Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2003, Az. I ZR 252/01

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1385

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 252/01Verkündet am:2. Oktober 2003WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.] : [X.]: [X.] § 3Eine an mögliche Kapitalanleger gerichtete Werbeaussage über die Mindest-verzinsung des eingesetzten Kapitals ist auch dann im Sinne des § 3 UWG [X.] geeignet, wenn sie zwar keine unrichtigen Tatsachenbehauptungenenthält, aber gerade darauf angelegt ist, die irrige Vorstellung zu wecken, es [X.] sichere Rendite zu erwarten. Dabei genügt es jedenfalls für das [X.] § 3 UWG, wenn die Werbeaussage geeignet ist, einen erheblichen Teil derdurchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher irrezuführen.[X.], [X.]. v. 2. Oktober 2003 - I ZR 252/01 - OLG [X.] Würzburg- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 2. Oktober 2003 durch [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof.[X.], Prof. [X.], [X.] und Dr. Schaffertfür Recht erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 1. August 2001 wird auf Kosten der [X.].Von Rechts [X.]:Die [X.], eine u.a. im Immobiliengeschäft tätige Aktiengesellschaft,bietet interessierten Anlegern an, sich an ihrem Unternehmen als atypischestille Gesellschafter mit [X.] ab 5.000 DM oder Rateneinlagen ab50 DM pro Monat zu beteiligen. In ihrem dafür 1999 und Anfang 2000 verwen-deten Emissionsprospekt stellte sie ihr Beteiligungsangebot auf der ersten Seiteanhand von insgesamt elf Stichwörtern vor, wobei sie diese jeweils kurz erläu-terte. Zu dem Stichwort "Mindestverzinsung" machte sie folgende [X.] 3 -"6 % der zur [X.] erbrachten Einlage jahresdurchschnittlichergebnisunabhängig vertraglich zugesichert(anrechenbar auf höheren [X.] der Seite 8 des Prospekts führte die [X.] unter der Überschrift"Ergebnisbeteiligung, Entnahmen, Mindestverzinsung" im laufenden Text [X.] der zur [X.] erbrachten Einlage im [X.] von 6 % p.a. gilt für die Vertragslaufzeit als zugesi-chert. Sie wird auf höhere Gewinne angerechnet."Kläger ist der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 13 Abs. 2Nr. 3 Satz 1 UWG, § 4 [X.] eingetragene Bundesverband der [X.] und Verbraucherverbände - [X.] hat die Angaben in dem Emissionsprospekt der [X.]n als irreführendbeanstandet. Diese erweckten den unzutreffenden Eindruck, die angegebene"Verzinsung" der Einlage von 6 % sei unabhängig von der Entwicklung der Er-tragslage des Unternehmens sicher zu erreichen.Der Kläger hat beantragt,die [X.] unter Androhung von [X.] zu verurteilen,es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken [X.] wie folgt zu [X.]: 6 % der zur [X.] erbrachten Einlage jahres-durchschnittlich ergebnisunabhängig vertraglich zugesichert ..."und/oder- 4 -"Eine Mindestverzinsung der zur [X.] erbrachten Einlage im [X.] von 6 % p.a. gilt für die Vertragslaufzeit als [X.] ...".Die [X.] hat demgegenüber vorgebracht, mit den beanstandetenAngaben werde nicht unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung [X.] eine Verzinsung der Einlage in Höhe von 6 % garantiert, son-dern den stillen Gesellschaftern lediglich ein entsprechender schuldrechtlicherAnspruch zugesagt. Im Emissionsprospekt werde ausdrücklich auf das unter-nehmerische Risiko des Anlegers, einschließlich des Risikos des Totalverlustsder Anlage, hingewiesen. Dieses Risiko sei allerdings gering und die vertragli-che Zusicherung der Mindestverzinsung von 6 % durchaus realistisch.Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der [X.]nhatte keinen Erfolg.Mit der (zugelassenen) Revision verfolgt die [X.] ihren Antrag aufKlageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel [X.].Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat die beanstandeten Angaben des [X.] als irreführend i.S. des § 3 UWG angesehen. [X.] es [X.] -Die Werbeangaben erweckten bei einem nicht geringen Teil der ange-sprochenen Verkehrskreise, zu denen die Mitglieder des Senats gehörten, denEindruck, es handele sich bei der beworbenen Kapitalanlage um eine Anlagemit fester Verzinsung von (mindestens) 6 % in Form eines festverzinslichenWertpapiers oder um eine ähnlich sichere Anlage. Dies ergebe sich daraus,daß die [X.] nicht nur behaupte, es bestehe ein vertraglicher Anspruch aufdie "Mindestverzinsung", sondern bekräftige, die 6 %ige Verzinsung sei "ergeb-nisunabhängig", sie sei "vertraglich zugesichert" bzw. gelte "für die [X.] als zugesichert". Da die [X.], wie sie unter Hinweis auf die [X.] geringe Mindesteinzahlung selbst betone, auch viele Kleinanlegeranspreche, die auf dem Kapitalmarkt nicht selten nur geringe Erfahrung hätten,werde dieser Eindruck bei mindestens 15 bis 20 % der angesprochenen Ver-kehrskreise entstehen.In Wirklichkeit erreiche eine Geldanlage bei der [X.]n die Sicherheitfestverzinslicher Wertpapiere bei weitem nicht. Die [X.] gehöre nach [X.] eher zu der Art von Anlagegesellschaften, von denen [X.] der Jahre schon viele in Konkurs gegangen seien, so daß bei den [X.] nicht nur Gewinneinbußen, sondern sehr häufig auch hohe Kapitalverlusteentstanden seien. Die uneingeschränkte vertragliche Zusicherung einer [X.] Verzinsung von mindestens 6 % vertrage sich damit nicht. [X.] Hinweise im Inneren des Prospekts rechtfertigten keine andere Be-urteilung. Die beanstandete Werbung stehe auf der ersten Seite des [X.] sei auch sonst optisch hervorgehoben. Ihre sinngemäße Wiederholung aufder Seite 8 des Prospekts werde deshalb ebenfalls auf besondere Beachtungstoßen.- 6 -Die wettbewerbliche Relevanz der irreführenden Werbung folge schondaraus, daß die durchschnittliche Rendite bei Lebensversicherungen und [X.] seinerzeit bei lediglich 3 bis 4 % p.a. gelegen habe.Die Gefahr, daß die [X.] künftig ebenso werben werde, bestehe [X.] davon, wie diese zur [X.] werbe.I[X.] Die [X.] gegen diese Beurteilung bleiben ohne Erfolg.Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß die beanstandeten Anga-ben über die Zusicherung einer Mindestverzinsung als irreführende Werbunggegen § 3 UWG verstoßen.1. Für die Beurteilung, ob Werbeangaben irreführend sind, ist die [X.] durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgebend,der die Werbung mit einer der Situation entsprechend angemessenen Aufmerk-samkeit zur Kenntnis nimmt (vgl. [X.], [X.]. v. 20.10.1999 - I ZR 167/97, [X.], 619, 621 = [X.], 517 - Orient-Teppichmuster; [X.]. v. 28.11.2002- I ZR 110/00, [X.], 249 = [X.], 379 - Preis ohne Monitor,m.w.N.). Der Emissionsprospekt der [X.]n richtete sich an mögliche [X.], darunter unstreitig viele Kleinanleger.2. Die [X.] hat die Zusicherung einer Mindestverzinsung von 6 %p.a. auf der ersten Seite ihres Emissionsprospekts in die - nach [X.] - zusammenfassende Darstellung ihres Angebots, sich an ihremUnternehmen als stiller Gesellschafter zu beteiligen, aufgenommen und damitin besonderer Weise herausgestellt. Auf Seite 8 des Prospekts wird diese Zusi-cherung inhaltsgleich [X.] 7 -Die dabei gewählten Formulierungen sind geeignet, die Vorstellung her-vorzurufen, es handele sich um eine Kapitalanlage mit sicherer Rendite; [X.] sei bereit und vor allem auch in der Lage, ihren stillen Gesellschafternunabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg ihrer Geschäfte neben der Rückzahlungder Einlage eine Mindestverzinsung des eingesetzten Kapitals in Höhe von 6 %p.a. zuzusichern. Es wird in der Werbung nicht nur - für die Beteiligung einesstillen Gesellschafters ungewöhnlich - von einer "Mindestverzinsung" gespro-chen, sondern auch davon, daß diese "ergebnisunabhängig vertraglich zugesi-chert" werde und "anrechenbar auf höheren Gewinn" sei.Die Werbeaussage ist nach diesem Verständnis irreführend, weil die [X.] die danach in Aussicht gestellte Sicherheit nicht bieten kann. Die [X.] hat selbst dargelegt, es sei ihr nicht möglich, bereits aus eigenem Ver-mögen einer Vielzahl von Anlegern unabhängig von der [X.] in der zugesagten Höhe zu erbringen. Es sei gerade der Zweckihres [X.], mit dem vorhandenen Eigenkapital und den Einla-gen der stillen Gesellschafter durch Investitionen Renditen zu erwirtschaften,um den angegebenen Zins als vertraglich eingeräumte Rendite zu bezahlen.Das bedeutet, daß die Zinsen in Höhe von 6 % p.a. bei einem unzureichendenGewinn und erst recht bei Verlusten der [X.]n - zumindest im [X.] - aus den eigenen Einlagen der stillen Gesellschafter aufgebracht [X.]. Ein solches Vorgehen gefährdet nicht nur den weiteren [X.], sondern auch die spätere Auszahlung eines Abfindungsguthabens in [X.] als Einlage eingesetzten Kapitals.Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die beanstandetenWerbeaussagen allerdings nicht geeignet, sämtliche angesprochenen Anlage-interessenten irrezuführen. Wirtschaftlich denkende Kapitalanleger werden bei- 8 -einiger Überlegung erkennen, daß die Zusicherung einer "Mindestverzinsung"bei Verlusten oder zu niedrigen Gewinnen nur durch den Rückgriff auf die vonden stillen Gesellschaftern erbrachten Einlagen und damit zu Lasten des [X.] zur Verfügung stehenden Kapitals erfüllt werden kann. [X.] jedoch die Annahme einer Irreführung im Sinne des § 3 UWG nichtaus. Die beanstandeten Werbeaussagen enthalten zwar nicht ausdrücklich eineunrichtige Tatsachenbehauptung. Sie sind aber aufgrund der Wortwahl geradedarauf angelegt, dahin zu wirken, daß Kapitalanleger eine sichere Rendite er-warten und durch diese irrige Vorstellung von dem Beteiligungsangebot ange-zogen werden.Es würde allerdings unter den gegebenen Umständen für das [X.] § 3 UWG nicht genügen, wenn die Werbung nur geeignet wäre, 15 bis20 % aller angesprochenen [X.] irrezuführen. Das Berufungs-gericht hat diese Zahlen jedoch nur im Sinne einer Untergrenze genannt. Nachdem feststehenden Sachverhalt kann auch im Revisionsverfahren ohne [X.] davon ausgegangen werden, daß verständige, durchschnittlich vorsichtigeAnleger zumindest zu einem erheblichen Teil ebenfalls in dem dargelegten [X.] werden können. Dies genügt, um eine Irreführung anzunehmen. Beider Beurteilung, ob eine Irreführung im Sinne des § 3 UWG vorliegt, ist zwar aufdie Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigenVerbrauchers abzustellen. Das bedeutet jedoch nicht, daß die genannte [X.] nur dann eingreift, wenn die Angabe geeignet ist, jeden durchschnittlichinformierten und verständigen Werbeadressat irrezuführen. Denn auch durch-schnittlich informierte und verständige Verbraucher können eine Werbeangabeunterschiedlich auffassen.- 9 -Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Teil der [X.]werde aufgrund der Werbung mit einer Mindestverzinsung annehmen, es werdeder Erwerb eines festverzinslichen Wertpapiers angeboten, ist dagegen kaumvereinbar mit den weiteren Angaben über das Beteiligungsangebot. Im [X.], daß jedenfalls die dargelegte Irreführung gegeben ist, kommt es [X.] nicht mehr an.Entgegen der Auffassung der Revision wird die Beurteilung der Angabenüber die "Mindestverzinsung" als irreführend auch nicht durch den sonstigenInhalt des Emissionsprospekts ausgeschlossen. Die Werbung mit der Zusiche-rung eines festen Mindestzinses ist - wie dargelegt - gerade darauf angelegt,den Eindruck zu vermitteln, daß eine entsprechende Mindestrendite sicher sei,um damit das Interesse für die angebotene Kapitalanlage zu wecken. [X.] Eignung, in dieser Weise auf mögliche Kapitalanleger zu wirken, macht [X.] zu einer irreführenden Angabe im Sinne des § 3 UWG. Ein ver-ständiger Durchschnittsanleger wird im übrigen nicht annehmen, daß ein durchdie Wortwahl besonders nahegelegtes Verständnis relevanter Angaben überein Beteiligungsangebot in einem Prospekt durch davon abweichende Angabenan anderer Stelle korrigiert wird.3. Das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot ist auch nicht un-verhältnismäßig. Die [X.] kann die Irreführungsgefahr, die sie mit [X.] hervorruft, durch eine entsprechende Fassung ihrer Werbungohne weiteres vermeiden.4. Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht angenommen, daß die [X.] nicht dadurch entfallen ist, daß die [X.] in ihrem neuenEmissionsprospekt nicht mehr mit den beanstandeten Angaben wirbt. An den- 10 -Wegfall der nach einem begangenen Wettbewerbsverstoß grundsätzlich zuvermutenden Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen (st.Rspr.; vgl. [X.], [X.]. v. 10.7.1997 - I ZR 62/95, [X.], 483, 485 = WRP1998, 296 - Der M.-Markt packt aus; [X.]. v. 31.5.2001 - I ZR 82/99, [X.], 180 = WRP 2001, 1179 - Weit-Vor-Winter-Schluß-Verkauf). Die bloßeÄnderung der Verhältnisse reicht nur dann aus, wenn im Hinblick darauf [X.] für die erneute Begehung eines gleichartigen Wettbewerbs-verstoßes beseitigt ist (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.]. v. 16.1.1992 - I ZR 84/90,GRUR 1992, 318, 320 = [X.], 314 - Jubiläumsverkauf; [X.]. v. 26.10.2000- I ZR 180/98, [X.], 453, 455 = WRP 2001, 400 - [X.]). [X.] Einstellung der beanstandeten Werbung genügt diesem Erfordernis zu-mal dann nicht, wenn die Werbung - wie im Streitfall - jederzeit ohne größerenAufwand wiederaufgenommen werden kann (vgl. [X.] GRUR 1992, 318, 320- Jubiläumsverkauf).- 11 -II[X.] Die Revision der [X.]n war danach mit der Kostenfolge aus § 97Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.v. Ungern-Sternberg[X.]BornkammBüscherSchaffert

Meta

I ZR 252/01

02.10.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2003, Az. I ZR 252/01 (REWIS RS 2003, 1385)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1385

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