Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2003, Az. IX ZB 75/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1613

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[X.] ZB 75/03vom18. September 2003in dem [X.]:ja[X.]Z:nein [X.] § 97Die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des [X.]uldners nach § 97 [X.] umfassendie Erteilung einer sogenannten Auslandsvollmacht, wenn Anhaltspunkte für Vermö-gen des [X.]uldners im Ausland bestehen und die Befugnisse des Insolvenzverwal-ters im Ausland nicht ohne weiteres anerkannt werden.[X.], Beschluß vom 18. September 2003 - [X.]/03 - [X.]AG [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.]. [X.] und [X.] Ganter, [X.], Dr. Bergmann und am 18. September 2003beschlossen:Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der [X.] vom 24. Februar 2003 wird als unzulässigverworfen, soweit das [X.] die Beschwerde gegen [X.] des [X.] vom 30. Dezember 2002 alsunzulässig angesehen hat; im übrigen wird die [X.] zurückgewiesen.Die [X.]uldnerin trägt die Kosten des [X.].Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf1.500 stgesetzt.Gründe:[X.] das Vermögen der [X.]uldnerin wurde am 26. Februar 2002 dasInsolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zu 1) zum [X.] 3 -bestellt. Nachdem dieser Unterlagen vorgefunden hatte, die [X.] [X.]uldnerin zu [X.] Kreditinstituten nahelegten, forderte er die Er-teilung einer umfassenden Vollmacht (sog. Auslandsvollmacht) für alle [X.] Banken. Die [X.]uldnerin erteilte für einige - vom Verwalter benannte -Banken eine Vollmacht, erklärte sich im übrigen jedoch dazu nur bereit, soweitder Verwalter bestimmte Banken konkret bezeichne.Mit Beschluß vom 8. November 2002 hat das Amtsgericht durch [X.] der Beschwerdeführerin aufgegeben, dem [X.] von diesem begehrte umfassende Auslandsvollmacht bezogen auf [X.] zu erteilen. Hiergegen hat der Verfahrensbevollmächtigte der [X.]uld-nerin "Beschwerde" eingelegt. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom30. Dezember 2002 den von ihm als sofortige Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2RpflG ausgelegten Rechtsbehelf der Beschwerdeführerin gegen diese Ent-scheidung für zulässig erachtet, jedoch als unbegründet zurückgewiesen. [X.] vom 16. Januar 2003 hat das Amtsgericht Zwangshaft angeordnet.Die gegen diese Beschlüsse gerichteten sofortigen Beschwerden hatdas [X.] mit Beschluß vom 24. Februar 2003 zurückgewiesen. Mit ihrerRechtsbeschwerde begehrt die [X.]uldnerin die Aufhebung der gegen sie er-lassenen Beschlüsse.[X.] Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, soweit die [X.]uldnerin [X.] wendet, daß das [X.] die sofortige Beschwerde gegen den- 4 -Beschluß des Amtsgerichts vom 30. Dezember 2002 über die Anordnung [X.] der Auslandsvollmacht als unzulässig angesehen hat. Gegen [X.] über die Anordnung der Auslandsvollmacht sieht die [X.] als Rechtsmittel keine sofortige Beschwerde vor (§§ 97, 6 Abs. 1 In-sO), so daß eine Rechtsbeschwerde nicht stattfindet (§ 7 [X.]; vgl. Münch-Komm-[X.]/Ganter, Bd. 3 § 7 n.F. Rn. 21). Daß das [X.] auch Ausfüh-rungen zur Sache gemacht hat, ändert daran [X.] ist die Rechtsbeschwerde hingegen, soweit die [X.] gegen die bestätigende Entscheidung des [X.]s über die Anord-nung der Haft wendet (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. §§ 7, 98 Abs. 3 Satz 3[X.]). Das im übrigen gemäß § 574 Abs. 2, §§ 575, 576 ZPO zulässigeRechtsmittel ist jedoch unbegründet.a) Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gemäß § 80 Abs. 1[X.] die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das insolvenzbefangeneVermögen des [X.]uldners auf den Insolvenzverwalter über. Dieser hat nach§ 148 Abs. 1 [X.] das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen [X.] in Besitz und Verwaltung zu nehmen. Die hiermit verbundene [X.] uneingeschränkt auch für das im Ausland belegene Vermögen und unab-hängig davon, ob der Insolvenzverwalter sich im Ausland durchsetzen kann.Das entspricht einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und [X.]rifttum. Es giltdas Universalitätsprinzip ([X.]Z 88, 147, 150; 95, 256, 264; 118, 151, 159;[X.]/[X.], [X.] Art. 102 EG[X.] Rn. 12; MünchKomm-[X.]/[X.], Art. 102 EG[X.] Rn. 62, 81; [X.]/[X.], [X.] Art. 102EG[X.] Rn. 19).- 5 -b) Wird die dem Insolvenzverwalter nach inländischem [X.] im Ausland nicht beachtet, ist der [X.] zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 148 [X.] auf die Mitwirkung [X.] angewiesen. Die in § 97 [X.] festgelegten Auskunfts- und Mitwir-kungspflichten des [X.]uldners umfassen auch die Erteilung einer sogenanntenAuslandsvollmacht. Dies ist allgemeine Ansicht (vgl. [X.], [X.]§ 97 Rn. 9 m.w.N.; [X.]/[X.], KO, 11. Aufl., §§ 237, 238 Rn. 64/65;MünchKomm-[X.]/[X.], § 97 Rn. 32; MünchKomm-[X.]/[X.],Art. 102 EG[X.] Rn. 84; [X.], [X.], 844; vgl. auch [X.] zu § 110 RegE/§ 98 [X.], BT-Drucks. 12/2443, [X.], abgedruckt in:[X.], RWS-Dok. 18, [X.], [X.]) Die Verpflichtung zur Erteilung einer solchen Vollmacht setzt nichtvoraus, daß die Existenz ausländischen [X.]uldnervermögens feststeht. [X.] reicht es aus, wenn es aufgrund konkreter Umstände nicht ganz unwahr-scheinlich ist, daß der [X.]uldner über Auslandsvermögen verfügt. [X.] Interessen des [X.]uldners, die eine weitere Einschränkung dieser Vor-aussetzungen für die Erteilung einer Auslandsvollmacht rechtfertigen könnten,sind nicht ersichtlich.aa) Hat der Insolvenzverwalter Hinweise auf etwaiges Auslandsvermö-gens des [X.]uldners, dann muß er von diesem die Vornahme aller jener not-wendigen Handlungen verlangen können, die ihn - den Verwalter - zur Erfül-lung der ihm auferlegten Pflicht zur Inbesitznahme, Verwaltung und [X.] (vgl. [X.], [X.], 170, 171). Hierzu gehört nicht nur die Er-teilung entsprechender Auskünfte, sondern auch einer Vollmacht, die [X.] auf das ausländische Vermögen eröffnet, soweit sein Ausweis als [X.] 6 -venzverwalter dazu nicht ausreicht. [X.] sich der [X.]uldner, [X.] zu erteilen, oder sind die bisherigen Angaben des [X.]uldners unzu-verlässig (insbesondere falsch oder unvollständig), hat der [X.] gleichwohl Anhaltspunkte für etwaiges Auslandsvermögen, dann muß diezu erteilende Vollmacht den Insolvenzverwalter auch in die Lage versetzen,eigene Ermittlungen anzustellen, um das - möglicherweise - vorhandene [X.] auffinden zu können.bb) Um einen möglichst effizienten Zugriff auf etwaiges Auslandsvermö-gen des [X.]uldners sicherzustellen, sind an die rechtlichen Voraussetzungenfür die Erteilung einer solchen Vollmacht keine besonders hohen Anforderun-gen zu stellen. So können z.B. bloße Geschäfts- und Bankverbindungen [X.] in bestimmte Auslandsstaaten genügen, um die Erteilung einerVollmacht im Rahmen der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des [X.] § 97 [X.] bezogen auf diese Fremdstaaten zu rechtfertigen. [X.] auch, daß Hinweise auf einzelne Auslandsstaaten einer bestimmten"Sachgruppe" (z.B. Steueroasen) ausreichen, eine Vollmacht auch für solcheStaaten zu fordern, für die zwar (noch) keine konkreten Anhaltspunkte auslän-dischen [X.]uldnervermögens vorliegen, die aber nach allgemeiner [X.] "Sachgruppe" angehören. Da im Regelfall davon ausgegangen [X.], daß der Insolvenzverwalter - allein schon um [X.] vermeiden - sachgerecht mit derartigen weitgefaßten Vollmachten [X.], besteht kein Grund, die Anforderung an die Erteilung und den [X.] Vollmacht noch weiter einzuschränken.Deswegen ist z.B. bei vermuteten ausländischen Bankverbindungen [X.] nicht zu verlangen, daß der Insolvenzverwalter Hinweise auf be-- 7 -stimmte Banken haben muß und auch nur dann auf diese Banken bezogeneVollmachten einfordern kann. Eine solche Einengung der rechtlichen Voraus-setzungen für die Erteilung einer Vollmacht würde zudem auf eine [X.] (unlauteren) [X.]uldners hinauslaufen und ihm Gelegenheit geben, etwavorhandenes Vermögen zu Lasten der Masse nunmehr anderweitig beiseite zuschaffen.Die Rechtfertigung für diese in erster Linie die Interessen der Insolvenz-gläubiger berücksichtigende Sichtweise ergibt sich aus dem mit der [X.] Insolvenzverfahrens für den [X.]uldner verbundenen Verlust seiner [X.] und Verfügungsbefugnis über sein [X.]) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene [X.] Ergebnis nicht zu beanstanden. Die vom Beschwerdegericht getroffenenFeststellungen, gegen die die Rechtsbeschwerde keine durchgreifenden Ver-fahrensrügen erhebt, tragen die [X.]) Danach hat die [X.]uldnerin schon im Fragebogen vom 7. [X.] gegenüber dem Insolvenzgericht unvollständige und unrichtige Angabengemacht. Sie hat angegeben, über keine Bankkonten zu verfügen. Der [X.] hingegen hat ein Konto bei der [X.]festgestellt, ebenso einzu diesem Zeitpunkt bestehendes Privatkonto und ein Depot bei der [X.]in [X.]. .Damit konnte sich das Gericht nicht auf die Angaben der [X.]uldnerinverlassen, so daß es notwendig wurde, die Ermittlung entsprechender [X.] 8 -verbindungen über die begehrte Auslandsvollmacht in das pflichtgemäße Er-messen des Insolvenzverwalters zu stellen.Darüber hinaus rechtfertigen die weiteren Nachforschungen des [X.]s seine Forderung nach einer auf [X.] Banken bezogene [X.]. So hat er die [X.]enkung eines am [X.] gelegenenGrundstücks, die Eintragung einer Grundschuld der [X.] Bank C. & Co AG betreffend das Grundstück [X.] in [X.]und die Ein-richtung eines Kontos und eines Depots bei der [X.]in [X.]. ermittelt. Weiterhin hat er zufällig im Privathaus der [X.]uldnerin zusätzlicheUnterlagen aufgefunden, die Geschäftsverbindungen zu mehreren [X.]Banken belegen, welche entweder von der [X.]uldnerin oder ihrem Ehemannunterhalten werden oder wurden.bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde entfällt die [X.] einer Vollmachtserteilung nicht deswegen, weil das [X.] In-ternationale Privatrecht die Anerkennung ausländischer Insolvenzverfahrenermöglicht. Das Beschwerdegericht hat unter Bezugnahme auf die [X.] Ausführungen des Insolvenzgerichts - von der [X.] - festgestellt, daß ausländische Insolvenzverfahren in der[X.]weiz nicht unmittelbar anerkannt werden. Vielmehr ist dort erst ein formel-les Anerkennungsverfahren zu durchlaufen (vgl. [X.]/[X.]Art. 102 EG[X.] Rn. 177). Auf ein solches (zeit- und kostenaufwendiges) Ver-fahren muß sich der Insolvenzverwalter nicht verweisen [X.]) [X.]ließlich ist die Anordnung der Haft zur Durchsetzung der Ertei-lung einer Auslandsvollmacht auch nicht [X.] 9 -Wie bereits dargelegt, ist der Insolvenzverwalter aufgrund des unkoope-rativen Verhaltens der [X.]uldnerin auf die Erteilung der Vollmacht angewiesen,um seinen Pflichten aus § 148 [X.] nachkommen zu können. Die [X.]uldnerinhingegen muß lediglich eine Unterschrift leisten. Dies ist ihr angesichts der aufdem Spiel stehenden Gläubigerinteressen zumutbar. Die möglicherweise mitden Nachforschungen des Insolvenzverwalters verbundene [X.]ädigung [X.] muß die [X.]uldnerin hinnehmen. Sie ist eine Folge der Eröff-nung des Insolvenzverfahrens.[X.] Ganter [X.] Bergmann

Meta

IX ZB 75/03

18.09.2003

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2003, Az. IX ZB 75/03 (REWIS RS 2003, 1613)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1613

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