Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.10.2020, Az. V ZB 67/19

5. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1131

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Notarkostenbeschwerde: Richtigkeit der Sachbehandlung bei getrennter Beurkundung von Grundstückskaufvertrag und Auflassung


Leitsatz

1. Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG liegt nur bei einem offen zutage tretenden Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder bei einem offensichtlichen Versehen des Notars sowie dann vor, wenn der Notar von mehreren gleich sicheren Gestaltungsmöglichkeiten die teurere wählt.

2. Die getrennte Beurkundung von Grundstückskaufvertrag und Auflassung stellt keine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG dar; dies gilt auch, wenn der Notar die Beteiligten nicht über kostengünstigere andere Gestaltungsmöglichkeiten belehrt.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Kostengläubigers wird der Beschluss des 9. Zivilsenats des [X.] vom 26. März 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Kostenberechnung des Kostengläubigers vom 21. Dezember 2015 ([X.]) aufgehoben worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Beschwerde der Kostenschuldnerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 80 des [X.] vom 5. April 2017 zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden für das Beschwerde- und das Rechts-beschwerdeverfahren nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten 877 €.

Gründe

I.

1

Die Kostenschuldnerin gab am 2. Mai 2014 vor einem Notar in [X.] ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages über den Kauf einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung in [X.] ab. Nach § 6 des Vertrages waren die Vertragsparteien zur Erklärung der Auflassung erst nach Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, unter anderem der vollständigen Kaufpreiszahlung und der Abnahme des Sondereigentums durch den Käufer im Rahmen einer Begehung, verpflichtet; zugleich erteilte die Kostenschuldnerin dem Verkäufer (Bauträger) die Vollmacht, die Auflassung für den Kaufgegenstand zu erklären und entgegen zu nehmen. Der Verkäufer nahm dieses Angebot durch eine von dem [X.] in [X.] errichtete Urkunde vom 7. Mai 2014 an. Nach Vorliegen der vertraglichen Voraussetzungen beurkundete der [X.] am 14. Dezember 2015 zur [X.]. 1875/2015 die Auflassung des Wohnungseigentums. Hierüber erteilte er der Kostenschuldnerin die Kostenberechnung vom 21. Dezember 2015 über eine Gebühr nach [X.] [X.]. 685 € nebst [X.], Auslagen und Umsatzsteuer, insgesamt 877,51 €.

2

Das [X.] hat den Antrag der Kostenschuldnerin auf gerichtliche Entscheidung gegen die Kostenberechnung zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Kostenschuldnerin hat das [X.] die Berechnung aufgehoben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Kostenschuldnerin beantragt, wendet sich der [X.] gegen die Beschwerdeentscheidung mit dem Ziel der Wiederherstellung der Entscheidung des [X.]s.

II.

3

Nach Ansicht des [X.], dessen Entscheidung u.a. in [X.] 2019, 412 veröffentlicht ist, ist die Kostenberechnung aufzuheben, weil die geltend gemachten Gebühren Folge einer unrichtigen Sachbehandlung im Sinne von § 21 [X.] seien. Dies ergebe sich daraus, dass der [X.] die getrennte Beurkundung von Annahme und Auflassung vorgenommen habe, ohne vorher die möglichen Alternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen und insbesondere die damit verbundenen Risiken und Kosten mit den Beteiligten zu erörtern und ihre eigenverantwortliche Entscheidung einzuholen. Hierin sei eine Amtspflichtverletzung im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.] zu sehen. Der Notar habe die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kostenfolgen abzuwägen. Sodann habe er die Beteiligten auf die Vor- und Nachteile der möglichen Gestaltungen für die eine oder die andere Vertragspartei und die jeweiligen Kostenfolgen hinzuweisen. Nur wenn die Beteiligten sich dann übereinstimmend für die mehr Sicherheit bietende, aber auch mehr Kosten verursachende Vertragsgestaltung entschieden, könne der Notar dem entsprechen, ohne sich dem Vorwurf amtspflichtwidrigen Verhaltens auszusetzen.

III.

4

Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 129 Abs. 2, § 130 Abs. 3 Satz 1 [X.], § 70 Abs. 1 FamFG statthaft (vgl. zum Zulassungserfordernis Senat, Beschluss vom 4. Juli 2019 - [X.], NJW 2019, 3524 Rn. 3 mwN) und auch im Übrigen zulässig (§ 130 Abs. 3 Satz 1 [X.] i.V.m. § 71 Abs. 1 FamFG). In der Sache ist die Rechtsbeschwerde begründet. Die Kostenberechnung vom 21. Dezember 2015 ist nicht zu beanstanden.

5

1. Die in der Kostenberechnung angesetzten Gebühren sind richtig berechnet. Hinsichtlich der in Streit stehenden Beurkundung der Auflassung ergibt sich bei einem Geschäftswert von 339.278 € nach [X.] [X.] Nr. 21102 [X.] eine 1,0-Gebühr von 685 €. Diese Gebühr wäre allerdings nach § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht zu erheben, wenn sie bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wäre. Entgegen der Auffassung des [X.] stellt es aber keine unrichtige Sachbehandlung im Sinne dieser Vorschrift dar, dass der [X.] die Auflassung getrennt von der Annahmeerklärung des Bauträgers beurkundet und die Beteiligten nicht auf die mit der getrennten Beurkundung der Auflassung verbundenen Mehrkosten hingewiesen hat.

6

a) Wie das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt zutreffend sieht, liegt eine unrichtige Sachbehandlung i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] nur bei einem offen zutage tretenden Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder bei einem offensichtlichen Versehen des Notars (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Juli 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 1457 Rn. 7 unter Bestätigung von [X.], Beschluss vom 2. Dezember 2011 - [X.], juris Rn. 11, jeweils noch zu § 16 Abs. 1 Satz 1 [X.]; zu Gerichtskosten schon [X.], Beschluss vom 24. September 1962 - [X.], NJW 1962, 2107; Beschluss vom 26. September 2002 - [X.], juris Rn. 1) sowie dann vor, wenn der Notar von mehreren gleich sicheren Gestaltungsmöglichkeiten die teurere wählt (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Juli 2012 - [X.], aaO mit krit. [X.]. Kesseler, [X.] 2013, 25 zur Gleichwertigkeit im konkreten Fall).

7

b) Nach diesen Maßstäben stellt die getrennte Beurkundung der Annahmeerklärung des Bauträgers und der Auflassung durch den [X.] keine unrichtige Sachbehandlung dar.

8

aa) Allerdings ist die getrennte Beurkundung von Kaufvertrag und Auflassung teurer, und zwar - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - auch in dem Fall, dass [X.] und -annahme durch verschiedene Notare beurkundet werden.

9

(1) [X.] ein Notar einen Grundstückskaufvertrag mit Auflassung, fällt hierfür eine 2,0-fache Gebühr nach Nr. 21100 [X.] an. Da die Auflassung der Erfüllung des Kaufvertrages dient, ist für sie nach § 109 Abs. 1 Satz 2 [X.] keine gesonderte Gebühr zu erheben (vgl. etwa Hartmann/[X.]/Forbriger, Kostenrecht, 50. Aufl., [X.] § 109 Rn. 7). [X.] [X.]elbe Notar hingegen zunächst nur den Kaufvertrag und dann getrennt davon die Auflassung, so fällt für diese Beurkundung eine zusätzliche 0,5-fache Gebühr nach Nr. 21101 [X.] [X.] an, bei Beurkundung der Auflassung durch einen anderen Notar sogar eine 1,0-Gebühr nach Nr. 21102 [X.] [X.]. Die getrennte Beurkundung ist somit teurer als die Mitbeurkundung der Auflassung in der [X.].

(2) Dies gilt gleichermaßen bei der - hier vorliegenden - sukzessiven Beurkundung von [X.] und -annahme durch verschiedene Notare.

(a) [X.] der [X.] Annahme und Auflassung gemeinsam, fällt für die Annahme die 0,5-fache Gebühr nach Nr. 21101 [X.] [X.] an. Für die Auflassung ist - wie in dem Fall, dass der Grundstückskaufvertrag in einem Verfahren beurkundet wurde - Nr. 21102 [X.] [X.] GKNotKG anzuwenden (vgl. [X.]/[X.] [1.6.2020], Nr. 21101 [X.] Rn. 8 f.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., [X.] 21102 Rn. 10; [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl., Nr. 21101 [X.] Rn. 10 und Nr. 21102 [X.] Rn. 3; [X.] Gerichts- und [X.]/[X.], 2. Aufl., Nr. 21101 [X.] Rn. 6; [X.] Kostenspiegel, 2. Aufl., Rn. [X.] f.; [X.] in [X.]/[X.]/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., [X.] Nr. 21100-21102 Rn. 54; [X.], [X.], 6. Aufl., Rn. 452 ff.; Streifzug durch das [X.], 12. Aufl., Rn. 160 ff. und Rn. 3264; [X.], [X.] 2013, 446, 447), denn auch bei gleichzeitiger Beurkundung von Annahme und Auflassung ist das zugrundeliegende Rechtsgeschäft (der Kaufvertrag) beurkundet und dient die Auflassung nur dessen Erfüllung. Es entspricht sowohl den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 17/11471 S. 219) als auch Sinn und Zweck des [X.], die ermäßigte Gebühr - und nicht die 2,0-fache Gebühr nach Nr. 21100 [X.] - auch in diesem Fall anzuwenden, da den Notar, der nur die Annahme beurkundet, worauf noch zurückzukommen sein wird, keine Aufklärungs- und [X.] hinsichtlich des Inhalts des Angebots treffen und damit nicht hinsichtlich des Inhalts des Kaufvertrages. Die 0,5-fache Gebühr nach Nr. 21101 [X.] [X.] für die Annahme kommt gemäß § 94 Abs. 2 Satz 1 [X.] in diesem Fall indes nicht zum Tragen, da Annahme und Auflassung denselben Beurkundungsgegenstand betreffen (§ 109 Abs. 1 Satz 1 u. 2 [X.]) und die Gebühr somit nach dem höchsten in Betracht kommenden Gebührensatz berechnet wird (vgl. [X.]/[X.] [1.6.2020], § 109 [X.] Rn. 15). Damit fällt insgesamt eine 1,0-fache Gebühr an.

(b) Werden Annahme und Auflassung durch den [X.] getrennt beurkundet, findet § 94 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 109 [X.] hingegen keine Anwendung, so dass die 0,5-Gebühr für die Annahme gemäß Nr. 21101 [X.] [X.] und die 1,0-Gebühr für die Auflassung gemäß Nr. 21102 [X.] [X.] nebeneinander entstehen. Die getrennte Beurkundung von Annahme und Auflassung löst somit insgesamt eine 1,5-fache Gebühr aus, ist also um eine 0,5-fache Gebühr teurer als die gemeinsame Beurkundung.

[X.]) Vorliegend kann die getrennte Beurkundung von Annahme und Auflassung aber schon deshalb keine unrichtige Sachbehandlung durch den [X.] darstellen, weil dieser als [X.] für die Gestaltung des Kaufvertrages nicht verantwortlich und der Bauträger nach dessen Inhalt nicht verpflichtet war, die Auflassung bereits mit der Annahme des Angebots zu erklären.

(1) Die Vertragsparteien waren nach § 6 des Kaufvertrages zur Erklärung der Auflassung erst nach Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, unter anderem der vollständigen Kaufpreiszahlung, verpflichtet. Der Kaufpreis sollte nach § 3 Abs. 2 des Kaufvertrages nach Vorliegen bestimmter Voraussetzungen fällig werden, insbesondere erst, nachdem der Vertrag rechtswirksam ist. Nach dieser vertraglichen Regelung mussten die Beteiligten davon ausgehen, dass der Bauträger zum Zeitpunkt der die Wirksamkeit des Vertrages herbeiführenden Erklärung der Annahme des [X.]s noch nicht zur Auflassung verpflichtet sein würde. Hinsichtlich dieser vertraglichen Gestaltung trafen den [X.] keine [X.]. Die Aufklärungs- und [X.] des Notars, der allein die Annahme eines vorgegebenen Vertragsangebots beurkunden soll, beschränken sich nämlich grundsätzlich auf die rechtliche Bedeutung der Annahme. Der Inhalt des Vertragsangebotes gehört nicht zur rechtlichen Tragweite dieses Urkundsgeschäfts (vgl. [X.], Urteil vom 4. März 2004 - [X.], [X.]Z 158, 188, 193 mwN).

(2) Es ist auch nicht ersichtlich, welchen Sinn eine Belehrung durch den [X.] bei der Beurkundung der Annahmeerklärung des Bauträgers hätte haben sollen. Adressat einer Belehrung über die Möglichkeit der Kostenersparnis durch die gleichzeitige Erklärung der Auflassung wäre nur der allein bei der Annahmebeurkundung anwesende Vertreter des Bauträgers gewesen (vgl. [X.], Urteil vom 4. März 2004 - [X.], [X.]Z 158, 188, 194). Die Kosten des Vertrages waren aber nach § 7 des Angebots vom Käufer zu tragen. Es war daher nicht zu erwarten, dass der Bauträger ohne entsprechende vertragliche Verpflichtung die Auflassung sogleich mit der Annahme des Vertragsangebots erklären würde, obwohl dies für ihn einen Verlust an Sicherheit bedeutet und zu keiner Kostenersparnis geführt hätte. Wäre der Vertreter des Bauträgers - wie zu erwarten - zu einer sofortigen Mitbeurkundung der Auflassung nicht bereit gewesen, so hätte der [X.], da eine dahingehende Verpflichtung des Bauträgers nicht bestand, die Beurkundung der Annahmeerklärung ohne Auflassung auch nicht nach § 14 Abs. 2 [X.] verweigern dürfen.

(3) Soweit die Kostenschuldnerin in der Beschwerdeerwiderung darauf verweist, dass der [X.] als sog. [X.] tätig geworden sei, rechtfertigt dies keine andere rechtliche Beurteilung. Zwar kann der [X.] aufgrund seiner besonderen Stellung bei der sukzessiven Beurkundung von Angebot und Annahme in beson[X.] gelagerten Ausnahmefällen gehalten sein, die Annahme nur unter Änderung des angebotenen Kaufvertrages zu beurkunden, etwa wenn zwischenzeitlich eine Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen wurde, die den Vertragszweck gefährdet (vgl. [X.], Urteil vom 4. März 2004 - [X.], [X.]Z 158, 188, 197). So liegt es hier aber nicht, denn das von der Kostenschuldnerin abgegebene Angebot - über dessen Inhalt sie der Notar in [X.] zu belehren hatte - ließ von vornherein nicht erwarten, dass die Auflassung mit der Annahmeerklärung beurkundet werden würde.

cc) Selbst wenn der [X.] als sog. [X.] aufgrund seiner überragenden Stellung im gesamten Verfahren auch die Verantwortung für die vertragliche Gestaltung trüge, nach der die Annahmeerklärung und die Auflassung bei normalem Verlauf getrennt zu beurkunden waren, wäre ihm eine unrichtige Sachbehandlung nicht anzulasten.

(1) Allerdings ist umstritten, ob die getrennte Beurkundung von Grundstückskaufvertrag und Auflassung im Hinblick auf die im Vergleich zur gemeinsamen Beurkundung höheren Gebühren eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] darstellt.

(a) Teilweise wird vertreten, die getrennte Beurkundung von Kaufvertrag und Auflassung sei wegen des höheren Gebührenanfalls in aller Regel als falsche Behandlung der Sache anzusehen, wenn nicht besondere Umstände, insbesondere besondere [X.] eines Beteiligten, zeitlich divergierende Beurkundungen nahelegten (vgl. [X.], [X.] 1990, 674; [X.] 1996, 324, 325; MittRhNotK 2000, 261, 262; [X.], [X.], 163 f.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 21 Rn. 22; [X.]/Wedewer/[X.], [X.] [August 2017], § 21 Rn. 28; [X.], [X.], 19. Aufl., § 17 Rn. 269; Macht in [X.]/[X.]/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 21 [X.] Rn. 21; zur getrennten Beurkundung der Eintragungsbewilligung [X.], [X.] 1997, 892 f.).

(b) Nach anderer Ansicht ist die getrennte Beurkundung grundsätzlich nicht als unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu werten, weil es dem Notar obliege, im jeweiligen Einzelfall darüber zu entscheiden, ob [X.] der Beteiligten dieses Vorgehen rechtfertigen (vgl. BayObLG, [X.], 22, 23; KG, [X.] 1976, 434, 435 ff.; [X.], [X.] 1978, 118, 120; [X.] 1989, 650; [X.], [X.] 1998, 154 f.; LG [X.], BeckRS 2017, 153184 Rn. 14; [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl., § 21 Rn. 22 und 86; [X.]/[X.]/[X.], BGB [2017], § 925 Rn. 145; [X.], Rpfleger 1990, 505; [X.], [X.] 1990, 674, 676 ff.; Mümmler, [X.] 1990, 736 f.; Kanzleiter, [X.] 1996, 242, 249; [X.], [X.] 2001, 78, 80; Mensch, [X.] 2014, 172, 174).

(c) Der Senat entscheidet die Frage im Sinne der zuletzt genannten Ansicht. Die getrennte Beurkundung von Grundstückskaufvertrag und Auflassung stellt keine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] dar.

(aa) Der Notar hat in allen Phasen seiner Tätigkeit den sichersten Weg zu gehen, das heißt den Beteiligten zur sichersten Gestaltung zu raten (vgl. [X.], Urteil vom 15. Januar 1962 - [X.], NJW 1962, 586, 587; Urteil vom 21. Januar 2016 - [X.], [X.]Z 208, 302 Rn. 14). Nur wenn zur Erreichung des angestrebten Erfolgs mehrere in jeder Hinsicht gleich sichere und zweckmäßige Wege zur Verfügung stehen, hat er die Pflicht, unter diesen Wegen den kostengünstigsten zu wählen (vgl. KG, [X.] 1976, 434, 437; [X.], [X.], 163, 164; [X.] BGB/Litzenburger [1.8.2020], § 17 [X.] Rn. 1; [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl., § 21 Rn. 12 und 23; [X.]/Wedewer/[X.], [X.] [März 2018], § 21 Rn. 26; vgl. auch Senat, Beschluss vom 26. Juli 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 1457).

([X.]) Bei der Veräußerung eines Grundstücks stehen verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, um sicherzustellen, dass der Verkäufer sein Eigentum nicht vor vollständiger (Sicherstellung der) Kaufpreiszahlung verliert. So kann etwa dem Notar die Anweisung erteilt werden, die Eintragung des [X.] erst zu beantragen, wenn ihm die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen ist (oder der Kaufpreis auf dem [X.] hinterlegt ist; [X.]) und vorher dem Käufer und dem Grundbuchamt keine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Urkunde zu erteilen, die die Auflassung enthält ([X.]). In Betracht kommt auch, dass in der [X.] die Bewilligung der Eigentumsumschreibung noch nicht erklärt, sondern dem Notar Vollmacht erteilt wird, die Eintragungsbewilligung namens des Veräußerers zu erklären, sobald ihm die Kaufpreiszahlung nachgewiesen ist (sog. Bewilligungslösung; vgl. zum Ganzen Senat, Urteil vom 14. September 2018 - [X.], NJW 2018, 1308 Rn. 20). Daneben besteht die vorliegend von dem Notar gewählte Möglichkeit, die Auflassung erst nach Zahlung des Kaufpreises in einer gesonderten Urkunde zu beurkunden.

(cc) Je nach der konkreten Interessenlage der Vertragsparteien können für und gegen die gemeinsame oder getrennte Beurkundung von Kaufvertrag und Auflassung verschiedene Argumente sprechen. So kann das bei der gemeinsamen Beurkundung unter weiteren Voraussetzungen entstehende [X.] (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 1. Dezember 1988 - [X.], [X.]Z 106, 108, 111) als positive Nebenwirkung der [X.] Auflassung (vgl. [X.] in [X.], 7. Aufl., § 1 Rn. 448; [X.], [X.], 1999, 251, 265), aber auch als möglichst zu vermeidende ungesicherte Vorleistung des Verkäufers angesehen werden (vgl. BayObLG, [X.], 22, 23; [X.], [X.] 1998, 154, 155; LG [X.], BeckRS 2017, 153184 Rn. 17; Kanzleiter, [X.] 1996, 242, 253; Mensch, [X.] 2014, 172, 173 f.). Ebenso kann der Umstand, dass Änderungen des Kaufvertrags, die zeitlich der Auflassung nachfolgen, an[X.] als nachträgliche Änderungen vor Auflassung nicht der Form des § 313b Abs. 1 BGB bedürfen (st. Rspr., vgl. zuletzt Senat, Urteil vom 14. September 2018 - [X.], NJW 2018, 3523 Rn. 11), sowohl für eine Mitbeurkundung der Auflassung sprechen, etwa bei Bauträgerverträgen, wenn umfangreiche nachträgliche Sonderwünsche zwischen Bauträger und Käufer absehbar sind, die dann einfacher und kostengünstiger ohne Beurkundung vereinbart werden können (vgl. [X.], FS für [X.], 1999, 251, 259; [X.], [X.] 2001, 150, 152; [X.], jurisPR-[X.]ZivilR 20/2018 [X.]. 1 unter D.), als auch dagegen, weil den Beteiligten der vom Gesetz vorgesehene Schutz der notariellen Beratung bei [X.] nach der Auflassung verloren geht (vgl. LG [X.], BeckRS 2017, 153184 Rn. 17; [X.], [X.], 1999, 251, 258; Kanzleiter, [X.] 1996, 242, 253; [X.]., [X.] 1998, 954, 955; [X.]., [X.] 2004, 199, 200), was etwa bei geschäftsungewandten Beteiligten von Nachteil sein kann (vgl. [X.], [X.] 1998, 154, 155; [X.], [X.] 2001, 150, 152; Kanzleiter, [X.] 1996, 242, 253; [X.], [X.] 1990, 674, 677).

([X.]) Die Entscheidung darüber, welche der verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten der am besten geeignete Weg zur Wahrung der Interessen der Beteiligten ist, obliegt dem Notar, dem aufgrund seiner gesetzlich gewährleisteten Unabhängigkeit (§ 1 [X.]) hierbei ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum einzuräumen ist (zutreffend [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl., § 21 Rn. 40; [X.] [X.]/Sander [1.8.2020], § 17 Rn. 19 ff.; [X.], Rpfleger 1990, 505; [X.], [X.] 1990, 674, 677 f.). Dies gilt auch für die Beurteilung, ob die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Interessen der Beteiligten gleich sicher und zweckmäßig sind. Daher stellt es keine unrichtige Sachbehandlung dar, wenn der Notar die Auflassung erst beurkundet, nachdem der Kaufvertrag wirksam geworden und der Kaufpreis gezahlt bzw. hinterlegt ist (zutreffend [X.] Gerichts- und [X.]/[X.], 2. Aufl., § 21 Rn. 58; [X.], Rpfleger 1990, 505; [X.], [X.] 1990, 674, 677 f.; [X.], [X.] 2001, 150, 151; zu den Risiken der anderen möglichen Gestaltungen Mensch, [X.] 2014, 172, 175).

(3) Eine unrichtige Sachbehandlung liegt auch dann nicht vor, wenn der Notar die Beteiligten nicht über kostengünstigere andere Gestaltungsmöglichkeiten belehrt.

(a) Den Notar trifft grundsätzlich keine Belehrungspflicht über die Kostenfolge seiner Urkundstätigkeit, da allgemein bekannt ist, dass die Inanspruchnahme eines Notars die gesetzliche Gebührenpflicht auslöst (vgl. [X.], [X.] 1988, 391, 392; BeckOGK [X.]/Regler [15.8.2020], § 17 Rn. 91; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 21 Rn. 4; [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl., § 21 Rn. 20; Macht in [X.]/[X.]/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 21 [X.] Rn. 17; [X.], [X.], 19. Aufl., § 17 Rn. 268; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Handbuch der [X.], 4. Aufl., Rn. 1143). Etwas Anderes gilt, wenn die Beteiligten den Notar auf die Kosten ansprechen (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 21 Rn. 5; [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl., § 21 Rn. 17 und 86; Macht in [X.]/[X.]/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 21 [X.] Rn. 18).

(b) Das gilt auch in Bezug auf die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten für die Abwicklung eines [X.]. Welche im konkreten Fall am geeignetsten erscheint, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab; aus diesem Grund ist dem Notar - wie dargestellt - bei seiner Entscheidung für den einen oder anderen Weg ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Die Kosten stellen dabei regelmäßig nur einen Aspekt dar, der - angesichts der Risiken, die es bei der Abwicklung zu bedenken und zu vermeiden bzw. verringern gilt - meist auch nicht der ausschlaggebende sein wird. Die Belehrungspflicht des Notars im Hinblick auf die Kostenbelastung würde deshalb überspannt und das Beurkundungsverfahren mit [X.] überfrachtet, wenn dem Notar auch die Verpflichtung auferlegt würde, die - oftmals rechtsunkundigen - Beteiligten über andere Gestaltungsmöglichkeiten zu belehren, die gegenüber der von ihm gewählten Art der Vertragsgestaltung zwar nicht in jeder Hinsicht gleichwertig, aber kostengünstiger sind (zutreffend [X.], [X.] 1998, 154, 156).

2. Der Gebührenanspruch des [X.]s ist auch nicht durch eine Aufrechnung mit einem Anspruch der Kostenschuldnerin auf Schadensersatz wegen einer Amtspflichtverletzung des [X.]s gemäß § 19 [X.] erloschen.

a) Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Aufrechnung hinreichend deutlich erklärt wurde. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob ein solcher, mit dem notariellen Geschäft in Zusammenhang stehender Schadensersatzanspruch dem Kostenanspruch des Notars in dem Verfahren nach § 127 [X.] überhaupt im Wege der Aufrechnung entgegengehalten werden kann, was streitig ist (dafür BayObLG, [X.], 23, 24; KG, [X.] 1976, 434, 436; [X.] 1996, 132, 134; [X.] 2015, 1781 f.; [X.], [X.] 2004, 49, 50; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 127 Rn. 19; [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl., § 127 Rn. 36; [X.]/Wedewer/[X.], [X.] [November 2017], § 127 Rn. 13; [X.] in [X.]/[X.]/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 127 [X.] Rn. 64; [X.] [X.]/Schmidt-Räntsch [1.6.2019], § 127 [X.] Rn. 25; dagegen [Aufrechnung nur mit rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen] [X.], [X.] 2003, 316; [X.], [X.] 2015, 359; [X.], [X.] 2017, 1179; [X.], NJW 2004, 489, 495) und woran im Hinblick darauf, dass materiell-rechtliche Einwände in [X.] grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Mai 2014 - [X.] 102/13, [X.], 588 Rn. 14 mwN), Zweifel bestehen. Denn der Kostenschuldnerin steht ein solcher Anspruch nicht zu.

b) Zwar wird teilweise vertreten, dass die getrennte Beurkundung von Kaufvertrag und Auflassung, wenngleich sie keine unrichtige Sachbehandlung i.S.v. § 21 [X.] sei, jedenfalls dann eine zum Schadensersatz verpflichtende Amtspflichtverletzung des Notars nach § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] darstelle, wenn der Notar die Beteiligten nicht über kostengünstigere Alternativen belehre (vgl. [X.], [X.] 1989, 650, 651; [X.], Beschluss vom 3. September 1992 - 1 W 77/91, juris Rn. 5; [X.], [X.], 163, 164). Dies trifft aber nach dem zuvor Gesagten nicht zu. Da die getrennte Beurkundung von Kaufvertrag und Auflassung eine geeignete Variante der Abwicklung des [X.] darstellt, verstößt der Notar nicht gegen seine Amtspflichten, wenn er die Beteiligten nicht über kostengünstigere andere Wege der Vertragsabwicklung belehrt (zutreffend [X.] Gerichts- und [X.]/[X.], 2. Aufl., § 21 Rn. 58).

IV.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 130 Abs. 3 Satz 1 [X.] i.V.m. § 81 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FamFG.

[X.]     

      

Brückner     

      

Weinland

      

Kazele     

      

[X.]     

      

Meta

V ZB 67/19

01.10.2020

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend KG Berlin, 26. März 2019, Az: 9 W 54/17

§ 21 Abs 1 S 1 GNotKG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.10.2020, Az. V ZB 67/19 (REWIS RS 2020, 1131)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 454-455 WM2021,1811 REWIS RS 2020, 1131

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZB 9/20 (Bundesgerichtshof)

Notarkostenrecht: Ermäßigte Gebühr für Beurkundungsverfahren bei Teilaufhebung eines Vertrages


8 W 2902/20 (OLG Nürnberg)

Notarkostenbeschwerde


IV ZB 9/20 (Bundesgerichtshof)


V ZB 23/16 (Bundesgerichtshof)

Notargebührenerhebung: Gebührenermäßigung für von Gemeinden oder Kirchen betriebene Kindergärten und Kindertageseinrichtungen


15 OH 19/21 (Landgericht Bonn)


Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.