Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.10.2016, Az. 1 A 11/16, 1 A 11/16, 1 AV 7/16

1. Senat | REWIS RS 2016, 3315

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Gründe

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1. Die Voraussetzungen für die [X.]eiordnung eines Notanwalts nach § 173 VwGO i.V.m. § 78b ZPO liegen nicht vor, weil die Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen aussichtslos ist.

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2. Die von der Antragstellerin erhobene "Nichtigkeitsklage" ist bei zweckentsprechender Würdigung ihres [X.]egehrens als [X.] gegen den [X.]eschluss des [X.] vom 3. März 2016 - 1 [X.] 17.16 - auszulegen. Mit diesem [X.]eschluss hat der Senat die [X.]eschwerde der Antragstellerin gegen den [X.]eschluss des Oberverwaltungsgerichts des [X.] vom 30. Dezember 2015 - 7 O[X.] 101/15 - wegen Unzulässigkeit verworfen.

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a) Das [X.]egehren ist der in Rede stehenden Auslegung zugänglich. Zwar setzt die Wiederaufnahme des Verfahrens durch Nichtigkeits- und Restitutionsklage nach dem Wortlaut der gemäß § 153 Abs. 1 VwGO im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 578 Abs. 1 ZPO voraus, dass das betreffende Verfahren durch rechtskräftiges Endurteil geschlossen wurde. Das Wiederaufnahmeverfahren ist aber seinem Zweck entsprechend, ausnahmsweise aus Gründen materieller Gerechtigkeit nicht mehr anfechtbare Gerichtsentscheidungen aufzuheben, auch gegen der Rechtskraft fähige verfahrensbeendende [X.]eschlüsse statthaft ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 17. März 2015 - 5 A 1.15, 5 PKH 15.15). An die Stelle der Nichtigkeitsklage tritt in diesem Fall ein entsprechender Antrag, über den seinerseits im [X.]eschlussverfahren zu entscheiden ist. Wird der Rechtsbehelf fälschlicherweise als "Klage" bezeichnet, kann ihn das Gericht als "Antrag" auslegen (vgl. [X.]VerfG, [X.] vom 22. Januar 1992 - 2 [X.]vR 40/92 - NJW 1992, 1030 <1031>; [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 28. Januar 1974 - 8 A 2.74 - [X.]uchholz 310 § 153 VwGO Nr. 12 S. 18 f.; vom 26. März 1997 - 5 A 1.97, 5 PKH 14.97 - [X.]uchholz 310 § 153 VwGO Nr. 31 und vom 4. Februar 2002 - 4 [X.] 51.01 - [X.]uchholz 310 § 153 VwGO Nr. 33 S. 4, jeweils m.w.N.; [X.]FH, [X.]eschluss vom 20. Februar 1998 - [X.] - [X.]FH/NV 1998, 1248 m.w.N.).

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b) Der [X.] der Antragstellerin ist schon deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 589 Abs. 1 Satz 2 ZPO), weil die Antragstellerin nicht prozessfähig ist. Der Mangel der Prozessfähigkeit folgt jedenfalls aus § 62 Abs. 2 VwGO. Danach ist ein geschäftsfähiger [X.]etreuter bei [X.]estehen eines [X.] nach § 1903 [X.]G[X.], der den Gegenstand des Verfahrens betrifft, nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des [X.]etreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist. Im Fall der Antragstellerin besteht ein den Gegenstand des Verfahrens betreffender Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 [X.]G[X.]. Das [X.] ([X.]) hat mit rechtskräftigem [X.]eschluss vom 18. Dezember 2014 (10 [X.] 1057) nach § 1896 Abs. 1 [X.]G[X.] für die Antragstellerin einen [X.]etreuer u.a. mit dem Aufgabenkreis "Rechtsangelegenheiten" bestellt und gemäß § 1903 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] angeordnet, dass sie zu Willenserklärungen auch in solchen Angelegenheiten (grundsätzlich) der Einwilligung des [X.]etreuers bedarf. Die Voraussetzungen, unter denen die Antragstellerin nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die [X.]eschwerde ohne Einwilligung des [X.]etreuers einlegen könnte, sind nicht erfüllt. Zwar bedarf der [X.]etreute nach § 1903 Abs. 3 Satz 1 [X.]G[X.] trotz eines angeordneten [X.] nicht der Einwilligung des [X.]etreuers, wenn die Willenserklärung dem [X.]etreuten lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Der [X.] gehört nicht zu solchen Willenserklärungen, weil seine Einlegung mit einem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 1 VwGO verbunden ist (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. August 2015 - 5 [X.] 49.15 - m.w.N.). Vorschriften des öffentlichen Rechts, die die Antragstellerin hinsichtlich der hier in Rede stehenden [X.]eschwerden als handlungsfähig anerkennen, sind nicht ersichtlich.

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Mithin hätte die Antragstellerin zur wirksamen Antragstellung der Einwilligung ihres [X.]etreuers bedurft (§ 1903 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.]G[X.]). Dieser hat eine entsprechende Einwilligung nicht erteilt. Er hat den [X.] auch nicht nachträglich genehmigt. Obwohl die Antragstellerin hinsichtlich des [X.]s nicht prozessfähig ist, begründet die Antragstellung ein begrenztes Prozessrechtsverhältnis, in dem der Senat eine Entscheidung über die Zulässigkeit mit der sich aus § 154 VwGO ergebenden Kostenfolge zu treffen hat (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 2. April 1998 - 3 [X.] 70.97 - [X.]uchholz 310 § 62 VwGO Nr. 27 m.w.N.).

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c) Dessen ungeachtet hat die Antragstellerin einen konkreten [X.] im Sinne des § 153 VwGO i.V.m. § 579 ZPO noch nicht einmal ansatzweise aufgezeigt und liegt ein solcher ersichtlich auch nicht vor.

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3. Die von der Antragstellerin mit Schreiben vom 12. September 2016 im Verfahren 1 [X.] 17.16 erhobene "Verzögerungsrüge gemäß § 198 [X.]" geht schon deshalb ins Leere, weil dieses [X.]eschwerdeverfahren mit dem ihrem [X.]etreuer übersandten [X.]eschluss vom 3. März 2016 abgeschlossen ist.

8

4. [X.] folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird nach § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG abgesehen.

Meta

1 A 11/16, 1 A 11/16, 1 AV 7/16

26.10.2016

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AV

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.10.2016, Az. 1 A 11/16, 1 A 11/16, 1 AV 7/16 (REWIS RS 2016, 3315)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3315

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