Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2011, Az. 5 StR 570/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 8492

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5 StR 570/10 [X.] vom 17. März 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 17. März 2011 beschlossen: 1. Auf die Revision der Angeklagten [X.]wird das Urteil des [X.] vom 19. März 2010 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung ver-urteilt wurde, sowie im [X.]. 2. Die weitergehende Revision dieser Angeklagten sowie die Revision des Angeklagten [X.]werden als unbe-gründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Der Be-schwerdeführer [X.] hat die Kosten seines Rechtsmit-tels zu tragen. 3. Hinsichtlich des [X.] beim Angeklagten [X.] wird klargestellt, dass bei sämtlichen Ersatzan-sprüchen ein Mitverschuldensanteil von 50 % in Ansatz zu bringen ist. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Angeklagten [X.] , an eine an-dere [X.] des [X.] zurückverwiesen.
[X.]e
Das [X.] hat den Angeklagten D.

wegen unerlaubten Be-sitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen [X.] - 3 - cher Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Ausüben der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe und mit vorsätzlichem [X.] Besitz von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Angeklagte [X.] hat es wegen [X.] Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen gefährlicher Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Daneben wurden die Angeklagten verurteilt, an den Adhäsionsklä-ger ein Schmerzensgeld zu zahlen, sowie [X.] unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 50 % [X.] zum Ersatz aller, auch künftiger materieller und immaterieller Schäden verpflichtet, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind. Die Angeklagten wenden sich gegen die Verurteilung und machen die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend. Die Revision der Angeklagten [X.] erzielt den aus der Beschlussformel er-sichtlichen Erfolg, während die vom Angeklagten [X.] geführte Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO ist. 2 1. Nach den Feststellungen des [X.] erlangte der Angeklagte [X.] spätestens Ende Mai/Anfang Juni 2009 [X.] ohne entsprechende Er-laubnis [X.] die tatsächliche Gewalt über eine Maschinenpistole des [X.] Herstellers [X.], [X.] (Skorpion), Kaliber 65 mm Browning. Diese lagerte er zusammen mit mindestens 22 Patronen passen-den Kalibers in der Wohnung der Angeklagten [X.] , die davon wusste. Eine Billigung oder gar Förderung dieses Tatgeschehens durch die Ange-klagte vermochte die [X.] indes nicht festzustellen. Bereits seit längerem betrieben die beiden als Paar zusammenleben-den Angeklagten einen in Ausmaß und Umfang nicht genauer feststellbaren Kokainhandel zur Aufbesserung ihrer finanziellen Situation. Zu diesem Zweck, vorwiegend jedoch zum Eigenverbrauch hielten sie am 28. Juni 2009 unter anderem in ihrer Wohnung 47,74 Gramm [X.] mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 11,12 Gramm [X.] vorrätig. 3 - 4 - In der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 2009 besuchte die Angeklagte [X.] , nachdem sie sich mittels Kokain und Alkohol in einen Rauschzu-stand versetzt hatte, die Bar —S. fi in [X.]. Dort wollte der [X.] Kokain von ihr erwerben, was sie jedoch verweigerte. Hierüber entspann sich ein Streit, der sich zunächst auf einer —rein verbalen, teils laut-starken [X.] vollzog. Die Angeklagte [X.]

begab sich in den Bereich der Toiletten, wohin der Nebenkläger ihr folgte; er bedrängte sie dort. Es kam zu einem erneuten Streit, —in dessen Folge der Nebenkläger die Angeklagte [X.] ins Gesicht schlugfi ([X.]). Daraufhin bedrohte die Angeklagte ihn mit einem kleinen roten Klappmesser, welches ihr sodann vom Türsteher der Bar abgenommen wurde. Er wies die beiden Kontrahenten aus dem [X.]. Diese führten ihren Streit auf der Straße fort, wobei der Nebenkläger die Angeklagte erneut ins Gesicht schlug. Dadurch gedemütigt und gekränkt rief die Angeklagte ihren Freund, den Angeklagten [X.], telefonisch um Hilfe. Sie schilderte diesem, —dass sie von einem Araber beleidigt und geschlagen worden [X.]; —aus dem Hintergrund pöbelte der Nebenkläger weiterfi ([X.]). Für den Angeklagten [X.]hörbar forderte er, dass —dieser nur kom-men solle, er werde dessen Mutter fickenfi ([X.]). 4 Zwischen den beiden Angeklagten kam es im Rahmen dieses Telefo-nats zu der ausdrücklich oder auch nur stillschweigend getroffenen Vereinba-rung, der Angeklagte solle die Maschinenpistole mitbringen, wobei beide [X.] es als möglich ansahen, dass der Angeklagte [X.] die Waffe gegebenenfalls auch zur Verletzung des [X.] einsetzen würde ([X.]). 5 Die Angeklagte und der Nebenkläger setzten ihren Streit fort. Als der Nebenkläger dazu ansetzte, den Ort zu verlassen, folgte ihm die Angeklagte und beschimpfte ihn, woraufhin sich der Nebenkläger zum Bleiben provozie-ren ließ und die Angeklagte erneut ins Gesicht schlug. Die Angeklagte drohte damit, dass ihr Freund den Nebenkläger schlagen werde und verwendete bei 6 - 5 - ihren Drohungen unter anderem zur Betonung der Stärke und Männlichkeit ihres Freundes die Formulierung, dass dieser —dicke Eierfi habe ([X.]). Als der Angeklagte [X.] die Bar erreichte, fragte er, wer derjenige sei, der —seine Mutter fickenfi wolle. Der Nebenkläger gab sich zu erkennen. Der Angeklagte zog nun die geladene und auf Dauerfeuer eingestellte [X.] hervor, richtete sie auf den Boden vor die Füße des [X.] und drückte ab, —so dass sich ein Feuerstoss mit mindestens drei Schüssen löste und die Waffe nach oben in Richtung des [X.] ge-rissen wurdefi ([X.]). Dieser wurde von einem Schuss in das obere Drit-tel des Oberschenkels getroffen und erlitt schwere Verletzungen. 7 8 2. Die Verurteilung der Angeklagten [X.]wegen mittäterschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 9 a) Das [X.] rechnet die Verwendung der Maschinenpistole durch den Angeklagten [X.]der Angeklagten [X.] gemäß § 25 Abs. 2 StGB zu. Dies begründet es damit, dass —das Eingreifen des Angeklagten [X.] auf ihre Veranlassung in einem Streit erfolgte, bei dem es sich um [X.] handelte und bei dem in erster Linie sie und der Angeklagte [X.] nur am Rande (über das Telefon) gedemütigt worden warfi ([X.]). Eine wörtliche Verständigung zwischen den Angeklagten konnte das [X.] nicht feststellen. Es ging vielmehr davon aus, es sei zwischen den [X.] im Rahmen eines Telefonats zu der —ausdrücklich oder vor dem Hintergrund der langen gemeinsamen Beziehung auch nur stillschweigend getroffenenfi ([X.] f.) Übereinkunft gekommen, —dass der Angeklagte [X.] die Maschinenpistole mitbringen solle, um sicherzustellen, dass die Angeklagte [X.]und er trotz der weit überlegenen Zahl der Begleiter des [X.] den Platz als Sieger verlassen würden. Beide Angeklagten sahen es als möglich an, dass der Angeklagte [X.] die Waffe nicht nur zum Drohen, gegebenenfalls auch durch Warnschüsse, sondern je nach Re- - 6 - aktion des [X.] auch zu dessen Verletzungen einsetzen würdefi ([X.]). b) Diese Erwägungen zu einer mittäterschaftlichen Beteiligung der Angeklagten [X.]haben keine ausreichende Tatsachengrundlage (vgl. [X.], Beschluss vom 8. November 1996 [X.] 2 StR 534/96, [X.]R StPO § 261 Überzeugungsbildung 26). Zwar kann der zur Mittäterschaft erforderliche Tatentschluss auch konkludent gefasst werden ([X.], Urteil vom 15. [X.] 1991 [X.] 5 StR 492/90, [X.]St 37, 289, 292). Die im Urteil mitgeteilten Um-stände tragen indes die Annahme einer konkludent vereinbarten [X.] Begehungsweise nicht. Den Feststellungen kann nicht entnom-men werden, dass die Angeklagte [X.]

mit dem Einsatz der [X.] durch den Angeklagten [X.]
rechnete und ihn billigte. Ohne ihre Zustimmung befand sich die Waffe erst seit kurzer Zeit im Besitz des Ange-klagten [X.]und wurde in der gemeinsamen Wohnung verwahrt. Deshalb konnte die [X.] nicht ohne Weiteres davon ausgehen, die [X.] habe sich mit dem Einsatz der Maschinenpistole aus vergleichsweise nich-tigem Grund stillschweigend einverstanden erklärt. Insofern hätte die An-nahme eines Einvernehmens über deren Einsatz näherer Begründung be-durft. 10 Aus der Bemerkung der Angeklagten nach dem Telefonat mit [X.]gegenüber dem Nebenkläger, ihr Freund werde kommen und den Nebenklä-ger —[X.], lässt sich eine Vereinbarung über den Waffeneinsatz nicht entnehmen. Vielmehr mag diese Äußerung dafür sprechen, dass die Ange-klagten (wenn auch nur stillschweigend) übereingekommen waren, dass [X.]den Nebenkläger möglicherweise durch Hiebe attackieren solle. [X.] gilt für die von der [X.] zu Recht als Provokation zum weiteren Verweilen gegenüber dem Nebenkläger geäußerte Bemerkung der Angeklagten, —ihr Freund habe dicke [X.] Sie lässt nicht den Schluss zu, die Angeklagte habe sich mit dem Einsatz der Waffe einverstanden erklärt. Die [X.] selbst hat diese Äußerung zutreffend als —Betonung der Stärke 11 - 7 - und Männlichkeitfi gewertet. Soweit sich das [X.] auf die weit [X.], konkret jedoch nicht ausgeführte Zahl der Begleiter des [X.] stützt, ist nicht festgestellt, dass die Angeklagte [X.]diesen Umstand in dem mit dem Angeklagten [X.]geführten Telefonat erwähnt hat. Vielmehr schilderte sie, —dass sie von einem Araber beleidigt und geschlagen worden sei und bat um Hilfefi ([X.]). Da sich die Begleiter des [X.] nach den Feststellungen bis dahin nicht an dem länger andauernden, von Seiten der Angeklagten [X.] bereits unter Einsatz eines Messers geführ-ten Konflikt beteiligt hatten, ist nicht ersichtlich und hätte näherer Ausführun-gen bedurft, weshalb die Angeklagten nunmehr mit dem Eingreifen der [X.] des [X.] rechneten. 12 Schließlich vermag die vom [X.] als weiterer Beleg herange-zogene Bemerkung der Angeklagten [X.] gegenüber dem Nebenkläger —du schlägst keine Frauen mehrfi keine [X.] auch sukzessive [X.] Billigung des Tatgeschehens zu belegen. Zum Zeitpunkt der Äußerung war die Tat durch den Angeklagten [X.]bereits beendet. Ein Rückschluss auf das [X.] der Angeklagten [X.] während des Tatgeschehens lässt sich daraus nicht ziehen. Insofern hat es das [X.] versäumt, die Reaktion der Angeklagten während des Tatgeschehens darzulegen und sich mit der Möglichkeit einer Schockreaktion auseinanderzusetzen. 3. Die Aufhebung des Schuldspruchs führt hinsichtlich der [X.]n [X.] auch zur Aufhebung des Gesamtstrafen- sowie des gesamt-schuldnerischen [X.]. Insofern weist der Senat darauf hin, dass die [X.] zu Recht von einem Mitverschuldensanteil des [X.]s von 50 % ausgegangen ist. Die Formulierung —bei der Berechung künftiger Ersatzansprüchefi ist indes missverständlich, da erkennbar auch bereits entstandene Ansprüche berücksichtigt werden sollten. 13 4. Die Revision des Angeklagten [X.] ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Senat schließt aus, dass die durch die [X.] 14 - 8 - vorgenommene Beurteilung des Tatgeschehens als mittäterschaftlich began-gene gefährliche Körperverletzung die Strafzumessung zu seinen Lasten beeinflussen kann. Raum Brause [X.] [X.]

Meta

5 StR 570/10

17.03.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2011, Az. 5 StR 570/10 (REWIS RS 2011, 8492)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8492

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5 StR 570/10

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