.]s an; daneben ist vielmehr notwendig, dass er in einer dem Erfordernis "begründeter Geltendmachung" genügenden Weise zur Nachprüfung durch das Gericht gestellt worden ist. In der Vorinstanz hat die Antragstellerin ihr [X.] indessen nicht auf den nunmehr geltend gemachten Grund eines verfahrensfehlerhaft erlassenen [X.]s gestützt. Vielmehr ist der Hinweis, die Berechnung der Gewinnmargen wirke sich auch im Endschiedsspruch aus, im Rahmen der Ausführungen dazu erfolgt, dass das Schiedsgericht ein Sachverständigengutachten hätte einholen müssen. Die Unterlassung einer entsprechenden Prüfung durch das [X.] ist mithin nicht rechtsfehlerhaft, und der Antragstellerin ist es verwehrt, die nunmehr geltend gemachten Gründe erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren vorzubringen (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Juli 1999 - [X.], [X.]Z 142, 204, 206 [juris Rn. 6]).

3. Ein von Amts wegen zu prüfender Verstoß gegen den (verfahrensrechtlichen) ordre public (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO) wegen eines unzulässigen [X.]s liegt ebenfalls nicht vor.

a) Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO aufgehoben werden, wenn seine Anerkennung oder Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Das setzt voraus, dass dieses Ergebnis mit wesentlichen Grundsätzen des [X.] Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Das ist der Fall, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder wenn er zu [X.] Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. Der Schiedsspruch muss mithin die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzen. Danach stellt nicht jeder Widerspruch der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu zwingenden Vorschriften des [X.] Rechts einen Verstoß gegen den ordre public dar. Vielmehr muss es sich um eine nicht abdingbare Norm handeln, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist ([X.], Beschluss vom 11. Oktober 2018 - [X.], [X.] 2019, 150 Rn. 5 [X.]).

b) Zu diesen unverzichtbaren Normen für ein ordnungsgemäßes Verfahren zählt § 301 ZPO grundsätzlich nicht (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Februar 2019 - [X.], [X.] 2019, 287 Rn. 9 [X.]).

aa) Nach § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht die Entscheidung durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen, wenn von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif ist.

(1) Die Teilbarkeit im Sinne von § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfordert eine Mehrheit von prozessualen Ansprüchen beziehungsweise Streitgegenständen (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO) oder die Teilbarkeit des einen prozessualen Anspruchs beziehungsweise Streitgegenstands (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 ZPO). Ein Teilurteil über einzelne von mehreren konkurrierenden Anspruchsgrundlagen ist danach nicht zulässig (vgl. [X.], Urteil vom 12. März 2020 - [X.], [X.], 755 Rn. 19 und 21 = [X.], 851 - [X.], [X.]). Auch die notwendige Streitgenossenschaft (§ 62 Abs. 1 Fall 1 ZPO) schließt eine Teilbarkeit grundsätzlich aus (vgl. [X.], Urteil vom 1. März 1999 - [X.], NJW 1999, 1638, 1639 [juris Rn. 9]).

(2) Das Erfordernis der Entscheidungsreife setzt voraus, dass der Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist, die Beweise erschöpft sind oder eine Partei mit weiterem Vorbringen nicht zugelassen oder zurückgewiesen wird (vgl. [X.], ZPO, 8. Aufl., § 300 Rn. 3). Es fehlt mithin, wenn neuer Vortrag noch zulässig ist ([X.] aaO § 301 Rn. 5). Ein Teilurteil darf Vorbringen nicht als verspätet zurückweisen, das ohne Verzögerung des Schlussurteils noch in diesem berücksichtigt werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 1980 - [X.], [X.]Z 77, 306, 308 f. [juris Rn. 11]).

(3) [X.] Voraussetzung für den Erlass eines Teilurteils ist dessen Unabhängigkeit von der Entscheidung über den restlichen Verfahrensgegenstand. Bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstands darf ein Teilurteil deshalb nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Eine solche Gefahr ist namentlich gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (vgl. [X.], Urteil vom 11. April 2017 - [X.], NJW 2018, 621 Rn. 10; Urteil vom 21. November 2017 - [X.], NJW 2018, 623 Rn. 7 [X.]).

bb) Soweit die Voraussetzungen der Teilbarkeit und der Entscheidungsreife im Sinne von § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO betroffen sind, besteht kein Bedürfnis, den dem Schiedsgericht in § 1042 Abs. 4 ZPO gesetzlich zugestandenen Ermessensspielraum von vornherein und ohne erkennbare Notwendigkeit einzuschränken. Vielmehr ist das Schiedsgericht im Rahmen seines Ermessens grundsätzlich befugt, Teilschiedssprüche zu erlassen, auch wenn die Voraussetzungen des § 301 ZPO nicht gegeben sind (vgl. [X.], [X.] 2019, 287 Rn. 9 [X.]).

c) Die Frage, ob der verfahrensrechtliche ordre public eine Einschränkung dieses Grundsatzes erfordert, wenn infolge eines Grund- oder Teilurteils die konkrete Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen droht oder die Verfahrensgestaltung des Schiedsgerichts nicht mehr rational nachvollziehbar ist, hat der [X.] bislang offengelassen (vgl. [X.], [X.] 2019, 287 Rn. 10). Er entscheidet diese Frage nunmehr dahin, dass eine solche Einschränkung nicht veranlasst ist, wenn - wie hier - die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht, die Verfahrensgestaltung aber (noch) rational nachvollziehbar ist.

aa) Der angefochtene [X.] birgt die Gefahr widersprechender Entscheidungen. Mit der Schätzung der Gewinnmargen für den Online-Handel und das stationäre Geschäft der Antragstellerin wird in dem [X.] eine Frage entschieden, die sich im nachfolgenden Verfahren über die weiteren Ansprüche noch einmal stellt. Die vom Schiedsgericht geschätzten Gewinnmargen sind - zum Teil - auch für die noch offenen Schadenspositionen von Bedeutung.

Die Höhe dieser Gewinnmargen ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung im [X.] nicht mit Bindungswirkung für das weitere Verfahren im Sinne von § 318 ZPO festgestellt. Nach § 318 ist das Gericht an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden. Die Bindungswirkung nach dieser Vorschrift, die im Schiedsverfahren entsprechend anwendbar ist (vgl. OLG [X.] am Main, [X.] 2007, 278, 279 [juris Rn. 39]; [X.] in [X.] aaO § 318 Rn. 5; [X.]/[X.], 36. Edition [Stand 1. März 2020], § 318 Rn. 4; vgl. dazu auch [X.], Beschluss vom 18. Januar 2007 - [X.], [X.], 1050 Rn. 5), erstreckt sich nur auf die Entscheidung selbst, nicht aber auf Elemente des Schiedsspruchs wie tatsächliche und rechtliche Vorfragen (vgl. [X.] in [X.] aaO § 318 Rn. 20 [X.]). Die Höhe der Gewinnmargen ist eine solche Vorfrage.

bb) Aufgrund der Besonderheiten und der Zielrichtung des Schiedsverfahrens ist es jedoch gerechtfertigt, das dem Schiedsgericht in § 1042 Abs. 4 ZPO gesetzlich zugestandene Ermessen nicht durch den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit einzuschränken.

(1) Das Schiedsgericht hat bei der Festlegung der Verfahrensregeln nach § 1042 Abs. 4 Satz 1 ZPO grundsätzlich ein weites Ermessen, das auch dem jeweiligen Einzelfall gerecht werden sollte (vgl. [X.]/Wilske/[X.] aaO § 1042 Rn. 21; vgl. auch [X.].ZPO/[X.], 5. Aufl., § 1042 Rn. 91). Das Schiedsverfahren dient dazu, das Verfahren zu erleichtern und zu beschleunigen. Das geht mit einer Verfahrensvereinfachung und dadurch bedingt mit einer Reduktion des durch das Verfahren gewährten Schutzes einher (vgl. [X.], NJ 2019, 305, 307). Eine Verfahrensvereinfachung kann auch darin bestehen, mit einem [X.] über tatsächliche und rechtliche Vorfragen zu entscheiden, die im weiteren Verfahren noch eine Rolle spielen. Das Risiko widersprechender Entscheidungen, das im Schiedsverfahren faktisch allerdings dadurch verringert wird, dass der Schiedsrichter regelmäßig davon ausgehen kann, auch die Folgeentscheidung zu treffen (vgl. [X.], NJ 2019, 305, 307), steht dem nicht entgegen.

(2) Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Aspekt der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussentscheidung keinen unverzichtbaren Grundsatz der [X.] Rechtsordnung darstellt. Widersprüchliche Entscheidungen sind dem [X.] Rechtssystem nicht fremd und werden in bestimmten Konstellationen hingenommen (vgl. OLG [X.], Beschluss vom 24. Juli 2014 - 26 Sch 28/13, juris Rn. 90). Das gilt zum Beispiel bei der Stufenklage (§ 254 ZPO) oder im [X.] bei objektiver Klagehäufung (§ 260) von Auskunftsanspruch und Schadensersatzanspruch (vgl. [X.], Urteil vom 29. März 2011 - [X.], [X.]Z 189, 79 Rn. 14 bis 18; vgl. auch [X.]/Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 301 Rn. 16 [X.]). Ein [X.], der mit Blick auf das weitere Verfahren die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen birgt, kann danach schon nicht mit wesentlichen Grundsätzen des [X.] Rechts offensichtlich unvereinbar sein und deshalb der öffentlichen Ordnung widersprechen.

(3) Werden außerdem die mit dem Erlass einer [X.] verfolgten Ziele - Vereinfachung und Beschleunigung, Übersichtlichkeit bei umfangreichem Streitstoff und Förderung der Vergleichsbereitschaft - in den Blick genommen, ist es gerechtfertigt, den Erlass eines [X.]s auch dann nicht den Voraussetzungen des § 301 ZPO zu unterwerfen, wenn die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen droht, die Verfahrensgestaltung aber (noch) rational nachvollziehbar ist (vgl. OLG [X.], Beschluss vom 24. Juli 2014 - 26 Sch 28/13, juris Rn. 92; [X.]/[X.] aaO § 1059 Rn. 44b; aA [X.].ZPO/[X.] aaO § 1056 Rn. 7; [X.] aaO Rn. 691; vgl. auch [X.], [X.] 2008, 156, 160 [juris Rn. 118]).

(4) Anhaltspunkte für eine rational nicht mehr nachvollziehbare Verfahrensgestaltung gibt es im Streitfall nicht. Die Parteien sind mit der [X.] Verfügung vom 27. Juli 2018 darüber informiert worden, dass der Schiedsrichter beabsichtigte, über sämtliche Schadenspositionen zu entscheiden, die entscheidungsreif waren. Die Möglichkeit nicht nur eines Grund-, sondern auch eines [X.]s zur Schadenshöhe stand für die Parteien damit zumindest im Raum. In ihren schriftsätzlichen Stellungnahmen zur mündlichen Verhandlung und zur Beweisaufnahme vom 24. August 2018 haben sie diesem Vorgehen nicht widersprochen.

4. Der Senat hat die weiteren von der Antragstellerin erhobenen [X.] der Verletzung ihres rechtlichen Gehörs geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Insoweit wird von einer Begründung der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde abgesehen (§ 577 Abs. 6 Satz 2, § 564 Satz 1 ZPO).

IV. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Koch     

        

Schaffert     

        

Pohl   

        

Schmaltz      

        

Odörfer      

        

Meta

I ZB 108/19

25.06.2020

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 17. Oktober 2019, Az: 26 Sch 2/19, Beschluss

§ 301 ZPO, § 1059 Abs 2 Nr 1 Buchst d ZPO, § 1059 Abs 2 Nr 2 Buchst b ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.06.2020, Az. I ZB 108/19 (REWIS RS 2020, 764)

Papier­fundstellen: WM 2021, 2116 REWIS RS 2020, 764

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