Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2003, Az. XII ZR 66/01

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4189

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[X.] DES VOLKESURTEILXII ZR 66/01Verkündet am:26. Februar 2003Küpferle,[X.] Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 26. Februar 2003 durch die Richter [X.], [X.], [X.], Dr. Ahlt und dieRichterin [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des [X.] vom 6. Februar 2001 im Ko-stenpunkt und insoweit aufgehoben, als der [X.] zur Zahlungverurteilt worden ist.Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten [X.] und Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin macht Miete und Nebenkosten für ein gewerbliches Miet-objekt geltend.Die Rechtsvorgängerin der Klägerin vermietete mit schriftlichem Vertragvom 7. Dezember 1992 Büroräume an eine Bürogemeinschaft, an der der [X.] beteiligt war, für die [X.] vom 15. April 1993 bis 15. April 2003. Die Mietesamt Nebenkostenpauschale betrug monatlich zunächst 4.708,20 [X.], ab [X.] 1993 [X.] [X.] 3 -§ 12 des Mietvertrages lautet:"1.Der Mieter kann gegen Mietzinsforderungen mit Schadensersatzfor-derungen nach § 538 [X.] nur aufrechnen oder diesbezüglich [X.] ausüben, wenn er seine Absicht dem [X.] mindestens einen Monat vor Fälligkeit des Mietzinses schrift-lich angezeigt [X.] sonstigen Gegenforderungen kann der Mieter nur aufrechnen,soweit sie unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Zurückbe-haltungsrechte stehen dem Mieter unbeschadet von Ziffer 1. nur we-gen Gegenforderungen zu, die auf dem Mietverhältnis beruhen."Im Juli/August 1993 bezog der [X.], der nach dem Ausscheiden derübrigen Mieter aus der Bürogemeinschaft den Mietvertrag als alleiniger [X.], das Mietobjekt. Mit Schreiben vom 13. Juli 1995 wies er erstmalsdie Klägerin auf "unerträgliche Temperaturen infolge der Sonneneinstrahlung"hin. Seit August 1995 minderte er deshalb die Miete um 50 %, seit [X.] zahlte der [X.] nur noch 1 [X.] Nettomiete. Mit Schreiben [X.] erklärte sich die Klägerin mit einer Minderung um 4 [X.]/qm auf21 [X.]/qm einverstanden. Die Minderung sollte ab dem 1. September 1995 be-ginnen und "vorerst für den [X.]raum von einem Jahr" gelten. Darüber hinausteilte sie dem [X.]n mit, "daß mit Nachdruck an der Installation von [X.] gearbeitet wird". Sie versprach, die Außenjalousien innerhalb dernächsten acht Wochen zu installieren.Mit Schreiben vom 12. September 1995 stellte die Klägerin klar, daß siedie Minderung in der vorgenommenen Höhe nicht akzeptiere. Der [X.] weiterhin nur eine um 50 % geminderte Nettomiete. Erstmals mit [X.] vom 15. Februar 1998 wies die neue Verwalterin der Klägerin auf [X.] 4 -stände hin, erklärte, daß ihr die Mängelanzeigen bekannt seien und schlug einpersönliches Gespräch mit dem Ziel einer Einigung vor.Das [X.] hat den [X.]n verurteilt, an die Klägerin125.920,52 [X.] sowie Zinsen in Höhe von 14.355,58 [X.] sowie 6 % Zinsen aus125.920,52 [X.] seit dem 25. Dezember 1999 zu bezahlen. Die Widerklage, mitder der [X.] Schadensersatz in Höhe von 395.214,22 [X.] geltend gemachthat, hat das [X.] abgewiesen. Auf die Berufung des [X.]n hat das[X.] die landgerichtliche Entscheidung abgeändert und den [X.]n zur Zahlung von 106.179,59 [X.] nebst 6 % Zinsen, monatlich gestaffelt,verurteilt. Hinsichtlich der abgewiesenen Widerklage ist das Rechtsmittel ohneErfolg geblieben. Dagegen wendet sich der [X.] mit der Revision, die [X.] insoweit angenommen hat, als der [X.] zur Zahlung verurteilt [X.] ist.Entscheidungsgründe:Die Revision des [X.]n führt im Umfang der Annahme zur Aufhe-bung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an [X.] Das [X.] hat ausgeführt, die Miete sei nicht gemindert.Da der [X.] vom [X.]punkt seines Einzuges im Juli/August 1993 bis ein-schließlich Juli 1995 die Miete vorbehaltlos bezahlt habe, sei sein Minderungs-recht entsprechend § 539 [X.] für die Vergangenheit und die Zukunft verwirkt.Ein [X.]raum von sechs Monaten reiche in diesem Zusammenhang in der [X.], Gewährleistungsrechte des Mieters auch für die Zukunft [X.] 5 -Eine längere Frist komme in Betracht, wenn sich der Mangel erst langsam [X.] und der Mieter daher [X.] zur Prüfung benötige, ob ihm ein Minderungs-recht zustehe. Der [X.] trage selbst vor, daß er die zu hohen Temperatu-ren alsbald nach dem Einzug in die Mieträume bemerkt habe. Selbst bei [X.] einer Prüfungsfrist bis Ende 1994 sei durch die vorbehaltslose [X.] der Miete bis einschließlich Juli 1995 das Minderungsrecht verwirkt. [X.] könne sich der [X.] nicht berufen. Das [X.], innerhalb der nächsten acht Wochen Außenjalousien anzubringen,sei erst nach Ablauf der dem [X.]n [X.] erfolgt.Sie lasse die bereits eingetretene Verwirkung des Minderungsrechts nicht mehrentfallen. Die Berufung der Vermieterin auf § 539 [X.] sei nicht rechtsmiß-bräuchlich (§ 242 [X.]), zumal der Mieter seinen vertraglichen Erfüllungsan-spruch aus § 536 [X.] behalte. Der Anspruch auf Miete sei nicht deshalb [X.], weil die Klägerin seit 1995 nichts gegen die Kürzungen der Miete durchden [X.]n unternommen habe. Dem Vermieter dürfe es nicht ohne weitereszum Nachteil gereichen, wenn er mit der Geltendmachung seiner Ansprücheaus Bequemlichkeit oder Sorglosigkeit zuwarte. Die Nebenansprüche seiennicht verjährt, die Gesamtforderung betrage 225,869,79 [X.]. Abzüglich der [X.] gezahlten 119.690,20 [X.] verbleibe eine Restforderung in Höhe von106.179,59 [X.]. Die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch aus§ 538 Abs. 1 1. Alt. [X.] bzw. § 823 Abs. 1 [X.] sowie die Geltendmachungeines Zurückbehaltungsrechtes sei bereits durch § 12 Ziffer 1 des Mietvertragesausgeschlossen, weil sie nicht mindestens einen Monat vor Fälligkeit der [X.] worden seien. Die zulässige Widerklage sei [X.] Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allenPunkten stand.- 6 -a) Ohne Rechtsfehler durfte das [X.] davon ausgehen,daß der [X.] aufgrund analoger Anwendung des § 539 [X.] a.F. mit Ge-währleistungsansprüchen ausgeschlossen sei, weil er die Miete seit seinemEinzug Juli/August 1993 bis Juli 1995 vorbehaltlos bezahlt habe. Das [X.] stützte sich dabei auf die ständige höchstrichterliche Rechtspre-chung (vgl. [X.], Urteil vom 31. Mai 2000 - [X.] - NJW 2000, 2663,2664; Urteil vom 11. Dezember 1991 - [X.] - NJW-RR 1992, 267, [X.] bereits das [X.] mit Urteil vom 15. Juni 1936 - [X.], 2706). Der [X.] hat die - nicht neuen - Argumente der Revision geprüft.Sie geben keinen Anlaß, die bisherige Rechtsprechung aufzugeben.b) Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, der [X.] habe [X.] beim Einzug 1993 nicht sofort bemerkt; erst mit fortschreitender Miet-dauer habe er festgestellt, daß eine erhebliche Mietbeeinträchtigung vorliege.Nach den bindenden Feststellungen (§ 561 ZPO a.F.) des Berufungsurteils hatder [X.] selbst vorgetragen, daß er die zu hohen Temperaturen alsbaldnach dem Einzug in die gemieteten Räume bemerkt habe. Das [X.] konnte deshalb ohne Rechtsverstoß davon ausgehen, daß der [X.] bei Einräumung einer großzügigen Prüfungsfrist bis Ende 1994 das [X.] durch die vorbehaltlose Zahlung der Miete bis einschließlich [X.] in entsprechender Anwendung des § 539 [X.] a.F. verloren habe. [X.] der Revision, die Anwendung des § 539 [X.] a.F. scheitere schon ander Zusage der Mangelbeseitigung seitens des [X.], verkennt, daß die Zu-sage der Mangelbeseitigung erst mit Schreiben vom 21. August 1995, somit zueinem [X.]punkt erfolgt ist, als der [X.] seine Gewährleistungsrechte be-reits verloren hatte.c) Zu Recht macht die Revision aber geltend, auch der Mieter müssesich darauf verlassen können, daß der Vermieter, der eine Minderung über ei-- 7 -nen längeren [X.]raum [X.], die vertraglich vereinbarte Mietenicht rückwirkend verlangen werde. Ob insoweit die - gleichsam spiegelbildli-che - entsprechende Anwendung des § 539 [X.] a.F. in Betracht kommt (beja-hend [X.], 328; a.[X.] ZMR 2000, 65, 68; Pa-landt/[X.] [X.] 60. Aufl. § 539 Rdn. 5) kann dahinstehen, da § 539 [X.]ein Unterfall der Verwirkung ist und jedenfalls die allgemeinen [X.] erfüllt sind.Die Revision rügt zutreffend, daß die Gründe, mit denen das Berufungs-gericht die Voraussetzungen einer Verwirkung abgelehnt hat, seine Entschei-dung nicht tragen. Das [X.] hat die Verwirkung unter Hinweis aufein Urteil des [X.]. Zivilsenats des [X.] (Urteil vom 29. [X.] - [X.] ZR 310/82 - NJW 1984, 1684) verneint, weil es dem Vermieter [X.] weiteres zum Nachteil gereichen dürfe, wenn er mit der [X.] Ansprüche aus Bequemlichkeit oder Sorglosigkeit zuwarte. Damit hat esein Argument dieser Entscheidung in unzulässiger Weide verallgemeinert. DasBerufungsgericht hat zwar insoweit recht, als zur Annahme der Verwirkung [X.] der Ablauf eines längeren [X.]raums im allgemeinen nicht genügt (vgl. auch[X.] aaO). Der Verstoß gegen Treu und Glauben, der den Verwirkungstatbe-stand begründet, besteht nämlich in der Illoyalität der verspäteten Geltendma-chung des Anspruchs, die darin zu sehen ist, daß eine Forderung verfolgt wird,obwohl der Vertragspartner bereits darauf vertrauen durfte, daß keine Forde-rungen mehr geltend gemacht werden, und er sich hierauf auch bereits einge-richtet hat. Über den bloßen [X.]ablauf hinaus müssen somit besondere Um-stände vorliegen, die die Feststellung rechtfertigen, der Schuldner habe [X.] vertrauen können, daß der Gläubiger die Forderung nicht mehr geltendmache. Solche Umstände lagen hier aber vor. Die Klägerin hatte sich [X.] einer Minderung - wenn auch nicht in der vom [X.]n vorgenommenenHöhe - einverstanden erklärt. Sie hat Beseitigung des Mangels innerhalb von- 8 -acht Wochen durch Einbau von Außenjalousien zugesagt, diese Zusage abernicht eingehalten. Wenn die Klägerin unter diesen Umständen die [X.] hinweg hinnimmt, so konnte die [X.] darauf vertrauen, daß dieKlägerin keine Nachzahlung der einbehaltenen Miete verlangen werde. Es istauch naheliegend, daß der [X.] im Vertrauen darauf von einer Kündigungabgesehen hat.An einer eigenen Entscheidung ist der [X.] aber schon deshalb gehin-dert, weil nicht feststeht, wie lange der Vertrauenstatbestand gegeben war. [X.] vom 17. Februar 1998 hat die neue Verwalterin - erstmals seit [X.] 1995 - auf Rückstände hingewiesen, aber keineswegs zur Nachzahlungder vollen Miete aufgefordert, sondern Vergleichsverhandlungen vorgeschla-gen. Feststellungen dazu, wann der [X.] nicht mehr mit der Duldung [X.] rechnen durfte, hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht zuRecht - nicht getroffen (vgl. auch nachfolgend unter 4.).d) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Nebenforderungen [X.] seien verjährt, diejenigen für 1995 bis 1998 durch Aufrechnungen erlo-schen. Das Berufungsgericht hat die [X.] nicht zur Zahlung von [X.] verurteilt. Im Berufungsurteil ist lediglich eine Abrechnung vorgenommen,welche Nebenkosten der [X.] - neben der Miete - insgesamt schuldete undwieviel er insgesamt bezahlte. Die Nebenforderungen waren durch die [X.] in vollem Umfang getilgt.3. Der [X.] ist nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden. [X.] muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es,gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag, die erforderlichen [X.] 9 -4. Der [X.] weist für das weitere Verfahren auf folgendes hin: [X.] Berufungsgericht zu der Überzeugung gelangen, daß der geltend gemachteAnspruch nicht in vollem Umfang verwirkt ist, so muß die Frage geklärt werden,ob die behaupteten Mängel tatsächlich vorliegen. Zu Recht macht die [X.] geltend, daß dem [X.]n bei Vorliegen der behaupteten Mängel [X.] zusteht. Ist das Mietobjekt mangelhaft und kann [X.] Gewährleistungsansprüche nicht mehr geltend machen, so bleibt ihm [X.] erhalten; er kann Herstellung eines zum vertragsgemäßenGebrauch der Mietsache geeigneten Zustandes verlangen ([X.]Z 84, 42, 45).Darüber hinaus ist der Mieter berechtigt, die Einrede des nichterfüllten Vertra-ges gemäß § 320 [X.] zu erheben (aaO 46). Diese Einrede ist in § 12 Abs. 1des Mietvertrages nicht ausgeschlossen und deren Geltendmachung auch nichtdavon abhängig gemacht, daß sie der Mieter einen Monat vor Fälligkeit [X.] schriftlich anzeigt (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 2 des Mietvertrages). Der [X.] hat die Einrede erhoben. Sie führt - bei Vorliegen des Herstellungsan-spruches - zur Verurteilung Zug um Zug und schließt darüber hinaus den [X.] des [X.]n aus ([X.] aaO).[X.][X.][X.]AhltBundesrichterin Dr. Vézina hat [X.] kann deshalb nicht unterschreiben.[X.]

Meta

XII ZR 66/01

26.02.2003

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2003, Az. XII ZR 66/01 (REWIS RS 2003, 4189)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4189

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