Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2013, Az. XII ZB 159/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 606

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BUNDESGERICHTSHO[X.]

BESCHLUSS
XII [X.] 159/12

vom

4. Dezember 2013

in der
Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.]am[X.]G § 277 Abs. 1 Satz 1; BGB § 1835 Abs. 1 Satz 1
a)
Kann der Verfahrenspfleger die ihm entstandenen Kopierkosten nicht konkret darlegen, kann das Gericht die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen schätzen.
b)
[X.] ein zum Verfahrenspfleger bestellter Rechtsanwalt für die [X.]ührung der [X.] erforderliche [X.]otokopien auf einem in seinem Büro vorhandenen [X.]otokopiergerät, kann auf die [X.] in Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG als Schätzgrundlage zurückgegriffen werden.
[X.], Beschluss vom 4. Dezember 2013 -
XII [X.] 159/12 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 4. Dezember 2013
durch [X.] und die
Richter
Dr. [X.], [X.], Dr.
Botur und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 14. März
2012
wird auf Kosten der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen.
[X.]: 3,00

Gründe:
I.
Der Beteiligte zu 2 verlangt als anwaltlicher Verfahrenspfleger der Be-angefertigter Kopie.
Der Beteiligte zu 2 wurde vom Amtsgericht zum Verfahrenspfleger mit dem Aufgabenkreis "Ausschlagung einer Erbschaft"
bestellt. Die Berufsmäßigkeit der [X.]ührung der [X.] wurde festgestellt.
Nach Abschluss seiner Tätigkeit hat der Beteiligte zu 2 gegenüber der Staatskasse einen Vergütungs-
und Auslagenersatzanspruch in Höhe von 103,82

Darin enthalten waren Kosten für die [X.]ertigung von [X.] MwSt. je
Kopie ab-gerechnet
hat.
Das Amtsgericht hat die [X.]otokopierkosten nur mit 0,15

[X.] MwSt. je
Kopie berücksichtigt und die
Vergütung in Höhe von 100,91

e-setzt.

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2
3
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3
-
Auf die vom Amtsgericht zugelassene Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das [X.] die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und unter Be-[X.] MwSt. je
Kopie die Vergü-Mit der
vom [X.] zu-gelassenen
Rechtsbeschwerde möchte die
Beteiligte zu 3
(nachfolgend: Staats-kasse) die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erreichen.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund der Zulassung nach § 70 Abs.
1 [X.]am[X.]G
statthaft und konnte von der Staatskasse nach § 10 Abs. 4 Satz
2 [X.]am[X.]G
ohne Vertretung durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden. Sie hat auch in
der Sache Erfolg.
1.
Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt,
die Bestimmung in § 7 Abs. 2 Satz
1 [X.], wonach für die Anfertigung der [X.] 50
Ablichtungen und Ausdrucke 0,50

je Seite ersetzt werden, finde vorlie-gend keine Anwendung.
Der Beschwerdeführer sei
als Verfahrenspfleger nicht in den in § 1 [X.] bestimmten [X.] aufgenommen
und § 1835 Abs. 1 Satz
1 BGB verweise
ausdrücklich nur hinsichtlich des Ersatzes von [X.]ahrtkosten auf § 5 [X.]. [X.]ür eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die Erstattung von Kopierkosten fehle
es deshalb an einer planwidrigen [X.].
Entscheidend sei
nach Maßgabe des in Bezug genommenen
§
670 BGB vielmehr allein, in welcher Höhe Kopierkosten tatsächlich angefallen seien
und ob der Beschwerdeführer diese für erforderlich habe halten dürfen. Seien die Kopierkosten nicht exakt bezifferbar, seien
sie zu schätzen.
Dabei sei
es grundsätzlich
nicht zu beanstanden, die Kosten für die Anfer-tigung einer Ablichtung auf 0,15

je Kopie zu schätzen. Denn die Annahme, dies 4
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-
4
-
entspreche dem Preis für eine in einem Copyshop angefertigte Kopie, sei
ohne weiteres gerechtfertigt.
Dieser Maßstab dürfe
vorliegend jedoch nicht herangezogen werden; denn es sei
unstreitig, dass der Beschwerdeführer die in Rede stehenden Kopien nicht in einem Copyshop habe
anfertigen lassen, sondern sich als Rechtsanwalt des in seiner Kanzlei aufgestellten Kopiergerätes
-
und wohl auch der Unterstüt-zung eines Mitarbeiters bzw. einer Mitarbeiterin -
bedient habe. Die Erstattung von Kopierkosten, die einem Rechtsanwalt bei [X.]ertigung von Kopien in seiner eigenen Kanzlei entstünden, regele
indes Nr. 7000 VV RVG. Danach erhalte
der Rechtsanwalt eine "Pauschale" für die ersten 50 abzurechnenden Ablichtungen und Ausdrucke in Höhe von 0,50

[X.] MwSt. Mit dieser Vorschrift solle
die "wirklich notwendige oder sonst gerechtfertigte Abgeltung echter Unkosten" ge-sichert werden.
Damit biete das anwaltliche Vergütungsverzeichnis eine rechtliche Grund-lage für die Abschätzung der Kosten, die einem Rechtsanwalt für die Anfertigung einer Ablichtung bei Benutzung des in seinem Büro vorhandenen Kopierers tat-sächlich entstünden. [X.]ür die Grundlage dieser Abschätzung sei
es ohne Bedeu-tung, ob der Rechtsanwalt Ablichtungen im Zuge seiner anwaltlichen Tätigkeit oder -
wie im vorliegenden Zusammenhang -
aufgrund seiner Tätigkeit als be-stellter Verfahrenspfleger fertige. Diese Kosten seien
dem anwaltlichen Verfah-renspfleger tatsächlich entstanden und deshalb nach Maßgabe von § 670 BGB zu erstatten.
2.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
a) Gemäß § 277 Abs. 1 Satz 1 [X.]am[X.]G iVm §§ 1835 Abs. 1 Satz 1, 670 BGB kann der Verfahrenspfleger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Hierzu zählen auch die Kos-ten, die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit für die Erstellung von [X.]otokopien ent-8
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standen sind (MünchKomm[X.]am[X.]G/[X.] 2. Aufl. § 277 Rn. 5). Kann
der Verfahrenspfleger die
hierfür angefallenen
Kosten nicht
konkret darlegen, weil er -
wie im vorliegenden [X.]all -
die Kopien in seinem Büro unter Verwendung eines eigenen Kopiergerätes angefertigt hat, werden in der Rechtsprechung und im Schrifttum unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, in welcher Höhe [X.]otokopierkosten
zu erstatten sind. Teilweise wird ein Pauschalbetrag von 0,15

für jede angefertigte Kopie für angemessen gehalten
([X.], 492, 493; [X.] [X.]amRZ 2001, 864; BayObLG NJWE-[X.]ER 2001, 292; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 3. Aufl. Teil [X.] Rn. 15; [X.] Betreu-ungsrecht [März 2013] § 1835 BGB Rn. 30; [X.]/[X.]/[X.] BGB 4. Aufl. § 1835 Rn. 4; [X.]/[X.] Die Vergütung des Betreuers 5. Aufl. Rn.
219).

([X.] [X.]amRZ
2001, 114; HK-BUR/[X.]/[X.] [Dezember 2012] § 1835 BGB Rn.
34 a; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 4. Aufl. § 1835 BGB Rn. 9).
b) Das Beschwerdegericht hat sich im Ergebnis der letztgenannten [X.] angeschlossen und
den Aufwand, der
dem Beteiligten zu 2
durch die [X.]ertigung der Kopien entstanden ist, pauschal auf 0,50

geschätzt.
Hiergegen ist für den Aufwendungsersatzanspruch eines anwaltlichen Verfah-renspflegers, der aus Anlass der ihm übertragenen [X.] Kopien auf einem in seiner Kanzlei vorhandenen Kopiergerät fertigt, aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

aa) Zutreffend
ist
das Beschwerdegericht allerdings
davon ausgegangen, dass für die Höhe der ersatzfähigen Kopierkosten nicht auf § 7 Abs. 2 Satz
1 [X.] abgestellt werden kann. Der in einem Betreuungsverfahren gerichtlich be-stellte Verfahrenspfleger wird vom persönlichen Anwendungsbereich des §
1 Abs. 1 [X.] nicht erfasst. Auch eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 2 Satz
1 12
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[X.] scheidet aus, weil es an der für eine Analogie notwendigen [X.] fehlt.
Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts sowie weiterer Vorschriften (Betreuungsrechtsänderungsgesetz -
BtÄndG) vom 25. Juni 1998 ([X.]
I S. 1580) am
1. Januar 1999 erklärte
§ 1835 Abs. 4 Satz
2 BGB die Vorschriften über das Verfahren bei der Entschädigung von Zeugen hinsichtlich ihrer baren Auslagen für sinngemäß anwendbar. Daraus wurde ver-einzelt geschlossen, dass über diese Verweisung auch diejenigen
Vorschriften des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen an-wendbar seien, die materielle Regelungen über die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen treffen
(so etwa [X.]/[X.] BGB 55. Aufl. § 1835 Rn.
19).
Mit der Neufassung des § 1835 BGB und insbesondere der Bezugnah-me
auf § 9 [X.]
für den Ersatz von [X.]ahrtkosten durch das Betreuungsrechts-änderungsgesetz sollte die bisherige
unscharfe Verweisung in § 1835 Abs.
4 Satz 2 BGB a. [X.]. durch eine klare, auf den Ersatz von [X.]ahrtkosten begrenzte Regelung ersetzt werden (vgl. BT-Drucks.
13/7158 S. 22). Diese [X.] Entscheidung, für den erstattungsfähigen Aufwendungsersatzanspruch des Vormunds neben § 9 [X.] nicht auf weitere Bestimmungen dieses Gesetzes zu verweisen, kann nicht durch eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 2 [X.], der seit
dem Inkrafttreten
des
Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5.
Mai 2004 ([X.] I S. 718)
die Regelung des §
11 [X.] ersetzt, umgangen werden.
Die Höhe der dem Verfahrenspfleger zu ersetzenden Kopierkosten ist demnach gesetzlich nicht festgelegt, insbesondere nicht auf bestimmte Beträge beschränkt. Vielmehr sind die Kosten nach Aufwand zu ersetzen.
bb) Kann der Verfahrenspfleger die ihm entstandenen Kopierkosten nicht konkret darlegen, kann das Gericht die Höhe der erstattungsfähigen
Aufwendun-14
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gen schätzen, wenn eine ausreichende Schätzgrundlage vorhanden ist (Prüt-ting/[X.]/[X.]röschle [X.]am[X.]G 2. Aufl. § 277 [X.]am[X.]G Rn. 19). Es wäre ein unver-hältnismäßiger Aufwand, müsste ein Verfahrenspfleger, der über ein eigenes Kopiergerät verfügt, die für die [X.]ertigung einer [X.]otokopie relevanten Kosten (z.B. Anschaffungskosten und Lebensdauer des Geräts, Aufwand an Toner und [X.]) konkret darlegen (vgl. BayObLG NJWE-[X.]ER 2001, 292).

Keine Bedenken bestehen dagegen, bei der im Rahmen des §
670 BGB gebotenen Schätzung der einem zum Verfahrenspfleger bestellten Rechtsanwalt zu erstattenden Kopierkosten auf die [X.] nach Nummer 7000 Nr. 1 des [X.] zu § 2 Abs. 2 RVG (im [X.]olgenden Nr.
7000 Nr. 1 VV RVG) abzustellen.
[X.]ür die notwendige Schätzung bietet die Höhe der [X.] in Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG eine
tragfähige Grundlage.
Die dort vorgesehene Pau-für die ersten 50 Kopien übersteigt zwar die Kosten, die bei der [X.]ertigung von Kopien beispielsweise in einem Copyshop entstehen. Sie [X.] jedoch die marktüblichen Durchschnittspreise für die [X.]ertigung von Kopien, erhöht um die anteiligen Gemeinkosten des Erstattungsberechtigten (vgl. BT-Drucks. 15/1971 S. 181). Mit ihr sollen neben den reinen Materialkosten auch alle weiteren mit der [X.]ertigung der Kopien verbundenen Aufwendungen abgegolten werden (vgl. [X.]/[X.]/[X.] Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, [X.] und von ehrenamtlichen Richtern nach dem [X.] 25. Aufl. § 7 [X.] Rn. 7.20; [X.] [X.] § 7 Rn. 28).
Hinzu kommt, dass außer in Nr. 7000 VV RVG inzwischen in allen gesetzlichen Kos-tenregelungen für die [X.]ertigung der ersten 50 Kopien ein erstattungsfähiger en ist (vgl. Nr. 9000 Nr.
1 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2
[KV [X.]], Nr. 2000 Nr. 1 der Anlage zu § 4 Absatz
1 JVKostG, Nr. 31000 der Anlage 1 zu § 3 Absatz 2 [KV GNotKG] und § 7 Abs.
2 [X.]).
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Mit der in Nr. 7000 Nr.
1 VV RVG enthaltenen [X.]
steht damit ein brauchbarer Orientierungsmaßstab zur Verfügung, der die einem
zum Verfahrenspfleger bestellten
Rechtsanwalt bei der [X.]ertigung von Kopien
in seiner Kanzlei
entstehenden Kosten angemessen abbildet und daher als Grund-lage für die im Rahmen des Erstattungsanspruchs nach § 277 Abs.
1 Satz
1 [X.]am[X.]G iVm §§ 1835 Abs. 1 Satz 1, 670 BGB erforderliche Schätzung herange-zogen werden kann.
Dose [X.] Günter

Botur Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.02.2012 -
785a [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 14.03.2012 -
3 [X.]/12 -

19

Meta

XII ZB 159/12

04.12.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2013, Az. XII ZB 159/12 (REWIS RS 2013, 606)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 606

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I-10 W 70/06 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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XII ZB 159/12

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