Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.06.2021, Az. 29 W (pat) 559/18

29. Senat | REWIS RS 2021, 5161

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "BURGERMEISTER (Wort-Bildmarke)/BURGERMEISTER (Unionswortmarke)" – zur Zulässigkeit der Beschwerde - klangliche Verwechslungsgefahr - Dienstleistungsidentität


Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 9. Juni 2021 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Seyfarth

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 vom 19. Oktober 2018 aufgehoben, soweit der Widerspruch für die Dienstleistungen der Klasse 43 „Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen“ zurückgewiesen worden ist. Im vorgenannten Umfang wird die Löschung der Marke 30 2017 002 674 angeordnet.

2. Der Antrag des Beschwerdegegners, der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 6. Februar 2017 angemeldete Wort-/[X.]ildmarke

Abbildung

2

ist am 20. Juli 2017 unter der Nummer 30 2017 002 674 für die nachfolgend genannten Waren und Dienstleistungen in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister eingetragen worden:

3

Klasse 12: Speisewagen; Anhänger [Fahrzeuge]; [X.], Imbisswagen;

4

Klasse 16: [X.]; Etiketten, bestehend aus Papier; Gedruckte dekorative Etiketten; Druckereierzeugnisse; Einweg-Papierartikel, nämlich Papiertaschentücher, Toilettenpapier, Servietten; Taschen, [X.]eutel und Waren für Verpackungs-, Einpack- und Ablagezwecke aus Papier, Pappe oder Kunststoff; Papier und Pappe;

5

Klasse 25: [X.]ekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen;

6

Klasse 35: Einzelhandelsdienstleistungen in den [X.]ereichen [X.]ekleidungsartikel, Schuhe und Textilwaren;

7

[X.]: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur [X.]eherbergung von Gästen.

8

Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 25. August 2017.

9

Gegen die Eintragung dieser Marke hat die [X.]eschwerdeführerin Widerspruch erhoben aus der am 12. Dezember 2016 angemeldeten und am 4. Juli 2017 eingetragenen [X.] 016 154 701

[X.]

Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für die nachfolgend genannten Waren und Dienstleistungen:

Klasse 29: [X.] mit vegetarischer Füllung auf [X.]asis von Tofu und/oder Gemüse; gebratene Champignons; Pommes Frites, frittierte [X.]; frittierte Kartoffelecken; gewürzter Käse; gebackener Käse; [X.]acon, gebratene Speckstreifen; eingelegtes Sauergemüse; Jalapeñios, eingelegte Pfefferschoten;

Klasse 30: [X.] mit [X.]rötchen; Cheeseburger [Sandwichs]; Cheeseburger mit Chilipfeffer; [X.] mit gegrilltem Fleisch; Soßen auf [X.]asis von Sauerrahm; Soßen auf [X.]asis von Erdnusscreme; Soßen auf [X.]asis von [X.]; Käsezubereitungen, nämlich Käsesoßen; Speiseeis; Pizzas; Semmeln, [X.]rötchen; Tacos;

[X.]: [X.]eherbergung und Verpflegung von Gästen; Verpflegung von Gästen in Kantinen; Verpflegung von Gästen in Restaurants; Verpflegung von Gästen in [X.]; Verpflegung von Gästen in Snackbars; Catering; Party-Service, nämlich [X.].

Mit [X.]eschluss vom 19. Oktober 2018 hat die Markenstelle für Klasse 16 des [X.]es den Widerspruch zurückgewiesen. Es bestehe keine [X.] i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Die für die angegriffene Marke eingetragenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 12, 16, 25 und 35 seien unähnlich zu den für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren und Dienstleistungen der Klasse 29, 30 und 43. Diesbezüglich scheide schon aus diesem Grund eine markenrechtliche [X.] aus.

Zwischen den sich in der [X.] gegenüberstehenden Waren „Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur [X.]eherbergung von Gästen“ und „[X.]eherbergung und Verpflegung von Gästen; Verpflegung von Gästen in Kantinen; Verpflegung von Gästen in Restaurants; Verpflegung von Gästen in [X.]; Verpflegung von Gästen in Snackbars; Catering; Party-Service, nämlich [X.]“ bestehe Identität. Im Hinblick auf diese entscheidungsrelevanten Dienstleistungen verfüge die Widerspruchsmarke über eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft, da die Angabe [X.]meister“ unmissverständlich zum Ausdruck bringe, dass die Dienstleistungen von [X.] in Sachen [X.] erbracht würden. Es handele sich somit um einen werbenden Qualitätshinweis. Eine durch [X.]enutzung erworbene durchschnittliche Kennzeichnungskraft könne nicht festgestellt werden. Das Vorbringen der Widersprechenden zur [X.]ekanntheit der Marke ohne konkrete Angaben zu Dauer und Intensität der [X.]enutzung sei nicht ausreichend.

Unter [X.]erücksichtigung der unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft halte die jüngere Marke auch im [X.]ereich der identischen Dienstleistungen den erforderlichen Abstand ein. In ihrer Gesamtheit würden sich die Zeichen durch die bildliche Ausgestaltung der angegriffenen Marke ausreichend unterscheiden. Eine Prägung der angegriffenen Marke durch den Wortbestandteil „[X.]“ könne nicht angenommen werden. Zwar sei davon auszugehen, dass die jüngere Marke in klanglicher Hinsicht mit [X.]meister“ benannt werde. Dieses klangliche Element werde jedoch nur unterdurchschnittlich wahrgenommen, und die grafischen [X.]estandteile träten nicht in den Hintergrund. Zudem sei eine [X.] aufgrund eines reinen Sachhinweises, wie ihn der [X.]egriff [X.]meister“ darstelle, bereits aus Rechtsgründen ausgeschlossen.

Eine [X.] durch gedankliches Inverbindungbringen oder unter dem Aspekt der selbständig kennzeichnenden Stellung scheide ebenfalls aus.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer [X.]eschwerde.

[X.]ereits während des laufenden Widerspruchsverfahrens ist die Widerspruchsmarke von der von [X.] auf die [X.]… GmbH umgeschrieben worden. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2018 teilte der Vertreter der Widersprechenden mit, dass die Rechtsnachfolgerin als Nebenintervenientin in das Verfahren eintrete, die Rechtsvorgängerin als Hauptintervenientin weiterhin Verfahrensbeteiligte bleibe. Die [X.]eschwerde wurde im Namen der Rechtsvorgängerin als Hauptintervenientin, bei gleichzeitigem [X.]eitritt der Rechtsnachfolgerin als Nebenintervenientin, eingelegt und richtet sich nur mehr gegen die in [X.] eingetragenen Verpflegungs- und [X.]eherbergungsdienstleistungen der angegriffenen Marke.

Zur [X.]egründung trägt die [X.]eschwerdeführerin vor, die Widerspruchsmarke verfüge über eine durch umfangreiche [X.]enutzung erworbene durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Das Zeichen [X.]meister“ präsentiere sich anders als die Zeichen „[X.]“ und „[X.]“. Denn es sei dem Amtstitel „[X.]ürgermeister“ ähnlich, was ihm einen gewissen Wortwitz verleihe und dazu führe, dass der angesprochene Verbraucher über die Marke nachdenke, so dass diese einen gewissen Wiedererkennungswert erziele. Dies verleihe der Marke eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Hinzu komme, dass die Marke [X.]meister“ „viral gehe“, sich also in [X.] Netzwerken und Medien als Selbstläufer verbreite. Angaben zur Intensität der [X.]enutzung in Form von Umsatzzahlen oder [X.] seien nicht immer aussagekräftig, da auch Werbung mit einem hohen Etat nicht automatisch einen entsprechenden Effekt bei den angesprochenen Verkehrskreisen habe, umgekehrt es auch ohne großen Werbeaufwand zur [X.]ekanntheit kommen könne, wie eben bei dem „viralen“ Werbeerfolg. Die [X.]eschwerdeführerin verwende die Marke [X.]meister“ schon seit dem [X.] für einen [X.]-Grill in einer umgebauten Toiletten-Anlage unter dem S-[X.]ahnhof “S…“ in [X.]…. Der Grill erfreue sich einer überregionalen [X.]ekanntheit. Er werde in zahlreichen unabhängigen internationalen Reiseführern genannt, in Zusammenhang mit einer Fluglinie, verschiedenen Modelabeln und Autokonzernen präsentiert, ebenso wie in mehreren zeitgenössischen Filmen und in der Literatur. Zum Nachweis legt die [X.]eschwerdeführerin Kopien aus Reiseführern und Magazinen vor (Anlagen 03.01 bis 26.00 zur [X.]eschwerdebegründung, [X.]l. 38 bis 128 d. A.). Von einer zumindest durchschnittlichen Kennzeichnungskraft gehe schließlich auch das Landgericht [X.]erlin in dem Urteil zu einem parallelen Verletzungsverfahren aus (Urteil LG [X.]erlin v. 7. Juni 2018, Anlage 27.00, [X.]l. 130 bis 139 d. A.).

Die angegriffene Marke werde – insbesondere klanglich – durch das Wort „[X.]“ geprägt, zumindest liege eine selbständig kennzeichnende Stellung vor. Aufgrund der hochgradigen Markenähnlichkeit sei bei identischen bzw. hochgradig ähnlichen Dienstleistungen in [X.] und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine unmittelbare [X.] gegeben.

Die [X.]eschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den [X.]eschluss der Markenstelle für Klasse 16 vom 19. Oktober 2018 insoweit aufzuheben, als der Widerspruch für die Dienstleistungen der [X.] „Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur [X.]eherbergung von Gästen“ zurückgewiesen worden ist und die Eintragung der angegriffenen Marke 30 2017 002 674 insoweit zu löschen.

Der [X.]eschwerdegegner beantragt,

1. die [X.]eschwerde zurückzuweisen,

2. der [X.]eschwerdeführerin die Kosten aufzuerlegen.

Vorsorglich werde bestritten, dass die [X.]eschwerdeführerin das in Rede stehende Kennzeichen bereits seit Gründung im [X.] nutze. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Dienstleistungen der [X.] als unterdurchschnittlich anzusehen. [X.]ei der [X.]ezeichnung [X.]meister“ handele es sich um einen Qualitätshinweis, der unmissverständlich zum Ausdruck bringe, dass die so bezeichneten Dienstleistungen von [X.] in Sachen [X.] erbracht würden. Die Marke habe keine überregionale [X.]ekanntheit durch virale Verbreitung. Da es sich bei der Widerspruchsmarke um einen reinen Sachhinweis handele, sei eine [X.] im entscheidungsrelevanten Dienstleistungsbereich bereits aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Die Zeichen würden nicht in rechtlich erheblicher Weise gedanklich miteinander in Verbindung gebracht. Ebenso fehlten Anhaltspunkte für eine [X.] unter dem Gesichtspunkt der selbständig kennzeichnenden Stellung.

Mit Hinweis vom 1. März 2021 hat der [X.] den Parteien seine Rechtsauffassung dahingehend mitgeteilt, dass im Umfang der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen eine [X.] zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke bestehen dürfte. Die Parteien haben dazu keine weitere inhaltliche Stellungnahme abgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt [X.]ezug genommen.

II.

A. Die [X.]eschwerde ist zulässig, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 [X.].

Die von der [X.] ist trotz der Rechtsnachfolge (§ 28 [X.]) durch die [X.]… GmbH [X.]eteiligte des Widerspruchsverfahrens geblieben, da diese das Verfahren nicht übernommen hat (§ 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 265 Abs. 2 ZPO; vgl. [X.]GH GRUR 1998, 940 -942 – [X.]; [X.]PatG, [X.]eschluss vom [X.], 29 W (pat) 103/10 – [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.] 13. Auflage, § 28 Rn. 15). Die Einlegung der [X.]eschwerde auch im Namen des jetzigen Eigentümers der Marke ist als Erklärung zum [X.]eitritt im Rahmen der Nebenintervention zu betrachten (§ 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 66, 67 ZPO; vgl. [X.]PatG, [X.]eschluss vom 12.01.2000, 29 W (pat) 30/99 - [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 28 Rn. 17).

[X.]. Die [X.]eschwerde ist auch in der Sache erfolgreich.Zwischen den Vergleichsmarken besteht im Umfang der allein noch angegriffenen Dienstleistungen der [X.] [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] i. V. m. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 125 b Nr. 1 [X.].

1. Im Laufe des [X.]eschwerdeverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für die gegen diese Eintragung erhobenen Widersprüche gemäß § 158 Abs. 3 [X.] in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung weiterhin § 42 Abs. 1 und 2 [X.] in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden. Zudem sind gemäß § 158 Abs. 5 [X.] die Vorschriften des § 43 Abs. 1 und § 26 [X.] ebenfalls in ihrer bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden.

2. Ob [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorliegt, ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. [X.], 245 ff. – [X.]imbo/HA[X.]M [[X.]IM[X.]O [X.]/[X.]]; [X.]. 2012, 754 Rn. 63 – [X.] Marken GmbH/HA[X.]M [Linea Natura Natur hat immer Stil]; [X.], 1098 Rn. 44 – [X.]/ HA[X.]M [[X.] CREATIONES KENNYA/[X.] CAKVIN [X.]]; [X.], 356 Rn. 45 f. – [X.]/HA[X.]M [O[X.]ELIX/MO[X.]ILIX]; [X.]GH GRUR 2019, 1058 Rn. 17 - [X.]; GRUR 2018, 79 Rn. 9 – [X.]/[X.]; [X.], 1104 ff. – [X.]/[X.]; [X.], 1301 Rn. 44 – Kinderstube; [X.], 382Rn. 19 – [X.]ioGourmet m. w. N.). Darüber hinaus können für die [X.]eurteilung der [X.] weitere Faktoren relevant sein, wie unter anderem etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

a) Was die zum Vergleich stehenden Dienstleistungen anbelangt, ist von der [X.] auszugehen. Ob der Vortrag des [X.]eschwerdegegners im Schriftsatz vom 17. Juli 2019 „vorsorglich werde bestritten, dass die [X.]eschwerdeführerin das in Rede stehende Kennzeichen bereits seit Gründung im [X.] nutze“, als Geltendmachung der Nichtbenutzungseinrede auszulegen ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn sowohl die Einrede der Nichtbenutzung nach § 43 Abs. 1 Satz 1 als auch die nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] war bzw. ist derzeit nicht zulässig, da die Widerspruchsmarke erst am 4. Juli 2017 eingetragen worden und die [X.]enutzungsschonfrist somit noch nicht abgelaufen ist.

b) Zwischen den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der angegriffenen Marke der [X.] „Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur [X.]eherbergung von Gästen“ und den für die Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistungen der [X.] „[X.]eherbergung und Verpflegung von Gästen“ besteht Identität.

c) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als unterdurchschnittlich einzustufen.Die originäre Kennzeichnungskraft wird durch die Eignung einer Marke bestimmt, sich unabhängig von der jeweiligen [X.]enutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] [X.], 1096 Rn. 31 – [X.]ORCO/HA[X.]M [[X.]uchst. a]; [X.]GH a. a. [X.] Rn. 31 – [X.]ioGourmet). Diese Eignung fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Sinngehalt aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen beschreibende Angabe anlehnt ([X.]GH [X.], 382 Rn. 30 – [X.]ioGourmet; WRP 2015, 1358Rn.10 - [X.]/[X.]solar; [X.]GH [X.], 833 Rn. 32 – Culinaria/[X.]). Ein beschreibender Anklang der Widerspruchsmarke ist vorliegend erkennbar. Die Markenstelle hat zu Recht festgestellt, dass der Ausdruck [X.]“, der auch für einen höheren [X.]erufsabschluss z. [X.]. in handwerklichen [X.]erufen steht, umgangssprachlich einen „Könner“ oder [X.] seines Fachs“ bezeichnet. Der [X.] stimmt jedoch mit der [X.]eschwerdeführerin überein, dass der Verkehr die Kombination von [X.]“ und [X.]“ nicht ohne weiteres und unmittelbar auf das Gericht „(Ham-)[X.]urger“ beziehen wird, sondern das Wort [X.]“ in Kombination mit einem [X.] Wort eher ebenfalls als [X.] Wort auffassen und, in der Annahme, dass auf dem „U“ die [X.]“ fehlen, den [X.] auch als „[X.]ürgermeister“ lesen könnte. Insofern ist die Interpretation des Wortes [X.]meister“ nicht so eindeutig wie bei dem von der Markenstelle genannten „[X.]“ ([X.]PatG, [X.]eschluss vom [X.], 26 W (pat) 7/08 – [X.]/[X.]) oder bei dem [X.]egriff „Grillmeister“ ([X.]GH GRUR 2014, 376-378 – [X.]). Nach kurzem Nachdenken wird dem angesprochenen Verkehrskreisen aber doch auffallen, dass es sich im Hinblick auf die gastronomischen Dienstleistungen um die meisterliche Herstellung von (Ham-)[X.]urgern handelt. Trotzdem verleiht dieses Wortspiel mit zwei voneinander abweichenden [X.]edeutungen der Widerspruchsmarke eine gewisse Eigenart, so dass nicht von einem beschreibenden, schutzunfähigen Zeichen ausgegangen werden kann und eine zumindest unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft anzunehmen ist. Zu berücksichtigen ist dabei, dass nach der Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs (GRUR 2020, 870 Rn. 49 ff. – [X.]/[X.]; GRUR 2019, 1058 Rn. 20 [X.]; GRUR 2018, 79 Rn. 19 – [X.]/[X.]) auch einem schutzunfähigen, aber eingetragenen Zeichen im Widerspruchsverfahren nicht von vornherein der Schutz vor Verwechslungen mit der [X.]egründung versagt werden darf, es hätte nicht in das Markenregister eingetragen werden dürfen.

Eine Erhöhung der von Haus aus bestehenden unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke lässt sich nicht feststellen. Die von der [X.]eschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen genügen den Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Erhöhung der Kennzeichnungskraft insoweit nicht. Die Vorlage von – in mehrere Sprachen übersetzten - Reiseführern und die Tatsache, dass sich eine Gaststätte als Kulisse für Filme eignet, besagt für sich genommen nichts über die Kennzeichnungskraft der Marke im hier ausschließlich relevanten Inland (GRUR 2018, 79 Rn. 18 – [X.]/[X.]; [X.], 75 Rn. 42 – [X.]). Es bedürfte weiterer Nachweise über die [X.]enutzung der Marke anhand von Umsatzzahlen, [X.] und [X.] sowie über die geografische Verbreitung und Dauer der Markenverwendung. Der Vortrag zu einem nicht messbaren „viralen“ Erfolg im [X.] kann den Nachweis von aussagekräftigen Zahlen nicht ersetzen. Die von der [X.]eschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen zeigen lediglich, dass die Marke [X.]meister“ in Zusammenhang mit dem [X.]erliner Lokal [X.]meister“ in [X.]erlin bekannt ist. [X.]erichte in Zeitungsartikeln oder Reiseführern über [X.]erlin in mehreren Sprachen sagen weder etwas über eine deutschlandweite [X.]ekanntheit aus, noch belegen sie eine starke Markenpräsenz im Ausland, zumal sich daraus nicht ergibt, welchen Leserkreis diese Artikel erreichen. Auch wenn eine regional begrenzte Verkehrsbekanntheit in einem wesentlichen Teil [X.] ausreichen kann, genügt eine lediglich lokal erhöhte, hier auf die Stadt [X.]… begrenzte [X.]ekanntheit jedoch nicht (vgl. [X.]PatG, [X.]eschluss vom [X.], 29 W (pat) 13/10 - MÖ[X.]EL MIX Alles, nur nicht teuer!/MÖ[X.]ELIX; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.] § 9 Rn. 171).

d) Angesprochene Verkehrskreise sind die Allgemeinheit der Verbraucher, die erfahrungsgemäß Marken mit einem geringeren Maß an Aufmerksamkeit wahrnehmen als etwa Fachleute, die üblicherweise über Marken auf ihrem Fachgebiet gut unterrichtet sind und neuen Kennzeichnungen mit größerer Aufmerksamkeit begegnen als das breite Publikum.

e) [X.]ei dieser Ausgangslage – unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft, aber Identität der Vergleichsdienstleistungen - hält die angegriffene Marke wegen der klanglichen Identität der Vergleichsmarken den zur Vermeidung einer [X.] gebotenen Abstand nicht ein.

Maßgeblich für die [X.]eurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter [X.]erücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.] [X.], 922 Rn. 35 - Specsavers/[X.]; [X.]GH, [X.]eschluss vom 23.10.2014, [X.] Rn. 10 – [X.]; [X.], 833 Rn. 30 – Culinaria/[X.]; [X.], 930 Rn. 22 – [X.]/[X.]arbie [X.]; [X.], 64 Rn. 15 - Maalox/[X.]; [X.], 729 Rn. 23 – [X.]; [X.], 672 Rn. 33 – [X.]; [X.]PatG, [X.]eschluss vom 18.04.2011, 26 W (pat) 30/07 – [X.]), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden [X.]etrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. [X.] [X.], 428, Rn. 53 – [X.]; [X.]GH [X.], 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere [X.]estandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können ([X.] GRUR 2005, 1042 Rn. 28 f. – [X.] LIFE; [X.]GH [X.], 64 Rn. 14 – Maalox/[X.]; [X.], 487 Rn. 32 – Metrobus; [X.], 672 Rn. 33 – [X.]). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen [X.]estandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist grundsätzlich in Ansehung ihres Gesamteindrucks nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)[X.]ild und im [X.]edeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Zeichen auf die angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (vgl. [X.], [X.]. 2010, 129 Rn. 60 – [X.]/[X.]; [X.]GH, [X.], 197 Rn. 37 – [X.]ounty; [X.], 1055Rn. 26 – airdsl). Für die Annahme einer [X.] reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einem der [X.] aus ([X.]GH [X.], 1104 Rn. 27 – [X.]/[X.]; [X.], 114 Rn. 23 – [X.]; [X.], 1009 Rn. 24 – [X.]MW-Emblem; [X.], 1055 Rn. 26 – airdsl; [X.]GHZ 139, 340, 347 -Lions; [X.] 2008, 393, Rn. 21 – HEITEC).

Die Vergleichsmarken in ihrer Gesamtheit unterscheiden sich in schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht ausreichend durch den in der angegriffenen Marke enthaltenen grafischen [X.]estandteil.

Allerdings wird die angegriffene Marke – anders als die Markenstelle und der [X.]eschwerdegegner meinen – in klanglicher Hinsicht allein durch den (Wort- )[X.]estandteil „[X.]“ geprägt. [X.]ei der Feststellung des Gesamteindrucks von Wort-/[X.]ildmarken ist von dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass sich der Verkehr regelmäßig an dem Wortbestandteil orientiert (wenn er Kennzeichnungskraft besitzt), weil der Wortbestandteil bei einer solchen Marke die einfachste Möglichkeit der [X.]enennung bietet (vgl. [X.]GH GRUR 2014, 378 Rn. 30 – [X.]; [X.], 60 Rn. 20 coccodrillo; [X.], 778 Rn. 21 – URLAU[X.] DIREKT; [X.], 1158 Rn. 36 – [X.]). Der angesprochene Erfahrungssatz gilt auch dann, wenn sich der [X.]ildbestandteil begrifflich beschreiben lässt ([X.]GH [X.], 859 Rn. 29 – Malteserkreuz) oder wenn das Wort größenmäßig hinter dem [X.]ild zurücktritt. Zudem ist für den phonetischen [X.] maßgeblich, wie die Marken von den angesprochenen Verkehrskreisen wiedergegeben werden, wenn sie die Marken in ihrer registrierten Form vor sich haben. Zu berücksichtigen ist dabei auch der Erfahrungssatz, dass der Verkehr die beiden Marken regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnimmt, sondern seine Auffassung aufgrund einer meist undeutlichen Erinnerung an eine der verschiedenen Marken gewinnt ([X.]GH a. a. [X.] Rn. 37 – [X.]ounty; [X.], 1114 Rn. 20 – [X.]; GRUR 1990, 450 Rn. 53 – [X.]). In diesem Eindruck treten aber regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor als die Unterschiede, so dass es maßgeblich nicht so sehr auf die Unterschiede als vielmehr auf die Übereinstimmungen zweier Zeichen ankommt (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.] § 9 Rn. 263).

[X.]ei dem in der jüngeren Marke enthaltenen Wortbestandteil [X.]meister“ handelt es sich, wie oben bei der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke dargelegt, um eine schutzfähige, wenngleich kennzeichnungsschwache Angabe, so dass dem Wort nicht aus normativen Gründen die Eignung zur Prägung abgesprochen werden kann. Wenngleich der Wortbestandteil [X.]meister“ in der konkreten Anordnung innerhalb des [X.] nicht absolut im Vordergrund steht, gibt es andererseits keine Anhaltspunkte dafür, dass die [X.]ildbestandteile die jüngere Marke derart beherrschten, dass sie nach ihnen benannt würde (z. [X.]. „Totenkopf mit Sonnenbrille“). Die Aufmerksamkeit des Verkehrs wird sich daher auf den Wortbestandteil richten, zumal es im relevanten Dienstleistungsbereich der Gastronomie üblich ist, Lokale nach ihrem Namen zu benennen („ich habe im ‚[X.]urgermeister‘ reserviert“, „wir treffen uns im ‚[X.]urgermeister‘“). Der Wortbestandteil verbindet sich auch nicht mit dem Totenkopf zu einer der Prägung durch [X.]meister“ entgegenwirkenden Gesamtaussage. Es ist demnach von einer mündlichen Wiedergabe der jüngeren Marke nur durch das Wort [X.]meister“ auszugehen.

f) Es stehen sich somit für den [X.] allein kollisionsbegründend jeweils die identischen Markenwörter [X.]meister“ und [X.]meister“ gegenüber, so dass unter [X.]erücksichtigung identischer Dienstleistungen und unterdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine [X.] gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] besteht.

C. Hinsichtlich der Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.], da [X.]illigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen [X.]eteiligten nicht vorliegen. Der Kostenantrag des hier ohnehin unterliegenden [X.]eschwerdegegners war daher zurückzuweisen.

Meta

29 W (pat) 559/18

09.06.2021

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

nachgehend BGH, 24. Januar 2022, Az: I ZB 50/21, Beschluss

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 42 Abs 1 MarkenG vom 04.04.2016, § 42 Abs 2 MarkenG vom 04.04.2016, § 43 Abs 1 MarkenG vom 25.10.1994, § 82 Abs 1 S 1 MarkenG, § 158 Abs 3 MarkenG, § 158 Abs 5 MarkenG, § 265 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.06.2021, Az. 29 W (pat) 559/18 (REWIS RS 2021, 5161)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 5161

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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