Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.08.2019, Az. 26 ZA (pat) 4/19

26. Senat | REWIS RS 2019, 4697

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Biggi Bardot" – fehlende Zahlung der Beschwerdegebühr – Fiktion der Nichteinlegung der Beschwerde – Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr – Unzulässigkeit – nicht fristgerechte Einlegung des Antrags – kein Tatsachenvortrag zur Verhinderung der rechtzeitigen Zahlung der Beschwerdegebühr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2017 232 650 – [X.]/17 Lösch

(hier: Erinnerung gemäß § 23 Abs. 2 RPflG und Wiedereinsetzung)

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 7. August 2019 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Schödel

beschlossen:

1. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird als unzulässig verworfen.

2. Die Erinnerung des Beschwerdeführers gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 13. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 30. Juli 2018 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.] ([X.]) die Löschung der am 23. Oktober 2017 angemeldeten und am 14. November 2017 unter der Nummer 30 2017 232 650 für Dienstleistungen der Klassen 35, 38, 40 und 41 registrierten Wortmarke „[X.]“ wegen Bösgläubigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Anmeldung angeordnet und ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt.

2

Dieser Beschluss, dem eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Markeninhabers laut unterschriebenem [X.] am 17. August 2018 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 13. November 2018, als Telefax vorab beim [X.] eingegangen an demselben Tage, hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt.

3

Mit Schreiben vom 19. März 2019, dem [X.] zugestellt am 25. März 2019, hat die Rechtspflegerin unter Hinweis auf die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Beschluss mitgeteilt, dass die tarifmäßige Gebühr nicht gezahlt worden sei, so dass festzustellen sein werde, dass die Beschwerde gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht eingelegt gelte. Zur Stellungnahme hat sie dem Beschwerdeführer eine Frist von einem Monat gewährt.

4

Am 27. März 2019 ist die überwiesene [X.] in Höhe von 500 € auf dem Konto der Bundeskasse für das [X.] eingegangen.

5

Mit Schreiben vom 18. April 2019 hat die Rechtspflegerin darauf hingewiesen, dass die Zahlung am 27. März 2019 die Sachlage nicht verändere und nach Abschluss des Verfahrens zurückerstattet werde.

6

Mit Beschluss vom 13. Mai 2019, dem Beschwerdeführer zugestellt am 29. Mai 2019, hat die Rechtspflegerin festgestellt, dass die Beschwerde mangels rechtzeitiger Zahlung der tarifmäßigen Gebühr als nicht eingelegt gilt.

7

Mit seiner am 12. Juni 2019 bei Gericht eingegangen Erinnerung wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss der Rechtspflegerin und begehrt die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der [X.]. Zur Begründung trägt er vor, dass der Löschungsbeschluss der Markenabteilung vom 30. Juli 2018 vor Ablauf einer Frist zur Stellungnahme erlassen worden sei. Noch mit Schreiben vom 24. Juli 2018 sei ihm vom [X.] der Schriftsatz der Antragstellerin vom 17. Juli 2018 zur Stellungnahme binnen vier Wochen übermittelt worden, die er mit Schriftsatz vom 16. August 2018 fristgerecht abgegeben habe. Diese Stellungnahme habe die Markenabteilung nicht gewürdigt.

8

Der Markeninhaber beantragt sinngemäß,

9

den Beschluss der Rechtspflegerin vom 13. Mai 2019 aufzuheben und Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der [X.] zu gewähren.

Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Die Antragstellerin hat sich zu diesem Antrag nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die Erinnerung ist gemäß §§ 23 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 11 Abs. 2 Satz 6 RPflG zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben worden.

Die zweiwöchige Frist gemäß § 23 Abs. 2 Satz 2 RPflG zur Einlegung der Erinnerung gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 13. Mai 2019 hat mit dessen Zustellung an den anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 29. Mai 2019 (§ 5 Abs. 4 [X.]) zu laufen begonnen und hat am 12. Juni 2019 geendet. An diesem Tag ist auch die Erinnerung eingelegt worden.

2. Sie hat aber keinen Erfolg.

a) Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt, weil der Markeninhaber seiner nach dem Patentkostengesetz (PatKostG) obliegenden Verpflichtung zur Zahlung der [X.] nicht nachgekommen ist.

aa) Nach § 82 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PatKostG i. V. m. Nr. 401 100 des Gebührenverzeichnisses zum PatKostG ist die [X.] in Höhe von 500 € innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses der Markenabteilung (§ 66 Abs. 2 [X.]) zu bezahlen gewesen, worüber der Beschwerdeführer in der dem zugestellten Beschluss beigefügten Rechtsmittelbelehrung ausführlich hingewiesen worden ist.

bb) Die einmonatige Frist zur Zahlung der [X.] hat am Tag der Zustellung des angefochtenen Beschlusses an den Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers mit [X.] (§ 5 Abs. 4 [X.]), also am 17. August 2018 zu laufen begonnen (§ 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 222 ZPO i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB) und hat mit Ablauf des 17. September 2018 geendet. Eine Zahlung ist aber erst am 27. März 2019, also mehr als sechs Monate später eingegangen.

cc) Die Rechtsfolge der unterbliebenen Zahlung ist gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt. Auch darauf ist der Beschwerdeführer bereits in der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses der Markenabteilung hingewiesen worden. Diese gesetzliche Fiktion nach § 6 Abs. 2 PatKostG tritt unabhängig von einer Zahlungsaufforderung allein durch die Versäumung der gesetzlichen Zahlungsfrist ein.

dd) Die nachträglich von der Rechtspflegerin mit Schreiben vom 19. März 2019 gesetzte Äußerungsfrist sollte dem Beschwerdeführer nur die Möglichkeit eröffnen, den durch die Versäumung der Frist kraft Gesetzes eingetretenen Rechtsnachteil ggfls. durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 91 [X.] und entsprechenden Tatsachenvortrag auszuräumen.

b) Der am 12. Juni 2019 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der [X.] ist zwar statthaft, aber unzulässig.

aa) Der Markeninhaber hat eine Frist versäumt, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat (§ 91 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Er hat nämlich die Zahlung der [X.] innerhalb der Beschwerdefrist unterlassen mit der gesetzlichen Folge, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt.

bb) Er hat die Wiedereinsetzung aber nicht innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses schriftlich beantragt (§ 91 Abs. 2 [X.]). Mit Schreiben vom 19. März 2019, dem [X.] zugestellt am 25. März 2019, hat die Rechtspflegerin darüber informiert, dass die [X.] nicht gezahlt worden sei. Die Zweimonatsfrist des § 91 Abs. 2 [X.] hat am [X.], also am 25. März 2019 zu laufen begonnen (§ 187 Abs. 1 BGB), weil der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt von dem Fristversäumnis erfahren hat, und hat mit Ablauf des 25. Mai 2019 geendet. Da der 25. Mai 2019 ein Samstag gewesen ist, hat sich das Fristende auf Montag, den 27. Mai 2019, verschoben (§§ 188 Abs. 2, 193 BGB). Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat er aber erst am 12. Juni 2019 gestellt.

cc) Ferner hat er keine Tatsachen vorgetragen, die eine Wiedereinsetzung begründen könnten (§ 91 Abs. 3 Satz 1 [X.]).

Soweit er ausschließlich beanstandet, dass die Markenabteilung ihm noch mit Schreiben vom 24. Juli 2018 eine vierwöchige Stellungnahmefrist zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 17. Juli 2018 eingeräumt und am 30. Juli 2018 den angefochtenen Beschluss gefasst habe, ohne seine fristgemäß eingegangene Stellungnahme vom 16. August 2018 zu berücksichtigen, führt er nur verfahrensrechtliche Einwände gegen die Löschungsanordnung an, aber begründet nicht, was ihn daran gehindert hat, die [X.] rechtzeitig einzuzahlen.

c) Auch wenn der Beschwerdeführer innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist die versäumte Handlung nachgeholt hat, weil er am 27. März 2019 die [X.] gezahlt hat, so dass Wiedereinsetzung gemäß § 91 Abs. 4 Satz 2 [X.] auch ohne Antrag gewährt werden könnte, fehlt es daran, dass keine Tatsachen vorgetragen oder akten- bzw. offenkundig sind, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten. Dies gilt auch für den Fall, wenn ausgehend von einer fristgerecht nachgeholten Zahlung der Antrag dahingehend ausgelegt würde, dass der Markeninhaber Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde begehrt. Denn auch hier hat er keine Gründe vorgetragen, warum er diese mit Ablauf des 17. September 2018 endende Frist nicht eingehalten, sondern erst am 13. November 2018 Beschwerde eingelegt hat.

III.

Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 11 Abs. 4 RPflG).

Meta

26 ZA (pat) 4/19

07.08.2019

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ZA (pat)

§ 91 MarkenG, § 91 Abs 2 MarkenG, § 91 Abs 3 S 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.08.2019, Az. 26 ZA (pat) 4/19 (REWIS RS 2019, 4697)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4697

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