Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2005, Az. IV ZR 280/04

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 546

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[X.] BESCHLUSS IV ZR 280/04 vom 30. November 2005 in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] am 30. November 2005 beschlossen: Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 21. Oktober 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Streitwert: 428.570 •
Gründe: 1. Die Beschwerde macht zwar mit Recht geltend, dass nach § 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB selbst eine vom Vormundschaftsgericht [X.] Genehmigung dem Vertragspartner gegenüber erst wirksam wird, wenn der Vormund bzw. Betreuer sie diesem mitteilt. Damit soll der [X.] nochmals Gelegenheit erhalten, im Interesse des Mündels zu prü-fen, ob er den Vertrag schließen will, eine Entscheidung, die allein dem pflichtgemäßen Ermessen des Betreuers unterliegt. Der Vertragspartner kann den Betreuer zu einer solchen Mitteilung auffordern; teilt der [X.] dann die Genehmigung nicht binnen zwei Wochen mit, gilt sie als verweigert (§ 1829 Abs. 2 BGB). Deshalb ist anerkannt, dass der gesetz-liche Vertreter, wenn er die Interessen seines Mündels für gefährdet hält, 1 - 3 -

berechtigt und verpflichtet ist, den Antrag auf vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zu unterlassen oder aber nach Erteilung der Genehmigung von deren Mitteilung an den Vertragspartner abzusehen. Der [X.] kann sich in diesen Fällen gerade nicht auf § 162 BGB berufen; der Betreuer ist nicht zur Einholung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung verpflichtet ([X.], 208, 213 f.; 15, 97, 100 f.; 54, 71, 73 f.; [X.]/[X.], 4. Aufl. § 1829 Rdn. 3, 10; [X.]/ [X.], [X.] Aufl. § 1829 Rdn. 3).
2. Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht zwar abgewi-chen. Darauf sowie auf die in diesem Zusammenhang von der Be-schwerde geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision kommt es jedoch nicht an. Denn es geht um Maßnahmen, die der [X.] in seiner Eigenschaft als [X.]vollstrecker vorgenommen hat. Ein [X.]vollstrecker ist grundsätzlich unbeschränkt verfü-gungsbefugt und bedarf keiner vormundschaftsgerichtlichen Genehmi-gung auch im Hinblick auf einen in seiner Geschäftsfähigkeit beschränk-ten Erben (vgl. [X.], 139, 144; BayObLG FamRZ 1992, 604; [X.] [X.] 1983, 381 f.; [X.], 259, 260; [X.]/[X.]/ [X.], BGB § 2205 Rdn. 15). Soweit das Vorgehen des [X.] im vorliegenden Fall vom Testament gedeckt war, kommt es mithin nicht auf die Weigerung des letzten Betreuers der Klägerin und dieser selbst an, die zugrunde liegende Absprache mit dem früheren [X.] einzuhalten. Vielmehr fehlt es für Maßnahmen des Beklagten im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung weder an einem Rechtsgrund (§ 812 BGB) noch kann der Beklagte für sein Verhalten nach § 2219 BGB haftbar gemacht werden. 2 - 4 -

3. Fraglich konnte mithin nur sein, wie das Testament auszulegen ist, ob sich die vom Beklagten vorgenommenen und eingeleiteten [X.] danach als ordnungsmäßige Verwaltung darstellen oder aber ob sie nur mit Zustimmung der Klägerin hätten wirksam werden können. 3 a) Dass das Testament, soweit es die Versorgung der Klägerin durch Mieteinkünfte und durch Beleihung des [X.] glaubte sichern zu können, von unrealistischen Voraussetzungen [X.] und der Beklagte daher befugt war, das Grundstück zu verkaufen, greift die Klägerin nicht an. Der Beklagte hat aufgrund eines Vorschlags ihres damaligen Betreuers einen Teil des Erlöses verwendet, um eine Rentenversicherung für sie abzuschließen, aus der sie eine lebenslang garantierte Rente von 523,50 • erhält. Außerdem bekommt sie vom [X.]n eine Leibrente in Höhe von 869,20 • im Monat, die auf einem vom Beklagten neu erworbenen Grundstück an zweiter Rangstelle ding-lich gesichert werden soll. Den restlichen Erlös hat der Beklagte für den Erwerb seines neuen Grundstücks verwendet. 4 b) Nach dem Testament sollten der Klägerin (inflationsbeständig) regelmäßige monatliche Unterhaltszahlungen von 1.100 DM sowie etwa zusätzlich erzielbare Mieteinkünfte zustehen; die Erfüllung eines eventu-ellen Sonderbedarfs war dem pflichtgemäßen Ermessen des [X.] überlassen. Um diese Leistungen aufzubringen, soll-ten am [X.] zu sichernde Darlehen aufgenommen wer-den ohne Rücksicht darauf, dass damit die Substanz der Vorerbschaft aufgezehrt wurde. Die Erblasserin hat am Ende des [X.] aus-drücklich darauf hingewiesen, dass der Nacherbe beim Tod der Vorerbin unter Umständen leer ausgehen könne. Andererseits hat die Erblasserin 5 - 5 -

für den Fall, dass eine Beleihung des [X.] nicht mehr möglich sein sollte, dessen Veräußerung zugelassen; in diesem [X.] nur die Hälfte des Erlöses in Höhe der näher bestimmten monatlichen Raten an die Klägerin bezahlt werden, der Rest aber dem Beklagten als Vermächtnis zustehen. Darüber hinaus war dem Beklagten im Testament freigestellt, mit Rücksicht auf seine Nacherbfolge Zahlungen zugunsten der Klägerin aus seinem eigenen Vermögen statt aus dem Nachlass zu leisten; von den Beschränkungen des § 181 BGB war der Beklagte be-freit. c) Anders als das [X.] hat das Berufungsgericht die gegen die [X.]auslegung des Beklagten gerichteten Angriffe der Kläge-rin im Rahmen der Prüfung des § 2219 BGB mit Recht nicht für durch-greifend erachtet. Die Erblasserin hat der Klägerin mit Rücksicht auf ihre Erkrankung einen lebenslangen angemessenen Unterhalt in den im [X.] näher festgelegten Grenzen sichern wollen. Für diesen Zweck sollte auch auf die an sich dem Nacherben vorbehaltene Substanz des Nachlasses zugegriffen werden, und zwar notfalls bis zu deren Erschöp-fung. Der Beklagte hat in Übereinstimmung mit dem damaligen Betreuer der Klägerin das Ziel inflationsbeständiger Sicherung lebenslangen Un-terhalts, das auf dem von der Erblasserin vorgesehenen Weg unstreitig nicht zu verwirklichen gewesen wäre, auf anderem Wege in einer auch im Hinblick auf eventuellen Sonderbedarf nicht unangemessenen Höhe schon durch Einsatz der Hälfte des [X.] verwirklicht, wobei er - soweit es um die von ihm aufzubringende Leibrente geht - der Klägerin eine ausreichende dingliche Sicherheit verschaffen kann. Es ist nicht rechtsfehlerhaft anzunehmen, dass dies dem mutmaßlichen Willen der Erblasserin entsprochen hätte, wenn sie die Undurchführbarkeit der von 6 - 6 -

ihr im Testament vorgesehenen Finanzierung der Unterhaltszahlungen erkannt hätte. Damit stellt sich im Rahmen ergänzender [X.] die weitere Frage, ob die Erblasserin nach einem Verkauf des [X.] auch den zur Finanzierung und Sicherstellung [X.] angemessenen Unterhalts der Klägerin nicht benötigten Teil der Substanz des Nachlasses gleichwohl der Vorerbin bis zu deren Tod hätte vorbehalten oder aber dem Beklagten schon vor Eintritt des [X.] als Vermächtnis zuwenden wollen. Für letztere, vom Beklagten vertretene Auslegung spricht insbesondere, dass dem Beklagten im [X.] bei einem mangels weiterer Beleihbarkeit des Grundstücks erfor-derlich werdenden Verkauf des nach der Vorstellung der Erblasserin zu einem solchen Zeitpunkt schon erheblich belasteten Nachlassgrund-stücks die Hälfte des verbleibenden Erlöses als Vermächtnis zustehen sollte, und zwar ohne dass es darauf angekommen wäre, ob die restliche Hälfte für den Lebensunterhalt der Klägerin ausgereicht hätte. Dem [X.] ist nicht zu entnehmen, dass der Klägerin mehr als der von der Erblasserin für angemessen gehaltene Unterhalt auf gesicherter Grund-lage auf Lebenszeit zustehen sollte. Bei dieser Sachlage war die vom Tatrichter gebilligte ergänzende Auslegung des [X.] aus Rechts-gründen nicht zu beanstanden, dass die nicht zur Unterhaltssicherung erforderliche Hälfte des Erlöses dem Beklagten schon vor Eintritt des [X.] als Vermächtnis zustehe.
d) Soweit das Berufungsgericht die dingliche Sicherung des [X.] an zweiter Rangstelle auf dem vom Beklagten neu erworbenen Grundstück für ausreichend hält, wendet die Klägerin ein, das Berufungsgericht habe sich unter Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG nicht mit ihrer Kritik an einem vom Beklagten vorgelegten Wertgutachten 7 - 7 -

befasst. Die Klägerin hat dieses Gutachten allerdings nur vorsorglich und im Hinblick auf die Qualifikation des Gutachters und seine Methode bestritten ([X.] f.). Sie ist jedoch selbst bei Vergleichsverhandlungen mit dem Beklagten von einem Grundstückswert von 490.000 • sowie [X.] von 280.000 • ausgegangen. Danach kommt es auf Einzelheiten des [X.] nicht an. Soweit sich die Klägerin noch auf den Vortrag des Beklagten beruft, seine Existenz sei bedroht, wenn er das von ihm erworbene Grundstück wieder verkaufen müsse, um den Erlös des [X.] auskehren zu können, lässt sich daraus nichts gegen eine hinreichende Sicherung des Leibrentenversprechens für den Fall herleiten, dass der Beklagte das Grundstück behalten kann. [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 17.03.2004 - 10 O 3158/03 - [X.], Entscheidung vom 21.10.2004 - 6 U 2945/04 -

Meta

IV ZR 280/04

30.11.2005

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2005, Az. IV ZR 280/04 (REWIS RS 2005, 546)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 546

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